Mit dem Raspberry Pi ins Internet?

Ich hatte mir im letzten Oktober einen Raspberry Pi (Modell B mit mehr Speicher) gekauft, ursprünglich um mit der optionalen Kamera eine Überwachung eines Raumes zu realisieren, indem ich nur die Bilder speichere, bei denen sich im Vergleich zum vorherigen etwas ändert. Wie immer – man nimmt sich viel vor, kommt aber zu nichts. So verschwand der Raspberry nach einigen Experimenten in der Schublade.

In diesem Februar wollte dann mein Neffe in unser Ferienhaus zum Skifahren. Das nutzte ich um einiges sperriges transportieren zu lassen. Zur Erklärung: ich habe keinen Führerschein (mehrere angeborene Sehschwächen) und so muss ich erst mit der Bahn fahren und dann noch zweieinhalb Kilometer weit laufen. Da zieht man es vor nicht allzu viel Gepäck zu befördern. Bei den Dingen war auch ein ausgemisteter 24“ Monitor, ein Cherry -G83 Keyboard und eine Microsoft Maus. Damit hatte ich alles vor Ort bis auf einen PC. Internet übers Kabel haben wir seit einigen Jahren. Bisher habe ich die Zeit im Allgäu, zweimal pro Jahr im Frühjahr und Herbst immer „internetfrei“ gehabt. Dafür gab es zwei Gründe. Zum einen wollte ich mich nicht in Versuchung führen: ich gehe nicht ins Haus um Urlaub zu machen, sondern zweimal im Jahr mache ich Großputz, kümmere mich um den Garten, Streiche nach oder ähnliche kleinere Reparaturarbeiten, die ich machen kann. Da ich diese Tätigkeiten daheim nur äußerst ungern mache, befürchtete ich dass ich mit einem PC da weniger tue. Das kann ich schon sagen ist nicht der Fall. Ich habe wie in den letzten Jahren jeden Tag 4-5 stunden geputzt, geschnitten, gezupft und gestrichen. Am Computer bin ich wenn nichts gescheites im Fernsehen läuft, oder das Essen im Backofen schmort.

Das zweite ist eben das Gewicht. Es gibt zwei Möglichkeiten für einen PC: entweder man hat die Hardware stationär vor Ort. Dann brauche ich jemanden der den PC transportiert oder muss einen bestellen der dorthin geliefert wird. Oder man bringt jedes Mal einen Computer mit. Das engt dann die Auswahl auf Notebooks, Netbooks Ultrabooks oder Tablets ein. Da ich davon nichts habe wäre eine Anschaffung unumgänglich. Also viel Geld für einen PC ausgeben wollte ich nicht. Selbst ein gebrauchtes Notebook war mir noch zu teuer und vor allem befürchte ich lebt es nicht lange genug – wenn ich es nur zweimal pro Jahr brauche wird es dann ein teures Vergnügen. Bei den PCs war es so, dass bisher immer die das Zeitliche segneten und ich einen neuen kaufte. Für dieses Jahr ist nach 5 Jahren Betrieb ein Neukauf geplant und toi-toi-toi, der Rechner funktioniert nach viereinhalb Jahren noch. Kurzum bisher gab es keine Alternative. Nachdem ich mit dem Pi mal probeweise ins Internet ging und auch einen Mail Client installierte dachte ich mir „probierst Du es mit dem Pi“. An Gewicht und Volumen ist das zigarettenschachtelgroße Schächtelchen zumindest nicht zu schlagen. Da mir letztes Frühjahr auch ein Auftrag entging, als ein langjähriger Kunde, der es nicht gewohnt ist, von mir über eine Woche lang nichts zu hören ihn woanders vergab hatte ich auch die Motivation zumindest die Mails zu kontrollieren.

Den Pi gibt es mit mehreren Betriebssystemen, ich habe den Standard Rasbian installiert. Positiv ist, dass der Rechner von der SD-Karte schnell startet. Selbst von einer SSD aus ist Windows 7 langsamer gestartet. Updates spielt man mit Kommandozeilen ein, dass bin ich aber gewohnt und ist mir ehrlich gesagt lieber als mich durch zig Bildschirmen zu klicken und ärgerliche Toolbars abzuwählen, die man mittlerweile schon von Oracle (Java) untergeschoben bekommt. Daneben gibt es den Pi-Store bei dem man „Apps“ durch Anklicken installieren kann, allerdings nur etwa 100 Stück, davon viele Retrogames.

Es sind drei Webbrowser installiert, der schnelle Dillo. Der aber selbst gegenüber dem ersten Browser den ich hatte (IE 1.6) veraltet ist und Net Surf und Miridori die beide in etwa gleiche Fähigkeiten haben. Ich habe dann Miridori verwendet. Schon beim Start sieht man aber dass für ihn der schnelle Start nicht gilt. Er braucht 17 Sekunden zum Starten. Die Langsamkeit setzt sich fort, vor allem wenn Webseiten Javscript einsetzen. Der Aufruf eines meiner Blogs dauert 14 Sekunden. Eine Google anfrage 6-7 Sekunden. Besonders ärgerlich ist, dass sich erst einige Minuten nichts tut, dann der Text und die Bilder erscheinen und dann der Browser nicht ansprechbar ist bis auch die anderen Elemente einer Seite abgearbeitet ist. Es gibt keine Sanduhr, mann kann es nicht mit ESC abbrechen. Das ist wenn der Browser schon so langsam ist sehr ärgerlich, oftmals will man gleich auf einen Link klicken oder braucht den Javascript-Scheiss nicht, z.B. weil bei amazon Artikelbeschriebung und Bild genügen, kann aber nicht abbrechen. Irgendwann wartet man automatisch 10 Sekunden bevor man was macht. So macht surfen nicht viel Spaß, selbst zu Modemzeiten unter einem nominell viel langsameren 486-er Rechner ging es zügiger. Besonders vermisst habe ich das Speichern von Passwörtern. Da verlasse ich mich sonst auf den Browser, weil ich mir sehr schwierige, nicht merkbare ausdenke. Ich habe zwar die Textdatei dabei aber sie jedes Mal zu öffnen ist lästig. Ansonsten kann der Browser viel. Bietet Booksmarks, Preview-Tabs, Privatmodus, auch die Anzeige ist wie gewohnt.

Zu Icedove muss man noch weniger sagen – dass ist ein Thunderbird kompatibles Programm, das auch die Mozilla Erweiterungen versteht, so habe ich mir die deutsche Rechtschreibung nachinstalliert. Es ist standardmäßig nicht vorinstalliert. Aber auch hier ist alles sehr langsam. Man merkt das auch beim Eintippen. Buchstaben erscheinen ab und an nur nach Sekunden, besonders ärgerlich ist, das manchmal Buchstaben wiederholt werden. Flash geht nicht, damit sind Videos außer Reichweite, auch wenn der rapsberry angeblich einen Videobeschleuniger hat.

Insgesamt reicht es um die Mails zu kontrollieren und zu bearbeiten, grundlegendes Surfen klappt auch, man kommt aber nicht auf die Idee viel zu surfen. Ich habe meine Seite besucht, die Buchverkäufe kontrolliert, drei Space Webseites mit Nachrichten besucht und in Wikipedia und Amazon nachgeschaut – das ist recht übersichtlich für 7 Tage Surfen. Gelohnt hat es sich auch, denn meine Mutter hat sich während des Aufenthaltes die Hand gebrochen und so erfuhr davon und konnte dann meine Schwester in der Verwaltung anrufen und weiteres klären. (ich halte nichts von Handys)

Diesen Aufsatz schreibe ich mit Libreoffice. Es braucht auch 20 Sekunden zum Starten ist danach aber flüssiger zu bedienen. Selbst die Wort-Vervollständigung klappt. Nur bei der Rechtschreibprüfung oder dem Scrollen merkt man die Langsamkeit.

In der Summe kann man mit dem Pi ins Netz, man wird bestimmt aber keine ausgiebigen Surfsessions machen. Es gibt andere ARM-Einplatinenboards mit schnelleren Prozessoren. Gibt man anstatt 40 etwa 80 Euro aus, so bekommt man einen Zweikernprozessor mit höherem Takt, der drei bis viermal schneller ist und bei weiteren 40 Euro mehr einen Vierkernprozessor der neuesten Generation mit der siebenfachen Geschwindigkeit. Diese Boards haben dann auch 2 GB RAM und Flash und auf ihnen läuft Android. Nur ist man dann auch schon nahe am Preis eines kleinen PC-Minicomputers die es mit Celeron oder AMD 350, 2-4 GB RAM und 500 gb Platte ohne Betriebssystem für 220 bis 250 Euro gibt. So was wiegt auch nicht mehr als ein größeres Notebook und mit einem Linux hat man ein komfortableres und schnelleres System.

Ich denke ich überlege mir bis zum Herbst wie es weitergeht. Wenn jemand zwischendurch ins Allgäu fährt kommt mein alter PC dorthin. Ansonsten muss ich überlegen ob es nochmal der Pi ist oder ich doch einen Mini-PC anschaffe. Oder doch ein schnelleres ARM Board? Im Oktober wissen wir mehr. Immerhin: ich habe in der Woche vier Aufsätze geschrieben (diesen neben „Hart aber Fair am Montag) und online gestellt. Man kann also den Pi produktiv nutzen – wenn man mit den Einschränkungen klar kommt.

5 thoughts on “Mit dem Raspberry Pi ins Internet?

  1. Moin Bernd,

    in der Raspbian Distribution gibt es den Iceweasel. Das ist ein Firefox, der aber anders heißt, weil er nicht von Mozilla übersetzt wurde, sondern vom Debian/Raspbian Team angepasst wurde. Schnell ist der aber bestimmt auch nicht. Zudem solltest Du als Pascal Fan mal Lazarus und fpc installieren und ausprobieren. Wie weit die Turbo Pascal Kompatibilität von fpc geht wäre mal ein Blog Artikel wert.

    Von Android PCs würde ich abraten. Android ist ein Krüppel Linux, dass weder Compiler, noch X11 hat. Ein Unix ohne X11, da kannste Dich gleich veräppeln lassen. Und eigene Programme nur per Cross Compiler installieren, ist extrem mühsam.

    ciao,Michael

  2. Lazarus habe ich mir installiert und auch ausprobiert, das war auch der Grund für den Pi, da muss ich nicht auch noch eine neue Umgebung gewöhnen. Delphi kann seit einigen Versionen Programme für Android erstellen, ebenso für MacOS (auch ipad). Aber darum wäre es eh nicht gegangen. Im Urlaubh hatte ich nicht vor zu arbeiten und zu programmieren.

  3. Moin,

    > Im Urlaub hatte ich nicht vor zu arbeiten und zu programmieren.

    geht mir genauso. Zwei mal Jahr bin ich auf meiner Parzelle in Sant Antioco zum Weinstockschnitt und zur Ernte. Dort gibts keinen Strom, kein Internet, und Wasser aus nem 4000 Jahre alten Brunnen, der mal zu einer Nuraghe gehörte. Alle zwei Tage mit dem Rad ins Dorf, dort gibts nen Internet Cafe zum lesen der eMails. So sollte Urlaub aussehen 😉

    Ich denke der Raspi ist klein genug, dass Du den mit nach Hause genommen hast, für den Test und Blog, ob TPC inzwischen was taugt.

    Eine nette Spielerrei nicht nur für Pascal Fans, aber ohne praktischen Nutzen. 100% Turbo Pascal kompatibel, auf jedem Computer mit einem modernen Webbrowser:

    http://www.teamten.com/lawrence/projects/turbo_pascal_compiler/demo/

    ciao,Michael

  4. Hm… – ich schätze die Geschwindigkeitseinbussen beim surfen hängen hauptsächlich mit der Speicherknappheit zusammen. Denn auf meinem alten AMD K6, den ich bis vor knapp 2 Jahren benutzt habe, war auch genau dass das Problem. Wenn ich mir ansehe, dass Fiefox über 180MB Arbeitsspeicher frisst, und das auf einem Rechner, der gerade mal 256MB Arbeitsspeicher zur Verfügung hat, wovon das BS (W2k) ja auch noch was braucht, dann kann das ja nur im Schneckentempo gehen, wobei die Festplatte allerdings Höchstleistungen vollbringen muss, weil dauernd geswappt wird…
    Ach ja, und die ganze Javascript-Sch****e, die in modernen Webdesigns vorkommt, frisst natürlich auch noch mal Resourcen bis zum Wahnsinnig werden.

    Andere Frage: Was ist denn jetzt aus dem Projekt mit der Wetterstation geworden? – Liegt das auch noch auf der Todo-Liste, oder schon eher auf der „Da-wird-nichts-mehr-draus“-Liste?

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