Die Sache mit der Strafe

Nun muss ja Hoeneß seine Strafe antreten und passend als Nachricht gibt es auch die Verschärfung der Bußen bei Selbstanzeigen, sprich man muss mehr zusätzlich zu den hinterzogenen Steuern nachzahlen. Auch die Verkehrssünderregelung hat man verschärft – es gibt insgesamt weniger Punkte, für verkehrsgefährdende Vergehen aber im Vergleich mehr als früher, dafür entfallen sie bei nicht den verkehrsgefährdenden Delikten, bei denen dafür das Bußgeld erhöht wurde.

Nun ich halte immer noch die Strafe von Hoeneß für zu gering, angesichts der Hinterziehung. Aber ob sie sinnvoll ist? Strafe hat mehrere Aspekte. Zum einen die Bestrafung des Täters, der für sein Vergehen büßen soll. Zum andern soll er aber auch nicht mehr straffällig werden, man nennt das auch Resozialisierung, weil er ja aus seinem Leben, seinem Umfeld, Beruf etc. herausgerissen wird ist das nicht so einfach. Zuletzt ist die Strafe auch gedacht als Sühne für die Opfer.

Die Frage ist nun wie sieht es bei Steuersündern aus? Ist hier eine Haftstrafe wirklich die geeignete Strafe? Nun die Strafe als Sühne für die Opfer fällt flach. es wurde der Staat betrogen, das ist eine juristische Person und keine natürliche. Die Personen die sie verüben sind in der Regel gutverdienend, das bedeutet sie sind im Geschäftsleben. Wenn sie hinter Gitter kommen, kann dies ihre Existenz gefährden, was auch nicht im Sinne des Staates sein kann, denn er will ja noch mehr steuern. Vor allem: ist eine Haftstrafe wirklich eine so harte Bestrafung eines Täters?

Was  dem Steuersünder wichtig war, war Geld, also halte ich die richtige Bestrafung nicht Gefängnis, die dem Steuerzahler 60.000 Euro pro Jahr und Häftling kostet, sondern eine saftige Geldbuße, die dann wirklich weh tut. Wenn Hoeneß zusätzlich zu dem hinterzogenen Betrag (plus daraus resultierenden Zinsen) nochmal dieselbe Summe zahlen müsste, dann würde ihm das wirklich weh tun. Das könnte man auf andere Delikte ausdehnen bei denen Personen nicht psychisch geschädigt werden sondern finanziell oder juristische Personen geschädigt werden (Versicherungsbetrug etc.).

Das endet natürlich wo es nicht nur um Geld geht, sondern auch um Gewalt wie z.B. bei Bankraub oder es auch eine starke psychische Schädigung gibt wie z.B. bei Einbruch (selbst wenn dieser in Abwesenheit erfolgt, fühlen sich die Betroffenen nicht mehr sicher und leiden darunter dass andere in ihren Dingen herumgeschnüffelt haben. Ich finde daher es auch sehr befremdlich, wenn in Krimis die Kommissare drohen sie hätten einen Hausdurchsuchungsbefehl in Nullkommanichts um eine Wohnung zu betreten, denn jeder kann sich vorstellen das man nicht unbedingt fremde Leute im Haus haben will, die alles durchwühlen.

In eine ähnliche Richtung geht ja auch der Vorschlag bei kleinen Strafen den Führerschein zu entziehen. z.b. bei Ladendiebstahl. Das kann kein Ersatz für Gefängnis sein, schlussendlich ist die Beeinträchtigung des Lebens viel kleiner als wenn man den ganzen Tag im Gefängnis sitzt, aber es ist eine Zwischenform. Bisher war die Abstufung der Strafen recht begrenzt – Geldstrafe oder eben Gefängnis. Die Sache ist natürlich die, das der Führerscheinentzug keine Strafe ist die alle gleich hart trifft. wer in einer Großstadt lebt ist weniger hart betroffen als jemand auf dem Land und es gibt ja noch Leute wie mich die haben keinen Führerschein. Aber die Idee ist ausbaubar, z.b. könnte man auch bei kleinen Delikten gemeinnützige Arbeit anordnen. Anstatt 30 Tagessätze zu zahlen sollte man 30 Tage im Altenheim arbeiten. Mangel an Betreuungspersonen gibt es und wenn dann ein halbes Jahr lang jeder Samstag im Altersheim ist, dann ist sogar der Lehreffekt höher.

Zu dem Thema gäbe es noch mehr zu sagen, so scheint es auch Verbesserungen bei der Resozialisierung zu geben. Die Quoten der Entlassenen die innerhalb von 5 Jahren erneut straffällig werden sind sehr unterschiedlich. Nach statistischen Bundesamt beträgt der niedrigste Prozentsatz 49% und der höchste 72%. (Welche Bundesländer es sind wird leider nicht verraten). das heißt in einem Bundesland schafft es nur jeder vierte, in einem anderen jeder zweite wieder ins Leben zurückzukehren ohne erneut Straftaten zu begehen. Die Quoten sind in jedem Falle viel zu gering. Es sollte das Ziel sein, dass möglichst wenige zurück ins Gefängnis müssen, zumal das meist eine Spirale in Gang setzt, denn nach der Entlassung steht man vor dem nichts und Rücklagen kann man im Gefängnis auch keine bilden.

Das ist der letzte Punkt: es wird ja im Gefängnis gearbeitet, doch verdient wird fast nichts. Muss das so sein? Ist das nicht kontraproduktiv. Wäre es nicht besser zum einen für die gefangenen zum andern auch für die kosten, wenn die Insassen etwas tun womit sie Geld verdienen können? Da geht doch auch im Gefängnis einiges. Es gibt eine Reihe von Tätigkeiten bei denen man weder viel Freiheit braucht noch Gegenstände mit denen man ausbrechen oder jemanden verwunden kann. Gerade die moderne IT-Dienstleistungsgesellschaft hat enorm viele dieser Jobs generiert wie Hotlines, Programmieren oder Webseitenerstellung. Die Abgeschottenheit kann man auch durch entsprechende Firewalls gewährleisten die nur Zugriff auf den Server gestatten der für die Arbeit benötigt wird.

2 thoughts on “Die Sache mit der Strafe

  1. Was Du vorschlägst ist Stammesrecht.

    Im Stammesrecht gilt das Prinzip Kompensation statt Rache. Wenn die Familie des Täter den Schaden wieder gut macht, verzichtet die Familie des Opfers auf Rache. Dies funktionierte hervorragend in Regionen ohne Staat, z.b. den freien Friesen, den Albanern (Kanun), den Afghanen, oder in Somalia (Xeer) bevor der Region ein Staat aufgezwungen wurde.

    Stammesrecht verlagert die Strafe wieder zurück in die Familie. Als persönliches Beispiel mag ich einen Türken nennen, der das Motorrad eines meiner Freunde geklaut hatte. Als ich ihn mit dem Motorrad erwischt habe, haben wir ihn erstmal gefilzt, Ausweis, Geld, Hasch, usw abgenommen, und in einer Telefonzelle festgesetzt, um den Besitzer zu holen. Vor Ort noch haben wir dann entschieden: Wir wissen wer Du bist, wenn Du nicht willst dass wir bei Dir vorbeischauen, dann komm morgen mit Deinem Vater beim Clubhaus vorbei. Dein Vater gibt uns DM200 für das geknackte Schloss, und entschuldigt sich für Dich. Hier haste 20 Pfennig. Du rufst jetzt Deine Mutter an, um Dich abzuholen, und wir erzählen Ihr nichts von dem Hashish!

    Stammesrecht kann gut im rechtsfreien Raum funktionieren, wenn alle einen kühlen Kopf bewahren vermeidet Kompensation statt Rache weiteren Streit, weil der Täter eine soziale Strafe von der Familie bekommt.

    Ob Stammesrecht im Fall Hoeneß angemessen ist mag ich zu bezweifeln. Hier geht es doch ganz im Gegenteil um die Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols, um Strafe als Abschreckung gegenüber Nachahmern, und darum zu zeigen das Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt ist. Jedenfalls hat er jetzt Zeit mal auf Kur ein Buch zu schreiben.

  2. Ich denke, gerade bei gutsituierten Steuerhinterziehern ist die Androhung einer Gefängnisstrafe eine recht wirksame Abschreckung. Die Leute zahlen ja deswegen zu wenig Steuern, weil sie das Geld und den damit möglichen Luxus für sich haben wollen. Im Gefängnis haben sie nun genau das Gegenteil von Luxus. Deswegen gibt es auch für die Arbeit im Gefängnis so wenig Geld.

    Was im deutschen Strafrecht extrem abrupt passiert, sind die Übergänge von der Geld- zur Bewährungsstrafe und von der Bewährungsstrafe zur echten Gefängnisstrafe. Gerade im Vergleich zu hohen Geldstrafen (z.B. 180 Tagessätze) empfinden die Täter oft eine niedrige Bewährungsstrafe (z.B. „1 Jahr auf Bewährung“) als weniger einschneidend. Grund dafür ist (auch) der Mangel an Bewährungshelfern. M.E. sollte der Staat gerade bei Bewährungsstrafen nicht nur die Drohung aussprechen: „Wenn Du noch was tust, wird die Bewährungsstrafe in eine Gefängnisstrafe umgewandelt“, sondern auch intensiv in das tägliche Leben der Täter „hineinschauen“ und sie nachhaltig zu einer Lebensgestaltung anleiten, die ohne Straftaten auskommt, sowohl im Gewaltbereich als auch im finanziellen Bereich. Dazu gehört dann z.B. auch die Offenlegung aller Finanzen („Womit wird Geld verdient?“, „Sind das faire Geschäfte, oder werden dort Geschäftspartner übervorteilt?“, „Wofür wird Geld ausgegeben?“) und Beziehungen („Wer sind Deine Freunde?“, „Nutzen die Dich aus?“, „Nutzt Du Deine Freunde aus?“, „Wo ist gar Gewalt im Spiel?“). Wenn eine Bewährungsstrafe bedeutet, dass man dem Bewährungshelfer zu allem Rede und Antwort stehen muss, wird diese sicher nicht mehr als Lappalie empfunden!

    Genauso abrupt ist der Übergang von der Bewährungs- zur „echten“ Haftstrafe. Gerade weil die Bewährungsstrafe bei vielen Tätern recht wenig ins Leben eingreift, ist der Schritt von „24 Monaten mit Bewährung“ zu „25 Monaten ohne Bewährung“ ein riesiger, denn von den 25 Monaten muss man i.d.R. mindestens 2/3 auch „sitzen“. Sinnvoller wäre es m.E. bei einer Verurteilung zu 25 Monaten Haft, dass der Täter „nur“ sechs Monate sitzen muss, und anschließend durch das komplette Bewährungsprogramm muss, dass ich bereits beschrieben habe. Die Möglichkeit, bei schlechter Führung die komplette Strafe abzusitzen und dann OHNE weitere Bewährungsphase freizukommen, würde ich ersatzlos abschaffen. Gerade bei den unkooperativen Tätern ist eine intensiv betreute Bewährungsphase das allerwichtigste!

    Kai

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