Methan vs. Kerosin&Wasserstoff

Ich habe vor einiger Zeit in diesem Gastbeitrag eine Möglichkeit für den Vergleich von Raketentreibstoffen in Erststufen vorgestellt. Auf Basis dieser Methode möchte ich nun den in der Überschrift genannten Vergleich durchführen. Für all diejenigen, die sich den Artikel nicht durchlesen möchten (ich rate eher zum lesen), sei die Methode noch einmal kurz vorgestellt. Grundlage ist die Annahme, dass die durch einen Treibstoff verursachten Kosten neben dem technischen Faktor (Anspruch an Schmierung, Isolation, Flüchtigkeit, Explosionsschutz, Brennkammerkühlung) mehr von dem Treibstoffvolumen als von der Treibstoffmasse abhängt. Benötigt der Treibstoff viel Raum, so müssen die Tanks größer  und die Turbopumpen leistungsfähiger sein. Von der Masse selbst sollte eigentlich nur die nötige Stärke der Struktur abhängen, wobei Verstärkungen in diesem Bereich (z.B. dickere Streben oder Wände) nur unwesentlich teurer sind. Bernd fand den Ansatz seinerzeit nicht sinnvoll, wobei ich aus seinen Kommentaren bis heute nicht herausfinde, was ihn an dem Ansatz selbst stört.

Für den Treibstoffvergleich habe ich folgende Ausgangsdaten verwendet:

 

Brennstoff Kerosin Methan Wasserstoff
Dichte t/m3 0,79 0,42 0,069
Mischungsverhältnis Ox/Br 2,7 2,6 6
Oxidator(Sauerstoff)dichte t/m3 1,14t/m3
Masse der Oberstufe in t 30,2
v/l-Hauptstufenverhältnis 15 13 10
Zu erreichende Geschwindigkeit in m/s 4719
Ausströmgeschwindigkeit in m/s 3000 3200 4300
Startbeschleunigung in g 1,2g 1,2g 1,2g

Meine Berechnungstabelle (Download) liefert folgende Ergebnisse:Die gewählten Ausströmgeschwindigkeiten entsprechen denjenigen eines Nebenstromtriebwerkes mit der jeweiligen Treibstoffkombination. Die v/l-Verhältnisse sind natürlich nur Schätzwerte, sollten die Realität aber einigermaßen abbilden. Die Treibstoffdaten stammen zum Teil aus diesem Artikel. Die zu erreichende Geschwindigkeit ergibt sich aus diesem Szenario: Eine Nutzlast von 3,2 Tonnen soll auf eine Geschwindigkeit von 12050m/s beschleunigt werden (ausreichend für einen GTO-Orbit mit 1700m/s Verlusten). Die Unterstufe hat ein v/l-Verhältnis von 14 und eine Ausströmgeschwindigkeit 3200m/s. Die Leistungsdaten liegen zwischen Methan und Kerosin, sodass die optimierte Rakete für beide Treibstoffkombinationen annähernd gültig ist. Das v/l-Verhältnis der Oberstufe beträgt 10, die Ausströmgeschwindigkeit 4542m/s. Die laut dieser Optimierung für die Unterstufe zu erreichende Zielgeschwindigkeit sind die  4719m/s.

Treibstoff Kerosin Methan Wasserstoff
Treibstoffdichte in t/m3 1,01809349 0,77225806 0,35432432
Gesamtmasse in t 170,05 147,16 86,09
Treibstoffmasse in t 158,72 135,84 77,48
Treibstoffvolumen in m3 155,90 175,90 218,68
Leermasse in t 11,34 11,32 8,61
Treibstofffördervolumen m3/s 0,77 0,83 0,90

Wie zu erwarten, ist die Gesamtmasse/Treibstoffmasse umso kleiner, je höher der spezifische Impuls ist. Das gleiche gilt für die Leermasse, auch wenn die Unterschiede hier wegen den verschiedenen v/l-Verhältnissen geringer sind. Anders sieht das Bild bei dem Treibstoffvolumen und dem Fördervolumen aus: Hier ist (aufgrund der Dichte) Kerosin vor Methan und Wasserstoff führend. Alles in allem liegt Methan in der Mitte zwischen Kerosin und Wasserstoff (natürlich immer von den gewählten Bedingungen abgängig, siehe dazu den alten Artikel). Der Unterschied zu Kerosin ist nicht sehr groß, der Abstand (positiv und negativ) zu Wasserstoff ist hingegen beträchtlich. Noch einmal betonen möchte ich, dass hier nur Volumen und Massen mithilfe von Berechnungen verglichen werden. Die Komplexität der Technik selbst können nur die Konstrukteure der Raketen abschließend bewerten.

4 thoughts on “Methan vs. Kerosin&Wasserstoff

  1. Was Du so umschreibst hat auch einen Fachausdruck: volumenspezifischer Impuls. Er spielt eine Rolle, wenn eine Rakete möglichst kompakt sein soll, z.B. bei Militärraketen, die auch meistens relativ kurz sind. Wenn man wenig Platz hat, wie z.B. auf einem U-Boot ist die bessere Rakete die, die vielleicht schwerer ist aber weniger Raum beansprucht z.B. weil feste Treibstoffe noch viel höhere Dichten haben.

    Eine Rakete nach dem Volumen zu beurteilen macht eingeschränkt Sinn, wenn ich den Transport berücksichtigen muss und da bei Tunneln Probleme bekomme (ein Grund für die Konstruktion der Proton mit Außentanks – sonst würde sie nicht mehr durch russische Eisenbahntunnel passen). Es kann sogar sinnvoll sein, eine Stufe so zu konstruieren, dass sie ein größeres Volumen hat, so erhalte ich bei LOX/LH2 auf LOX/Kerosin eine Stufe mit einem guten Oberfläche/Volumenverhältnis weil das Volumen pro Tonen Treibstoff größer ist, die Oberstufe aber auch kleiner sein muss. So kann ich einen durchgängigen Durchmesser beibehalten. Sonst bekommt man solche Spargelraketen wie bei der Falcon 9.

    Was mich an dem Ansatz stört ist, dass du versuchst eine Beziehung zwischen Kosten und Volumen herzustellen und das gilt nicht. Es gibt eingeschränkt eine Bzeihung zwischen Masse und Kosten (wiegt eine rakete mehr so braucht sie auch ein schubstärkeres und teureres Triebwerk), aber LOX/LH2 in einer oberstufe erhöht z.B. das Gesamtvolumen der Rakete kaum, erhöht aber im Vergleich zu LOX/Kerosin die Nutzlast um 50%. Außerdem müsste man nach deinem Ansatz dann auf sehr dichte Treibstoffkombinationen wie Kerosin/Salpetersäure umsteigen. Die hat eine mittlere Dichte von 1,34 und wäre dann ja wohl noch viel besser geeignet.

  2. Zu meinem Ansatz noch mal morgen mehr (heute keine Zeit mehr), auf ein Zitat möchte ich aber noch einmal eingehen:
    „aber LOX/LH2 in einer oberstufe erhöht z.B. das Gesamtvolumen der Rakete kaum, erhöht aber im Vergleich zu LOX/Kerosin die Nutzlast um 50%.“
    Wie ich mehrfach geschrieben habe, meine ich explizit nur Unterstufen für niedrige bis mittlere Geschwindigkeiten. Schon für eine Zentralstufe mit zwei identischen Boostern und Treibstofftransfer sehe ich aufgrund der hohen Endgeschwindigkeit der Zentralstufe den Vorteil von Wasserstoff ein.

  3. Warum hast du Acetam nicht reingenommen? Der ist fast auf dem Niveau (bezogen auf die Nutzlast) von Wasserstoff obwohl er nur 395-405s bringt. Ja, das macht die hohe Dichte mit drastischer Reduzierung der Trockenmasse.

    Auch der Vergleich der Treibstoffe ist nicht ganz fachlich. So zum Beispiel für landende Booster kommt nur Methan in Frage, während des Rückfluges verflüchtigt sich Methan vollständig und wir erhalten saubere Leitungen und Tanks. Mit Kerosin und dem verbleibenden Treibstoffilm besteht die Gefahr der Selbstentzündung beim Eintritt in die Atmosphäre, zumindest müssen wir nach der Landung Leitungn und Tanks subermachen. Methantriebwerke können wir aufgrund der moderaten Belastung auf die Struktur bis 20-25 mal wiederverwenden. Mit Wasserstoff wäre das nicht möglich, auch andere technische Probleme sind vorprogrammiert.

    Aus Kostengründen ist Methan (ev. auch Wasserstoff für die Zentralstufe) für 1 und 2 Stufen schon Optimal. Für Beschleunigungsstufen (Flüge zum Mond, Mars) kommt aus energetischen Gründen nur Wasserstoff, auch in Verbindung mit nuklearen Triebwerken die bei NASA für Marsflüge vorgesehen sind, in Frage. Somit hat fast jeder Treibstoff seine Berechtigung!!!

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