Die Falcon 9 „v1.2“ Stufenleermassen

Zeit sich mal wieder mit meiner „Liebingsfirma zu beschäftigen. Zuerst mal zu einer Nachlese. Gwen Shotwell hat angekündigt, dass SpaceX dieses Jahr 18-mal und nächstes Jahr 24-mal oder mehr starten will.

Ein anspruchsvolles Ziel, zumal fast drei Monate rum sind und vor dem 4.4.2016, der CRS-8 Mission, kein Start angekündigt wird, das heißt 16 Missionen in nur neun Monaten. Bisher hat SpaceX mal in wenigen Wochen zwei Starts durchgeführt, dann gibt es wieder eine Pause von einigen Monaten. Sie haben also offensichtlich ein Problem bei der Fertigung und Startdurchführung. Dabei müsste die Fertigung kein Problem sein. Schon 2011 kündigte Elon Musk an man würde „bald“ 40 Cores pro Jahr fertigen. Die müssten meiner Definition von „bald“ inzwischen einige Hallen füllen. Nachdem die Firma ja schon vor dem Fehlstart im letzten Jahr nur noch eine v1.1 hatte, alle anderen Raketen in der Pipeline also v1.2 sind, müsste sie durch 6 Monate Pause auch genügend Träger auf Halde liegen haben. Ein Problem dürfte wohl eher die Startvorbereitung sein. Nach Shotwells Ausführungen wird man LC39A nicht für unbemannte Starts einsetzen. isher hat SpaceX sonst nur noch Vandenberg und LC40. Vandenberg wird kaum Starts durchführen. Dort finden nur polare Starts statt, das heißt fast alle muss LC40 abwickeln. Auch wenn die Startrampe neu ist, stellt sich die Frage, ob die Infrastruktur die Starts abwickeln kann. Ich habe mal meine Statistikfunktionen im Launchlog-Converter angeworfen: Keine US-Rampe hat mehr als 10 Starts pro Jahr abgewickelt. ELA-2 schaffte mehr und russische Startrampen auch, bis zu 28 Starts pro Rampe. SpaceX meint, es gibt keine Probleme, vom zweiten Weltraumbahnhof Brownsville gibt es seit Längerem kaum Fortschritte zu vermelden. Die beiden Startabbrüche beim letzten Start weisen aber her darauf hin, dass es noch einiges an der Startvorbereitung zu verbessern gibt. Der Fehler ist nun gefixt, doch wie viele unentdeckte Probleme gibt es noch?

Dann hat man nun rausgelassen, was die Wiederverwendung wirklich einspart. Ich hatte ja nach dem ersten V1.2 Start ohne assoziierte Kosten für Bergung und Wiederverwendung maximal 40% genannt. Shotwell spricht bei 3 Millionen Bergungskosten und 1 Million für den Treibstoff von 30%, was den Startpreis auf 40 Millionen absenkt – für SES nicht genug. Sie wollen einen Abschlag von 50%, wenn sie einen Satelliten einer solchen Stufe anvertrauen. Neben dem, das ich wieder zu 100% richtig lag (meine 40% waren ja ohne assoziierte Kosten, subtrahiert man die genannten 4 Millionen von den 40 so ist man bei 36 Millionen – genau 40%, wie vorhergesagt) sinkt natürlich auch die Nutzlast ab.

Allerdings gibt die Firma ja auch an, dass die Landung an Land 30% Nutzlast kostet – nur die klappte aber bisher. Das wird also ein Nullsummenspiel. Sollte mal die Seebergung klappen die 15% Nutzlast kosten, dann bleibt ein Kostengewinn von 15%. Ob es sich dafür lohnt? Shotwell sagt auch, man werde nichts „refurbish“-en, sondern oberflächlich ansehen und neu starten. Das wäre das Geschäftsmodell. Also wenn es ein verstecktes Problem gibt, man wird’s nicht entdecken. Auch hier: Die Erfahrung wird zeigen, ob es so klappt. Bisher gab es nur einen 3 s-Test, der auch vor Ende abgebrochen wurde.

So viel zur Nachlese. Nun aber zum heutigen Hauptthema: die Rekonstruktion der Stufenmassen der Falcon 9. Sie sind essenziell für die Nutzlastberechnung der Rakete. Ich will auch mal zeigen, wie ich das mache und die Methode hat sich über Jahrzehnte bewährt. Die Methode ist eigentlich ganz einfach. Man braucht nur die Daten anderer Raketen entweder im Computer oder schriftlich. Für die Trockenmasse sucht man sich Die bekannten Massen anderer Stufen mit der gleichen oder ähnlichen Treibstoffkombination (von der Dichte her, die die Tankmasse bestimmt, ist LOX/Kerosin mit NTO/Hydrazinen vergleichbar) und etwa gleicher Masse der Stufen. SpaceX nennt Faktor 30 bei den Erststufen und „nearly 25“ bei der Oberstufe. Später galt die Zahl 30 nur für die Booster der Falcon Heavy. Schaut man sich im Internet um und nimmt Datenblätter, so wird man feststellen, dass kein Autor diesen Faktoren folgt, alle setzen höhere Strukturmassen an. Warum? Nun 30 sind nicht unmöglich. Die Titan II hatten schon bei der ersten Stufe eines von fast 25. Die Falcon 9 Erststufe ist größer und der Strukturfaktor sinkt bei größeren Stufen ab. Dazu kommen neue Legierungen, die leichter sind und die Merlins die ein Schub/Gewichtsverhältnis von 150 haben – auch mehr als doppelt so hoch wie die LR87 der Titan-Erststufe. Möglich ist es also schon, warum ich es und andere nicht glauben? Weil man dann für diese Rakete enorm hohe Nutzlasten errechnet. Doch dazu später mehr.

Das Erste ist es sich Daten zu besorgen. Bei SpaceX gibt es einiges auf der Website, dazu habe ich noch die Wikipedia für den spezifischen Impuls der Erststufe bemüht. Macht man dies so kommt man auf folgende Daten:

  • Startmasse 541.300 kg
  • Spezifischer Impuls: Erste Stufe 3050 m/s
  • Spezifischer Impuls: Zweite Stufe 3413 m/s
  • Brennzeit erste Stufe: 162 s
  • Brennzeit zweite Stufe: 397 s
  • Schub 7426 kN im Vakuum erste Stufe
  • Schub 913 kN im Vakuum zweite Stufe

Das ist wenig. So hat man nicht mal das Gewicht der einzelnen Stufen. Man kann es aber abschätzen. Ich bin im Folgenden davon ausgegangen, dass die Brennzeiten für 100% Schub gelten. Wird der reduziert, so steigen die Brennzeiten an. So beim SES-9 Start brannten die Triebwerke nach dem Video 158 und 423 s. Der erste Wert lässt für 36 s Brennzeit eines Triebwerks Treibstoff (9,71 t) in den Tanks zurück. So kann man die Treibstoffmenge berechnen es gilt:

Treibstoffmenge = Schub x Brennzeit / spezifischer Impuls (zumindest in SI-Einheiten)

So kommt man auf 394,43 und 106,2 t Treibstoffmasse in Stufe 1 und 2.

Nehmen wir nun die Strukturfaktoren von 1:30 und 1:24 („nearly 25“) und ziehen jeweils 1 ab (bei der Berechnung der Strukturfaktoren nimmt man die vollbetankte Stufe nicht den Treibstoff) so kommt man auf:

Leermasse erste Stufe = 394,43 t / 29 = 13,60 t

Leermasse zweite Stufe = 106,2 t / 23 = 4,62 t

Addiert man alles zusammen, so ist man bei 518,85 t Startmasse. Doch selbst wenn ich noch 13,15 t für die Nutzlast und 2 t für die Nutzlastverkleidung hinzuaddiere, komme ich so nicht auf 541,3 t, sondern nur 536 t. Es fehlen also 7,3 t. Wenn die Angabe die für einen GTO-Start wäre, dann wäre die Differenz sogar noch größer und ohne Nutzlast sind es schon 20,45 t die fehlen. So muss man sich immerhin keine Gedanken machen, ob die Brennzeiten für einen Teilbetrieb mit reduziertem Schub gelten, denn dann wird die Diskrepanz noch größer, die Treibstoffmenge sinkt ab.

Ich sehe das als Indiz, dass die Strukturmassen eben höher sind. Man kann nun die fehlenden 7,3 t auf die Stufen verteilen, Da die erste Stufe dreimal so viel wie die Zweite wiegt würde man Ihr drei Viertel zuschlagen oder 5,5 t und der zweiten dann 1,8 t. Im Netz findet man aber noch höhere Trockenmassen. Das hängt eben auch ab, was man noch dazu zählt. Üblich ist bei Raketen die Angabe von GLOW: Gross Liftoff Weight und die ist das Startgewicht mit Nutzlast und Verkleidung.

Nähern wir uns dem Thema von einer anderen Seite: der Nutzlastberechnung. Die ist eigentlich nach der Zilokowski Gleichung recht einfach. Die Falcon 9 ist zudem eine klassische Serienrakete ohne Booster, die die Rechnung verkomplizieren. Man addiert also einfach die Nutzlast und rechnet die Endgeschwindigkeit aus. Die wird immer größer sein, als die Orbitgeschwindigkeit. Das liegt daran, dass der Orbit auch erreicht werden muss. Größter Posten sind da die Aufstiegsverluste. Während die Rakete die Orbithöhe erreicht, brennt sie ja und verbraucht Treibstoff. Eine Kanone hätte keine Gravitationsverluste, doch das Konzept hat sich irgendwie nicht durchgesetzt. Diese können beträchtlich sein. Sie hängen von der Aufstiegsbahn ab. Will man vergleichen, so braucht man den richtigen Vergleich, denn Gravitationsverluste können 1200 m/s groß sein oder 2400 m/s. Am unteren Ende liegen schnell beschleunigende Raketen wie die Athena oder Kosmos B-1. Am oberen Ende liegen Raketen mit mehreren Stufen und langen Brennzeiten, die Ariane 5 EPS hat z. B. Einen der höchsten Werte. Man schaut also nach Raketen, wo die Stufen in etwa gleiche Brennzeiten haben. Im US-Arsenal wäre das z. B. Die Titan 3B-Serie mit Gravitationsverlusten von 1380 bis 1590 m/s. Dann gibt es noch die Vorläufer von SpaceX Falcon 1 und Falcon 1e für die es noch genaue Stufenmassen gab, Sie liegen bei 1590 bis 1663 m/s. Nimmt man den höchsten Wert (1663 m/s) als Worst-Case-Szenario so kommt eine Falcon 9 auf 21.796 kg LEO Nutzlast (7802 m/s 186 km Standardorbit) und 7667 kg in den GTO (10255 m/s 186 x 35887 km Standardorbit).

SpaceX spricht von 15% Nutzlastverlust bei Wasserbergung und 30% bei Landbergung. Doch die publizierten Werte von 13,15 und 4,85 sind geringer (jeweils 38-40 % geringer). Das deutet schon mal auf höhere Stufenmassen hin. Dann war nun ja der Start von SES-9. Man kann nun einfach die 9,7 t Treibstoff bei der Leermasse der ersten Stufe addieren und die Nutzlast für einen 332 x 40621 km Orbit berechnen. Der Orbit hat mit größeren Aufstiegsverlusten in 332 km Höhe einen Geschwindigkeitsbedarf von 10288 m/s. Selbst wenn man noch die 9,7 Treibstoff in den Tanks hinzunimmt, kommt man auf eine Nutzlast von 6.700 kg und nicht 5.330 kg wie SES-9 wog. Sicher hätte SpaceX wenn der Satellit wirklich viel kleiner als die Nutzlastgrenze wäre, mehr Treibstoff für ein erfolgreiches Bergungsmanöver reserviert. Das tat man aber nicht. So denke ich, wird SES-9 an der Nutzlastgrenze sein. Der naheliegende Gedanke ist es, nun die 7.3 t Differenz in der Masse zu den Stufen zu addieren. Addiert man sie zur ersten Stufe, so sinkt die Nutzlast auf 6.197 kg ab. Beim Aufteilen 3:1 auf 4.422 kg. Das zeigt schon: die Zweitstufe ist empfindlich hinsichtlich Strukturmasse. Wird sie zu schwer, so sinkt die GTO-Nutzlast stark ab. Bei 800 kg mehr für die zweite Stufe und 6500 kg für die erste kommt man auf 5400 kg GTO-Nutzlast (ein Adapter ist ja auch noch da). In den Standard-GTO wären es dann 5510 kg (die Angabe wurde auch mal von Elon Musk für die v1.2 genannt) und 18200 kg für den LEO-Orbit – das sind 28% mehr als ausgewiesen auf der Webseite. So könnte es hinkommen.

Es gibt aber noch ein zweites Indiz und das steckt im Users Manual versteckt in zwei Abbildungen auf S.20 und 21. Es sind die maximalen G-Belastungen für Nutzlasten über 4000 lbs (1814 kg) und 2000 lbs. Geht man für diese kleinen Nutzlasten von einer maximalen Drosselung der Triebwerke 119 bzw. 81 klbf aus, so sieht man bald, dass die zweite Stufe das Limit setzt. 81 klbf sind 360 kN. Bei 6 g Beschleunigung bei 1814 kg Nutzlast dürfen Nutzlast und Oberstufen zusammen nur 6123 kg wiegen, die Oberstufe also 4310 kg. Das passt zu der Angabe des Strukturfaktors von „nahezu 25“ (24,62). Für 2000 lbs (914 kg) beträgt die Maximalbeschleunigung 8,5 g mithin 4322 kg Maximalmasse oder 3408 kg Oberstufenmasse. Wie passt das zusammen? Nun wir wissen nicht wie stark herunterregelt wurde. Es kann sein das selbst bei einer so geringen Masse man nicht auf das 36% Niveau geht. Damit einher geht auch ein Nutzlastverlust durch Absinken des Brennkammerdrucks und spezifischen Impulses. Man wird den Schub dann reduzieren wenn man nur kurze Brennzeiten braucht z. B. Um eine SSO-Bahn zu synchronisieren. Bei hohem Schub hat man sonst nur Brennzeiten von wenigen Sekunden und großem Fehler durch das Hochlaufen und Abschalten. Ich würde trotzdem nicht die Stufenmasse auf 4,3 oder gar 3,4 t reduzieren. Denn sonst bekommt man nicht nur viel höhere Nutzlasten, dass selbst bei 30% Sicherheitsreserve die SpaceX Angaben zu niedrig sind, es stimmen dann auch die Angaben von Strukturfaktoren von 25 nicht.

Auf der anderen Seite verringert eine geringe Oberstufenmasse ein Problem: Die Leermasse ist bestimmend für die Abnahme der Nutzlast von LEO zu GTO. Modelliert man die Masse der Oberstufe für GTO und berechnet dann die LEO-Masse so stellt man, wenn man die GTO-Nutzlast festlegt, dass es hier gravierende Unterschiede zu den SpaceX-Angaben gibt, selbst bei 30% Nutzlastdifferenz. Die Differenz wird um so kleiner, je kleiner die Oberstufentrockenmasse ist. Bei 3,4 t Leermasse wäre z. B. (mit Bergung) die theoretische Nutzlast für LEO 14,6 t. Doch ohne Bergung werden die Unterschiede extrem: 8886 kg zu 23.000 kg – da fällt es schwer zu glauben, dass man da die Stufe bei SES-9 nicht mehr bergen konnte, der deutlich weniger wog. Daher halte ich 20,02 t für die erste Stufe Leermasse und 5,52 t für die zweite für die plausibelsten Werte. Daraus leiten sich 20.100 kg / 6.375 kg für die Nutzlastmassen ohne Bergung ab.

Kommen wir zu Falcon Heavy. Nimmt man die letzten Werte für die Falcon Heavy, setzt Crossfeeding ein, so kommt man auf 53 t Nutzlast in LEO, 21,7 t in GTO. Das passt also – allerdings – nur ohne Bergung. Setzt man hier dieselben Reserven an wie bei der Falcon 9 (um die Nutzlast so weit abzusenken, muss man die Abtrennmasse der ersten Stufe von 20,02 auf über 70 t erhöhen) so sinkt die GTO-Nutzlast auf 10,6 t und die LEO auf 30,3 t. Dies ist jedoch noch unsicherer, weil die Booster bei geringerer Geschwindigkeit, die Zentralstufe aber bei höherer Geschwindigkeit abgetrennt werden als bei der Falcon 9. Die einfachere Prognose wäre aber, das bei der Falcon Heavy derzeit keine Bergung mit der angegeben Nutzlastenmasse vorgesehen ist. Es gibt zu wenige Flüge und der logistische Aufwand ist bei drei Boostern größer. SpaceX hat inzwischen ja auch die Preispolitik geändert, von dem Preis für die ganze Rakete auf den für einen 6,4 t Satelliten. Daher wird man, wenn man die Bergung betreibt, wohl die Nutzlast nicht ausschöpfen. Wenn man hier niedrigere Strukturmassen für die Booster ansetzt, (der Wert von 30 soll ja für die Booster gelten die wegen der Abtrennung nach nur 108 s geringeren Belastungen ausgesetzt sind) ändert das aber kaum was an der Nutzlast. Es sind nur 1 t mehr in GTO, 3 t in LEO- der Grund: die Zentralstufe, die ja auch geborgen wird, bestimmt nun den Nutzlastverlust.

Insgesamt gibt es viele Unstimmigkeiten, das war schon immer bei SpaceX so, weil die angegebenen Zahlen oft für zukünftige Versionen galten oder Annahmen enthielten, die nicht stimmten. Die Falcon 1 verlor z.B. Ein Drittel ihrer Nutzlast, als man nach drei Fehlstarts nachbessern musste und vor allem die zweite Stufe schwerer wurde. Trotzdem: Das ist meine bisher beste Schätzung der Falcon 9:

Vollmasse

Leermasse

Spezifischer Impuls

414.450 kg

20.020 kg

3050 m/s

111.720 kg

5.520 kg

3413 m/s

Nutzlastverkleidung:

2.000 kg

Nutzlast ohne Bergung:

20.100 kg LEO

6.350 kg GTO

Auch diese Annahme ist nicht unproblematisch. Modelliert man die Rakete z. B. Auf eine GTO-Nutzlast von 4850 kg, indem man die erste Stufe schwerer macht (Resttreibstoff für die Bergung auf den Tanks) so muss die Abtrennmasse bei 42 t liegen. Dann aber beträgt die LEO-Nutzlast immer noch 16,9 und nicht 13,15 t. Modelliert man auf 13,15 t Nutzlast bei LEO (77 t Abtrennmasse der ersten Stufe) so kommt man auf nur 3,1 t GTO-Nutzlast. Die Differenz bleibt, auch wenn man geringere Oberstufenmassen ansetzt.

9 thoughts on “Die Falcon 9 „v1.2“ Stufenleermassen

  1. Dass die maximale LEO-Nutzlast die SpaceX mit 13,15t anbietet deutlich niedriger ist als die mehr als 16t die du recht plausibel berechnet hast, könnte daran liegen dass die 13,15t derzeit das strukturelle Limit der Oberstufe bzw. des Nutzlastadapters sind. Das reicht ja auch für das was SpaceX mit der Falcon 9 starten will. Und auch für die meisten Nutzlasten der Heavy reicht das, denn die ist ja in erster Linie für GTO da und da gibts momentan auch nichts was schwerer als 13t wäre.

    Bei Bedarf an schwereren Nutzlasten, z.B. bei Doppelstarts mit der Heavy, muss dann halt strukturell verstärkt werden. Den Bedarf sehe ich aber auf absehbare Zeit nicht.

  2. „Bei Bedarf an schwereren Nutzlasten, z.B. bei Doppelstarts mit der Heavy, muss dann halt strukturell verstärkt werden. Den Bedarf sehe ich aber auf absehbare Zeit nicht.“

    Meines Wissens nach werden keine Doppelstarts angeboten da es keinen Adapter dafür gibt und auch keiner entwickelt wird.

    „muss dann halt strukturell verstärkt werden“

    Ich bin kein Experte aber ich gehe davon aus, dass das fast einer kompletten Neukonstruktion gleichkommt man kann nicht einfach irgendwo Streben oder Bleche hineinschweißen.

    Was die F9H mit der zusätzlichen Nutzlast macht wird sich zeigen.

  3. Die von SpaceX jetzt prognostizierten Startzahlen klingen nicht nach „ambitioniert“, sondern nach „Märchen“.
    Mein Tipp: max. 1 Start pro Monat, wenn alles gut läuft (also kein Totalausfall). Das würde für dieses Jahr immerhin noch 9 Starts bedeuten.
    Es gibt keine Hinweise, die auf eine dauerhafte Beschleunigung der Produktion und Startvorbereitungen hindeuten.

    Zur möglichen Nutzlast:
    Ich kann die hier vorgerechneten Zahlen nicht beurteilen. Dazu fehlt mir schlicht das Wissen und die Möglichkeiten.
    Aber ich glaube, die Strategie von SpaceX ist hier, einen Träger zu haben, der genug leistet, um einen großen Teil vom Markt zu bedienen. Im Gegenzug zum Verzicht auf eine vollständige Abdeckung spart man sich auch teuere Zusatzentwicklungen, wie z. B. größere Hüllen oder Doppelstartadapter, die nur selten gebraucht würden.
    Kunden, die unbedingt wollen, können ja was eigenes mitbringen (z. B. Orbcom mit seinen 11(?) Satelliten)
    Gäbe es genügend große Brocken, würde sich auch SpaceX da ins Zeug legen. Die Ingenieure dort sind auch nicht dümmer als anderswo.
    Oder man adaptiert entsprechende Bauteile externer Hersteller.

    So sehe ich durchaus auch die Möglichkeit, die 2. Stufe zu verstärken, um schwerere Lasten zu tragen. Es ist lediglich die Frage, wieviel der zusätzlich möglichen Kapazität des gesamten Trägers (z. B. Falcon Heavy) dafür wieder geopfert werden muss.
    Auch die 1. Stufe wurde ja über die Jahre erheblich verändert.

    Nimmt man aber die angestrebte Wiederverwendbarkeit mit auf, so könnte es gut sein, dass die zusätzliche Kapazität in Zukunft mehr in Richtung auf eine sichere Landung (mehr Treibstoffreserve, Korrektur-Düsen, Verstärkungen der Statik, etc.), denn auf zusätzliche Nutzlast optimiert wird.

    Die Ausssage „ohne Refurbishment“ habe ich als Fernziel verstanden. Bei den ersten gelandeten Stufen wird man sehr wohl alle Teile kontrollieren und ggf. reparieren / ersetzen. Erst wenn sicher ist, dass gar nicht soviel kaputt geht, wird man sich auf „Ruß abwischen und volltanken“ beschränken.

    Noch hat man ja überhaupt nur ein Exemplar. Das wird mit Sicherheit gut untersucht. Der schnelle Test auf der Rampe war ein guter PR-Gag. Schließlich war schon vorher klar, dass die Stufe nicht wieder fliegen soll.

    Das die Kalkulationen / Erwartungen von SES und SpaceX so weit auseinander liegen, ist nicht verwunderlich. Da es sowas noch nicht gegeben hat, ist es sehr schwierig, die Kosten eines 2. Starts einer Stufe zu kalkulieren.
    Und die 2. Stufe obendrauf muß ja sowieso gezahlt werden, genau so wie der gesamte Aufwand für den Start selbst.
    Insofern kommen mir die gewünschten 50% Rabatt schon ziemlich ambitioniert vor.
    SES musss das erwartete erhöhte Risiko mit einer Gebrauchtrakete irgendwo finanziell absichern. Das sind nicht nur die Kosten für den Sat, sondern auch entgangener Gewinn. Da kann über die Jahre bis zum erfolgreichen Start eines Ersatzsatelliten einiges zusammen kommen.
    Daher die hohe Rabatt-Forderung. Aber SpaceX wird das Risiko wohl kaum selbst tragen wollen.
    Aber aktuell sind das alles PR-Verlautbarungen. Da es noch gar keine weitere gelandete Stufe gibt, stellt sich die konkrete (Preis-)Frage auch noch nicht.

    Alternativ kann statt SES auch jemand anderes den Start auf der 1. Gebrauchtrakete buchen. Für solche hochriskanten Demo-Flights gab es auch in der Vergangenheit Interessenten.

  4. @Gerry: das strukturelle Limit ist nach Users Manual 10,8 t

    @ABM: Das betrifft im wesentlichen die Tanks. Da werden meist Wände dicker. Es ist nicht ungewöhnlich. Ariane 1 war z.B. für maximal 2.500 kg Nutzlast ausgelegt. Bei Ariane 4 konnte die nur licht veränderte Oberstufe dann 7 t transportieren. Es kostet aber Nutzlast, in der Regel wird die Stufe um 1-2% des zusätzlichen Gewichts schwerer. Das sind bei 40 t mehr in der Falcon Heavy schon 400 bis 800 kg die von der Nutzlast abgehen.

  5. Status zu Brownsville
    die haben umengen von bau sand in Boden gepumpt
    als der Boden sich zu weich für Fundament entpuppte
    zur Zeit werden die Fundamenten gegossen und last man aus harten

    zu Fehlen der 7,3 Tonnen
    So viel ich weiß wird die F9v1.2 mit super gekühlten flüssig Sauerstoff betankt bei GTO mission.
    Das wahre wahre ungefähr 7.3 Tonnen mehr im Tank und menge Probleme sehe start Verzögerung und Abbruch.

    Die F9 erst stufe nur oberflächlich zu begutachten und dan verwenden halte ich zu fahrlässig
    man solle zumindest die Triebwerke gründlich überprüfen vor neuen start.
    Das verhindert zukünftige Katastrophe bei start.

    Bei Falcon F9 heavy hört man nix mehr von Crossfeeding.
    scheint das hier wird eine Delta IV heavy analog mit drei erst stufe…
    Ich denke das SpaceX hier die billiger Falcon Heavy anbieten für USAF schwer Nutzlasten.
    die für moment teuere Delta IV heavy benötigt

  6. Zunächst einmal danke Bernd für diese Betrachtung.
    Die Nutzlastangaben in deiner Liste sind sehr ähnlich den Werten auf die ich gekommen bin.
    Auch die Werte in den Leermassen sind ähnlich.
    Du hattest mal gesagt dass das Upgrade niemals 30% bringen wird, das ist zumindest von den Zahlen von dir aber nun doch bestätigt, deine alte Annahme war also nicht richtig?

    Bei den Angaben von SpaceX zu der maximalen Nutzlast für LEO und GTO gebe ich nicht allzu viel, ich denke das sind alte Angaben ohne das zumindest der Upgrade auf v1.2 mit ein berechnet wurde.
    Wichtig erscheint mir da eher die 6350kg GTO und zwar auf einem Absetzorbit wie das Ariane macht und nicht auf 26000km hoher Bahn.
    Das was sicher auch noch zu korrigieren sein wird, sind die Angaben auf deren Webseite von den Daten der FH. Mit dem Upgrade komme ich eher auf fast 80t komplett ohne Wiederverwendung und nochmals ein dickes Plus wenn die Oberstufe wirklich in Zukunft auf Raptor Triebwerk umgestellt wird. Klar wird man das eher nicht machen, man will ja nicht alle Startstufen verlieren, aber für GTO und BEO Missionen wäre das schon Super.

    Etwas was du sicher sehr gut kannst ist trotz der fehlenden Annahmen zu den F9 Teilen, aus anderen Angaben zumindest auf sehr wahrscheinliche Zahlen zu kommen (Sehr gut gemacht!!!)

    🙂

  7. Die Betrachtung ist unter der Prämisse zu sehen, dass diese Angaben von SpaceX der Realität entsprechen. Wenn Du mal bei anderen Websites schaust siehst du deutlich höhere Trockenmassen die entsprechend die Nutzlast absenken, vor allem die zweite Stufe ist hier kritisch.

    Man kann das Pferd auch anders aufzäumen und annehmen, dass SES-9 an der Nutzlastgrenze war, weil man extra auf eine erfolgreiche Bergung verzichtet und so die Stufenmasse berechnen. Letztlich bleibt alles Spekulation bis SpaceX die Daten veröffentlicht. Die Geheimnistuerei finde ich dämlich, denn es ist ein Summenwert der nur wenig über die Fähigkeiten der Firma verrät.

    Wie Du auf 80 t bei der Falcon heavy kommen willst ist mir ein Rätsel. Die Rakete hat dieselbe Technologie selbe Strukturfaktoren, sie müsste daher weitestgehend skalieren. Da sie nicht dreimal mehr wiegt ist es so verwunderlich dass Du auf 5-6 mal mehr Nutzlast kommst.

  8. Du hast ca. 20t LEO bei der F9 ohne Wiederverwendung für LEO berechnet, das entspricht dem was ich ermittelt habe (ca. -300kg).
    Die alte Angabe war 53t und 13t also 4,08 das bezogen auf die 20t ergibt 80t
    (ich hatte da 79t)
    Die höhere Nutzlast hat damit zu tun, dass die FH eigentlich keine Zweistufenrakete ist, sondern eher sowas wie eine 2,5 stufige Rakete ist. (ohne Crossfeed)
    Hintergrund ist wohl, dass die Startbeschleunigung höher ist und die Zentralstufe schaltet Triebwerke vor Brennschluss der Booster herunter weil sonst würde die viel höhere G-Belastung eine stärkere Struktur der Oberstufe nötig würde und damit diese mehr Masse hätte. Die drei Cores tragen die selbe Oberstufe was vor Brennschluss zu einer höheren Beschleunigung führt.

    Mein Ansatz für die Berechnung der Leermasse war etwas einfacher. Die S1 wurde bei 8300km/s abgetrennt, abzüglich dem Gewinn vom Breitengrad vom Cape plus Gravitationsverluste der Oberstufe (geschätzt 300m/s) Verluste (die Oberstufe musste die Oberstufe ca. 7900m/s bringen.
    Mit den 3413m/s ergibt das ein V/L von e^x(2,3147)=10,1217.
    Durch Umstellung der Raketengleichung ergibt sich einer TrockenmasseS2 Nutzlast von 11,53t
    Abzüglich der bekannten Masse der Nutzlast von 5271kg, bleiben maximal 6273kg Trockenmasse.
    Wobei es sein kann das ich die Gravitationsverluste zu niedrig geschätzt habe, dann kommt man leicht an deine 5520kg heran.
    Mit Raptoroberstufe sollte die maximale GTO Nutzlast der F9 ohne Wiederverwendung auf 8130kg steigen und zum Mars bis 20t für eine FH. Mit nachtanken auch 30t und mehr.

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