Killerspiele im Laufe der Zeiten

ZDFInfo bringt derzeit einige Dokumentationen über Computer, darunter auch eine dreiteilige über Videospiele, im besonderen über Killerspiele. Ich bin kein Fan der Spiele. Aus zwei Gründen: Zum einen gefällt mit das Spielprinzip nicht. Ich finde es dröge nur herumzuballern, egal ob auf Mohrhühner, Aliens oder realistisch dargestellte Menschen. Zum Zweiten habe ich bei den Spielen keine gute Chance, weil ich seit Geburt sehbehindert bin. Ich bevorzuge daher rundenbasierte Spiele, bei denen man Zeit zum Nachdenken hat.

Die Achtziger Jahre: Ballerspiele

Die Sendung greift auch die Diskussion über diese Spiele auf. Wobei eine schon in den Achtzigern Verantwortliche im Nachhinein dann wenigstens ein bisschen Eingeständnis zeigte, das man viel zu streng war. In Deutschland wird das Thema erstmals in den Achtzigern akut, als die Bundesstelle für jugendgefährdende Schriften sich auch Computerspielen annimmt. Es wurden einige Spiele vorgestellt die damals indiziert wurden inklusive eines von einem 16-jährigen für den C64 programmierten. Das war bis 2001 auf dem Index, also zu einem Zeitpunkt, als der C64 längst nicht mehr produziert wurde und man wohl auch kaum noch Spiele gehandelt hat. Der Autor wünschte sich, es wäre noch auf dem Index, so könnte er damit wenigstens vor seinen Enkeln angeben …Die Begründungen von damals wirken skurril und weltfremd. So wurden die Spiele meist als „kriegsverherrlichend“ eingestuft und man vermisste, das man Konflikte „friedlich oder durch Diplomatie“ lösen kann.

Wer die Spiele kennt, die damals nur „Ballerspiele“ hießen, der wundert sich. Es geht in den Spielen eben nur ums Ballern. Egal ob dies nun Aliens (Space Invaders, Defender) oder Soldaten sind. Wie sollte man da eine Verhandlung einbauen? An der Problematik hat sich bis heute nichts geändert siehe unten. Vor allem waren die 8-Bit-Rechner nicht leistungsfähig genug um eine komplexe Spielstory und ansprechende Grafik in einem Spiel zu verbinden. Es gab Spiele mit anspruchsvoller Story, wie Textadventures, aber auch Elite, aber dann eben nur eine reduzierte (oder gar keine) Grafik. Die war (und ist) das wichtigste bei den Ballerspielen, die zudem auch nur mit Joystick bedienbar sein mussten.

Die Neunziger: Ego-Shooter

Die Folgen ging dann weiter über die Neunziger, mit Doom als erstem Ego Shooter, bis hin zu heute, wo Sequenzen aus aktuellen Spielen gezeigt wurden. Mit Doom begann die Argumentation bei der Indizierung sich zu ändern. Nun ging es nicht um die Verherrlichung des Krieges, sondern um die Verherrlichung von Gewalt oder das realistische Darstellen von Menschen. Das war bei den 8-Bit-Spielen technisch kaum möglich.

Immerhin scheint die Bundesstelle lernfähig. Denn während Doom noch als jugendgefährdend einstuft wurde, galt das nicht für Counterstrike, das ein paar Jahre später erschien, obwohl es das gleiche Spieleprinzip hat und noch realistischer ist. Natürlich kam auch die politische Diskussion zur Sprache. So Beckstein, der den Ausdruck „Killerspiele“ prägte und Ausschnitte aus Sendungen in denen angebliche Experten sich über die negativen Einflüsse dieser Spiele äußerten. (Angeblich, weil einer FIFA 2015 zu den Killerspielen zählte …).

Beckstein „erfand“ 1999 den Ausdruck Killerspiele, der bis heute meistens auf Ego Shooter, aber auch andere Spiele bei denen es um Gewalt geht verwandt wird.

Heute: Fast realitätsnahe Grafik

Was mir auffiel, war der enorme Sprung der Grafik. Die Sendungen bilden rund drei Jahrzehnte ab: Die erste Sendung mit Schwerpunkt auf den Achtzigern und vorher, also vor allem Spielen auf 8-Bit-Rechnern und den ersten Konsolen, die Zweite auf die Neunziger Jahre mit DOS-Spielen und den ersten Windows Spielen mit DirectX. Die Letzte dann auf die aktuellen Spiele und der Ausblick auf Virtual Reality. Da ist der Sprung in der Grafikqualität vor allem im letzten Jahrzehnt eklatant. Vorher wurde nur die Auflösung größer, mit Doom kam auch die Ego-Perspektive hinzu. Aber Menschen und Räume waren uniform, mit einfachen Texturen überzogen.

GPUs, also die Zentraleinheiten der Grafikkarten scheinen anders als Prozessoren noch vom Moorschen Gesetz zu profitieren. Heute sind teilweise über 2000 Recheneinheiten auf einer High-end Karte und selbst bei den integrierten GPU gibt es inzwischen bei den Prozessoren die stärksten Zuwächse an Rechenleistung. Die Szenen wirkten bei Darstellung von Natur oder Technik schon realistisch, von Film oder Fernsehen nicht zu unterschieden. Nur Menschen sind noch nicht so weit realistisch. Sie sind zu scharf abgebildet, zu perfekt mit zu wenigen Makeln.

Bei der Realitätsnähe wirken auf mich Ausschnitte, bei denen man auf unbewaffnete Zivilisten schießt durchaus verstörend. Ich würde trotzdem nie auf die Idee kommen, dass man so Terroranschläge vorbereiten kann. Schon alleine weil man dazu dann keinen Joystick, sondern ein Gewehr braucht und zum Zweiten es immer noch Computergegner sind, die keine Anatomie haben, also tot sind, wenn man sie trifft, egal ob dies nun das Herz ist oder der Unterschenkel. Vor allem aber ist die Perspektive vor einem Monitor und das Handling eine andere. Wenn ich z.B. rechts ein Geräusch höre, drehe ich mich oder den Kopf,. Stattdessen muss ich beim Spiel einen Joystick bewegen.

Killerspiele?

Was immer noch gegeben ist, ist der Vorwurf, dass es keine „Verhandlungen“ gibt. Das ist auch die Kritik an den Spielen: Die meisten sind wirklich auf Gemetzel aus. In einem Beispiel wurde gezeigt, dass man eine Mission nur erfüllen kann, wenn man einen Gefangenen tötet, daneben eben Szenen, in denen man auf eine Menschenmenge auf einem Flughafen schießt. Klar ist, dass so etwas nachgefragt wird. Im Prinzip hat sich am Spielprinzip nichts geändert, es sind eben immer noch Ballerspiele. Es geht nur ums Ballern. Klar ist auch, dass Spieler offensichtlich lieber auf Menschen schießen, und seien es nur Zombies als auf Zielscheiben oder Aliens.

Es gibt Besserung. So gibt es einen Berater für Spieledesigner, der vom Militär kommt, wo man an realistischen Simulationen interessiert wird. Er soll Hilfe geben, die Spiele realistischer zu machen. So wurden Szenen gezeugt, wo man eben die Mission verliert, wenn man Verbrechen begeht, in einem Spiel fangen die eigenen Leute an auf einen zu schießen, wenn man wild auf Zivilisten ballert. Es wäre schön, wenn die Figuren schon realistisch sind, man auch am Verhalten also dem Gameplay, was ändert. Die, die nur Ballern wollen, können dann ja immer noch Zombies jagen.

Virtual Reality

Virtual Reality scheint das Genre umzukrempeln. Tests ergaben, dass Personen die mit einer VR-Brille und einem Spielegewehr ein Ballerspiel (oder Killerspiel, je nach politischer Ansicht) spielten, die Handlung nahe ging und sie anders als vor dem Monitor meinten, das wäre echt. Die Reaktion ist, das erste Spiele einen Gang in dem Realismus zurückschalten, die Leute also uniformer sind und nicht mehr so fein gerendert. Ein deutsches Studio, das präsentiert wurde, verzichtet ganz auf Menschen und man schießt dort auf Käfer.

Angeblich gibt es ja bei VR (zumindest derzeit) einen anderen Trend: man durchwandert Gegenden wie eine schottische Insel, oder taucht ins Meer ein. Sicher, das ist eine ideale Anwendung für VR, aber die Ego-Shooter sind es gerade wegen der Perspektive von einem Selbst auch. Zumindest wenn es nun mit eigenem Spielzeug Gewehr gespielt wird, möchte ich nicht ausschließen, dass man sich mit so etwas auf Attentate vorbereiten kann, was ja immer von Politikern behauptet wird.

Die Zukunft

Ich persönlich glaube aber, dass VR andere Dinge revolutionieren wird. Vor allem die Erotikindustrie wird Interesse an der Anwendung haben. Spezielle „Gamecontroller“ für Penis und Vagina scheinen ja schon in der Entwicklung zu sein. Den Handschuh, der motorische Rückmeldung gibt, gibt es ja schon seit Langem. Abseits der Spiele könnte VR die Diagnose bei technischen Problemen revolutionieren, indem man gar nicht mehr vor Ort sein muss, sondern jemand mit einer VR-Brille einem das Problem zeigt. Eventuell kann er es ja sogar beseitigen, wenn man ihm über diesen Weg hilft. Auch Partnerbörsen werden VR einsetzen, denn so kann man manches Date einsparen, weil man einen kompletten Eindruck des Gegenübers bekommt, anders als nur beim Videochat. Dafür müsste man nur die Smartphones, die heute schon als VR-Brille genutzt werden, mit zwei identischen Kameras im Abstand der Augen ausstatten und deren Bild übertragen und bei der Gegenseite in ein Stereobild auswerten lassen.

Ich werd nichts davon haben, denn ich denke VR wirkt bei mir nicht. Eine Folge der Sehbehinderung ist, dass nicht dreidimensional sehen kann. Schon als es in den Achtzigern die Experimente mit den Rot-Grün-Brillen gab, sah ich nur ein rotes oder grünes Bild nie was Dreidimensionales. Ich denke das wird bei VR nicht anders sein.

Für die Spieleindustrie sehe ich aber VR als eine Goldgrube. Denn damit bekommt man viele Leute vor den Computer die nicht spielen wollen. Mann kann so auch Dinge machen, die abseits der Computerspiele sind. So Sportarten wirklichkeitsnah simulieren (zumindest die bei denen man sich nicht viel bewegen muss wie Golf oder Kegeln). Man kann virtuelle Besuche von Städten, Museen oder Landschaften, auch künstlichen oder aus der Vergangenheit (Mittelalter bis Mesozoikum) machen. Ich glaube VR wird die Spiele-, oder besser Virtuelle-Welten-Industrie so umkrempeln, wie das Internet erst den Computer in jedes Wohnzimmer brachte.

Kartenspiel anstatt Killerspiel

Zuletzt noch ein Tip für ein Spiel, das völlig ohne VR auskommt, bei dem man nicht ballert und das trotzdem ein netter Pausenfüller ist: Acromage. Das war ein Spiel im Spiel in Might & Magic VII, basierend auf einem Kartenspiel und einen Versuch wert.

2 thoughts on “Killerspiele im Laufe der Zeiten

  1. „Es gibt Besserung. So gibt es einen Berater für Spieledesigner, der vom Militär kommt, wo man an realistischen Simulationen interessiert wird. Er soll Hilfe geben, die Spiele realistischer zu machen. So wurden Szenen gezeugt, wo man eben die Mission verliert, wenn man Verbrechen begeht, in einem Spiel fangen die eigenen Leute an auf einen zu schießen, wenn man wild auf Zivilisten ballert. Es wäre schön, wenn die Figuren schon realistisch sind, man auch am Verhalten also dem Gameplay, was ändert. Die, die nur Ballern wollen, können dann ja immer noch Zombies jagen.“

    Ja es gibt Besserung.

    Die klassischen „Ballerspiele“ sind mittlerweile fast ausschließlich im Multiplayersegment angesiedelt da sie sich auch für kompetetetives Spielen/Turniere eignen.

    Im singleplayer Bereich haben sich mittlerweile Spiele mit komplexen Storys und vielfältigen Handlungsmöglichkeiten durchgesetzt, oft kann man eine Aufgabe durch Schleichen lösen oder gar einen NPC überreden/einschüchtern um die gestellte Aufgabe zu erfüllen.

    Ich persönlich bin schon lange nicht mehr an „Ballerspielen“ interessiert bin aber der Meinung, dass mittlerweile die Diskussion deutlich ehrlicher offener und neutraler geführt wird.

    Ein interessantes Interview für alle die daran interessiert sind.

    https://www.youtube.com/watch?v=2a_rzIUPGfI

    Da wir beim Thema Spiele sind möchte ich doch mal meinen persönlichen Geschmack zum besten geben.

    Civilisation,Age of Empires,Europa Universalis4 und Hearts of Iron spiele ich wenn ich Zeit und Lust habe.
    Aber unter 30 min läuft dort nichts, da muss man sich dann zwischen Tatort und einer Runde 100-jährigem Krieg entscheiden.
    (Auch etwas für dich Bernd, da du dort durch deine Sehnbehinderung keine Nachteile hast)

    Kerbal Space Program ist eine Sandbox-Weltraumsimulation die einigen von euch bekannt sein dürfte, falls nicht könnte das eine nette Spielerei sein.

    Beim Bau und dem „fliegen“ von Flugzeugen und Raketen sind die einzigen Einschräunkungen die Physik und die eigene Phantasie.

    Was dort mit ein paar Modifikationen möglich ist sieht man hier:

    https://www.youtube.com/watch?v=BmOngtvYrzc

  2. Für alle, die rundenbasierte Strategiespiele auf Hex-Feldern mögen, gibt es ein kostenloses Spiel, das außerdem mehr bietet als die meisten kommerziellen Produkte: Battle for Wesnoth.
    http://www.wesnoth.org/
    Da das Spiel open Source ist, gibt es außer der üblichen Windoofs-Version auch welche für Linux und Mac OS. Ganz hartgesottene können das Spiel auch verändern oder an exotischere Systeme anpassen.

    Das Ganze spielt in einer Fantasiewelt, mit einer großen Auswahl von Einheiten: Menschen, Zwerge, Elfen, Orks, Trolle, Saurianer, Drachen, Untote und Geister sorgen für Abwechslung. Gespielt wird wahlweise gegen den Computer oder Spieler gegen Spieler am gleichen Gerät. Aber auch Spiele über lokales Netz oder Internet sind möglich.

    Zahlreiche Szenarien und Kampagnen sind schon in der Standardinstallation vorhanden. Dazu kommt die Möglichkeit, Erweiterungen aus dem Internet nachzuladen. Bis man die alle durch hat, gibt es garantiert schon wieder Neue. Und wenn das noch nicht reicht: Ein Karteneditor ist auch an Bord. Um eigene Kampagnen zu erstellen, muß man sich aber mit der spielinternen Skriptsprache beschäftigen. Also auch für Bastler gibt es etwas zu tun.
    Auch wer mogeln will kann das recht einfach. Die Spielstände werden zwar in der Standareinstellung in einem komprimierten Format gespeichert, das läßt sich aber umstellen auf unkomprimiert. Dann hat man alles im Klartext und kann nach Herzenslust ändern. Hilfreich ist dabei ein XML-Editor wie Notepad .

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