Warum ich ein Newton-Teleskop empfehle

Ich hatte euch ja schon mal von meinem Mailaustausch mit einem angehenden Sternfreund geschrieben, der sich als erstes Teleskop ein 2.000 Euro Gerät rausgesucht hat. Nun hat er sich wieder gemeldet. Gekauft hat er noch keines, doch nun soll es ein Apochromat eines Spitzenherstellers mit individuellem Interferogramm mit 115 mm Öffnung sein. Da kostet alleine der Tubus 5.500 Euro, mit Montierung und Okularen kommt er, wenn das Qualitätsniveau des Apochromaten auch bei diesen Teilen halten will, dann leicht auf 7.000 Euro Gesamtpreis.

Bislang bin ich mit der Argumentation erst mal ein Zwanzigstel der Summe auszugeben, Erfahrungen zu sammeln und dann ein zweites Teleskop zu kaufen nicht durchgerungen. Mein letzter Hinweis, dass die Fixierung auf höchste Qualität in Duisburg wohl rausgeschmissenes Geld ist, weil dort Lichtverschmutzung und Turbulenz die Grenze setze, scheint vielleicht zu fruchten, aber auch nur vielleicht. Er erinnert mich an jemanden der sich als erstes Auto einen Porsche kauft aber nur auf Straßen fahren darf die maximal 30 km/h erlauben.

Aber ich greife das mal auf, für einen Blog, kürzer als meine ganzen Aufsätze über Teleskope. Und zwar welchen Teleskoptyp ich Einsteigern am ehesten empfehle und warum.

Grundlagen

Linsenfernrohr

Es gibt viele Subtypen aber vom optischen Prinzip nur drei Bauformen:

Der Refraktor oder das Linsenteleskop besteht aus zwei oder drei Linsen an der Front, die das Licht bündeln. Hinten sitzt dann der Okularauszug. Alle anderen Typen sind Spiegelteleskope oder Reflektoren.

Das Newton-Teleskop hat hinten einen parabolischen Hauptspiegel, der das Bild bündelt und auf einen planen, 45-Grad zur Achse geneigten, Fangspiegel wirft. Dort (also vorne) ist der Okularauszug an der Seite.

Katadioptrische Teleskope haben einen hyperbolischen Hauptspiegel und eine Linse mit einem hyperbolischen Fangspiegel als Frontabschluss. Das Licht wird durch ein Loch im Hauptspiegel geworfen und dort ist (wie bei Linsenfernrohren) der Okularauszug. Im Amateurbereich sind vor allem Schmidt-Cassgrains (meist von Meade und Celestron) und Maksutovs (von russischen Herstellern) populär.

Nun eine persönliche Beurteilung nach einigen Kriterien:

Bild

Linsenfernrohre haben aufgrund des fehlenden Fangspiegels ein schärferes und kontrastreiches Bild als Reflektoren. Dafür brechen Linsen die verschiedenen Wellenlängen von Licht unterschiedlich, was sich in Farbsäumen um helle Objekte bemerkbar macht. Das kennt mancher auch von billigen Objektiven für Spiegelreflexkameras. Man kann dies mit zwei Linsen (Achromat) minimieren und mit drei Linsen (Apochromat) fast eliminieren.

Newtons haben meist einen kleineren Fangspiegel als die katadioptrischen Typen. Das Bild ist daher etwas besser als bei diesen.

Die meisten katadioptrischen Typen haben Fangspiegel, die 35 bis 40% des Durchmessers ausmachen. Da ist der Kontrastverlust schon hoch und man verliert auch Lichtsammelleistung.

Handhabung

Anders, als in den Abbildungen im Web, schaut man meistens mit dem Teleskop schräg oder fast senkrecht in den Himmel. Bei Typen, wo der Okularauszug hinten ist, muss man dann unangenehm in die Hocke gehen. Nicht so beim Newton. Die Position vorne erlaubt in jeder Lage einer komfortable Position beim Beobachten. Der Grad der Unbequemheit hängt auch von der Länge des Tubus ab. Je kürzer desto besser. Vor allem billige Linsenteleskope haben für ihre Öffnung lange Tuben, weil man mit einer längeren Brennweite die Farbfehler minimieren kann. Kurze Linsenfernrohre sind für die Fotografie mit langen Belichtungszeiten gedacht, nicht für die visuelle Beobachtung. Bei den Linsenfernrohren kommt noch erschwerend dazu, dass man aus unerfindlichen Gründen das Sucherfernrohr an der Seite am Okularauszug anbringt und noch an einem Prisma spart. So ist es meiner Ansicht nach, wenn man nicht gerade horizontnah beobachtet, vollkommen unbrauchbar.

Schmidt-Cassegrain

Extrem kurze Tuben haben aufgrund zwei vergrößernder Spiegel die katadioptrischen Teleskope. Daher wirkt sich hier der Okularauszug hinten nicht so negativ aus wie bei Linsenfernrohren. Zudem erlaubt die kleine Länge eine Gabelmontierung, die ich persönlich für die stabilste Montierung halte. Bei Newton-Teleskopen kann man auch die Tubuslänge verkürzen, indem man die Brennweite reduziert. Dann wird aber der Fangspiegel größer (Kontrastverlust) und es tritt eine Bildfeldwölbung (Koma) auf. Allgemein gilt bei allen Typen: Je kürzer die Brennweite desto höher die Anforderungen an die Optik (wird teurer) oder desto stärker werden Bildfehler. Daher sollte man wenn möglich bei allen Typen eher ein langbrennweitiges Instrument wählen sofern noch praktikabel und finanzierbar. (kurzbrennweitige sind wegen der Gewichtsersparnis meist günstiger als langbrennweitige).

Linsenteleskope sind anfängerfreundlich, weil man nichts verjustieren kann. Bei Newtons und katadioptrischen Teleskopen muss man dagegen Position von Hauptspiegel und bei Newtons auch des Fangspiegels regelmäßig kontrollieren und anpassen.

Universalität

Die Lichtsammelleistung wird vom Durchmesser der Optik bestimmt, die Vergrößerung, also den Ausschnitt den man sieht dagegen durch die Brennweite und die verwendeten Okulare. Im allgemeinen verwendet man kurzbrennweitige Instrumente eher für die Fotografie und langbrennweitige für die Beobachtung, da bei allen Typen die Bildfehler mit kürzerer Brennweite (bei gleicher Öffnung) zunehmen. Bei Langzeitbelichtungen wirken sich diese nicht so stark aus. Okulare über 32 mm Brennweite werden relativ teuer, Okulare unter 7 mm Brennweite haben meiner Erfahrung nach oft ein schlechtes Einblickverhalten. Will man den Bereich abdecken, der sinnvoll ist so sollte man also keine Okulare mit zu kleiner oder zu großer Brennweite kaufen. Da kann man leicht mit Dreisatz berechnen, dass man unter dem Gesichtspunkt am besten mit einem Instrument von einem Verhältnis 6 zwischen Brennweite/Öffnung fährt. Dieses Verhältnis erreichen bei Linsenfernrohren nur teure Apochromaten ohne Farbfehler. Katadioptrische Systeme erreichen es systembedingt nie. Sie liegen bei 10-13. Das ist bei der Bauart schon „kurz“. Astronomische Teleskope liegen bei 20 bis 30, das Hubble Space Telescope z.B. bei 24. Es ist aber ein gängiges Verhältnis bei Newtons.

Folgekosten

Der Tubus ist nur ein Teil des Teleskops. Es kommen mindestens noch hinzu:

  • Die Montierung.
  • Das Stativ.
  • Drei bis vier Okulare (eines bis zwei sind meist dabei, also muss man noch eines bis drei nachkaufen).

Optional:

  • Sonnenfilter für die Beobachtung der Sonne
  • Nachführmotor (erhöht die Bequemlichkeit und zwingend für die Fotografie nötig)
  • UHC-Filter: Erhöht den Kontrast.
  • H-Alpha Filter für Emissionsnebel
  • Kameraadapter

Der Hauptposten ist zumindest bei größeren Instrumenten die Montierung, denn die anderen Teile sind immer gleich teuer, egal, für welches Teleskop man sie kauft. Die Montierung muss das Teleskop sicher tragen, und zwar unter allen Umständen, also auch mit einer schweren Digitalkamera am Okularauszug und sie sollte steif sein, also das Teleskop sollte nicht durch Wind schwanken, und wenn man mal an das Stativ ranrempelt, sollte die Schwingung schnell auslaufen.

Gerade dabei spart man bei Komplettangeboten. Die Belastung der Montierung hängt nun von Tubusgewicht und Hebelwirkung ab. Refraktoren haben hier durch die langen Tuben die Arschkarte gezogen. Die Tuben sind schwer und verursachen einen starken Hebelarm. Anstatt einem 80-mm-Linsenfernrohr kann man oft ein um 30% größeres Newton Teleskop auf derselben Montierung anbringen. Am besten schneiden hier katadioptrische Systeme ab, deren Tuben nur ein Drittel der Brennweite lang sind. Das minimiert Gewicht und verringert die Hebelwirkung.

Preis

Nimmt man nur die Tuben, also das Fernrohr ohne Montierung, so kommt man bei etwa 130 mm Öffnung und langbrennweitigen Instrumenten auf folgende Daten:

  • Linsenfernrohr: 127 mm Öffnung, 329.- Euro, 7,9 kg Gewicht
  • Newton: 130 mm Öffnung 156.-, 4,2 kg Gewicht
  • Schmidt-Cassegrain: 130 mm Öffnung, 595 Euro, 2,7 kg Gewicht
  • Maksutov: 130 mm Öffnung, 169 Euro, 1,9 kg Gewicht (ohne Okularauszug und Sucher – als Teleobjektiv)

Das Maksutov ist eine Ausnahme da explizit als Teleobjektiv angeboten. Im Allgemeinen sind Maksutov genauso teurer oder teurer als Schmidt-Cassegrains. Es kommen in dem Beispiel noch die kosten für einen Sucher, Okulare und Rohrschellen hinzu.

Newton-Teleskop

Nun wird relativ deutlich, warum ich zu Newtons rate. Sie sind nicht nur am preiswertesten, sondern auch die Folgekosten halten sich in Grenzen. Ein Refraktor erfordert bei fast dem doppelten Gewicht eine viel stärkere Montierung. Das geringere Gewicht von katadioptrischen Systemen wirkt sich erst kostensparend bei großen Instrumenten aus, Newtons mit 300 mm oder mehr Durchmesser werden dann auch unhandlich. Dann sind selbst bei kurzer Bauform die Tuben 1,2 m lang oder noch länger. Allerdings ist man dann bei Kosten von mehreren Tausend Euro und hat das Einstiegslager längst verlassen.

Der einzige Nachteil von Newtons ist das man es ab und an nachjustieren muss. Es nicht so kompakt wie ein Schmidt-Cassegrain ist und etwas schwerer. Dafür ist es lichtstärker, die Einblickposition ist etwas besser und vor allem erheblich preiswerter.

Zuletzt noch ein Tipp: Ein kleines Teleskop und hier muss es ein Linsenfernrohr sein, reicht für die Sonnenbeobachtung. Das ist eine gute Alternative für alle, die nicht so gerne nachts in der Kälte stehen und wegen der Luftturbulenz reicht da ein 60 mm Refraktor, ein größeres Instrument bringt kein besseres Bild. Zusammen mit einem Objektiv-Sonnenfilter ist man je nach Montierung bei einer Summe von 130 bis 180 Euro. Damit kann man auch Mond und helle Sterne beobachten. Für Planeten und Nebel ist es zu klein.

3 thoughts on “Warum ich ein Newton-Teleskop empfehle

  1. Toller Beitrag ich nutze auch ein Newton Teleskop bin aber noch ein Anfänger. Mir ist es auch nicht aufgefallen, dass ich mein Teleskop sonderlich nachjustieren musste. Allerdings fehlen mir auch die Erfahrungen um es mit anderen Teleskopen zu vergleichen.

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