Die voll wiederverwendbare Mondmission

Die Zeit hier in Nesselwang inspiriert mich. Mit spukt das Thema Wiederverwendung im Kopf rum und die Ankündigung von SpaceX Mondumrundung. Und da ich gerade „Moon Lander“ von Kelly erneut lese, und es auch da um die frühen Konzepte der Mondlandung geht, fügte sich das irgendwie zusammen und so kam ich auf einen tollen Vorschlag für Musk: Die bezahlbare und voll wiederverwendbare Mondmission.

Die Idee

Eine Mondlandungsmission, bei der man alle Teile wiederverwenden kann. Damit wäre sie sehr preiswert und würde dann die nächste Stufe im Weltraumtourismus erlauben. Das wäre doch etwas für jemanden dem es nicht um Forschung oder Wissenschaft, sondern um „coole“ Ankündigungen geht.

Zuerst einmal wie dies möglich ist. Das geht nur, wenn alle Teile zur Erde zurückkehren. Ein LOR-Verfahren geht so nicht. Da würde die Abstiegsstufe auf dem Mond bleiben und die Aufstiegsstufe auf dem Mond aufschlagen. Das geht nur mit dem klassischen Verfahren der direkten Landung. Das geht so: Eine Dragon landet auf einer Oberstufe direkt auf dem Mond. Die Astronauten steigen aus und vergnügen sich, gehen dann wieder zurück und starten direkt zur Erde. Dort wird die Oberstufe abgetrennt und landet separat. Die Dragon landet ebenfalls. Wenn man dann noch bei den Starts zum Mond die Oberstufen und Erststufen birgt, ist die Mission komplett wiederverwendbar.

Als erstes berechnete ich mal die Masse eines solchen Gespanns. Bei Apollo hatten die Fähren ein Δv von 2200 m/s. Doch das war aus einem Orbit aus und bei der Landung gab es 90 s in denen die Fähre schweben konnte. Bei maximal einem Drittel G Schub dauerte das Abbremsen zudem lange und dadurch gab es hohe Gravitationsverluste. Da der Schub des Merlin höher ist als die Landemasse, fällt das Schweben weg, sodass man den Schub auf den Punkt reduzieren muss. SpaceX hat das auf der Erde bei den Landungen demonstriert und hier gibt es mit der Luftreibung und Wind sogar Störgrößen. Auf dem Mond ist es viel einfacher. So würde ich als Stufe eine gekürzte Falcon Oberstufe nehmen. Als Δv habe ich 2700 m/s angenommen (300 m/s über Fluchtgeschwindigkeit für Gravitationsverluste). Dann errechnet man beim spezifischen Impuls der Oberstufe von 348 s ein Masseverhältnis von 4,866. Eine Dragon 2 wiegt leer mindestens 6,4 t, dazu kämen noch die Besatzungsmitglier (7 x 125 kg) und Vorräte, Wasser, Gase. Nehmen wir 8,5 t Startmasse an, so müsste man mindestens 51 t zum Mond transportieren, wenn die Stufe einen Strukturfaktor von 15 erreicht (Das Triebwerk ist etwas überdimensioniert und es kommt ja noch Bergungsausrüstung hinzu). Eine Falcon Heavy konnte bisher 16,5 t zum Mond transportieren, drei Falcon Heavy würden also ausreichen. Es ist aber knapp kalkuliert, da man die Oberstufen ja auch bergen will und das kostet, wie ich schon sagte Nutzlast. Drei Falcon Heavy und eine Falcon 9 (mit der Dragon) oder vier Falcon Heavy würden etwas mehr Flexibilität bringen.

Ablauf

So würde bei vier Starts die Mission aussehen:

Die erste Falcon Heavy startet in einen Erdorbit. Sie transportiert die gefüllte Stufe zur Landung.

Die zweite Falcon Heavy startet. Sie füllt die leere Oberstufe, der ersten mit dem Resttreibstoff der ohne Nutzlast verbleibt auf. Diese zündet ihre Oberstufe und erreicht einen elliptischen Erdorbit. Nun kommt die Mannschaft mit einer Falcon 9 und einer normalen Dragon, auch sie erreicht einen elliptischen Erdorbit (die Dragon wiegt nun nur noch so viel wie die GTO-Nutzlast einer Falcon 9) und koppelt an.

Die letzte Falcon Heavy kommt, man füllt erneut den Resttreibstoff um und beschleunigt zum Mond. Die Oberstufe bremst mit dem verbliebenen Resttriebstoff ab, sodass sie in einer Erdumlaufbahn bleibt und nach einem Erdumlauf in die Atmosphäre eintritt und geborgen werden kann. Alternativ kann man anstatt aufzufüllen auch jeweils die ausgebrannte Stufe abkoppeln und die noch teilgefüllte Oberstufe ankoppeln.

Dann fährt die Oberstufe (43 / 2,867 t) ihre Landebeine aus und landet auf dem Mond. Der ist durch LRO inzwischen im Meterbereich erkundet und die Astronauten können durch Spiegel die Landestelle einsehen und notfalls korrigieren (mindestens ein ausgebildeter Astronaut und nicht nur Touristen wäre wünschenswert).

Die Astronauten klettern über eine Leiter nach unten, machen die obligatorischen Fotos und sammeln Souvenirs ein und man startet zurück. Bei der Erde werden dann Dragon und Oberstufe getrennt geborgen. Die Mondproben wären nicht nur wissenschaftlich wertvoll, sondern weil sie (noch) so selten sind auch für einen hohen Preis verkaufbar. Die NASA verkauft ja kein Mondgestein. Allerdings dürften wenn es viele dieser Expeditionen gibt bald der Preis sinken.

Kostenabschätzung

Mit den Preisen von SpaceX ist das so eine Sache. Früher stand ein Preis von 135 Millionen Dollar für die Falcon Heavy auf der Webseite nun nur noch 90 Millionen für 8,5 t in den GTO. Als ich da heute drauf schaute, hatte die Falcon Heavy auch neue Specs, nun sind es schon 63,8 t in Leo und 16,5 t zum Mars, damit ist auch bei schweren Oberstufen (Bergung) und Zusatzmasse für Isolierung und Pumpsysteme die Mission in jedem Falle mit 3+1 Starts möglich (ich bevorzuge einen Start der Mannschaft mit der Falcon 9, weil sie erprobter ist). Ich gehe mal von 90 Millionen pro Start einer Falcon Heavy mit Bergung erster Stufe und Booster aus. Das wären dann 80 Millionen, wenn man auch die zweite Stufe bergen kann. Davon braucht man drei Starts, sind 240 Millionen. Dazu kommt ein Dragon 2/Falcon 9 Start mit Bergung. Die kosten für einen Routinestrart der Dragon 2 sind noch unbekannt, aber für vier Flüge bei CCDev bekommt SpaceX 850 Millionen Dollar (die Differenz zwischen CCDEv Budget ohne Flüge (1,75 Mrd.) und mit Flügen (2,6 Mrd.). Wenn man die Dragon 2 wiederverwenden kann, so sollte der Preis auf mindestens die Hälfte sinken, also 106,25 Mill.

Zusammen sind das dann 346,25 Millionen Dollar. Bei 6 Passagieren und einem ausgebildeten Astronauten sind das 58 Millionen Dollar pro Passagier, also weniger als heute ein Sojus Sitz kostet. Selbst wenn man keine Oberstufen birgt und eine zusätzliche Oberstufe für die Mondmission braucht, kommt man nur auf 387 Millionen Dollar, das sind dann 64,5 Millionen pro Passagier. (Dann allerdings käme man mit 3 Falcon Heavy ohne Falcon 9 Start aus, was auch wieder 40 Millionen einspart). Ein Preis für einen heutigen Sitz auf der Sojus (81 Millionen) erreicht man, wenn man die Dragon nicht wiederverwenden kann und drei Falcon Heavy Starts nimmt, ohne Oberstufenbergung, also genau das was SpaceX jetzt schon beherrscht. Kurzum: es wäre heute möglich und bezahlbar.

Was sie noch entwickeln müssten wäre eine Umpumpmöglichkeit, einen Dockingadaper (der CBM an der Dragon nutzt nichts , da er nicht für autonomes Ankoppeln gedacht ist, aber er braucht keine Umsteigeluke, das vereinfacht einiges) und man bräuchte neue Software für die Mondlandung sowie eine Isolation des Sauerstoffs für etwa 4 Tage. Das wäre machbar. Das Umpumpen könnte bei einem Kopplungsadapter bei der Oberstufe entfallen. Autonomes Ankoppeln beherrschen die Russen seit 1978, SpaceX sollte das also auch hinbekommen.

Es gibt natürlich noch eine zweite Möglichkeit, die ist noch preiswerter: „Moon one“. Das Gegenstück zu Mars One. Also ohne Rückflug. Nun glaube ich nicht das man dort eine Basis einrichten wird, obwohl es einfacher als auf dem Mars wäre, aber man könnte den Wunsch vieler nach einem außergewöhnlichen Begräbnis nutzen. Eine Falcon Heavy wird mit den neuen Specs etwa 19,5 t zum Mond transportieren, das sind, wenn man die lagerfähigen Treibstoffe der Super-Draco als Basis nimmt (spezifischer Impuls 3150 m/s) eine Landemasse von 8275 kg, also etwa 7000 kg ohne Antriebssysten, eine Dragon für Frachttransporte soll maximal 4,9 t ohne antrieb wiegen. Sie könnte also noch 2100 kg Fracht transportieren. Wären dies Urnen mit jeweils 3 kg Gewicht so könnte man 700 Urnen für 700 Kunden pro Flug transportieren. Die Dragon sammeln sich bei SpaceX an – bei jeder CRS Mission gibt es eine neue. Für bemannte Einsätze sind sie nicht nutzbar, so wären sie verfügbar. Da nur Urnen an Bord ist und man nicht mehr landet, muss man sie auch nicht inspizieren, warten oder Teile austauschen. Man muss nur das System zur Landung anmontieren. Als Aufwendungen fällt also nur ein Falcon Heavy Start an, das sind 90 Millionen, umgelegt auf 700 Kunden rund 13.000 pro Person – teurer als eine Beerdigung hier, aber zumindest für viele erschwinglich. Es geht auch einfacher : Will man nicht landen sondern die Asche nur verstreuen so genügt auch ein harter Aufschlag. 5,8 t müsste eine Falcon 9 auf Mondkurs bringen, das wären 300 Bestattungen für 50 Millionen, oder eine für 15.700 Dollar.

Fazit

Also eine tolle Idee für SpaceX. Ich glaube wenn Elon das liest, gibt es bald einen Twitter von ihm, in dem er das ankündigt. Dann will ich aber auch Money sehen und nicht nur Einladungen zu Werksbesichtungen mit anschließendem Vergnügungsprogramm mit Spesenpauschale …

8 thoughts on “Die voll wiederverwendbare Mondmission

  1. Was ist den eigentlich aus dem künstlichen Spinnenfaden geworden, der 1000 Mal stärker als Stahl sein solle, aber trotzdem flexibel genug, damit der „Aufzug ins All“ funktionieren könnte?

    Damit könnte man richtig Sprit sparen.

  2. Passt auch nicht zum Aufsatz. Einen über den Fahrstuhl habe ich mal geschrieben, bin aber zu faul zum Suchen. (geht mit dem Raspberry auch nicht so fix).

    Ein Weltraumfahrstuhl eignet sich nur für Geo und niedriger. Er muss mindestens so lang sein, kann aber länger sein weil sein Eigengewicht ja noch ausgeglichen werden muss.

    Würde er aber bis zum Mond reichen so würde die Spitze viel langsamer als die erde rotieren und sich um die erde rumwickeln. Das vermeiden könnte man nur, wenn man viel Masse nahe der Erde hat um die Zentrifugalkraft der Spitze auszugleichen.

    Zudem erscheint der Lift bis zum Geo schon heute technisch nicht umsetzbar (ja ja es ginge mit Nanoröhrchen, nur kann die keiner in der benötigten Länge herstellen). Beim Mond ist man 10-mal weiter und weil jedes Teil an der Basis zieht müsste das Seil nicht nur länger sondern auch viel dicker sein.

  3. Passt thematisch doch insoweit, weil ein wiederbenutzbares System (Lift) könnte massiv Kosten bei Start und Landung sparen. Nicht zwingend direkt von Erde zu Mond aber auf beiden bis zum Punkt der Schwerelosigkeit, dass dann nur noch der Weg zwischen den „Weltraumbahnhöfen“ überbrückt werden muss.

    @Sensei: Was meintest du mit Münchhausen? In dem Artikel wird doch bestätigt, dass der künstliche Spinnenfaden stärker als Stahl ist? Oder ist MailOnline sowas wie der Postillon?

  4. „Zudem erscheint der Lift bis zum Geo schon heute technisch nicht umsetzbar (ja ja es ginge mit Nanoröhrchen, nur kann die keiner in der benötigten Länge herstellen).“

    Zumal es große Unterschiede gibt bei der Reißfestigkeit von einzelnen Kohlenstoffnanoröhren und die von ganzen Verbünden von Nanoröhren (da diese nie ganz perfekt liegen, die verbindung von einer Röhre zur anderen nicht so gut klappt ect).

    „Ein Weltraumfahrstuhl eignet sich nur für Geo und niedriger. Er muss mindestens so lang sein, kann aber länger sein weil sein Eigengewicht ja noch ausgeglichen werden muss.“
    Dies stimmt widerrum nicht so ganz:

    https://archive.org/details/33C3-An_Elevator_to_the_Moon_and_back

    (Vortrag von Markus Landgraf, ESA-Missionsanalyst)

  5. Hm, leider ist der Quellenlink auf Wikipedia kaputt, aber es wird behauptet, dass jährlich 200 Tonnen in einem Werk von Bayer (Stand 2010) herstellbar seien. Außerdem habe ich letztens eine Doku über ewiges Leben gehört, dass man schon mehrere Kilometer problemlos produzieren könne. Wenn ich die beiden nicht belegten Infos kombiniere, dann sollten Nanotubes zumindest in größerem Maßstab produziert werden können.

    Hoffe, dass das nicht in dem von Sensei verlinkten Film schon gesagt wurde, da ich diesen noch nicht ansehen konnte.

  6. Nanotuben werden durchaus in größerem Maßstab produziert. Doch man muss ja ein durchgängiges Seil aus ihnen herstellen. Soweit ich weiß ist das Produziere Material im Submillimeterbereich, im Labor hat man schon einen Meter erreicht. Hier reden wir von Tausenden von Kilometern. Das ist so ähnlich wie mit Diamanten – die werden auch als technische diamanten im Großmaßstab produziert, aber eben nur einige Millimeter bis Zentimeter geroß, nicht als lange Röhre, sonst könnte man das Seil auch aus Diamanten herstellen.

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