MASSA

Trump fordert ja nicht nur die Aufrüstung der anderen NATO-Partner -. das ominöse 2% des BIP-Ziel, er hat seit seinem Amtsantritt auch jede Menge neue Rüstungsprojekte angestoßen. Derzeit wird das gerade im Kongress debattiert. Besonders hoch, um 20% wurde das geheime Budget der USAF für „Space Operations“ erhöht.

Das könnte auch geheim bleiben, doch wir kennen doch unseren Donald. Er kann nichts für sich behalten und nun machen schon Gerüchte die Runde was er denn nun am Dienstagabend ankündigen will. Eines der Gerüchte will ich aufgreifen, es ist eine Neuauflage einer alten Idee – des Schutzschildes im Weltraum. Die USA haben seit Jahrzehnten an solchen Systemen geforscht. Einmal war eines sogar fast einsatzbereit. Doch Farmer fürchteten um eine radioaktive Belastung des Bodens (die Nike/Zeus & Spartan Raketen hatten nur eine kurze Reichweite) und setzten vor Gericht einen Stationierungsstopp durch. Damit war klar, dass man die Raketen weit früher abfangen musste und ein System auf US-Boden auf Widerstand stoßen würde. So geschah erst mal ein Jahrzehnt lang nichts, bis am 23.3.1983 Präsident Reagan SDI ein System ankündigte, das nun vor allem auf Weltraumwaffen basierte. Sie sollten eine Rakete schon in der Aufstiegsphase zerstören. SDI galt von Anfang an als mit der damaligen Technologie schwer umsetzbar, doch für eine Vision, so Reagan, braucht man auch Zeit. 1993 wurde die SDI-Organisation umbenannt und das Ziel von Abwehr aller Angriffswaffen auf Abwehr einiger Raketen von kleineren Nationen (nicht Russland) heruntergestuft und 2008 unter Bush nochmals umbenannt. Das Ziel ist aber geblieben. SDI kostete von 1983 bis 1993 insgesamt 30 Milliarden Dollar, ohne das es zu einem einsatzfähigen System kam (ursprüngliche Schätzung für das Gesamtsystem 41 bis 53 Milliarden Dollar über eine Dekade). Erprobt wurden vor allem Sensortechniken, die heute in militärischen Satelliten aber auch Waffensystemen zum Einsatz kommen. Ganz umsonst waren die Ausgaben also nicht. Es gab einen Delta Start (Delta 183) mit einem Sensortest ebenso Tests auf dem Space Shuttle und schließlich sogar zwei Raumsonden – Deep Space 1 und Clementine bei denen man die Sensoren anstatt an Projektilen bei Vorbeiflügen an Kometen und Asteroiden erproben wollte. Lunar Prospektor versagte aber beim Verlassen der Mondumlaufbahn und bei Deep Space 1 fiel das Experiment just beim Vorbeiflug aus.

Danach war es um den Weltraumpart still geworden, doch seit Jahrzehnten arbeiten die USA an einem boden- und schiffsgestützten Raketenabfangsystem für einzelne Raketen. Ein solches ist nun auch einsatzbereit und vor wenigen Wochen gab es einen weiteren Test für dieses Systems. Es kann aber nur einzelne Raketen abfangen und ist gegen „Schurkenstaaten“ wie Nordkorea gerichtet. Das sieht man auch durch die Stationierung der Abwehrraketen an der US-Westküste. Gegen Russland müssten sie auf der Nordgrenze zu Kanada stationiert werden da deren Raketen den Kurs über den Nordpol nehmen – den kürzesten Weg von den Abschussbasen im Norden Russlands.

Doch das Thema ist nicht vom Tisch. Die Bush-Administration gab nach dem Austritt aus dem ABm-Vertrag 2002 eine umfangreiche Überprüfung der Technologie in Auftrag. Das Ergebnis lag dann unter Obama vor: SDI, so kam man zum Schluss war nicht umsetzbar. Dafür war die Technologie in den Achtzigern einfach nicht soweit. Hüte (Stand 2009) wäre sie es. Es gäbe zum einen die Sensoren, die zuverlässig eine startende Rakete ausmachen könnten. Vor allem aber stände heute die Computerleistung zur Verarbeitung der vielen Sensordaten zur Verfügung. Es gäbe auch Ansätze, um mittels Multispektralanalyse Täuschkörper von echten Sprengköpfen zu unterscheiden. Damit würden die zeitlichen Anforderungen absinken, da man nun anstatt 2-3 Minuten rund 20 Minuten Zeit zur Abwwhr hätte, da man nicht die Rakete während der Startphase treffen muss.

Die Obama-Regierung gab dann noch eine weitergehende Untersuchung in Auftrag die die Architektur skizzieren sollte, doch als deren Ergebnisse vorlagen, entschloss man sich nur zur Umsetzung des bodengestützten Teils, des National Missle Defense (NMD), das allerdings schon von Bush angetriggert wurde. Die Ergebnisse der Studie, was den Weltraumteil betraf, wurden auf Eis gelegt.

Von Donald Trump, der America wieder groß machen will erhoffte man sich eine Wiederaufnahme des Projektes. Doch danach sah erst nicht aus. Zwar bekam das Militär erheblich mehr Geld und Trump fordert ja auch von den anderen NATO-Staaten eine Aufrüstung, doch für die Abwehr einzelner ICBM ist das NMD vollkommen ausreichend. Die seit einigen Wochen sich rapide verschlechternden Beziehungen zu Russland haben wohl bei Trump zu einem Stimmungswechsel geführt. Fand er vorher Putin toll und bewunderte ihn sogar, (mal abgesehen davon das Er nichts dagegen hatte das seine Meinungswerte durch gezielte russische Fake-.News beeinflusst wurden) so scheint er nun kritischer gegen Russland zu sein. Es gibt Stimmen, die meinen das die Ankündigung am Dienstagabend die Wiederaufnahme der Forschung an dem weltraumgestützten Abwehrsystem ist. Dieses ist nötig, um sehr viele Raketen abzufangen. Würde man dies mit den landgestützten Raketensystemen auf US-Boden machen, so bräuchte man enorm vieler dieser Systeme, die sich zudem über eine enorm lange Grenze zu Kanada hinziehen würden. (Es gäbe noch die Möglichkeit die Systeme näher an Russland heranzuführen, so war einmal geplant das System auch in Polen und Tschechien zu stationieren, doch davon ist man wieder abgekommen, um Russland nicht zu provozieren, vielleicht kommt das aber wieder auf die Tagesordnung).

Wenig weiß man über das weltraumgestützte System. Ein wesentlicher Unterschied zu SDI soll sein, das man nicht mehr von einer Unzahl von Stationen in niedrigen Orbits ausgeht. Diese waren wegen des geplanten Einsatz von Partikelkanonen oder kinetischen Geschossen notwendig, da die Ersteren durch das Magnetfeld der Erde aufgefächert werden und die Letzten sehr langsam fliegen. Dadurch brauchte man aber eine Unzahl von Stationen, von denen nur ein kleiner Teil bei einem Angriff aktiv sein würde. Das neue System beruht nur noch auf Diodenlasern, die in großen Stationen im geostationären Orbit stationiert werden. Eine Kette von Stationen ziehen sich nach den Planungen in einem Bereich 20 Grad vor der Westküste bis 10 Grad vor der Ostküste hin. Laserdioden haben seit SDI große Fortschritte gemacht. Sie haben heute einen hohen Wirkungsgrad von 25 bis 50%, man kann sie inzwischen durch Bündeln der Dioden schon auf dem Halbleitermaterial hochskalieren bis auf mehrere Kilowatt Leistung. Das reicht schon in Fabriken aus, um damit Metall zu durchschneiden, wahrscheinlich auch um Raketen zu zerstören. Ich vermute aber viel wichtiger dürften die Fortschritte in der Optik sein. Zu SDI Zeiten verwendete man zum Bündeln vomn Lasern monolithische Spiegel, das Hubble Weltraumteleskop als Beispiel dieser Technologie wiegt 11,4 t mit einem Spiegel von 2,4 m Durchmesser. Das James Webb Weltraumteleskop wird nur 6 t wiegen aber einen 6,5 m großen Spiegel aus vielen hexagonalen Einzelspiegeln haben. Computer verformen diese gezielt und so ergeben sie eine gemeinsame beugungsbegrenzte Oberfläche. SDI setzte beim MIRACL Laser (Gaslaser nicht Diodenlaser mit geringerem Wirkungsgrad) ein 1,8-m-Teleskop ein, heute würde man bei segmentierter Optik bei gleichem Gewicht eine 5 m Optik einsetzen können oder viel Gewicht einsparen.

Damit konnte man auch die auch bei Laserstrahlen gegebene Auffächerung durch eine größere Optik zur Bündelung ausgleichen und von den erdnahen Bahnen in den geostationären Orbit ausweichen. So kommt man wahrscheinlich mit wesentlich weniger Stationen aus. Für SDI waren Hunderte vorgesehen. Vor allem aber gibt es heute die Sensortechnik, die zum einen hochauflösend genug ist (räumlich) wie auch spektral. Auch hier: alles ist geheim, so muss man zivile Vergleiche anführen. Zu SDI Zeiten war der leistungsfähigste zivile Erderkundungssatellit SPOT mit einer Auflösung von 10 m. Etwa gleich schwer, aber mit 0,35 m Auflösung ist heute der leistungsfähigste Satellit Wordview 3 mit 0,35 m Auflösung. Satelliten hatten damals maximal 12 Spektralkanäle, heute bis zu 320. Damit kann man schon heute verschiedene Mineralien unterscheiden und sicher wohl auch Attrappen von Sprengköpfen.

Knackpunkt dürfte aber die Computertechnik sein. Spot hatte eine so grobe Auflösung nicht, weil die Optik nicht mehr hergab (die Auflösung entspricht der Auflösung eines 360-mm-Objektivs an einer gängigen 18 MP APSC-C Spiegelreflexkamera), sondern, weil man größere Datenmengen nicht verarbeiten konnte. Gespeichert wurde damals auf Band, der Bordcomputer hatte einen Motorola 68000 Prozessor. Selbst wenn man nur „normale“ RAD-gehärtete Computer nimmt, sind diese heute rund 5000-mal schneller. Wahrscheinlich, weil es eine vorgegebene Signalverarbeitungsaufgabe ist, wird man aber die Sensordaten durch spezielle Schaltungen wie ASIC oder etwas flexibler FPGA ausführen. Gerade FPGA erlauben es ja wenn man die Software verbessert hat diese als Schaltung nachzuprogrammieren, etwas was zu SDI-Zeiten unmöglich war.

Völlig offen ist auch die Stromversorgung der Laser. Auch wenn ihr Wirkungsgrad groß ist, werden sie einen Leistungsbedarf in der Größenordnung von einigen 100 kW bis 1 MW oder mehr haben, das allerdings maximal über die Flugdauer einer ICBM, also typisch 20 Minuten. In Foren wird schon spekuliert, wie man die Leistung aufbringen könnte. Die meisten denken an leistungsfähige Lithiumbatterien, Solararrays müssten enorm groß sein, wenn sie die Leistung aufbringen müssten. Ich selbst favorisiere Brennstoffzellen die gibt es in der Leistungsklasse schon, sie wurden schon oft in der bemannten Raumfahrt eingesetzt und die Energiedichte ist, selbst wenn man schwere Druckgastanks für den Wasserstoff und Sauerstoff rechnet, viel höher als bei Batterien zudem kann man mit dem erzeugten Wasser auch den Laser kühlen. Das sie Ressource endlich ist dürfte bei dem System keine Rolle spielen. Der Energiegehalt von Wasser/Sauerstoff beträgt immerhin 14,9 MJ/kg. Ein Argument, das für Batterien spricht ist, das man so die Stationen auch für die Bekämpfung anderer Zeile einsetzen kann wie Fahrzeuge oder Flugzeuge, sofern der Himmel nicht bewölkt ist. Das wäre für das Militär sicher verlockend – eine Waffe, die keine Spuren hinterlässt, nicht auf dem Radar zu sehen ist von der es keine Trümmer gibt und eine Station hat nahezu die halbe Erdkugel im Visir. Gut möglich das die Stationen daher beides haben.

Trotzdem werden diese Stationen groß und schwer sein. So stellt sich die Frage wie diese wohl ins All kommen sollen. Für SDI schlug man damals eine unbemannte Shuttle-Variante vor den Shuttle-Carrier. Er wurde zwar untersucht aber nie gebaut. Andere Ideen waren Schwerlastraketen, die die USAF auch bevorzugte. Heute ist die Lage wie man die Nutzlast ins All bekommt, heute bedeutend besser. Mit der SLS und Falcon heavy gibt es bald zwei Träger mit 70 bzw. 100 t LEO Nutzlast, was immerhin noch 12 bis 23 t GEO-Nutzlast sind. Mit der New Glenn kommt bald eine dritte Rakete dazu und eine noch größere ist von Blue Origin angekündigt. So machen vor allem die Falcon 9 und New Glenn auch endlich Sinn, denn für kommerzielle Satellitentransporte sind sie schlichtweg zu groß. Wer weiß, vielleicht spekulierten beide Firmen, dass ein solches System kommen würde. Die SLS ist zwar eine NASA-Rakete, aber es wäre nicht das erste Mal, das ein zivil entwickeltes System militärisch genutzt wird. Auch beim Space Shuttle war dem so. Zudem wurde sie vom Senat genehmigt (manche kürzen auch Senate Launch System als SLS ab) und in dem haben die Republikaner die absolute Mehrheit, sie können genauso wie sie die NASA verdonnert haben die SLS zu entwickeln auch verordnen sie für das Weltraumsystem zu verwenden.

Am meisten spekuliert wird im Netz aber derzeit, wie das neue System wohl heißen wird. Die Mehrheit glaubt nicht an eine sachliche Abkürzung wie SDI für Strategic Defense Initiative oder NMD für National Missle Defense. Die meisten erwarten ein Wort, in dem irgendwo „Trump“ vorkommt, oder zu mindest „America“. Am häufigsten wird der „Trump Missle shield“ genannt. Die häufigste Abkürzung ist „Integrated Defense System IDS“ – SDI verkehrt herum buchstabiert. Mir persönlich gefällt am besten MASSA – Make America Secure and Safe Again. Am Dienstagabend wissen wir mehr.

Ich glaube allerdings nicht daran, dass dieser Shield kommt, zum einen habe ich bei Trump noch nicht viel davon bemerkt, dass er technikaffin ist – er kann angeblich keinen Computer bedienen und in der heißen Wahlphase hat man ihm seinen Twitteraccount gesperrt und er konnte das Selbst nicht aufheben. Ich schätze ihn geradlinig und konventionell ein, wenn dann dürfte er wohl eher mehr für konventionelle Rüstung ausgeben. Vor allem aber glaube ich nicht das Trump nun plötzlich seine Meinung zu Russland so fundamental geändert hat und ein solches System würde direkt Russland bedrohen (das allerdings derzeit auch massiv nuklear aufrüstet) und damit provozieren. Wahrscheinlich wird die Ankündigung am Dienstagabend was anderes betreffen wie sein Einwanderungsgesetz, das ja auch vor Gericht ist oder das man nun endlich beginnt, die Mauer zu Mexiko zu bauen.

One thought on “MASSA

  1. @Bernd:
    Warum ist das alles von Dir als „Münchhausen“ eingestuft? Dass eine militärisch orientierte US-Administration SDI 2.0 umfangreicher untersucht, ist doch leider sehr wahrscheinlich. Billiger und für den Durchschnittsbürger auch sicherer als Raketenabwehr wären ja internationale Abrüstungsverhandlungen.

    Hoffentlich setzt sich aber bei den Verantwortlichen die Erkenntnis durch, dass All-basierte Abwehrsysteme relativ leicht vom Boden aus bekämpft werden können. Das Orbit einer Laserstation lässt sich ja relativ leicht per Radar vermessen. Ein 1-Watt-Suchlaser reicht dann, um binnen kurzer Zeit auf das Ziel zu fokussieren, und sobald man die Station im Fokus hat, schaltet man den 1-MW-Killlaser zu…

    Ein Tippfehler von Dir: „So machen vor allem die Falcon 9 und New Glenn auch endlich Sinn, denn für kommerzielle Satellitentransporte sind sie schlichtweg zu groß.“ Gemeint war wohl die „Falcon Heavy“.

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