Buhmann Buzz Aldrin

Wie ihr sicher mitbekommen habt, lese ich gerne alte Bücher. In ihnen stehen oft viele Details zu Missionen, die heute vergessen sind oder zumindest ist es amüsant die damalige Sicht der dinge zu erfahren, siehe auch meinen Blog über Zukunftsprognosen in der Raumfahrt). Derzeit lese ich Jesco von Puttkamers Buch „Apollo 11 – wir sehen die Erde“, ein Report der ersten Mondlandung. Er hat es später noch mehrmals neu rausgebracht jeweils um ein Kapitel ergänzt, so habe ich es auch zweimal, was ich aber nicht wusste, als ich mir den Band antiquarisch bestellte.

Das Buch ist für mich das Beste von Puttkamer. Er hat in ihm nämlich noch nicht den Hang den großen Teil des Inhalts mit Visionen zu befüllen und beschreibt dagegen die Mission – in allen technischen Details von der Ankunft der ersten Stufen am Cape bis hin zum Jahreseinkommen von Aldrin und Armstrong. Schade das er dem nicht treu geblieben ist, denn in deutscher Gründlichkeit hat er alle Details zusammengetragen, die relevant sind.

Aldrin auf dem MondBeim Lesen stolpert man aber über Dinge, die man schon kennt und wenn sie etwas anders drin stehen, dann kommt man doch ins Nachdenken.

Das erste ist der Programmalarm beim Absteig. In der heutigen Darstellung findet man folgende Darstellung: Zu Beginn des Abstiegs tastet Buzz Aldrin das Programm P20 in den Bordcomputer ein, das ihn anweist, das Rendezvousradar zu aktivieren. Das erzeugt zusätzliche Rechenlast, nach Puttkamer 14 % der Maximallast. Während er absteigt, kommt er in den Bereich, in dem das zweite Radar der Landestufe dann anfängt, den Boden zu erkennen und die Auswertung seiner Signale erzeugt weitere Rechenlast. Als diese 80 % der Maximallast erreicht meldet der Computer einen Fehler (sogar zweimal) – für die Astronauten sicher beunruhigend, denn anstatt Höhen- und Geschwindigkeitsangaben sehen sie nur noch den Fehlercode, verlieren also ihre wichtigsten Navigationsdaten. Doch der Fehler trat schon vorher in Simulationen auf, sodass ein Ingenieur (Steven Bates) nur in eine Tabelle schauen musste, wo die Fehlercodes und ihre Auswirkung drin standen und wusste das der Fehler nicht kritisch ist – der Bordcomputer warnt lediglich vor Überlastung und verwirft die unwichtigsten Daten.

Nun Ursache des Fehlers und Auswirkung werden gleich beschrieben, aber es gibt einen Unterschied. Nach Puttkamer war das Eintasten des Programms P20 im normalen Ablauf vorgesehen, Teil des normalen Ablaufs. Es wurde gebraucht, wenn es ein Problem gab. In diesem Falle hätte Armstrong auf den Abort-Knopf gedrückt. Er hätte durch Sprengbolzen simultan die Verbindung zwischen Abstiegs- und Aufstiegsstufe durchtrennt, das Aufstiegstriebwerk angeschaltet und das Abstiegstriebwerk abgeschaltet. Dann müsste in der Endphase der Rückkehr zu Columbia durch das Rendezvousradar den Abstand bestimmt werden. In aktuellen Interviews sagen andere am Programm beteiligte, das Aldrins Verhalten fehlerhaft war. Aldrin selbst hat das, soweit ich weis nie gesagt, zumindest habe ich meine Bücher mal drauf abklopft.

Der zweite Punkt ist, dass es kein Bild von Armstrong auf dem Mond gibt. Das kam zur Sprache, als er starb und wurde von vielen Verantwortlichen als großes Versäumnis, ja Schande bezeichnet und wie beim ersten Vorfall ist Aldrin schuld – diesmal aber nicht als Versäumnis, sondern richtig. Er war neidisch und hat Armstrong einfach nicht auf dem Mond fotografiert. Alle Fotografien zeigen Aldrin. Es gibt von Armstrong nur Spiegelungen in seinem Visier oder Bilder von der Filmkamera an Bord des LM.

Bei Puttkamer lese ich, das nur Armstrongs Anzug eine Halterung für die 70 mm Hasselblad-Kamera hat. Sie wurde fest an dem Anzug befestigt und der Astronaut musste mit dem ganzen Körper „zielen“, was diese auch übten. Wenn dem aber so ist, dann konnte Aldrin kein Bild machen, selbst wenn Armstrong die Kamera abmontiert hätte, was man wohl nicht machen würde – denn wenn man das könnte, oder das einfach wäre, dann müsste man sie nicht auf diese Weise befestigen.

AusschnittDas Bild von Aldrin mit der Reflexion von Armstrong im Visier zeigt, das die Kamera zwischen Bauch und Kopf auf halber Höhe in etwa auf Höhe der Ellenbogen angebracht ist, vergleicht man dies mit dem Anzug von Aldrin, so fällt auf, dass in dieser Höhe nichts ist, woran man sie befestigen könnte. Etwas höher ist eine Plate, doch ohne erkennbare Befestigung und die Arme von Armstrong sind auch neben der Kamera, die etwas tiefer liegt, da findet man bei Aldrin aber nur Zuführschläuche. Also konnte Aldrin gar kein Bild machen!

Gut Buzz Aldrin hat keinen so guten Ruf. Das fing schon vor der Mondlandung an, als er darauf insistierte als Erster den Mond zu betreten – schließlich sei er der Mondlanderpilot. Gut, natürlich ist er sich der Bedeutung bewusst gewesen. Er brachte auch als Argument vor, dass dies das Militär zurücksetzen würde – erstaunlicherweise damals sogar schlüssig: Armstrong war der einzige Zivilist im Astronautenkorps (nun mit k geschrieben). Er war zwar kein 100% Zivilist. Denn er war auch lange Zeit beim Militär, aber die letzten Jahre vor seiner im Lewis Zentrum der NACA, dem Vorläufer der NASA angestellt. Angeblich war aber gerade das der Grund, warum er als Erster auf dem Mond aussteigen sollte, denn die NASA wollte als zivile Weltraumorganisation auch unbedingt einen Zivilisten als ersten Menschen haben, der den Mond betritt, schließlich war schon Jahre vorher klar, das diese Person in die Geschichtsbücher gelangen würde. Ich denke es spielten auch andere Gründe eine Rolle. Sicher die Performance von Armstrong, der in der Gemini 8 Mission als die Kapsel immer schneller zu rotieren begann und die Astronauten kurz davor standen das Bewusstsein zu verlieren sich entschloss das Lageregelungssystem der Bremseinheit zu aktiveren, um die Rotation zu stoppen, auch wenn das wegen des Treibstoffverbrauchs eine Notlandung als Folge hatte. Die Mission erreichte zwar nicht ihr Ziel, aber sie zeigte das Armstrong kritische Situationen meisten konnte. Aldrin viel vorher im Gemini-Programm nicht so auf. Seine Mission, Gemini 12 war die letzte und hatte keine Probleme, damit auch nichts womit er sich bewähren konnte. Dafür fiel er bei Gemini 9 auf, als er unter Umgehung der Hierarchie der Missionsleitung direkt vorschlug, als sich die Nutzlastverkleidung von ATDA nicht gelöst hatte, das Eugene Cernan diese manuell durch Spannen des Körpers lösen sollte. Es kam zu einer kleinen Konferenz, in dem der Vorschlag als zu riskant abgelehnt wurde (die Kante der Verkleidung könnte, wenn sie an den Anzug gerät, diesen aufschlitzen) aber vor allem fiel eben auf das keiner von dem Vorschlag wusste, so auch der Flugleiter Chris Kraft.

So wurde Armstrong Kommandant, führte die Landung durch und würde als Kommandant natürlich als erster auf den Mond aussteigen.

Reflexion ArmstrongNatürlich wird man auch Psychologen befragt haben. Armstrong ist ein eher zurückhaltender Mensch gewesen, Aldrin dagegen eher extrovertiert. Wer ist besser geeignet, wenn er in die Geschichtsbücher kommt? Die NASA entschloss sich für den stillen Typen, wie sich zeigte die richtige Entscheidung nach dem Mondprogramm assistierte Armstrong zuerst im Fly-By-Wire Projekt, einer Umsetzung der Computerregelung, welche die Mondfähre hatte auf Militärmaschinen, die bisher direkt durch Verstärkung der Signale des Steuerknüppels durch Hydraulik gesteuert wurden. Danach wurde er Universitätsprofessor, kam aber nur sporadisch in die Öffentlichkeit.

Aldrin dagegen gab jedem ein Interview der eines haben wollte, war sehr aktiv und ersuchte auch aus seinem Rum Geld zu machen. Ich kann mich an ein Computerspiel erinnern, das seinen Namen trägt und das war sicher nicht seine einzige Aktivität. Aldrin war nicht die gefestigte Persönlichkeit und bekam bald Probleme. Seine Ehe ging in die Brüche, er wurde Alkoholiker, alles Schlagzeilen die man nicht vom ersten Menschen auf dem Mond hören will. Ob dem anders gekommen wäre, wenn er Erster gewesen wäre und sich nicht zurückgesetzt gefühlt hätte? Ich glaube nicht, denn er bekam selbst als Zweiter ja die Aufmerksamkeit, die er wollte. Ich glaube die Probleme kamen eher dadurch zustande, dass diese mit steigendem Abstand zur Mondlandung abnehmen und das wäre auch so gewesen, wenn er Erster gewesen wäre.

Aldrin und TrumpNebenbei gesagt ist der Job als Lunar-Module Pilot die Arschkarte im Apolloprogramm gewesen. Denn man hatte dort nichts wirklich Wichtiges zu tun. Gut man hat mit dem Kommandanten zusammen die Checks durchgeführt, aber die Landung erfolgte durch den Kommandanten ebenso die Ankopplung an das CSM. Die Landung auf der Erde und das Ankoppeln des CSM an den LM durch den Piloten der Kapsel, also Collins. So gesehen ist für mich auch nicht verständlich, warum man diese Position nicht schon vor der letzten Apollomission mit Wissenschaftlern besetzt hat.

Aldrin ist immer noch aktiv. Sein letzter Auftritt als Trump das National Space Council einsetzte und eine Rede machte wurde wegen seiner kritischen Gesichtsmimik allgemein bekannt. Macht ihn mir sympathisch. Noch etwas sehr befremdliches: Tippt man in Google nur „Armstrong“ ein, dann taucht in den Suchergebnissen zuerst ein Radrennfahrer anstatt dem ersten Mann auf dem Mond auf – so vergänglich ist der Ruhm.

5 thoughts on “Buhmann Buzz Aldrin

  1. Das genannte Buch von Jesco von Puttkamer „Columbia, hier spricht Alder“ ist eins von dutzende Bücher die nach der ersten und noch vor der zweiten Mondlandung veröffentlicht wurden war. Jedes dieser Bücher hatte praktisch einen Schwerpunkt gehabt, bei diesem Buch sind es halt technische Beschreibungen, die aber oberflächig sind. Aber eins haben alle die Bücher gemeinsam, wenn es um die Crew geht, da erfährt man nichts, so auch bei diesen Buch. Von Puttkamer schreibt wie die Sitzordnung beim Start war, CDR (Armstrong) links, Collins (CMP) rechts und Aldrin (LMP) in der Mitte, nur dass es beim diesem Flug eine Ausnahme war, wird nicht geschrieben, wie bei den meisten Büchern. Und welche Vorgeschichte die Armstrong-Crew hatte erfährt man auch nicht. Auch von den Problemen die man bei den Vorbereitungen der Hardware – Saturn-V und Nutzlast – wird nichts geschrieben. Und so kann man es fortsetzen z.B. wie der Müllsack auf den Mond kam, (da steht der erste Mensch auf den Mond und der hat nichts anders zu tun als einen Müllsack zu fotografieren).
    Dass mit den Programmalarm 1202 war ein Fehler von Armstrong gewesen bzw. von MIT, welche die Astronauten nicht hinreichend ausgebildet hatte. Die Fotos die Aldrin mit der Hasselblad gemacht hatte, die hat er nach einer Checkliste abgearbeitet.

  2. Klar, das ein solches Ereignis eine Bücherschwemme auslöst und klar ist auch das dies nicht Bücher sind die das ganze Apolloprogramm mit Hintergründen behandelt. Dazu gab es zumindest für Deutsche auch nicht die kontakte um an diese infos zu kommen. Für mich als primär an der Technik und nicht an den Personen interessiertem ist es aber ein gutes Buch.

  3. Ich glaube alle drei Astronauten, die Crew am Boden, die Hersteller der Geräte und die Wissenschaftler haben etwas großartigtes geleistet, das heute nicht mehr geleistet werden kann:

    Innerhalb von 8 Jahren von einer „aufgemotzten A4“ bis zur leistungsstärksten Rakete bis heute (außer Energia), innerhalb von 8 Jahre vollkommen unbekannte Räume und Plätze „erobern“ dazu die Organisation etc. etc…

    Also sollten „Fehler“ wie die „Fehlbedienung“ die die 1201 und 1202 Meldungen verursacht haben, oder ob Aldrin jetzt Armstrong fotographiert hat oder umgekehrt nur als das gesehen werden, was sie sind: Menschlich!

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