Wunschlos glücklich

Nachdem ihr nun mit einigen Weltraumaufsätzen beglückt würdet, könnt ihr wieder mal einen über meine persönliche Meinung zu Dingen ertragen. Wenn das nicht interessiert, der drücke nun rechts auf die Maustaste und selektiere „zurück“. Die Fortgeschrittenen von euch drücken auf die Taste Shift und den Pfeil nach links.

Auf das Thema „wunschlos glücklich“ bin ich auf die Werbung vom Lotto gestoßen, bei der seit einigen Monaten über den Leuten gerenderte Gegenstände erscheinen, so als Symbol ihrer Träume. Da sieht man Geld, ein Haus, ein Kreuzfahrtschiff oder eine Insel. Die Botschaft: das alles kannst Du gewinnen oder dir erfüllen, wenn Du Lotto spielst. Lotto lebt ja von Sehnsüchten und Hoffnungen. Ich bin zu pragmatisch. Ich sehe, wie hoch die Gewinnchancen sind und wie hoch die Quote bei Ausschüttungen, wobei für die meisten ja nicht der Sechser interessant ist, sondern die kleinste Gewinnklasse. Denn das ist das, was man wahrscheinlich gewinnt, wenn überhaupt. Beil den Fernsehlotterien kann man die Gewinnchance leichter abschätzen, wenn es da heißt „100 Euro gewinnen die Lose mit den Endziffern 256“ dann kann man leicht herausfinden, dass sie Chance auf 100 Euro 1:1000 ist (drei Endziffern = Zahlen von 000 bis 999) und da sicher ein Los nicht 10 ct kostet, bekommt man immer weniger zurück, als man zahlt. Klar bei jeder Lotterie bekommt man weniger zurück, als wenn man die Summe wirklich ausschütten würde. Der Staat will was verdienen, der Betrieb kostet was, jeder Verkäufer will was verdienen und bei den Fernsehlotterien die ja auch noch wohltätige Zwecke verfolgen muss da auch was ankommen.

Aber es spielen viele Lotto, weil sie sich vom Reichtum was erhoffen. Mir ist da klar geworden, dass ich eigentlich wunschlos glücklich bin. Zumindest in den Kategorien, die das Lotto bietet. Reisen reizt mich gar nicht. Ich weiß, dass ich da von der Mehrheit der Bevölkerung abweiche, aber ich fand es noch nie toll, woanders hinzugehen. Das war schlimm, als ich als Kind in den Sommerferien zu Jugendfreizeiten geschickt wurde und seit ich selbst entscheiden kann, wohin ich will, oder nicht war ich nicht ein einziges mal im Urlaub. Gut ich gehe jedes Jahr einmal oder zweimal in mein Ferienhaus nach Nesselwang, doch das ist vermietet und da geht es darum, nach dem Rechten zu sehen und Großputz zu machen. Ich freue mich trotzdem jedes Mal, wenn ich zurückkomme. Dieses Mal fällt es mir besonders schwer, weil es länger ist (eine Wand muss renoviert werden und da bin ich gerne für Nachfragen vor Ort) und meine Katze gerade eben erst ein Krebsgeschwür entfernt bekommen hat.

Die meisten Dinge, die man bei Lotto gewinnen kann, drehen sich natürlich um Geld. Entweder als Großgewinn oder als Rente. Andere kann man für Geld kaufen, wie Reisen oder sogar eine Insel.

Obwohl ich nicht reich bin, fällt mir nichts ein, wofür ich Geld bräuchte, um mir meinen Wunsch zu erfüllen. Nicht, das ich besonders reich bin, aber wie es so schön heißt: Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt die Nerven – ich habe genug zum Leben und es bleibt jedes Jahr was übrig um es auf die hohe Kante zu legen. Dabei ist mein Einkommen, da ich nur wenig arbeite, deutlich unter dem Durchschnittseinkommen, aber ich habe weder teure Hobbys noch lege ich Wert auf andere teure Sachen, mach keinen Urlaub und habe kein Auto. So gesehen habe ich keinen Wunsch, den man mit Geld erfüllen könnte, auch mit sehr viel Geld. Ich würde z.B. nie ins All reisen, selbst wenn das Ticket dafür kein Problem wäre.

Meine persönliche Erfahrung ist: Träume sind schöner als die Wirklichkeit. Es ist oft schöner sich vorzustellen, was man alles machen könnte, als es tatsächlich zu tun. Dazu zwei Beispiele:

Ich habe mal ein Teleskop besessen und auch Astrofotografie betrieben. Meine Erfahrung: das ganze ist nichts für mich. Gerade wenn die Beobachtungsbedingungen ideal sind, ist es außen saukalt und minutenlang dauernd einen Stern zu beobachten um nachzuführen ist nichts für mich. Vor einigen Jahren habe ich das Teleskop, als es nur noch rumstand, an einen Jugendlichen verschenkt. Ab und an schaue ich doch, noch was eine aktuelle Ausrüstung kosten würde, zumindest eine die mir vorschwebt. Doch dem Kaufreiz bin ich bisher widerstanden – bis letzten Winter als ich eigentlich nur eine Montierung mit Motor für Aufnahmen mit der Spiegelreflex gesucht habe. Da diese mit Teleskop nicht viel mehr kosten ,habe ich mir erst ein Teleskop gekauft, dann als das ein Fehlkauf, war ein zweites. Die stehen nun erneut rum, denn an meiner Haltung hat sich ja nichts geändert und so billige Teleskope haben oft ziemlich Macken in der Handhabung (siehe Testbericht). Was ich bräuchte wäre eine komplett computergesteuerte Anlage, die man bequem vom Wohnzimmer aus steuern kann, noch besser bei der man das Beobachtungsprogramm festlegt und nur noch am nächsten Tag die Ergebnisse anschaut, doch dann liegt man in einer Preisklasse, die ich nicht bereit bin, auszugeben.

Noch zwei andere Beispiele: ich schaue derzeit sehr gerne „Death in Paradise“ auf ZDF Neo. Das ist eine britische Fernsehserie, die in der Karibik spielt. Ein dort mit typischen englischen Sitten versetzter Polizeiinspektor ist dort etwas deplatziert, löst die Fälle aber in der Art von Agatha Christies Figuren. Daneben ist auch die Lokation interessant. Gedreht wurde die Serie auf Guadeloupe. Mir geht der deutsche Herbst und Winter auf die Nerven. Eine Gegend, in der es dauernd warm ist und die Sonne scheint, das wäre was. Aber ich träume lieber davon. Denn zum einen gibt es auch dort Gefahren – siehe die Wirbelstürme, bei einigen Inseln auch Vulkane. Es ist ja auch nicht nur immer warm, sondern oft auch schwül, heiß und regnerisch. Zum anderen bin ich natürlich auch eine gewisse Infrastruktur gewöhnt. Internet, Stromversorgung ohne Ausfall, fließendes Wasser und Lieferung per Internet bestellter Waren. Vom Aldi in der Nähe ganz zu schweigen. Als kleines Hindernis spricht dort keiner Deutsch, wobei ich wahrscheinlich mit Englisch ganz gut durchkommen würde. Jamaica wäre schön, die haben auch eine lockere Einstellung zum Thema Cannabis. Aber ich weiß ich bin zu sehr Deutsch, um jemals auszuwandern oder auch nur die Hälfte des Jahres dort zu verbringen. Ab es ist schön beim Sehen von „Death und Paradise“ davon zu träumen wie schön es wäre abends dort am Strand zu liegen und den Sonnenuntergang zuzusehen… Ansonsten ist es schön, von einer einsamen Insel in der Südsee, aber voller Anbindung an die Zivilisation zu träumen, nur gibt es die nicht (zumindest nicht als einsame Insel).

Immerhin, gut gehen lasse ich es mir schon. Gerade ist die Freibadsaison zu Ende gegangen. Ich war bis auf drei Tage seit dem 1. Mai jeden Tag im Freibad – ist auch schöner als im Meer zu schwimmen – kein Salzwasser, kein Getier, keine Seeigel, auf die man treten kann. Nun habe ich wieder mehr Zeit, denn das lag immer mitten im Tag, während ich sonst nur dreimal in der Woche schwimme und davon sind zwei Termine abends. Ich will endlich mal meine beiden Bücher, die in der Mache sind, fertigstellen, und ein Drittes über Raumsonden ist ja auch noch angedacht. Zuerst stehen aber zwei erweiterte Neuauflagen an, wahrscheinlich wird es dieses Jahr kein neues Buch mehr geben, auch weil der Oktober als Arbeitszeit wegfällt. Aber ich bin guter Hoffnung, dass ich mich mal aufraffe. Das Hauptproblem bei einem schon vor langer Zeit angefangenen Buch ist, das ich geraume Zeit brauche, um wieder reinzukommen, erst mal muss ich es noch mal durchlesen und schon das dauert. Auch ein Grund, warum das nächste Buch über Raumsonden anders ist – pro Projekt nur 4-9 Seiten, jeder Artikel unabhängig.

Mehr im Blog gibt es trotzdem nicht – denn wie ich feststelle ist die Reaktion in letzter Zeit rückläufig, vielleicht und gerade weil ich relativ arbeitsintensive und komplexe Blogs gemacht habe. Vielleicht wäre es doch mal wieder Zeit für eine Breitseite gegen SpassX.

2 thoughts on “Wunschlos glücklich

  1. Ein Kumpel im Geschäft hasst Reisen. Damit er garantiert nirgendwo hingeschickt werden kann, hat er auch keinen Pass. Vor ein paar Jahren haben wir zum 1. April eine Streich gespielt, er würde mit seinem Team zur unsere Tochterfirma nach Bangkok geschickt. Naja, er hat weniger gedroht auf der Stelle zu kündigen als nach Thailand zu fahren.
    Das einzige, wo er mit kommt ist zum Skiweekend, aber nur er mit Bier im Bus geködert wird.
    Wie du siehst, bist du der nicht einzige der nicht verreist. Und ich glaube, es sind noch viel mehr so, aber keiner getraut es zu sagen, weil er ja ein Langweiler dann ist.

  2. Hallo Thierry,

    Das hat nichts mit Langweiler zu tun. Es hat meiner Ansicht nach primär damit etwas zu tun, ob Du die Neugier hast die dich woanders hin zieht. Die habe ich einfach nicht. Die Frage die sich mir stellt ist immer: „Was soll ich da?“. sofern es einen Grund gäben würde würde ich auch reisen. Als ich noch beschäftigt war gabs z. B. mal die Diskussion ob unsere Entwickler zu den Kollegen nach Irland fahren sollten für eine Besprechung. Das wäre kein Problem gewesen, genauso wie ich auf Messen gefahren bin um zu sehen was die Konkurrenz so entwickelt. Aber nur irgendwo hinfahren, nur weil ich das nicht kenne ist für mich kein Grund zu reisen.

    P.S. Deine mit dem Namen verlinkte Homepage ist suboptimal.

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