Ineffiziente Raumsonden – Teil 3

So, mit etwas Verspätung nun der letzte Teil über ineffiziente Raumsonden. Es sind zwei: BepiColombo und Insight.

Fangen wir mit letztem an, da es hier sehr einfach ist. Die Ineffizienz kommt hier zustande indem man keine adäquate Trägerrakete hat. Insight basiert auf Phoenix, er wird daher in etwa gleich schwer sein, etwa 700 kg beim Start. Früher hat man so etwas mit einer Delta 2 gestartet, man bräuchte nicht mal die Version mit neun Boostern, fünf würden auch genügen. Zwar hat die NASA sukzessive mehr Delta 2 nachbestellt, nachdem man 2011 schon die Produktion einstellte (es gab noch Bauteile für 5 Träger). Drei der Nachbestellten sind schon gestartet, die letzte folgt dieses Jahr. Aber wahrscheinlich gab es nicht mehr alle Bauteile für eine weitere, fünfte Delta. So hat man eine Atlas V gebucht. Rein theoretisch gäbe es ja noch die Falcon 9, sie ist für Mittelklasse-Missionen qualifiziert. Aber buchen will sie die NASA nur für die kostengünstigen Missionen oder internationale Missionen bei denen man nur zum Teil beteiligt ist. Ich denke bei Insight spielt eine Rolle, das SpaceX bisher nicht damit glänzen konnte enge Startfenster einzuhalten. Wenn man das versäumt war es das für die nächsten 2 Jahre mit der Mission.

Die Atlas V ist viel zu leistungsstark (sie könnte die vierfache Nutzlast transportieren). Daher hat man sich entschlossen den Start von Vandenberg aus durchzuführen. Vandenberg erlaubt minimal eine Inklination von 70 Grad, Das Cape eine von 28 Grad. Das hat nur aber einen kleinen Einfluss. Im Prinzip muss die Rakete mehr Geschwindigkeit aufbringen um in eine Erdbahn einzuschwenken da man bei der 28 Grad Inklination Cos(28) * 463 m/s nutzen kann und bei 70 Grad eben Cos(70) * 463 m/s. Doch das spielt bei einer viermal höheren Nutzlastkapazität keine große Rolle. Für die spätere Interplanetare Bahn hat die Inklination der Erdbahn dagegen keine Rolle. Nur die Bahnvektoren haben andere Parameter.

BepiColombo


Die für mich ineffizienteste Raumsonde der letzten Jahre ist BepiColombo. Dazu muss man etwas über die Geschichte wissen. Das Konzept wandelte sich ja im Laufe der Geschichte, aber die heutige Konfiguration hat folgende Geschichte:

Sie sollte ursprünglich mit einer Sojus 2B in einen Standard-GTO gelangen. Dort wären Ionentriebwerke aktiviert worden, um sie auf Fluchtkurs und dann zur Venus zu bringen. Die Ionentriebwerke waren im Konzept gerade dafür notwendig, auch wenn sie später nur beim Einschwenken in den Orbit um Merkur zum Einsatz kommen sollten.

Schon 2009 wechselte man auf die Ariane 5 ohne das Konzept zu hinterfragen. Grund war das BepiColombo 4.100 kg schwer wurde – über den 3.260 kg die eine Sojus 2B in den GTO transportiert. Die Ariane 5 hat zwar eine viel größere Nutzlast doch die konnte man nicht bei einem direkten Start nutzen. Der Grund ist das die Bahnneigung für einen direkten Start zur Venus „verboten“ ist. Dann würde die EPC auf südamerikanischem Festland niedergehen („verboten“ deswegen weil der letzte Start genau diese verbotene Zone durchquerte). Daher transportiert die Ariane 5 die Sonde zuerst auf eine Sonnenumlaufbahn, bei der Bepicolombo nach 18 Monaten die Erde passiert, und dann erst zur Venus aufbricht. Die Ionentriebwerke werden dann genutzt um sie zu Merkur zu bringen, wobei die Sonde aber trotzdem noch viele Venus- und Merkurvorbeiflüge braucht. Die Sonde braucht daher extrem lange um Merkur zu erreichen. Für mich gibt es eine Reihe von Möglichkeiten das besser zu lösen:

Ionentriebwerke weg

Wer den Blog verfolgt, der weiß ja, ich bin Fan von Ionentriebwerken, doch nur wenn man sie sinnvoll verwendet, d.h. man Nutzlast erhöht oder die Reisezeit verringert. Das ist hier nicht der Fall. Die Ariane 5 ECA kann etwa 6,5 t auf Venuskurs bringen (hochgerechnet von derzeit erreichten 10,95 t GTO Nutzlast auf 11.400 m/s Geschwindigkeit). Anstatt einer 4,1 t schweren Sonde mit Ionentriebwerken könnte man auch eine 6,5 t schwere Sonde mit Treibstoff nehmen. Bei einem Voll-/Leermasseverhältnis von 8 für den Antrieb und den bekannten Massen für MPO und MMO wären bei 6,2 t Startmasse (300 kg für Adapter / Reserve) eine Treibstoffzuladung von 3,6 t oder 58 % Treibstoffanteil. MESSENGER schaffte es mit 54 % in den Merkurorbit, dabei sind dabei die 600 kg Treibstoff des MPO nicht mal mitberücksichtigt. (MESSENGER beinhaltet auch das Einschwenken in den Orbit, das ist bei BepiColombo schon Aufgabe des Orbiters). Kurzum, man könnte es auch ohne Ionentriebwerke schaffen zumal man trotz der Tatsache das man in einem Merkurorbit durch Störungen viel Treibstoff braucht man sie abtrennt bevor man den Orbit erreicht.

Erdvorbeiflug weggelassen

Die zweite Möglichkeit ist es, zumindest den Erdvorbeiflug einzusparen. Wenn die Ariane 5 in der ECA Version es nicht wuppt, warum wechselt man nicht auf die EPS? Die wurde für ATV und jetzt Galileo eingesetzt. Anders als bei der ECA ist die Nutzlastangabe alt. Bei der ECA wurde die Nutzlast von 9,6 auf 10,95 t gesteigert. Schon mit der alten Nutzlastangabe von 2002 von 7,75 t in den GTO kann die Rakete 4,18 t zur Venus befördern. Nimmt man die Steigerung der ECA-Als Basis, so wären es wen der Gewinn auf den unteren Stufenberuht 4.900 kg. Damit wäre ein Kurs zur Venus in jedem Falle möglich und für die Ariane 5 ES gelten nicht die Einschränkungen der ECA, weil sie in eine Erdumlaufbahn befördert werden kann und dort erst gezündet werden kann, damit sind auch höhere Inklinationen möglich.

Bei der Sojus bleiben

Wenn ich schon Ionentriebwerke einsetze welche die Sonde aus dem GTO befördern, dann könnte man die 4,1 anstatt 3,2 t schweren Sonde in einen niedrigeren Orbit befördern. Die geringere Höhe würde man durch mehr Treibstoff bei den Ionentriebwerken kompensieren. Das spart nicht nur Kosten für die teurere Trägerrakete, sondern auch Zeit für den Erdvorbeiflug. 200 kg mehr Ionentreibstoff würden 1,2 km/s auffangen. 4,3 t (200 kg mehr) könnte die Sojus in einen 250 x 15.000 km Orbit befördern, der nur etwa 600 m/s weniger Geschwindigkeitsbedarf hat, dann dauert eben das Herausspiralen einige Monate länger. Das spart man aber bei den 18 Monaten die wegen des Erdorbeiflugs nötig sind ein.

Kurzum, mir fallen drei bessere Wege ein, wie man schneller zur Merkur kommt oder Kosten spart. Was mich daneben auch nervt ist: Bepicolombo setzt Ionentriebwerke nur im Transfermodul für den Merkurorbit ein. Wie schon erwähnt ist ein Merkurorbit instabil. Warum also nicht als Ergänzung zum chemischen Treibstoff ein kleineres Ionentriebwerk mitführen nur zum laufenden Anheben des Periherms? Warum setzt man eine moderne Antriebstechnologie gerade dann nicht ein, wenn sie die Mission verlängern kann?

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