Eine Mini-Raumsonde zu Jupiter und Uranus

Das Konzept:

Mich hat das Thema Miniraumsonden weiter beschäftigt, so habe ich mir zuerst mal Gedanken um eine meiner Lieblingsprojekte in diesem Bereich gemacht: die Idee einer Tochtersonde, die bei einem Vorbeiflug abgeworfen wird.

Wenn eine Raumsonde die Planeten Jupiter bis Neptun nahe passiert, so kann sie bedingt durch die Vorbeifluggeometrie nur einen Mond nahe passieren. Bei Voyager 1 war dies bei Jupiter der Mond Io in 20.000 km Distanz und bei Saturn Titan in 6500 km Distanz. Bei Voyager 2, bei dem die Bahn bei Saturn und Uranus die Sonde jeweils zum nächsten Planeten weiter führen musste, waren die Distanzen noch größer. Ganymed wurde noch bei Jupiter in knapp 60.000 km Distanz passiert, Enceladus am nächsten von allen Saturnmonden in 87.000 km, Miranda als innerster großer Uranusmonde in 29.000 km Distanz.

Nun wird es sicher keine weitere Vorbeiflugsmission an Saturn geben – Cassini hat das System über 14 Jahre erkundet. Bei Neptun gibt es nur einen großen Mond, Triton, da gäbe es auch keinen Bedarf für eine Vorbeiflugmission. Bleiben noch Jupiter und Uranus.

Zu Jupiter sind derzeit zwei Missionen geplant. Die europäische JUICE Mission erkundet die Monde Europa, Kallisto und Ganymed und schwenkt schließlich in einen Orbit um Ganymed ein. Die noch nicht endgültig bewilligte Europa-Mission der NASA führt dagegen sehr viele Vorbeiflüge am Jupitermond Europa durch. Beide Missionen halten sich von Io fern und auch die aktuelle Mission Juno wird ihn nicht erkunden. Zum einen ist ihre Bahn dazu nicht geeignet, sie führt über die Pole, der Mond umrundet den Planeten aber am Äquator. Zum anderen ist die Kamera dafür mit einem Weitwinkelobjektiv nicht geeignet.

Vorbeiflug Voyager an UranusIo liegt etwa auf der halben Distanz von Europa und damit schon in einer Region in der die Strahlung sehr hoch ist. Galileo näherte sich beim Einschuss in den Orbit Io, konnte wegen des Bandrekorderproblems aber keine Daten gewinnen. Während der Primärmission und erweiterten Mission blieb die Sonde auf Distanz, um die Strahlenbelastung zu senken. Erst in der letzten Missionsphase, als klar war, dass die Sonde danach abgeschaltet wird, flog sie Io an. Doch wegen der Strahlenschäden gab es viele Ausfälle gerade, wenn sie sich Io näherte, eben aufgrund des höheren Strahlungslevels. Daher hielt ich es für interessant, eine Tochtersonde abzuwerfen, die nur den Zweck hat Io zu kartieren, ihre Daten zur Hauptsonde funkt und diese überträgt sie dann zur Erde. Das erlaubt es, die Sonde einfach zu gestalten. Eine zweite Möglichkeit dieses Konzept anzuwenden, ist bei einer Vorbeiflugsonde zu Uranus. Uranus Rotationsachse ist um 98 Grad zur Ekliptik gekippt. Das bedeutet, das über ein Uranusjahr es nur zwei Zeitpunkte gibt, bei denen eine Raumsonde alle Monde nacheinander passieren kann, wie dies bei den anderen Planeten möglich ist. Das ist jeweils zur Tag- und Nachtgleiche, die Zeitpunkte liegen 42 Jahre auseinander. Zu jedem anderen Zeitpunkt kann eine Raumsonde nur einen Mond nahe passieren, die anderen sind immer weit entfernt. Man sieht dies anschaulich bei der Bahngeometrie, die die Voyager 2 Raumsonde hatte. Hier wären dann sogar mehrere Tochter-Raumsonden sinnvoll.

Abschätzung Datenrate

Das Erste was ich tat, war eine Abschätzung. Es ist klar, dass sich durch die unterschiedliche Distanz beide Sonden (Haupt- und Tochtersonde) sich voneinander entfernen. Die erste Überlegung war, wie lange man die Tochtersonde betrieben sollte. Ich nahm an, dass die Distanz sehr bald so groß sein würde, dass die Datenrate dann niedrig ist. Dann macht es keinen Sinn die Tochtersonde lange zu betrieben. Also setzte ich auf eine Batterieversorgung, die einen Betrieb über einen, maximal zwei Tage gewährleistet. Bei der Berechnung der Datenrate von einer 60-cm-Sendeantenne zu einer 3-m-Empfangsantenne (Juno) mit einem 5-Watt-Sender nach einer Distanz von 1,2 Millionen km kam ich aber auf das erfreuliche Ergebnis, das im Ka-Band bei 32 GHz, das im Weltraum ohne Einschränkungen nutzbar ist, es immer noch 233 kbit/s sind. Und anfangs ist die Distanz noch geringer, maximal 400.000 km. Dann ist eine neunmal höhere Datenrate möglich. Damit meinte ich das das Konzept umsetzbar ist. Doch stimmt die Distanz und wie hoch ist die Gesamtdatenmenge? Das letztere war leicht zu berechnen. Ich erweiterte mein Programm um die variable Berechnung der Datenmenge bei konstant ansteigender Geschwindigkeit mit Rückfallstufen für die Datenrate (z.B. Halbierung bei halbem SNR-Faktor). Das Ergebnis war positiv: Von 400.000 auf 1,2 Millionen km Distanz ansteigend in 80.000 Sekunden, nicht ganz ein Tag ist eine Gesamtdatenmenge von über 48 GBit möglich, das sind 48.000 JPEG-komprimierte Bilder mit 1 Mpixel oder rund 10.000 mit verlustfreier Kompression.

Dabei nahm ich eine Geschwindigkeit von 10 km/s an. Doch stimmt die? Eine weitere Erweiterung der Swing-By-Routine mit der man zwei Bahnen vergleichen kann (eine der Haupt- und eine der Nebensonde) ergab, dass dem nicht so ist. Die Sonden entfernen sich, aber nicht so stark wie gedacht. Das Bild zeigt die Bahnen einer Hauptsonde und einer Nebensonde. Die eine passiert die Bahn von Miranda, die andere die des äußersten Uranusmondes Oberon. Sie passieren rund 4 Stunden zeitversetzt den Planeten. 39 bzw. 35 Stunden nach dem Passieren des planetennächsten Punktes sind sie aber nur 576.000 km voneinander entfernt. Das ist weniger als die Hälfte der angenommenen Distanz bei einer größeren Betriebsdauer.

Eine ähnliche Bilanz gibt es auch bei Jupiter, hier ist der Abstand etwas größer, wegen der stärkeren Umlenkung der Bahn. Damit wäre eine Tochtersonde lange genug nahe der Hauptsonde um viele Daten zu übertragen. Damit konnte ich an ein Konzept gehen. Ich will dieses im Folgenden beschreiben und auch die Annahmen, die ich getroffen habe.

Kamera

Das Erste, was festzulegen ist, sind die Abmessungen. Ich habe die Masse unter 100 kg angesetzt, das heißt, die Raumsonde sollte maximal so groß wie ein Mikrosatellit sein, der typisch 60 x 60 x 80 cm groß ist. Das legte die Größe der Hauptantenne schon mal auf 60 cm fest. Es setzt auch die Größe des einzigen Instruments, eines kombinierten Instruments mit Kamera und Spektrometer, denn es geht ja darum, die Oberfläche eines Mondes zu untersuchen.

Als Vorlage diente das Instrument LORRI von New Horizons. LORRI ist eine Kamera mit einem 20,8-cm-Teleskop und einer Auflösung von 1,02 Bogensekunden. Sie wiegt 8,8 kg und hat einen Stromverbrauch mit der assoziierten Elektronik von 5,8 Watt. LORRI setzt ein Cassegrain-Teleskop ein. Bei dem Cassgrain-Typ ist die Länge des Teleskops typisch 1/3 der Brennweite. Wenn die Kamera in der Längsrichtung der Sonde eingebaut wird, kann man mit etwas Platz für den Detektor und Elektronik und Abschirmung einen Tubus von maximal 70 cm Länge unterbringen. Das legt die Brennweite auf maximal 2,1 m fest.

Die Vergrößerung und der Durchmesser des Teleskops werden vom Detektor bestimmt. Bei LORRI war dies ein Sensor mit Pixelgrößen von 14 x 14 µm. Doch New Horizons ist ausgelegt für Aufnahmen bei Pluto. Bei Uranus hat man die 2,8-fache Lichtmenge, man kann also die Pixelgröße verkleinern, erst recht gilt das für Aufnahmen bei Jupiter. Ich wollte einen möglichst großen Sensor mit vielen Pixels, da er ein größeres Feld aufnimmt und so die Sonde vor allem bei nahen Distanzen nicht so viel bewegt werden muss. Das kostet Zeit und die ist dann knapp. Ich habe mich für den Kodak KAF-09001 Sensor entscheiden, ein 9 Megapixelsensor mit 12 µm großen Pixeln und einer Ausleserate von 2,2 kompletten Frames/s. Er hat eine Größe von 36,3 x 36,3 mm. Zusammen mit einer Belichtungszeit von 100 ms, abgleitet aus den Daten von LORRI sind so 1,8 Aufnahmen bei Uranus pro Sekunde möglich. Mehr wäre angenehmer. So habe ich mir noch den KAF-0373 angesehen mit fast gleichen großen Pixeln. Er liefert zwar 30 Frames pro Sekunde, doch da die Chipfläche viel kleiner ist, sind es doch weniger Megapixel pro Sekunde.

Mit dem KAF-09001 liegen dann auch die Anforderungen an das Teleskop vor:

Die Pixelgröße von 12 µm ergibt ein Öffnungsverhältnis für eine beugungsbegrenzte Abbildung bei F/D von 21,48. Mithin müsste das Teleskop bei 2100 mm Brennweite mindestens 98 mm Durchmesser haben. Mehr ist wie bei LORRI wünschenswert: für die Auflösung von 1,02 Bodensekunden hätte auch ein Teleskop mit dem halben Durchmesser ausgereicht. Cassegrain-Teleskope haben sehr große Öffnungsverhältnisse. LORRI hatte eines von 13. Für Amateure gibt es kleine Cassegrains mit Öffnungsverhältnissen von 12. Der Fangspiegel, der eine Obstruktion verursacht, liegt dann noch bei erträglichen 25 % des Optikdurchmessers. Nimmt man ein F/D von 13 wie bei LORRI an, so ergibt sich ein Optikdurchmesser von 160 mm für die Brennweite von 2,1 m. Das ist 70 % größer als die Forderung und gibt auch genügend Reserve für die Obstruktion von etwa 30 % die durch den Fangspiegel entsteht. Eine Alternative wäre ein Schiefspiegler, der ist noch kompakter, hat keinen Fangspiegel, der die Schärfe herabsetzt, aber ich hatte, keine passende Vorlage in passend zu der Masse von 5 bis 10 kg. Mit rund 77 % der Größe von LORRI sollte die Masse des Teleskops auch absinken. Ich berechne bei gleicher Masse für die Elektronik (3,2 kg der 8,8 kg Gesamtmasse) ein Gewicht von 6,7 kg für ein 160-mm-Cassegrainteleskop. Das hat dann in der Zusammenfassung folgende Eckdaten:

Parameter Wert
Gewicht: 6,7 kg
Stromverbrauch im Mittel 5,8 Watt
Abmessungen: 70 cm Länge, 16 cm Durchmesser
Brennweite: 2100 mm
F/D 13,1
Sensorgröße 36,3 x 36,3 mm
Pixels: 3072 x 3072
Pixelgröße 12 x 12 µm
Belichtungszeit 100 ms Uranus, 12 ms Jupiter
Bilder 1,8 Bilder/s Uranus, 2,1 Bilder/s Jupiter
Maximale Datenrate 19 Mpixel/s
Gesichtsfeld 1 x 1 Grad

Aus rund 208.000 km Distanz ist Io formatfüllend, Oberon aus 92.000 km und Miranda aus 28.000 km. Für große Himmelskörper, bei denen man nach Erreichen dieser Distanz die Sonde nach jeder Aufnahme drehen muss, was weitere Zeit erfordert, um die ganze Oberfläche und nicht immer dasselbe Gebiet abzulichten, wäre dann ein anderer Sensor auch überlegenswert. Kodak hat auch einen Hochgeschwindigkeitssensor mit 500 Auslesevorgängen pro Sekunde im Programm, den LUPA1300-2. Er hat nur 1280 x 1024 Piyxel, doch diese sind größer (14 x 14 Mikrometer) und vor allem ist die Ausleserate viel höher: 630 MPixel gegenüber 20 MPixel (ohne Berücksichtigung der Belichtungszeit). Mit Berücksichtigung der Belichtungszeit von 72 ms bei Uranus (abgeleitet von den Plutodaten von LORRI, die Pixelgröße beider Detektoren ist identisch) ergeben sich aber dann nur 17,5 Mpixel pro Sekunde. Bei Jupiter ist wegen der viel kleineren Belichtungszeit von 10 ms aber der Sensor fähig 108 Mpixel pro Sekunde zu übertragen. Man könnte für eine Jupitermission also diesen Sensor wählen oder ein Zweisensorsystem einsetzen.

Stromversorgung

Vorbeiflug an UranusZuerst dachte nur an Batterien als einzige Quelle. Die Überlegung war, dass die Tochtersonde nur etwa einen Tag lang betrieben wird. Da reichen Batterien als Stromquelle, die bei kurzen Zeiten auch noch weniger wiegen als andere Alternativen: Lithiumionen- oder -polymerakkus haben Energiedichten von 120/140 bis 210/(260 Ah. GPS-RTG kommen auf 5,6 W/kg. Junos Solarzellen nur 1,34 W/kg – allerdings dauerhafte Leistung. Nach 30 Stunden überholen so Thermolemente Akkus, nach 120 Stunden auch Solarzellen. Bei einer genaueren Analyse sind Akkus dann doch nicht so gut:

  • Die Tochtersonde muss Monate vor der Hauptsonde abgetrennt werden, selbst bei einer Abtrennung von einem Orbiter ist sie Wochen im Freiflug unterwegs, soll der Treibstoffverbrauch nicht sehr hoch sein. Während der Zeit benötigen Systeme zwar wenig Strom, aber doch etwas Strom.
  • Anders als eine Atmosphärensonde wie die von Galileo der Cassini stabilisiert sie sich nicht von alleine beim Eintritt. Teile der Sonde müssen daher periodisch aktiv sein und die Lage korrigieren – das kostet auch Strom.
  • Wenn man sie mehrere Tage betreiben kann, bieten Batterien keinen Gewichtsvorteil mehr.
  • Man benötigt auch Leistung zum Heizen, bei Juno ist das der größte Teil der verbrauchten Leistung.

Ich habe daher zuerst einmal den Strombedarf untersucht. Rund 6 Watt benötigt das Experiment. Ein Bordcomputer mit einer sparsamen CPU wie ein Raspberry PI etwa 5 Watt. Ein 5-Watt-Sender hat typischerweise den dreifachen Strombedarf der Sendeleistung also 15 Watt. Das sind dann zusammen 26 Watt. Dazu käme noch die Leistung für die Heizung.

Diese Leistung könnte man komplett mit RTG erzeugen. Die RTG der Sonden erstehen aus einzelnen Modulen, von denen eines 1,44 kg wiegt und 250 Watt thermische Leistung und 15,8 Watt elektrische Leistung liefert. Basierend auf den Kosten, die der RTG von Curiosity kostete, würde ein solches Modul 4,5 Millionen Dollar kosten. Solarzellen wären auch eine Alternative. Sie würden aber groß werden. Junos Solarzellen hatten eine Fläche von 59 m² bei nur 450 Watt Leistung. Um ebenfalls 16 Watt Leistung zu bekommen, benötigt man also Solarzellen mit einer Fläche von 2,1 m². Das wäre sogar noch zu machen. Bei 80 cm Höhe würden zwei Paneele von je 1,32 m Breite ausreichen.

Warum habe ich mit nur 16 Watt gerechnet, wenn es oben doch 26 Watt waren? Weil man die zusätzliche Leistung nur bei Betrieb des Senders braucht. Die neue Strategie ist es, Batterien mit einer Dauerstromquelle zu bündeln. Die Batterie wird aufgeladen und liefert, wenn man den Sender braucht, den Strom. Eine 2 kg schwere Batterie mit 200 Ah/kg Leistung reicht aus, um 40 Stunden lang die zusätzlichen 10 Watt zu liefern. Ich würde zum einem RTG-Modul und nicht Solarzellen tendieren. Denn neben dem geringeren Gewicht hat es den Vorteil Abwärme zu erzeugen, damit benötigt man nicht weiteren Strom zum Heizen. Die 4,5 Millionen Dollar, die es kostet, sind bei Mikrosatelliten eine hohe Summe, für ein Raumsondenprojekt aber eher ein kleiner Betrag.

Die Bilanz für die Stromversorgung sähe dann so aus:

  • 1,44 kg RTG + 1,56 kg Abschirmung
  • 2 kg Batterie
  • Gesamtgewicht: 5 kg
  • Dauerleistung: 15 Watt, 26 Watt über 36 Stunden. Danach kann der Sender alle 4 Stunden für eine Stunde genutzt werden, oder mit 27 % der normalen Leistung dauerhaft.

Lageregelung

Für eine kurze Betriebszeit reicht eigentlich eine Lageregelung nur durch Triebwerke, ohne Schwungräder aus. Einen Antrieb benötigt die Sonde in jedem fall, da sie nach der Abtrennung ihre Geschwindigkeit ändern muss, sonst würde sie ja den gleichen Kurs wie die Hauptsonde haben. Würde man die viel größere Hauptsonde abbremsen so benötigt man viel mehr Treibstoff. Bei Galileos Atmosphärensonde waren das rund 60 m/s. Rechnet man noch 40 m/s für Drehungen hinzu, kommt man auf 100 m/s Korrekturvermögen. Dazu reichen rund 3,1 kg Hydrazin (ausgehend von einer Gesamtmasse von 50 kg). Nimmt man 4 kg Hydrazin und Druckgas an, sowie 2 kg für die Triebwerke und den Tank, so ist man bei 6 kg Gesamtmasse für das Antriebssystem

Jupter TochtersondendiagrammTelekommunikation

Ich habe als Vorlage das X-Band Sendesystem des Rovers Curiosity als Massenbasis genommen, das wiegt 17,4 kg und hat ebenfalls eine Hochgewinnantenne. Die macht aber nur 8 kg davon aus. Es ist aber schon eine Nummer größer und hat einen Stromverbrauch von 62,9 Watt. Nimmt man die 8 kg für die HGA und skaliert die Verstärker und Sender entsprechend dem kleineren Stromverbrauch herunter, so müsste das Sendesystem mit 5 Watt Sendeleistung bei 15 Watt Verbrauch eine Masse von 10,3 kg haben

Computer

Computer wiegen heute nicht mehr viel. Man könnte als Bordrechner einen RAD750 nehmen, ich tendiere aber eher zu einem Kleincomputer wie einem Raspberry-Pi oder der Elektronik, die in einem Smartphone steckt. Das ist trotzdem noch um ein vielfaches leistungsfähiger als der RAD750. Solche Elektronik ist nicht weltraumqualifiziert, doch bei Abmessungen von 85 x 56 x 17 mm (Raspberry PI) würde selbst ein 1 cm dicker Titanblock (105 x 76 x 37 mm Volumen) die Masse nur um 1 kg erhöhen – und 1 cm Titan ist die Abschirmung für Juno, die der Strahlung über zwei Jahre und nicht wenige Trage ausgesetzt ist. Für die Datenspeicherung reicht eine herkömmliche SSD aus, die es heute in Kapazitäten bis zu 1 TByte gibt. Selbst wenn man die Daten dort mehrfach redundant speichert. Bei einer Datenrate von maximal 108 Mpixel/s dürfte der RAD 750 mit 200 MHz aber mit der Datenverarbeitung überfordert sein. (er entspricht der Prozessortechnolohie von 1997).

Strukturen, Kabel etc.

Der Rest der Sonde, vor allem die Struktur für die anderen Komponenten mag weitere 11 kg wiegen. So kommt man auf rund 35 kg für die ganze Sonde. Es können auch 50 kg sein, das lässt etwas mehr Spielraum und dann könnte man für das Spektrometer ein zweites Teleskop nutzen, das eine kürzere Brennweite hat – Spektrometer teilen das Licht, das bei einer Kamera auf ein Pixel fällt auf 256, 480, 640 oder gar 1024 Pixel, je nach Detektor auf, da entfallen trotz größerer Pixel (40 x 40 µm anstatt 14 x 14 µm sind üblich) weniger Licht pro Pixel.

Missionsablauf

Ich habe für zwei Missionen mal die Ergebnisse, die man erhalten könnte, durchgerechnet. Zuerst habe ich für die Angaben des Teleskops die Mindestzahl der Bilder berechnet, die man ausgehend von einem minimalen Abstand machen muss, um den Mond monochrom zu kartieren. Diese ergeben sich aus dem Abstand, der Geschwindigkeit, der Dauer für eine Aufnahme (inklusive Speichern) und der Geschwindigkeit. Die Letztere ist bei Io die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Sonde und Io, bei Oberon die Geschwindigkeit absolut, da man sich praktisch senkrecht zur Bewegungsrichtung des Monds bewegt. Für beide Simulationen gilt:

  • Überlappung der Bilder um 20 %
  • Phase 80 %
Parameter Io (9 MPixel) Io WXGA Oberon
Geschwindigkeit: 8,7 km/s 8,7 km/s 11,3 km/s
Bilder: 2,958 110.825 1.444
Minimale Auflösung 40 m 13 m 27 m
50 % Auflösung 50 m 15 m 34 m
Datenmenge: 37,2 GByte 139 GByte 19,5 GByte

Die nächste Frage wäre, ob diese Datenmenge auch zur Hauptsonde übertragbar ist. Bei Uranus ist dies relativ unkritisch: In 34 Stunden steigt die Distanz nur von 434.000 auf 576.000 km an. In den 34 Stunden sind 1210 Bilder übermittelbar. Die Datenrate nimmt dabei kaum ab. In weiteren 8 Stunden bei nur wenig größerer Distanz wären alle Bilder übertragen.

Anders sieht es bei Io aus. Es sind doppelt so viele Bilder und die Relativgeschwindigkeit ist größer. In 46 Stunden steigt die Distanz von 229.000 km auf 1.092.000 km an. Hier sind nur 1008 Bilder übertragbar, also ein Drittel der Menge.

Eine Möglichkeit ist es natürlich, ein kleineres Instrument zu benutzen oder bei größerer Distanz anzufangen. Bei 8.000 km Minimaldistanz ist die Auflösung der letzten Aufnahmen nur um 1 m schlechter, es entfallen eben alle hochauflösenden Aufnahmen, die aber nur wenig Fläche abbilden. Alternativ kann man auch mit einem Filterrad acht Aufnahmen desselben Gebietes machen – in der Zeit, in der die gespeichert werden, hat sich die Sonde viel mehr weiterbewegt und die nächste Aufnahme bildet ein viel größeres Gebiet ab. Das entschärft auch das Problem der Lageregelung.

Immerhin wären selbst 1000 Bilder mit je 9 MPixeln ein Vielfaches der Datenmenge, die man bisher von Io hat, das sind maximal 100 bis 200 Aufnahmen mit einer Auflösung, die den Mond mindestens bildfüllend zeigen und dies von Kameras mit 800 x 800 oder 1024 x 1024 Pixeln.

Folgen für die Hauptsonde

Auch für die die Hauptsonde ergeben sich Folgen. Die erste ist, wenn es sich um eine Vorbeiflugsonde handelt (die Tochtersonde bei Jupiter könnte auch von einem Orbiter aus abgeworfen werden und dann unter günstigen Umständen sogar zwei Vorbeiflüge an Io durchführen, wenn das Gas für die Lageregelung ausreicht), das die Sonde dann eine schwenkbare Instrumentenplattform braucht. Die hatten alle Raumsonden bis Galileo, seitdem sind die Instrumente fest an einer Seite montiert und die ganze Sonde dreht sich für Beobachtungen. Dann kann man aber nicht unabhängig voneinander Daten senden und beobachten. Kurz: solange die Tochtersonde sendet, wäre dann die Hauptsonde inaktiv, das wäre aber gerade während der heißen Phase der Begegnung. Natürlich kann man den Transfer der Daten verschieben, dann nimmt aber die Entfernung noch mehr zu und die Datenmenge noch mehr ab. Für eine Sonde in einem Orbit ist diese Einschränkung weniger wichtig. Die Uranussonde würde in jedem Falle eine Vorbeiflugsonde sein. Für sie ist der Abstand aber nicht so kritisch, sodass hier die Instrumente festmontiert werden könnten. Eine Vorbeiflugsonde an Jupiter benötigt dann aber eine schwenkbare Instrumentenplattform.

Das zweite ist, dass die Hauptsonde die Daten auch zur Erde übertragen kann. Ich habe bewusst die Antenne von Juno als Maßstab genommen, obwohl sie relativ klein ist (3 m Durchmesser: Voyager hatte 3,7 m, Galileo 4,8 m Durchmesser). Juno kann mit 120 kbit/s zu einer 70-m-Antenne des DSN senden. Die Datenmenge von 109 GBit, welche die rund 1000 Bilder haben brauchen also 10,5 Tage reine Sendedauer. Das ist noch erträglich. Bei Uranus würde die Datenrate aber bei sonst gleichen Parametern auf weniger als ein 1/13 sinken, dann braucht eine Sonde über 142 Tage, um nur diese Daten zu übertragen. Andererseits hat New Horizons die Daten auch über mehr als ein Jahr übertragen.

Fazit

Als Resümee kann man daher sagen: Ja eine Tochtersonde ist möglich und sie liefert eine ziemliche Datenmenge. Letztere kann man reduzieren, wenn man die Anforderungen etwas herunterschraubt. Selbst 100 m Auflösung wären vergleichen mit dem, was man heute an Bildern von den Monden hat, bei beiden Sonden schon Spitze. Für Uranus wäre sogar eine kleine Flotte denkbar, denn es gibt ja fünf Monde, also bräuchte man vier Tochtersonden. Bei der nur langsam zunehmenden Entfernung würde man dann jede Sonde einige Stunden abfragen, dann die nächste und so weiter. In der Zeit könnten die RTG dann auch die Batterien aufladen. Die Datenmenge wäre pro Sonde kleiner, aber immer noch besser als nur wenige Bilder aus großer Distanz. Analog wäre das eine Alternative für einen Jupiterorbiter: Io verändert sich ja dauernd. Eine Orbitersonde könnte z.B. drei Sonden mitführen, die sie im Jahresabstand absetzt. Daneben kann man so besser die ganze Oberfläche erfassen, eine Hälfte wird ja immer im Dunkeln bleiben. Bei Uranussonden ist das wegen der fast senkrechten Rotationsachse von Uranus nur möglich wenn die Sonde zur Tag/Nachtgleiche also erst wieder Ende 2049 den Planeten passiert.

4 thoughts on “Eine Mini-Raumsonde zu Jupiter und Uranus

  1. Hallo Bernd,

    ich lese deine Raumsondenentwürfe immer sehr gern, weil du unkonventionelle Ideen hast. Aber in meinen Augen gewinnt man mit einer Vorbeiflugsonde zumindest bei Jupiter nichts. Natürlich wird man immer an Jupiter vorbeifliegen, wenn man ein Ziel im äußeren Sonnensystem anfliegt. Aber was Io betrifft, so wird es langsam Zeit für eine eigene Sonde. Wenn man es macht wie bei Europa Clipper und die Sonde nur für die Vorbeiflüge an Io ins innere Jupitersystem holt, so könnte man die Strahlenbelastung reduzieren und weitaus mehr Infos gewinnen als bei einem einzelnen Vorbeiflug. Dann hätte man auch genug Zeit, alle Daten zu übertragen. Ein Io-Orbiter macht keinen Sinn, da er wegen der Strahlung zu schnell ausfallen würde. Aber ein Jupiter-Orbiter in einem elliptischen Orbit, der nur kurz für die Vorbeiflüge ins innere Jupitersystem gelenkt wird, könnte jahrelang funktionieren.

    Mit Io Vulcano Observer und FIRE (Flyby of Io with Repeat Encounters) sind zwei Missionen vorgeschlagen, aber bisher nicht ausgewählt wurden. Aber aktuell startet man ja lieber die xte Asteroiden- oder Kometen-Sonde, um sich ein paar leblose Felsen anzusehen.

    1. Ich bezog das auch auf die Flugmöglichkeiten die Jupiter als Sprungbrett nutzen. Die Uranussonde müsste ja auch über Jupiter zu Uranus kommen. Aber das bringt mich auf die Idee mal einen Grundlagenartikel zu dem Thema zu machen.

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