Skylab – nicht immer ist die ISS besser

Heute vor genau 40 Jahren verglühte Skylab. Skylab war die Erste und ist auch die einzige US-Station im Orbit. Besucht wurde sie nur 1973/74 als Bestandteil des Apollo Application Projektes, in dem man vorhandene Apollohardware einer anderen Verwendung zuführte.

Skylab mit der ISS zu vergleichen ist schwer. Schließlich liegen 30 Jahre zwischen den beiden Stationen. Und natürlich ist Skylab in vieler Hinsicht primitiver und zieht in Vergleichen den kürzeren. So wurde die Station schnell entwickelt. Bei vielen wurde eine einfache Lösung gesucht. Das wurde mir klar, als ich mein Buch über die Raumstation geschrieben habe. Das Müllproblem wurde einfach dadurch gelöst, das man von der S-IVB Stufe, die man zur Station umbaute einfach den Sauerstofftank als Müllbehälter nutzte – ein Müllbehälter mit dem Volumen einer Saljut Station. Es gab (obwohl die S-IVB ein Lageregelungssystem hatte) kein Antriebssystem auf Basis von chemischem Treibstoff sondern man benutzte Druckgas dafür. Dessen kleiner Vorrat zusammen mit dem erhöhten Verbrauch wärmend der ersten Zehn Tage als man die Station damit sie nicht überhitzt aus der normalen Ausrichtung drehen musste in die sie von alleine zurückkehrt begrenzte schließlich auch die Betriebsdauer.

Über die enormen Vorräte an Wasser, Sauerstoff und Stickstoff würde man heute sich nur wundern. Es wurde nicht mal der Versuch gemacht, Stoffe zurückzugewinnen. Zumindest beim Wasser wäre das einfach gewesen. Dabei hat man nicht mal die Nutzlast der Saturn V ausgenutzt. Die hätte (selbst wenn man den irrtümlich mit in den Orbit geschleppten Stufenadapter mitrechnet, rund 8 t mehr Nutzlast gehabt).

Doch Skylab hat auch einige Rekorde aufgestellt die bis heute nicht erreicht wurden. Und an die möchte ich erinnern:

Raum

Skylab entstand aus einer S-IVB Stufe, die man einfach umgebaut hat. Man entfernte also das Triebwerk und baute den Wasserstofftank in die Station um und ergänzte das um eine Luftschleuse, gleichzeitig Kontrollraum und Vorratsbereich (die Gas/Wasservorräte befanden sich um die Luftschleuse herum), einen Kopplungsadapter und einen Ausleger mit Sonnenteleskopen / Solarzellen. Verglichen mit heute war dieser Teil relativ geräumig: 290 m³ Volumen bei 35 t Masse. Zum Vergleich: ein ISS Modul wiegt voll ausgestattet zwischen 27 und 30 t und hat nur 100 m³ Volumen. Noch schlechter fällt der Vergleich zwischen nutzbarem Volumen aus: bei den ISS-Modulen sind an der Wand Racks angebracht und in der Mitte bleibt dann von 4,4 m Durchmesser noch ein Bereich von 2-2,5 m frei. Ich glaube allerdings das ist Absicht. Denn was man bei Skylab lernte, war, das ohne Befestigungsmöglichkeit die Arbeit schwer war. Daran hatte man schon gedacht so mit einem Boden der durchlächert war, wobei das ein Dreiecksnetz war. Die Schuhe hatten dreieckige Aufsätze an den Sohlen, mit denen man sich verankern konnte. Doch die Erfahrung war das, wenn man sich an der Wand oder an Haltegriffen abstützen / festhalten konnte, es einfacher war. So ist eben der Zwischenraum in den ISS-Modulen gerade so groß das jemand darin aufrecht stehen kann.

Allerdings fehlt so auch ein wenig Spaß. Sowohl bei der Besatzung wie beim Zuschauer. Es ist einfach schön dem „Indy-500“ zuzuschauen – die Astronauten nutzten den oberen Abschlussring, an dem nichts an der Wand war, um im Kreis herumzuhopsen. Da macht selbst das Zuschauen Spaß. Das Konzept der umgebauten Stufe ist übrigens wieder modern. Ixion will eine Centaur zu einem Modul umbauen.

Crew Comfort

Der viele Platz hatte auch Vorteile für die Besatzung. Es gab auf Skylab Dinge die sind auf der ISS bis heute nicht vorhanden. So für jedes Besatzungsmitglied einen eigenen kleinen Raum für Privatsphäre. In der ISS schlafen die Astronauten in einem Rack, in dem ein Schlafsack eingenäht ist. Es gab auch einen Gemeinschaftsraum mit Tisch und Stühlen. Das für die Crew vorgesehene Modul wurde nach Reduktion des ISS-Aufbaus 2006 gestrichen. An eines der ersten Weltraumvideos, an das ich mich erinnert habe, war eine Mahlzeit, die dort gefilmt wurde. Ein Astronaut schnitt von einem Stück Fleisch etwas ab und der Rest schwebte davon und er musste es wieder einfangen. An Bord von Skylab gab es aufgrund der fehlenden Massenbeschränkung weitestgehend normales Essen, das in Tiefkühltruhen eingefroren war. Ebenfalls an Bord war eine Dusche. Die sich aber als unzweckmäßig entpuppte. Die Dusche arbeitet mit einem Tunnel aus Plastikfolie als Raum. Das Wasser wurde durch die Düse herausgepresst und durch einen Luftstrom nach unten abgezogen, ähnlich wie ein Staubsauger arbeitet. Es war aber sehr aufwendig nach dem Duschen die Wand wieder vom Wasser zu befreien, indem man es mit Tüchern aufsaugte. Heute wischen sich die Astronauten auf der ISS nur mit feuchten Tüchern ab.

Effizienz

Was Skylab unterscheidet, ist die Effizienz. Man kann dies an der Zeit festmachen, die die Crew für Forschung aufwendet. Die Zahl der Experimente ist unbrauchbar, weil sie heute weitestgehend automatisierbar sind und man die Zahl leicht durch einfache Erhebung von physiologischen Daten von Astronauten aufblasen kann. Bei der ISS ist die Vorgabe 35 Stunden pro Woche für Forschung zu haben. (siehe hier, S. 14) Seit Expedition 21/22 wurde dies überboten mit einem Rekord bei Expedition 51/52 mit 63,2 Stunden. Allerdings ist das auf die ganze Besatzung bezogen. Rechnet man die beiden russischen Astronauten weg, dann ist selbst bei vier Astronauten das bei im Mittel 45 Stunden pro Woche nur 11,25 Stunden pro Astronaut. Das sind bei 24 Stunden pro Tag und 7 Tagen pro Woche 6,7 % der Gesamtzeit. Bei Skylab lag der Prozentwert bei 26 %! Die Astronauten mussten dort nicht trainieren, weil die Missionen kurz waren und sie waren auch nicht so sehr mit Hauskeeping Arbeiten beschäftigt. In Skylab arbeiteten die drei Astronauten (einer weniger als bei der ISS) im Mittel 128,5 Stunden pro Woche – dreimal länger! Vielleicht sollte die NASA doch mal überlegen, ob sie nicht wieder zu kürzeren Missionen übergeht, wenn sie ein eigenes Transportvehikel hat und dafür das physische Training zu reduzieren.

Ausblick

Jetzt reden ja alle von der Kommerzialisierung der ISS und vielleicht auch mal von eigenständigen, nicht staatlich finanzierten Raumstationen. Ich denke dann wird man in Sachen Effizienz einen Zahn zulegen. Mal sehen, welche Missionsdauern und Arbeitszeiten man dort ansetzt. Hinsichtlich Komfort denke ich wird Skylab ungeschlagen bleiben.

5 thoughts on “Skylab – nicht immer ist die ISS besser

  1. Bei dem Punkt Komfort und Volumen muss ich an das Transhab und die Biglowe Module Denken. Einfach eins der BE-330 Module an die ISS angekoppelt (wen sie verfügbar wären) und man hätte da drinnen massig Platzt für die Besatzung zum Wohnen. Kleinere Module wir bei der ISS zum arbeiten und solche aufblasbaren Module die Dan Skylabähnliche Größe erreichen zum Wohnen/Freizeit.

  2. Wie alle frühen amerikanischen Raumschiffe (Mercury, Gemini, Apollo), hat Skylab eine Bordatmosphäre mit reduziertem Druck und erhöhtem Sauerstoffanteil; im Gegensatz zu Space Shuttle, ISS, und sowjetischen und russischen Raumschiffen, welche eine Bordatmosphäre ähnlich der normalen Luft (ca. 1 bar, 21% O2, 78% N2) aufweisen. Daher spielt sie in einer eigenen Liga, was volumetrische Effizienz angeht.

  3. Und wie im Artikel erwähnt, handelte es sich eher um eine übergrosse Raumkapsel, als um eine Raumstation, welche eine kontinuierliche Präsenz im All gewährleisten soll, wie die ISS. Saljut 6 war dank 2 Kopplungsadaptern erstmals dazu in der Lage, und konnte Besatzungswechsel und kontinuierliche Versorgung durchführen.

    1. So ganz richtig ist das nicht. Es gab auch bei Apollo zwei Kopplungsadapter nur war einer für eine Notmission vorgesehen. Für Skylab B war ein gemeinsamer Besuch von Apollo und Sojus im Gespräch.

      Ebenso teilten Saljut 1-5 das Manko das die Station mit einem Vorrat an Ressourcen gestartet wurde und nach Verbrauch nicht mehr nutzbar war.

  4. Aber angesichts der Tatsache, dass es sich dabei grösstenteils um rezyklierte Hardware des Apollo-Projekts handelte, dürfte Skylab in punkto Kosteneffizienz in absehbarer Zeit kaum jemand den Pokal streitig machen

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