Weltraumtourismus im Klimacheck

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Nachdem ich schon in meiner Dezembernachlese von SpaceX die Bilanz des Suborbitalhopsers durchgerechnet habe und nun wieder der Start einer Sojus mit zwei Weltraumtouristen ansteht, mache ich mich mal an die Kohlendioxidbilanz des Weltraumtourismus.

Zuerst einige Klarstellungen. Es geht nicht um die gesamte Klimabilanz des Flugs. Diese müsste auch den Effekt berücksichtigen, das die Emissionen nicht am Erdboden oder nahe dem Erdboden, sondern in unterschiedlichen Höhen entstehen. Weiterhin ist in der Bilanz auch nicht enthalten, wie viel Kohlendioxid benötigt wird, um die Raketen zu produzieren, die ja auch mehrstellige Millionenbeträge kosten. Auch bei den Raumschiffen geht ein Teil verloren, der vor dem Wiedereintritt abgetrennt wird, bei der Sojus ist das sogar der größte Teil und selbst bei der Wiederverwendung entstehen Emissionen für die Bergung und Reparatur.

Es geht nur um eine Bilanz des Treibstoffs, also wie viel Kohlendioxid durch Verbrennung des Treibstoffs frei wird.

Es gibt derzeit drei einsatzfähige Raumschiffe:

  • Sojus, gestartet mit der gleichnamigen Rakete. Maximal drei Passagiere, davon maximal zwei Touristen.
  • Crew Dragon, gestartet mit der Falcon 9, maximal vier Passagiere. Je nach Kunde drei oder vier Weltraumtouristen.
  • Starliner, gestartet mit der Atlas V, maximal vier Passagiere, Anzahl der Weltraumtouristen unbekannt.

Alle drei Raketen verbrennen Kerosin mit Sauerstoff, die Atlas V in der Oberstufe auch Wasserstoff der kein Kohlendioxid emittiert. Kerosin ist ein Kohlenwasserstoffgemisch, also gilt es zuerst einmal festzustellen, wie viel Kohlendioxid bei einer Verbrennung emittiert wird. Gemäß dieser Website sind dies 3 kg Kohlendioxid pro Kg Kerosin.

Als Nächstes muss man die verbrannte Treibstoffmenge kennen. Bekannt ist bei Atlas und Sojus die Gesamttreibstoffmenge der Stufen und das Mischungsverhältnis. Aus diesen Werten kann man den Kerosinanteil berechnen. Bei der Falcon 9 ist die Treibstoffmenge unbekannt, kann aber aufgrund der (angeblichen) Strukturkoeffizienten von 30 für die erste Stufe und „nahezu 25“ für die Oberstufe abgeschätzt werden. Ich bin von einem Voll-/Leermasseverhältnis von 24 für die ganze Rakete ausgegangen, da man bei Musk sicher sein kann, das er Stufenadapter, Avionik und bei seiner Betrachtung weggelassen hat.

Dann kommt man auf folgende Tabelle:

Stufe Treibstoff Mischungsverhältnis LOX/RP-1 Kerosin Kohlendioxidäquivalent
Sojus Booster 4 × 40.629 kg 2,47 46.834 kg
Sojus Zentralstufe 93.180 kg 2,35 27.814 kg
Sojus Block I 25.400 kg 2,6 7.056 kg 245.112 kg
Atlas CCB 284.080 kg 2,72 78.368 kg 235.104 kg
Falcon 9 gesamt 527.092 kg 2,32 158.762 kg 476.280 kg

Die Atlas hat die geringsten Emissionen, solange sie mindestens zwei Touristen transportiert, schlägt sie die Sojus. Die Falcon müsste schon mehr doppelt so viele Touristen transportieren wie der Starliner, um ihn zu schlagen. Aus meiner Sicht müsste der Starliner genauso automatisch arbeiten können wie die Crew Dragon. Ob ein ausgebildeter Astronaut mitfliegt und damit einen Sitzplatz belegt, dürfte wie bei SpaceX eher vom Dienstleister des Unternehmens abhängen als vom Raumschiff. Ich nehme im folgenden an, das bei der Sojus jeweils zwei Touristen fliegen und bei Starliner und Dragon je vier, also der günstigste Fall, dann errechnen sich folgende pro Kopf Kohlendioxid-Emissionen:

Vehikel Kohlendioxid pro Person
Sojus 122.558 kg
Starliner 58.776 kg
Crew Dragon 119.070 kg
Deutschland Gesamtdurchschnitt pro Jahr 11.170 kg
Davon Mobilität 2.090 kg

Wie nicht anders zu erwarten entspricht, ein Flug, selbst wenn man nur die Treibstoffe rechnet und nicht die Fertigung der Hardware, Transport und andere Kosten (um den flüssigen Sauerstoff herzustellen, benötigt man auch Energie) den 5-10 fachen Gesamtemissionen eines Durchschnittsdeutschen beziehungsweise, wenn man es nur mit dem Sektor Mobilität vergleicht, denn dazu gehört es ja, so sind es 29 bis 61-fachen jährlichen Emissionen. Ein Langstreckenflug emittiert für die längste Distanz die auf der Erde möglich ist, rund 4,5 t Kohlendioxid, man könnte also mindestens 13 dieser Flüge (z.b. von Frankfurt nach Sydney) durchführen um umwelttechnisch mit einem Starliner Flug gleichzuziehen.

Aber es sind ja nur die Emissionen des Treibstoffs, der typisch ein Prozent der Kosten ausmacht. Man darf annahmen, dass die Fertigung der Rakete und alle Operationen welche die restlichen 99 Prozent der Kosten für den Touristen ausmachen, sicher noch viel mehr zur negativen Kohlendioxidbilanz beitragen, wenngleich ich nicht glaube, dass es linear ist, also das 100-fache. Raketen und Raumschiffe sind weniger deswegen so teuer, weil die Materialien energieintensiv in der Herstellung sind, sondern vielmehr, weil die Produktion aufwendig ist, es noch viel Handarbeit gibt und die von gut bezahlten Technikern und nicht ausgebeuteten Menschen in der dritten Welt erbracht wird.

2 thoughts on “Weltraumtourismus im Klimacheck

  1. Die 4,5 Tonnen C02 für einen Langstreckenflug erscheinen mir etwas hoch gegriffen. Google meint pro 100km verbrauche ein Verkehrsflugszeug zwischen ~3.5 und ~4.2 Liter (nicht kg) Kerosin, je nach Fluggesellschaft und Typ. Diese Zahlen beziehen sich angeblich auf die reale Auslastung, nicht den Idealfall das alle Plätze belegt wären.. Das wären dann auf 20.000km ca. 20.000km / 100km * 4.2l * 0.8kg/l * 3kg/co2 = 1968kg. Du kommst auf mehr als das Doppelte, ist es bei dir Hin- und Rückflug?

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