Die Entwicklung der Ariane 7 hat begonnen

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Relativ unbemerkt wurde ein Vertrag der ESA am 13.3.2023 unterzeichnet. Er regelte zum einen die weitere Finanzierung die Steigerung des Prometheus Triebwerks von 1.000 auf 1.200 kN Schub. Finanziert wurde aber auch das Design einer neuen Trägerrakete welche erstmals diesen Antrieb einsetzen soll.

Eigentlich läuft das Programm unter der Abkürzung APFEL (All Prometheus Future European Laucher), doch intern wird nur von der „Ariane 7“ gesprochen.

APFEL soll nicht weniger als die drei Träger, welche die ESA derzeit einsetzt, ersetzen. Das sind die Vega C mit etwa 3,5 t Nutzlast in einen Leo, die Sojus 2, deren Starts nun suspendiert sind mit 8 t in den LEO und Ariane 62 / 64 mit 10 bzw. 22 t in den LEO.

Wie der Name verrät, sollen alle Raketen nur ein einziges Triebwerk einsetzen, das Promtheus. Das soll für niedrige Kosten optimiert sein und nur eine Million Euro in der Herstellung kosten. Das verwundert etwas, ist es für eine Oberstufe zu schlagkräftig. Aber es ist im Schub auf 30 Prozent senkbar und so in einen Bereich den auch eine Oberstufe benötigt. Denkbar, wenngleich es keine Informationen darüber gibt, wäre auch eine Verlängerung der Düse bei einer Oberstufenversion um den Treibstoff besser auszunutzen oder des Mira-Triebwerks das gerade für die Vega E entwickelt wird und dieselbe Treibstoffkombination einsetzt. Mit Sicherheit wird das derzeitige Glanzstück der europäischen Technik das Vinci der Ariane 6 nicht eingesetzt. Dagegen sprchen weniger die Kosten des Vinci, das zwar 4 Millionen Euro kostet, aber auch einen erheblichen Performanceschub bringt, und erheblich leichter als das Prometheus ist, was für die Oberstufe nicht unbedeutend ist. Als Vorteil wird angeführt, das so die Oberstufe genauso aufgebaut ist, wie die Zentralstufe, also denselben Durchmesser hat, aus denselben Tankdomen und Segmenten besteht. Das vereinfacht und verbilligt die Produktion der Oberstufe enorm.

Wie bei neueren europäischen Projekten schon üblich ist die Datenlage dürftig. Es gibt eine gemeinsame Zentralstufe mit 3 m Durchmesser mit zwei Prometheus Triebwerken und bis zu 170 t Triebstoff. Bis zu, weil die Stufe ohne Booster nicht voll betankt wird, sie könnte sonst nicht abheben. Das Konzept gab es schon mal, bei der Ariane 4 war die erste Stufe die aus Verlängerung aus der Ariane 1 entstand ohne und mit zwei Boostern auch nie voll betankt. Das verschenkt etwas Performance erleichtert aber die Produktion enorm.

Die Oberstufe nimmt 23 t Treibstoff auf und setzt ein Prometheus-Triebwerk ein. Auch ihr Durchmesser beträgt 3 m. Die Nutzlastverkleidung ist deutlich größer und hat 5,4 m Durchmesser, wahrscheinlich von der Ariane 5/6 übernommen. Ein Adapter vermittelt zwischen dem Durchmesser von 3 m der Oberstufe und 5,40 m der Verkleidung. In dem Adapter können in einem Ring Sekundärnutzlasten angebracht werden die dann zusätzlich transportiert werden, ohne eine eigene Startvorrichtung zu benötigen. Damit soll die Ariane 7 auch an diesem boomenden Markt sich ein Stückchen sichern.

Die Anpassung an unterschiedliche Nutzlasten geschieht durch die Zahl der Booster. Diese haben je ein Prometheus, 2 m Durchmesser und nehmen 50 t Treibstoff auf. Es sind keiner, zwei, drei, vier oder sechs Booster möglich. Das soll es ein Nutzlastspektrum zwischen der Vega und Ariane 64 ermöglichen.

Denkbar ist für verschiedene Missionen auch der zusätzliche Einsatz der Astris Stufe.

Mehr weiß man bisher von der APFEL nicht, sie ist ja auch noch in der Designphase und da einige Ariane 6 Upgradeprogramme derzeit laufen und Ariane 6 noch nicht mal ihren Jungfernflug hatte dürfte eine formelle Entwicklung die dann wirklich viel Geld erfordert erst in einigen Jahren erfolgen. Es könnte aber schneller gehen, wenn man sich entschließt die Vega zu ersetzen. Diese setzt ja ein ukrainisches Triebwerk in der vierten Stufe ein und wie bekannt wurde, lag auch der letzte Fehlstart an einer ukrainischen Komponente. Die Abhängigkeit von der Ukraine ist also nicht gerade vorteilhaft und die Sojus als mittlerer Träger fällt ja sowieso weg. Beide Träger könnte die Ariane 7 aka APFEL ersetzen.

Die Ariane 7 wird auch erstmals Wiederverwendung erproben, allerdings mit einem anderen Konzept als SpaceX. Das wurde schon vor einem Jahrzehnt am DLR Institut SA/RT (Systemanalyse Raumtransport)für die Ariane 5 entwickelt und sieht vor zuerst nur die Booster zu bergen. Sie erhalten kleine Flügel und ein Triebwerk. Nach der Abtrennung gehen sie mit den Flügeln in eine Gleitphase über bei der sie die kinetische Energie weitestgehend abbauen. Bei den Falcon 9 geht das durch eine erneute Zündung des Triebwerks. Danach fliegen sie mit dem Triebwerk (Düsen- oder Turbofantriebwerk) zum Startplatz zurück und landen auf einer Landebahn. Das Konzept ist noch nicht im Detail ausgearbeitet, so z.b. ob man Methanreste nutzt oder einen eigenen Treibstofftank für das Triebwerk mitführt. Die ersten Flüge dürften noch ohne Wiederverwnedung erfolgen. Später könnte auch die Zentralstufe so geborgen werden. Diese müsste aber wegen der viel größeren Distanz dann im Atlantik landen z.b. auf der Insel Ascension Island mitten im Atlantik auf der es einen Flughafen gibt. Mit einem Triebwerk und Flügel hat die stufe eine gewisse Querreichweite sodass die Flugbahn nicht unbedingt über die Insel oder afrikanische Küste, wo auch gelandet werden kann, führen muss.

Soviel was es bisher an Daten zu APFEL / Ariane 7 gibt. Ich habe mir aufgrund der Daten was es an Treibstoff, Triebwerken und Abmessungen gibt die Mühe gemacht die Raketen zu rekonstruieren. Ich habe für die Trockenmasse gängige Strukturfaktoren genommen: 16 für die Zentralstufe, 12 für die Oberstufe. Für die Booster wären auch 16 normal, aber wegen der Flügel und dem Triebwerk habe noch 2 t zur Trockenmasse hinzuaddiert. Die Modellierung erfolgt für den GTO, das ist etwas einfacher als für LEO Bahnen. Aber in der folgenden Tabelle habe ich auch noch die Nutzlasten für den LEO und Mars (c3=16 km²/s²) angegeben:

Version LEO GTO Mars (c3=16 km²/s²)
Ohne Booster 6.500 kg 1.800 kg 200 kg
Mit zwei Boostern 14.000 kg 5.000 kg 2.000 kg
Mit drei Boostern 19.000 kg 7.300 kg 3.000 kg
Mit vier Boostern 21.000 kg 8.000 kg 3.500 kg
Mit sechs Boostern 25.000 kg 10.200 kg 4.500 kg
Ariane 64 21.000 kg 11.500 kg 5.000 kg

Man sieht relativ deutlich, das die Stärke der Rakete vor allem erdnahe Bahnen sind, die Nutzlast in höhere Bahnen nimmt dramatisch ab – Ariane 64 habe ich als Vergleich mal angeführt. Sie liegt in der GTO-Nutzlast und Nutzlast für Fluchtbahnen über der Sechs Booster Variante, aber in der LEO-Nutzlast deutlich darunter. Daher wohl auch die Übernahme der Astris-Kickstufe. Sie soll aber auch bei Mehrfachstarts in den LEO und SSO es ermöglichen Sekundärnutzlasten wie Mikrosatelliten auf andere Bahnen auszusetzen.

Die Wiederverwendung der Booster kostet Nutzlast, aber ohne die enorme Treibstoffmenge die SpaceX für die Landung der Falcon 9 Booster braucht relativ wenig. Für die größte Version mit sechs Booster errechne ich bei 2 t geringerer Trockenmasse eine um 1 t in den GTO höhere Nutzlast als bei dem angegebenen Modell. Allerdings ist offen ob das Konzept so klappt, auch bei SpaceX scheiterten ja die ersten Landungen spektakulär.

Rakete: APFEL / Ariane 7 Nr. 1

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]

158.800

1.800

10.276

-92

1,13

130,00

180,00

35800,00

Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]

2.000

5

90

2.000

200

90

10

20

0

Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez. Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]

1

1

130.000

11.500

3.531

2000,0

2400,0

174,34

0,00

2

1

25.000

2.100

3.531

300,0

300,0

269,53

180,00

 

Rakete: APFEL / Ariane 7 Nr. 2

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]

322.000

5.000

10.276

2.120

1,55

190,00

180,00

35800,00

Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]

4.000

6

90

2.000

200

90

5

10

0

Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez. Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]

1

2

55.000

5.500

3.531

1000,0

1200,0

145,65

0,00

2

1

180.000

11.500

3.531

2000,0

2400,0

247,91

0,00

3

1

25.000

2.100

3.531

300,0

300,0

269,53

250,00

 

Rakete: APFEL / Ariane 7 Nr. 3

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]

379.300

7.300

10.276

1.741

1,92

130,00

180,00

35800,00

Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]

5.000

5

90

2.000

200

90

10

20

0

Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez. Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]

1

3

55.000

5.500

3.531

1000,0

1200,0

145,65

0,00

2

1

180.000

11.500

3.531

2000,0

2400,0

247,91

0,00

3

1

25.000

2.100

3.531

300,0

300,0

269,53

250,00

 

Rakete: APFEL / Ariane 7 Nr. 4

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]

425.000

8.000

10.276

1.639

1,88

130,00

180,00

35800,00

Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]

6.000

5

90

2.000

200

90

10

20

0

Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez. Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]

1

4

55.000

5.500

3.531

1000,0

1200,0

145,65

0,00

2

1

170.000

11.500

3.531

2000,0

2400,0

233,19

0,00

3

1

25.000

2.100

3.531

300,0

300,0

269,53

240,00

 

Rakete: APFEL / Ariane 7 Nr. 5

Startmasse
[kg]
Nutzlast
[kg]
Geschwindigkeit
[m/s]
Verluste
[m/s]
Nutzlastanteil
[Prozent]
Sattelpunkt
[km]
Perigäum
[km]
Apogäum
[km]

547.200

10.200

10.276

1.646

1,86

130,00

180,00

35800,00

Startschub
[kN]
Geographische Breite
[Grad]
Azimut
[Grad]
Verkleidung
[kg]
Abwurfzeitpunkt
[s]
Startwinkel
[Grad]
Konstant für
[s]
Starthöhe
[m]
Startgeschwindigkeit
[m/s]

8.000

5

90

2.000

200

90

10

20

0

Stufe Anzahl Vollmasse
[kg]
Leermasse
[kg]
Spez. Impuls (Vakuum)
[m/s]
Schub (Meereshöhe)
[kN]
Schub Vakuum
[kN]
Brenndauer
[s]
Zündung
[s]

1

6

55.000

5.500

3.531

1000,0

1200,0

145,65

0,00

2

1

180.000

11.500

3.531

2000,0

2400,0

247,91

0,00

3

1

25.000

2.100

3.531

300,0

300,0

269,53

250,00

 

4 thoughts on “Die Entwicklung der Ariane 7 hat begonnen

  1. Superinteressanter Artikel und erstklassig recherchiert! 😉

    Ich kann Dir aber aus erster Hand berichten, daß das Projekt aber in der Tat anders heißt, nämlich B.I.R.N.E, steht für Ballistic Intelligent Reusable Next Element. 🙂

  2. Interessantes Konzept aber wäre es nicht Sinnvoll zumindest als Option die Oberstufe der Ariane 6 weiter zu nutzen?
    Sie mag zwar teurer in der Produktion sein aber sie ist schon entwickelt und es existieren Fertigungslinien somit fallen hierfür keine Kosten mehr an.
    Und je nach Orbit bring Wasserstoff als Treibstoff einen erheblichen Nutzlast Gewinn gegenüber Methan.
    Wären 2 verschiedene Oberstufe so ein großer Mehraufwand wen eine (die teurere Leistungsfähigere) bereits existiert?
    Dan könnte man für den LEO das Prometheus nutzen und für höhere Geschwindigkeiten (wenn mann keine zusätzlichen Booster mer anbringen kann oder die Booster tatsächlich teurer wären als die Ariane 6 Oberstufe) auf das Vinci zurückgreifen.
    Zusammen mit dem RL-10 das (chemische) Triebwerk mit dem höchsten chemischen Impuls. Wäre ja aus technologischer Sicht eigentlich schade wenn man sich die Option nicht zumindest offen hält wen man die Oberstufe sowieso schon hat.

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