Die Märznachlese von SpaceX 2023

Loading

In meiner locken Reihe der SpaceX Nachlesen gibt es wider mal was neues, nachdem spektakuläre Neuigkeiten in den letzten Wochen eher ausblieben. Während die Firma auf einen neuen Startrekord hinarbeitet, warten wir immer noch auf den Jungfernflug des Starships. Der neue Rekord, ist natürlich vor allem den eigenen Starts geschuldet, die Nachfrage seitens US-Regierung und anderer Kunden ist gleich geblieben.

Bei Starlink gibt es schlechte Neuigkeiten. Starlink besteht aus mehreren Generationen, bisher starteten vor allem Starlink v1.0 bis 1.5 mit 225 bis 300 kg Masse. Nun sollte eigentlich Starlink 2 mit 1,25 t Masse für die nächste Ausbaustufe übernehmen. Doch diese Satelliten sind so schwer und groß das SpaceX dafür das Starship braucht, was ich schon vor Jahren prophezeite – außer für die enormen Satellitenzahlen von Konstellationen gibt es keine Nachfrage nach einem solchen Trägersystem mit dieser hohen Nutzlast. Als Zwischenlösung startete SpaceX eine Reihe von „Starlink 2 mini“ Satelliten, die 800 kg wiegen. Die scheinen aber ernsthafte Probleme zu haben. Offiziell wurde noch nichts verlautbart, aber die Satelliten verblieben im niedrigen Orbit, anstatt ihn anzuheben. Das erfolgt nach Inbetriebnahme. Da es nicht viel Sinn macht, einen Satelliten der nicht richtig arbeitet in seinen endgültigen Orbit zu bringen um ihn später wieder zu deorbitieren bleiben sie nahe der Ursprungshöhe von 370 km. Insbesondere die Höhe der ISS sollten sie schnell durchqueren und dazu wären Satelliten ohne Probleme ganz nützlich.

Aber es kommt Geld in die Kasse. SpaceX hat einen neuen Tarif eingeführt: Starlink premium. Starlink hat schon zwei Tarife: Standard und Business. Der Unterschied bei Business ist, eine höhere Datenrate, eine feste IP Adresse und keine Festlegung der Orte von denen aus man senden darf. Dafür kostet die Hardware, obwohl funktionell identisch das fünffache und die Gebühren sind doppelt so hoch. Die hohen Forderungen von SpaceX für Terminals die in die Ukraine geliefert wurden ergaben sich nach Firmenangaben dadurch, dass sie alle über diesen Tarif abgerechnet wurden.

Nun kommt ein neuer Tarif dazu, Starlink premium. Für 999 Dollar pro Monat, gibt es die Garantie das nur 10 Benutzer pro Satellit diesen Tarif benutzen und diese priorisiert werden. Anders als bei Business (20 Benutzer/Satellit) gibt es eine Mindestdatenartengarantie von 100 Mbit/s. Die gibt es auch bei dem Standardtarif, doch dort sind es nur 8 Mbit/s. Der Tarif ist also primär für Leute die nicht nur eine Sicherheit haben, das sie immer Verbindung haben, sondern auch eine Garantie, das die Datenrate nicht mal einbricht. Die Frage ist natürlich wer gibt diese Summe aus? Nun jemand der auch gerne mal Milliarden in völlig sinnloses steckt, der erste Großkunde ist das US-Militär, das 12.000 Verträge abschloss, für die neben der Garantiedatenrate auch ein zweiter Punkt wichtig ist, es gibt keine Geoblocking. Bisher war es so, das eine Antenne, nachdem sie eingerichtet war, ihren Standort nicht wechseln dürfte. Später besserte SpaceX nach und erlaubte gegen Gebühr auch mehrere Standorte, z.b. für Camper die so die Antenne mitnehmen konnten. Aber während der Fahrt funktionierte sie nicht. Aber für mobile Einsätze – man denke an Antennen an Bord von Flugzeugen, Schiffen und Zügen fehlte die Möglichkeit, auch wenn SpaceX in Demonstrationen bewies, dass es prinzipiell geht. Die Nutzer von Starlink premium bekommen daher auch eine andere Antenne/Routerkombination die das ermöglicht.

Die 12.000 Verträge mit dem DoD sollen nur der Anfang sein. Es sind derzeit noch isolierte Antennen, die einfach nach Bedarf in betrieb genommen werden. Mittelfristig will das Militär die Fahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe umrüsten. Bei Schiffen ist dies sehr einfach, die Antenne kann direkt in die IT-Infrastruktur eingebunden werden, muss nur durch eine Kuppel vor Witterung und Wind geschützt werden. Bei den meisten Fahrzeugen geht dies nicht und intern kann sie wegen des Metalls nicht verbaut werden, das blockiert alle benutzten Wellenlängen.

An einer Lesung wird noch gefeilt, bei Fahrzeugen wird an eine Montage der Antenne auf dem Dach gedacht und eine Verbindung durch die Hülle nach Innen zum Router, bei Flugzeugen denkt man an „Fenster“ im Metallrumpf bei denen das Metall ausgeschnitten und durch eine CFK-Abdeckung ersetzt wird, das für die Hochfrequenzwellen durchlässig ist. Insgesamt rechnet das Dod mit einem Bedarf von mindestens 50.000 Terminals, was SpaceX genauso viel Einnahmen bescheren wird wie 500.000 normale Verträge.

Unmut gab es auch durch Preiserhöhungen. Die Startpreise für Sekundärnutzlasten steigen kräftig an von 1,1 auf 1,3 Millionen pro 200 kg Satellit, mithin fast 20 % mehr. Ein Anstieg der Startpreise für Einzelstarts wird auch erwartet. Für US-Kunden sind die Preise von Starlink schon angestiegen von 100 auf 120 Dollar pro Monat. Anderswo, z.B. in Deutschland sind sie von 99 auf 60 Euro gefallen. Der Grund ist relativ einfach. 90 Prozent der Starlinknutzer sitzen in den USA und dort anders als die Firma erwartete, in den Städten. Zielgruppe waren eigentlich Nutzer die in ländlichen gebieten leben die bisher auch in den USA stiefmütterlich mit Hochgeschwindigkeits-Internet versorgt wurden. In den Städten gibt es aber viele Benutzer auf kleinem Raum, die dann alle einen einzigen Satellit ansprechen. Experten sehen die Preiserhöhung daher als eine Maßnahme in diesen Gebieten die Nutzerzahlen nicht zu schnell steigen zu lassen, denn in ländlichen Gebieten ist es auch in den USA billiger. Zu viele Benutzer würden zum Einbruch der Datenrate und damit Unzufriedenheit führen, ja bei vielen Business- und Premium Benutzern pro Satellit könnte es sein, das für normale Benutzer gar keine Datenrate mehr übrig bleibt.

In allen anderen Regionen auf der Erde gibt es so wenige Benutzer, das die Satelliten kaum ausgelastet sind und hier dient die Preissenkung dazu mehr Nutzer anzulocken. Für deutsche Verhältnisse waren die 99 Euro pro Monat ziemlich hoch, selbst schnellere Glasfaseranschlüsse kosten meist weniger.

Die zweite Nachricht dürfte SpaceX noch mehr freuen, sie dürfen 5,1 Milliarden Dollar die sie erhalten haben, behalten ohne Leistung erbringen zu müssen. Der Grund ist das die Biden-Regierung ein Vorhaben von Donald Trump eingestellt hatte. Der hatte einen seit 1982 existieren Teil der US-Streitkräfte am 20.12.2019 zu einer eigenen Waffengattung hochgehoben. Es handelt sich um die Space Force. Damit einher ging auch eine deutlich vergrößerte Finanzierung. Trump selbst sprach von Truppen im Weltall, nun ja wir wissen ja wie der gute Mann tickte. Ein sehr bald angestoßenes Projekt war schon seit mehreren Jahren vorbereitet worden. Je nach Gusto nennt man es SDI reloaded oder SDI Mini, offiziell ist es der Space Defence Shield (SDS). Für alle Jüngeren: SDI (Strategic Defense Initiative) war eine Schnapsidee von Ronald Reagan von 1982 die bis etwa 1995 rund 100 Milliarden Dollar kostete. Die Idee war, atomare Sprengköpfe aus einem Misch von bodengestützten und weltraumgestützten Waffen abzufangen. Das scheiterte an mehreren Gründen. Zum einen war damals weder die Kommunikationsinfrastruktur noch Computertechnologie so weit, das dies realistisch war. Zum anderen waren es einfach zu viele Sprengköpfe. Derartige Abwehrsysteme sind um ein vielfaches teurer als die ballsicheren Raketen die sie abfangen sollte.

SDS war der zweite Anlauf, er wurde Ende Januar von der Biden Regierung gestoppt, die nun auch ein paar Details über das Programm veröffentlichte, um zu begründen, warum es eingestellt wurde. Kernpunkt waren im Orbit stationierte Abwehrsysteme die mit IR-Sensoren startende ICBM erkennen und automatisch mit chemischen Lasern ausschalten sollten, pro System etwa 5 bis 10 Raketen, danach wäre die Zeitspanne verstrichen, in der dies möglich sind. Chemische Laser sind immer noch die einzige Möglichkeit innerhalb kürzester Zeit die benötigte Energiemenge in einer Größenordnung von 100 kW bereitzustellen. Jede Reaktionampulle mit eigenen Chemikalien ist nur einmal nutzbar. Für die Abwehr der rund 800 aktiven ICBM und SLBM Russlands wären etwa 400 Stationen benötigt worden, die sich auf einem Molnija-Typ Orbit befunden hätten, davon wären mindestens 200 in einer Position gewesen um Russlands Raketen abzufangen. Durchgekommene Raketen wären mit schon vorhandenen bodengestützten Abwehrsystemen abgefangen worden, die auch gegen Angriffe gegenüber anderen Staaten mit weniger Raketen zum Einsatz kommen. Auf Wunsch von Trump wurde das System so designst das es auch gegenüber einem Angriff von China aus schützt, was nur eine geringe Erweiterung erforderte.

Anders als SDI scheint der SDS zu funktionieren, das bestätigt auch der Beschluss zur Einstellung. Das war nicht der Grund für die Einstellung. Er funktioniert weil es viel weniger Raketen als von 1990 sind und die Technologie der Vernetzung der Stationen und der Unterscheidung von Falschereignissen inzwischen viel weiter ist als damals. Aber der Schild könnte leicht umgangen werden. Russland müsste nur alle ICBM mit Mehrfachsprengköpfen durch Einfachsprengköpfen ersetzen und schon wären es so viele Raketen, das das System überfordert wäre. Daneben könnte ein Angreifer zuerst Raketen ohne Sprengköpfe starten, die abgefangen werden, die danach startenden mit Atomsprengkopf würden dann durchkommen, weil sie Systeme ihre Ladungen verschossen hätten. Als Schwachpunkt stellte sich heraus, das das System die Rakete nur in den 2 bis 3 Minuten abfangen kann, während sie aktiv ist. Danach fehlt zum einen die IR-Signatur der Triebwerke, zum anderen kann der Laser nur einen Tank zur Explosion bringen, einen Sprengkopf, der zudem viel kleiner ist eher nicht. Über eine neue Generation von Feststoffraketen mit viel kürzerer Brennzeit kann Russland sehr leicht die Zahl der Raketen erhöhen, die nicht abgefangen werden. Feststofftriebwerke können enorm hohe Schübe haben, man verzichtet auch bei ICBM meist auf diese Option, weil die Rakete dann noch in niedriger Höhe Brennschluss hat und sehr hohe Verluste durch den Luftwiderstand aufweist, doch technisch möglich ist dies ohne Problem. Höhenforschungsraketen setzen solche Antriebe ein. Auch vorhandene Feststoffraketen sind durch Düsenaustausch relativ einfach umzurüsten.

Auch um Russland nicht weiter zu provozieren, stellte man den Space Defence Shield ein. Was das mit SpaceX zu tun hat? Nach einer Analyse konnte eine Vulcan Centaur zwei dieser Waffen, eine New Glenn drei und ein Starship vier Waffen pro Start transportieren. SpaceX bekam den Auftrag die ersten 150 zu starten, für insgesamt 10,7 Milliarden Dollar und weil das Starship eigentlich schon startbereit sein sollte wurde diese Summe in den letzten zwei Jahren auch schon zur Hälfte überwiesen. Insgesamt waren alleine Startkosten in Höhe von 30 Milliarden Dollar vorgesehen, der gesamte Space Defence Shield sollte über acht Jahre 73 Milliarden Dollar kosten. Tja davon hätte man auch problemlos das gesamte Artemisprogramm seit 2011 bis zur ersten Mondlandung finanzieren können.

6 thoughts on “Die Märznachlese von SpaceX 2023

  1. Für Starlink Premium sehe ich auch TV Stationen als Kunden. Da kann man irgendwo auf der Welt seine Antenne aufstellen, und dann live senden, zum einem Preis das mit einem gewöhnlichen Satelliten Link nur ein paar Minute erlaubte. Heute wird auch häufig 4G/5G verwendet, mit den Nachteilen, dass die Datenrate nicht garantiert ist.

  2. Hallo,
    ich finde es schade, dass Sie nichts über die Artemis 2 Crew Annoncement oder irgendetwas über Artemis 1 Start schreiben. Ich weiß, dass Sie die bemannte Raumfahrt als überflüssig bezeichnen, und dass Sie befürworten mit unbemannten Sonden kann man auch forschen und Sie seien zwar deutlich billiger als die bemannte Raumfahrt. Doch Sie vergessen halt, dass menschliche Faktoren auch wichtig seien. Wer kann sich schon noch in 1000 Jahren über den Yutu 2 Rover erinnern, der als erste Sonde die Rückseite des Mondes gelandet ist? Da hat ein Neil Armstrong oder ein Commander Wiseman (Artemis 2) bessere Chancen. Das beste Beispiel ist, Christopher Kombus (Entdecker Amerikas) oder Hernan Cortes (Der das Maya Reich erobert hat.

    Zu guter letzt. Mich würde es schon freuen, falls Sie etwas über Artemis 2 schreiben, es kann auch am Tag des Start nächsten Jahres sein….

    Gruß Alex

  3. Hallo Herr Leitenberger

    Ich lese ihre Artikel sehr gerne, weil sie faktenbasiert sind, und habe mich deshalb immer ein wenig über die polemischen Seitenhiebe zum Thema SpaceX gewundert.

    Dieser Artikel kommt ohne Polemik aus. Bitte weiter so.

    Grüße Ulrich

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.