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Energiereduzierte Produkte

Seit Jahrzehnten gibt es energiereduzierte Produkte, doch einen richtigen Boom verzeichnen sie erst seit ein paar Jahren, seit die "Light" Welle durch die Republik schwappt. Zeit einmal sie zu untersuchen.

"Light" ist nicht gleich "Light"

Es gibt ein paar Stoffe, die sind inzwischen auch beim Verbraucher als "schlecht" gebrandmarkt, das sind Zucker, Fett und energiereiche Produkte. Entsprechend fallen auch die Light-Produkte in diese drei Hauptgruppen "zuckerreduziert", "fettreduziert" und "energiereduziert". Sehr oft bedingt das eine das andere. Wenn man bei einem Produkt mit hohem Fettanteil diesen senkt, so sinkt auch der Energiegehalt, das gleiche gilt bei hohem Zuckergehalt. Das muss aber nicht so sein. Hier zwei Beispiele aus der Praxis:

Sinnvoller Einsatz von "Light"

Zucker kann durch Süßstoffe und Wasser/Dickungsmittel, eventuell ergänzt durch Zuckerersatzstoffe ersetzt werden, wenn nicht Zucker eine technologische Funktion hat. Das ist z.B. bei Marmelade möglich, wo das fehlende Geliervermögen dann durch Pektin ausgeglichen wird. Es wäre auch möglich bei Eis oder in Grenzen bei Gebäck. Überall dort wo Zucker als Masse vorhanden sein muss, ist es sehr schwer möglich ihn auf diese Weise zu ersetzen, da die Zuckerersatzstoffe in der Regel eine geringere Süßkraft haben und zudem sehr teuer sind. So sind "zuckerfreie" Bonbons nicht als Light-Bonbons gedacht (und dürfen so auch nicht beworben werden) sondern sie sollen zahnschonend sein, da die meisten Zuckerersatzstoffe nicht kariogen sind.

Fett zu ersetzen kann schwierig sein. Bei Wurst ist es noch sehr einfach, indem der preiswerte Stoff Fett (Schmalz, Schwarten, Speck) durch das teurere Magerfleisch ersetzt wird. Erhalten wird eine Wurst mit geringerem Fettanteil und höheren Magerfleischanteil.

Bei vielen Produkten ist dagegen Fett Geschmacksträger oder es ist verantwortlich für ein weiches Mundgefühl, das "cremigen" Speisen innewohnt. Obwohl Mayonnaise und Butter zum größten Teil aus Fett bestehen ist hier das Ersetzen durch Wasser "Halbfettbutter" recht problematisch - technologisch ist es kein Problem das Fett durch Emulgatoren und Dickungsmittel zu ersetzen und trotzdem eine streichfähige Masse oder eine cremige Majonäse zu erhalten. Doch der Geschmack bleibt auf der Strecke. In der Folge verzehren Verbraucher dann wieder deutlich mehr und sparen weder Energie noch haben sie den vollwertigen Geschmack. Das gilt nach Erfahrung des Autors auch bei anderen Produkten wie Käse. Für den Verbraucher ist dies eigentlich nichts neues: So schmeckt ein Magerquark anders als ein Quark mit 20 % oder 40 % Fett in der Trockenmasse und ein Sauermilchkäse (Harzer oder Münster Käse) mit geringem Fettgehalt schmeckt anders als Emmentaler.

Käse sind Lebensmittel mit sehr kräftigen Aromen, die durch Abbauprodukte der Mikroorganismen entstehen. Das Fett mildert diese (meist fettlöslichen) Aromen ab und macht aus sinkenden Käse einen würzigen Käse. Man kann daher den Fettanteil im Käse nicht allzu sehr absenken. Das kann man auch ausprobieren bei Käsesorten die es in verschiedenen Fettgehaltsstufen gibt. Frischkäse ist z. B. ein sehr milder Käse, aber die Rahmstufe schmeckt deutlich schlechter als die Doppelrahmstufe.

Bei einer Diät können energiereduzierte Nahrungsmittel sinnvoll sein. Zucker ist als "leere Kalorie" leicht ersetzbar und hat auch keinen Sättigungswert. Fett zu ersetzen ist schwieriger, es geht jedoch bei einigen Nahrungsmitteln wie Fleischwaren und einigen Käsesorten sowie in Süßspeisen. Generell ist aber der Ersatz von Fett problematischer und Fett sättigt auch, man wird also mehr essen und so den "Einspareffekt" verringern.

Gesetzliche Regelungen

Mit der Verordnung EG Nr. 1924/2006 des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health Claims Verordnung) ist hier etwas mehr Rechtssicherheit gekommen, wobei diese Verordnung nicht nur Light Produkte abdeckt. Sie höhlt leider auch durch die Zulassung gesundheitsbezogener Aussagen das Verbot krankheitsbezogener Werbung in der BRD aus.

Seit 1.7.2007 gilt die EU-Verordnung 1924/2006. Diese regelt die Anforderungen an Produkte, die mit bestimmten Begriffen werben, die auf eine Reduzierung des Nährstoffgehaltes oder Energiegehaltes hindeuten. Für Produkte, bei denen der Energiegehalt gegenüber vergleichbaren Produkten reduziert sein soll, sind folgende Begriffe und Definitionen einzuhalten:

Begriff

Definition

„energiearm“

Weniger als 40 kcal (160 kJ) pro 100 g

Bei Getränken weniger als 20 kcal (80 kJ)

„energiereduziert“

Energiegehalt um 30% gegenüber einem vergleichbaren konventionellen Lebens­mittel reduziert.

„energiefrei“

Weniger als 4 kcal (17 kJ) pro 100 g Lebensmittel

„fettarm“

Weniger als 3 g Fett/100 g Lebensmittel. Bei flüssigen Lebensmitteln gilt ein Grenzwert von 1,5 g Fett/100 ml. Teilentrahmte Milch darf allerdings bis zu 1,8 g Fett/100 ml aufweisen.

„fettfrei“ / „ohne Fett“

Weniger als 0,5 g Fett/100 g.

„zuckerarm“

Weniger als 5 g Zucker/100 g

bzw. bei Flüssigkeiten weniger als 2,5 g/100 ml

„zuckerfrei“

Weniger als 0,5 g Zucker/100 g

„ohne Zuckerzusatz“

Kein Zusatz von Zucker, Mono- und Disacchariden oder süßenden Lebensmitteln. Enthält das Produkt von Natur aus Zucker so muss die Angabe durch den Hinweis „Enthält von Natur aus Zucker“ ergänzt werden.

„leicht“ oder „reduziert an“

Es ist angegeben, welcher Nährstoff reduziert ist und dieser muss um mindestens 30% gegenüber einem konventionellen Produkt verringert sein.

„von Natur aus“ oder „Natürlich“

Diese Angabe ist zu ergänzen, wenn das Lebensmittel ohne zusätzliche Maßnahmen die Bedingungen erfüllt.

Damit gibt es zumindest einen gesetzlichen Rahmen, wenn mit Energiereduktion geworben wird. Kritisiert wurde, dass die Anforderungen für Lightprodukte leicht erreicht werden können, und trotzdem noch eine Irreführung möglich ist. So können Fruchtsäfte leicht mit dem Hinweis „ohne Zuckerzusatz“ werben, denn es ist durch den hohen natürlichen Zuckergehalt kein Zusatz erforderlich (und auch bei den meisten Säften verboten). Da nützt auch die Angabe „enthält von Natur aus Zucker“ nicht viel. Immerhin geht die EU-Verordnung weiter als die damalige deutsche Gesetzgebung, nach der ein Hersteller mit „ohne Zuckerzusatz“ werben konnte, wenn er anstatt Zucker süßende Sirupe verwandte, wie Glucose-Fructosesirup.

 Die Kritik liegt in zwei Punkten. Zum einen gibt es bei vielen Produkten keine Referenz: So war es bisher schon möglich magere Brühwurst herzustellen, es war aber genauso erlaubt Wurst mit hohem Speckanteil zu produzieren: Jeder der mal eine billige Wurst aus dem Supermarktsortiment gegessen hat kennt diese Wurst mit geringem Magerfleischanteil bei der nach dem Belegen des Brotes die Finger fettig sind. Dann ist es leicht für das "Light" Produkt sich diese als Referenz herauszusuchen und in der Folge muss die "Light-Wurst" dann nicht einmal sich so sehr von anderer qualitativ höherwertiger Handelsware unterscheiden die nicht explizit als energiereduziert beworben wird.

Das zweite ist, dass nicht gesagt ist, dass die Reduktion des Stoffes sinnvoll ist und zu einem insgesamt deutlich energiereduzierten Produkt führt. Das beste Beispiel ist der vorher angesprochene Fruchtjogurt: Die meiste Energie stammt dort aus dem zugesetzten Zucker, aber die meisten Hersteller werben mit einer Reduktion des Fettgehaltes, weil sei so ihre Magermilch, die von der Produktion von Sahne oder anderen fettreicheren Milchprodukten übrig blieb, in die Jogurtproduktion einbringen können. Dass ein solcher Jogurt so insgesamt viel energiereicher als ein normaler Vollmilchjogurt ohne Frucht bleibt, wird natürlich nicht vermittelt.

Obwohl die Health Claims Verordnung sogenannte Nährwertprofile vorsieht und eine Bewerbung von als "ungesund" anhand des Nährwertprofiles eingestuften Nahrungsmitteln verbietet sind trotzdem Schlupflöcher verblieben. So darf ein Fruchtgummi mit der Angabe "ohne Fett" versehen werden, wenn in gleicher Aufmachung auch "enthält viel Zucker" angegeben wird. Dabei ist das eine Bewerbung mit einer Selbstverständlichkeit denn alle Waren dieser Kategorie bestehen aus Zucker, Gelatine und Farb- und Aromastoffen. Nirgendwo wird Fett eingesetzt. Auch ist es möglich Produkte mit "ohne zugesetztem Zucker" zu bewerben - selbst wenn diese recht zuckerreich sind - nur wurde eben kein Zucker zugesetzt. Es muss zwar ergänzt werden "enthält von Natur aus Zucker", doch das kann man kleiner oder abgesetzt schreiben. So kann man Apfelsaft in dieser Weise bewerben - klar Apfelsaft ist so süß, das er meist mit Wasser verdünnt wird. Er ist dadurch aber nicht unbedingt energiearm oder zuckerarm.

Vergleichen

Nach Ansicht des Autors ist es relativ einfach: Wenn man sich sicher ist, dann hilft einfach der Vergleich, indem man im Regal etwas weiter geht und ein konventionelles Produkt sich anschaut. Lesen sollte man die Nährwertkennzeichnung auf der Rückseite. Wenn sie auf den Gesamtenergiegehalt und den beworbenen Stoff achten, dann ist meistens schon klar ob es sich um eine Mogelpackung handelt oder nicht. Das klingt zuerst aufwendig, doch können sie das meist generalisieren und müssen es pro Kategorie nur einmal machen. In Zukunft wissen sie ja Bescheid.

Das schützt natürlich nicht vor Fehlkäufen. Meiner Ansicht nach ist es bei bestimmten Produktkategorien schwer möglich, ein geschmacklich ansprechendes und "leichtes" Produkt zu erzeugen. Es hat seinen Grund warum Butter, Mayonnaise und Käse soviel Fett enthalten und fettreduzierte Produkte schmecken anders oder nicht so vollmundig. Wer einmal einen Light-Käse oder eine Halbfettbutter probiert hat kann diese Erfahrungen leicht auf andere verwandte Produkte (Streichkäse, Halbfettmargarine und Majonäse) übertragen.

Wichtig ist es auch sich selbst zu beobachten: Isst man von dem Light-Produkt mehr? In der Regel sättigt es nicht so gut, so dass dies häufiger der Fall ist. Wenn man die Packung schneller aufbraucht so spart man weder Kalorien, noch Geld (eher gibt man mehr Geld für weniger Geschmack aus).

Wer sich selbst und sein Ernährungsverhalten beobachtet stellt schnell fest, ob Light-Produkte hilfreich sind oder nicht.

Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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