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Was ist drin in ... MultiNorm "Magnesium 375 mg"

Einführung

Dieser Test ist der erste in dieser Rubrik, der sich mit einem Nahrungsergänzungsmittel beschäftigt. Bisher waren mir diese zu profan, sie bestehen ja im Prinzip (so auch dieses) nur aus dem Wirkstoff und Füllmitteln oder Trennmitteln bzw. bei Kapseln den Überzügen. Also gibt es da eigentlich nicht viel drüber zu schreiben, vielmehr kann man eine Debatte führen ob diese generell sinnvoll sind, doch hat dies dann nicht so viel mit einem konkreten Produkt zu tun. Doch sollte dann der Wirkstoff zumindest aufgenommen werden. Das heutige Produkt zeigt das dem nicht immer so ist.

Die Vorgeschichte

Bei ALDI gab es bei den letzten Aktionen auch Nahrungsergänzungsmittel und zwar von der Hausmarke "Multinorm". Unter dieser Bezeichnung gibt es zahlreiche Mittelchen, auch Calcium- und Magnesium als Brausepulver. Hier handelt es sich jedoch um Tabletten, die verglichen mit anderen Präparaten recht günstig sind: Je 150 Tabletten für 3,49 Euro. Also habe ich zugeschlagen und seitdem ergänzen je eine Calcium und Magnesiumtablette mein Frühstück. Wie auf der Verpackung empfohlen, schlucke ich sie unzerkaut, was bei den relativ großen Tabletten nicht so einfach ist. Nach einigen Tagen spürte ich beim Stuhlgang etwas hartes und weil man ja dann gerne wissen will, was die Ursache ist (selten eine gute), habe ich nachgeschaut was dies war. Es stellte sich als eine der Tabletten heraus, die nur zu 1/3 von Verdauungssäften durchdrungen war. Die restlichen zwei Dritteln waren noch schneeweiß.

De Fakto wurde vom Körper also gar nichts aufgenommen, denn selbst die äußere Schicht war nur angequollen, aber nicht aufgelöst. Sehr schnell stellte sich heraus, dass die Calciumtabletten mit den Zähnen leicht beißbar sind, die Magnesiumtabletten jedoch so hart, dass sie mit den Zähnen nicht zerkleinerbar sind. Darauf hin habe ich einige Experimente angestellt. Einige Minuten im heißen Kaffee lösen die äußere Hülle einer Magnesiumtablette soweit, dass man sie zerbeißen kann, das ist jedoch nicht sehr angenehm, und dürfte den Zähnen auch nicht zuträglich sein. Danach habe ich eine Tablette eine halbe Stunde in Essig gelegt. Danach hörte die Gasbildung auf. Essig hat mit einem pH-Wert von 2,5 in etwa den ph-Wert der Magensäure, wenn man eine Mahlzeit aufgenommen hat. Die Tablette zerfiel in zwei Teile entlang der Längsachse. Beide Teile waren aber noch sehr fest, in etwa wie bei dem Einweichen im Kaffee.

Etwas Chemie

Ich will mich hier anders als sonst nicht mit den Werbeversprachen und Aussagen der Verpackung aufhalten, die sich übrigens, obwohl die Dose groß genug wäre nur auf der Umverpackung finden, sondern nur mit dem Zutatenverzeichnis, da es wesentlich für die Beurteilung ist.

Nach dem Zutatenverzeichnis bestehen die Tabletten aus Magnesiumoxid, Magnesiumcarbonat, den Füllstoffen Dicalciumphosphat und Cellulose, Trennmitteln (Magnesiumsalze von Speisefettsäuren, Siliziumdioxid und vernetzte Carboxmethylcellulose). Das Magnesium steckt vor allem im Magnesiumoxid und Magnesiumcarbonat. Der größere Teil im Magnesiumoxid, da die Reihenfolge eine Aussage über die Menge beinhaltet. Es dürften also von 375 mg Magnesium >180 mg im Magnesiumoxid stecken. Die Intension des Herstellers war wohl, dass das Magnesiumcarbonat im sauren Milieu des Magens reagiert gemäß:

MgCO3 + 2H+ → Mg2+ + H2CO3

Wobei die gebildete Kohlensäure dann zerfällt:

H2CO3 → H2O + CO2

Das ergibt dann die Bläschen, wenn man die Tablette in Essig gibt. Die Gasbildung ist aber nicht sehr intensiv. Offensichtlich wird zu wenig von dem Calciumcarbonat aufgelöst oder es ist zu wenig vorhanden um die Tablette in absehbarer Zeit vollständig zu lösen.

Magnesiumoxid kann auf verschiedene Arten hergestellt werden. Es wird durch Umsetzung anderer Magnesiumverbindungen hergestellt. Je nach Temperatur kann ein völlig reaktionsunfähiges Pulver oder beim Kalzinieren, wenn man Magnesiumcarbonat auf 800 Grad erhitzt, ein Pulver mit poröser Oberfläche erhalten werden, dass mit Wasser reagiert und dabei Magnesiumhydroxid bildet gemäß:

MgO + H2O → Mg(OH)2

Dieses in der Medizin als "Magnesia usta" bezeichnete Pulver findet sich auch in Mitteln gegen Sodbrennen, da es Säure binden kann:

MgO + 2 H3O+ →  Mg2+ + 3 H2O

Wird solches Magnesiumoxid in den Tabletten verwendet so ist es wasserlöslich, ansonsten nicht. Doch selbst dann ist noch offen ob die harte Pressung in der Tablette nicht die poröse und große Oberfläche vollständig zerstört und man dann völlig wasserunlösliches Magnesiumoxid erhält wie sie es vielleicht als Magnesia noch vom Sportunterricht kennen um Schweiß an Handflächen zu binden. Dieses Magnesiumoxid nimmt Wasser nur soweit auf, wie es als Kristallwasser gebunden werden kann, geht aber nicht mehr in Lösung.

Beurteilung

Egal in welcher Form das Magnesiumoxid vorliegt: Grundvoraussetzung, damit es vom Körper aufgenommen wird, ist dass die Tablette im Magendarmtrakt sich auflöst. Das gilt für das Magnesiumcarbonat wie für das Magnesiumoxid. Dies scheint bei diesem Präparat nicht gewährleistet zu sein, sondern hätte ich im Stuhl keine unverdaute Tablette gefunden. Damit wird auch nichts von dem Magnesium aufgenommen, oder nur unter günstigen Umständen (leere Magen, sehr viel Magensäure).

Ich rate dem Hersteller dringend an, das Herstellungsverfahren zu überarbeiten. Verbrauchern kann ich von diesem Tabletten nur abraten. Sicherer sind reine Brausetabletten die Magnesiumcarbonat und eine organische Säure enthalten. Sie bewirken, dass ein größerer Teil des Magnesiums in Lösung geht, aber auch hier verbleibt noch viel im "Satz" der am Boden des Glases verbleibt und den man daher mit etwas Wasser oder einem Getränk ausspülen und auch zu sich nehmen sollte. Aber immerhin ist hier sichtbar kontrollierbar, wie viel sich gelöst hat und wie viel nicht. Dies ist bei diesen Tabletten nicht gegeben und damit muss man sie eher als Ballaststoffe der besonderen Art ansehen.

Ergänzung März 2018

Ich wurde informiert, dass sechs Jahre später, trotz Wechsels des Herstellers sich nichts geändert hat. 2018 produziert die Tabletten die „Principle Healthcare Europe GmbH“. Sie stellt sie aber auch nicht selbst her sondern die Firma INNOPHARMA SRO, Dunajská Streda”.  Der Kunde der mich informierte gab folgendes zu den Tabletten wieder:

Stellungnahme des Herstellers "Principle Healthcare Europe GmbH"

„Weiterhin möchte ich Sie informieren, dass unser Unternehmen seit 2014 existiert. Die Kommentare die Sie im Internet aus 2012 gefunden haben betrifft daher mit Sicherheit nicht unserem Produkt.“

Wir haben selbst den Wassertest gemacht, eine Magnesium-Tablette in ein Wasserglas gelegt und den Werdegang fotografisch dokumentiert.

Nach inzwischen 20 Tagen ist das Wasser im Glas nahezu verdunstet, die Tablette jedoch zu 99% intakt. Nur ein paar winzige Krümel haben sich abgelöst, mehr nicht."

Tja wenn man die Rezeptur nicht verändert wird auch durch Herstellerwechsel (wobei wohl zwar der Name des deutschen Distributors, aber nicht die des Herstellers im slowakischen Ausland wechselte, die Marke Multinorm besteht ja schon länger und wurde nie geändert das Produkt nicht wasserlöslich. ALDI (Süd) muss eigentlich genügend Rückmeldung über die Jahre erhalten haben, dass die Tabletten unverdaulich sind, alleine ich wurde mehrmals kontaktiert aufgrund dieses Berichts. Unverständlich, warum man sie nicht aus dem Sortiment nimmt. Es gibt ja immer noch leicht lösliche Magnesium-Brausetabletten, nur eben keine zum Schlucken ohne Wasser.

Artikel erstellt am 17.9.2012  Artikel zuletzt geändert: 14.4.2018

Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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