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Superfood Quark

Es gibt ja bei Lebensmitteln Buzzwörter, mit denen kann man richtig viel verdienen. Einfach das Buzzwort auf die Packung gemacht, den Preis um 100 Prozent erhöht und schon läuft das Geschäft! (Meiner Ansicht nach gehören die "gehobenen" Preise zum Konzept mit dazu, selbst wenn der Hersteller sein Produkt gar nicht so teuer verkaufen will, denn was besser als die restliche Nahrung ist, muss ja auch teurer sein, sonst taugt es nichts!).

Solche Buzzwörter sind Vegan - Wursthersteller machen mit relativ wenigen veganen Produkten enormen Umsatz, mehr als mit den viel häufiger gekauften normalen Produkten aus Fleisch, obwohl die Zutaten viel billiger als Fleisch sind. Andere Buzzwörter sind "Superfood", der Begriff passt auf alles, was man nicht kennt. Als wäre nur aufgrund der Tatsache, das etwas bei uns in der Küche nicht üblich ist, ist es automatisch besser.

Eine der neuesten Masche ist "High Protein", also Produkte, die reich an Eiweiß sind. Das gibt es in verschiedenen Warengruppen, so als Proteinriegel oder in verschiedenen Milchprodukten. Als High Protein darf sich etwas nennen, wenn es 30 Prozent mehr Eiweiß als ein vergleichbares konventionelles Produkt enthält. In ZDF Info gibt es eine Sendereihe "Lege packt aus", des selbst ernannten Produktentwicklers (von Beruf ist er eigentlich Koch, aber die Bezeichnung scheint wohl nicht geschützt zu sein) und in einer der Sendungen ging es auch um solche High-Protein-Milcherzeugnisse und die entscheidende Zutat für den hohen Proteingehalt war Magerquark. Das inspirierte mich für den heutigen Blog, in dem ich mal dieses Milcherzeugnis genauer unter die Lupe nehmen will.

Die primäre Ursache für das Interesse ist, dass für mich Quark ein eher gewöhnliches Milchprodukt ist, relativ wenig technologisch aufgearbeitet und so auch relativ preiswert. 500 g Magerquark kosten als Eigenmarke rund 80 ct, ebenso viel Quark mit 20 oder 40 Prozent Fett in der Trockenmasse, dann aber nur pro 250 g Packung. Das steht im krassen Wiedersatz zu den hochpreisigen Proteinerzeugnissen.

Quark wird relativ einfach gemacht und ist eigentlich kein Endprodukt, sondern ein Zwischenprodukt. Für die Käseherstellung wird Milch zum Gerinnen gebracht. Das geschieht durch Zusatz von Labferment, heute auch biotechnologisch genetisch veränderten Mikroorganismen gewonnen und nicht mehr aus dem Magen von Kälbern oder durch Zusatz von Milchsäurebakterien, die den Milchzucker vergären und so zu einer Ansäuerung führen die schlussendlich durch den veränderten pH-Wert die Milchproteine ausfällen. Dieser Prozess kennt man auch von anderen Milchprodukten, z.B. der Herstellung von Joghurt. Die geronnene Masse schließt zuerst noch viel von der Milchflüssigkeit, nun Molke genannt, ein. Sowohl für die Käserei wie Quarkherstellung wird die Masse nun zerkleinert, es entsteht der Käsebruch, bei dem schon Molke austritt und dann gepresst, sodass so viel Molke austritt, bis man den gewünschten Feuchtigkeitsgehalt hat. Bei der Herstellung von Käse wird meist sehr viel Molke abgetrennt, für die Herstellung von Quark relativ wenig. Damit ist der Magerquark schon fertig und kann verkauft werden, während dieselbe Masse für Käse nun noch Tage, Wochen oder gar Monate reifen muss und in der Zeit auch teilweise aufwendig behandelt werden muss.

Da komme ich auf die Fettgehaltsstufen, die ein Kriterium für die Einteilung von Käse sind. Doch die meisten Käsesorten, zumindest Schnittkäse enthalten kaum Feuchtigkeit. Für Quark mit viel Wasser, täuschen sie. Da Quark aber Käsevorprodukt ist, findet die Regelung auch auf Quark Anwendung. In Trockenvollmilch, also die "Trockenmasse" von Milch, hat das Milchfett einen Anteil von 26 Prozent. Bei Quark ist der Anteil nicht direkt mit der Vollmilch vergleichbar, denn die Molke enthält nicht nur Wasser, sondern auch Milchzucker, etwa 4 bis 5 Prozent, lösliche Mineralstoffe, der Großteil des Calciums ist aber an eine Proteinfraktion im Quark gebunden, sowie ein Teil der Eiweiße, die löslich sind. Das Milchfett, das in feinen Tröpfchen vorliegt, wird dagegen fast komplett im Quark gebunden. Das bedeutet, Molke enthält auch noch Trockenmasse, die dann im Quark fehlt, das Fett hat im Quark einen höheren Anteil als in der Milch. In der Realität entsteht Quark mit 20 Prozent und 40 Prozent Fett aus Magerquark dem Rahm (Sahne) zugesetzt wird. Die 20 Prozent Fettgehalt entsprechen dem von Milch die 1,8 Prozent Fett hat und Quark mit 40 Prozent Fettgehalt in der Trockenstufe dem Fettgehalt von normaler Milch mit 3,5 bis 3,8 Prozent Fett. Magerquark wird aus voll entrahmter Milch hergestellt. Er enthält nur 0,3 Prozent Fett, das wären 1,6 Prozent in der Trockenmasse.

Daraus folgt, das Quark weniger Milchzucker als Milch enthält - zumindest bezogen auf den Energiegehalt. Real ist es derselbe Prozentsatz wie in der Milch, aber da alle anderen Stoffe konzentriert sind, ist der Gesamtanteil bezogen auf die Energie kleiner.

Bei den Mineralstoffen bleibt der wertvollste Mineralstoff der Milch, das Calcium erhalten. Die meisten anderen Mineralstoffe und Vitamine sind angereichert, da meist mit Proteinen verbunden. Die Anreicherung ist unterschiedlich, bei einigen Vitaminen sind es 250 Prozent, bei vielen Mineralstoffen 150 Prozent. Quark ist also ein ziemlich gesundes Nahrungsmittel, denn er ist praktisch konzentrierte Milch mit weniger Milchzucker, auf den man da die Ernährung sowieso viel Zuckerarten und Stärke enthält, gut verzichten kann. Für die "High-Protein" Produkte von Bedeutung ist das Magerquark zwischen 12 und 13,5 g Eiweiß pro 100 g bei 281 bis 305 kJ/100 g enthält, das heißt, dass zwei Drittel der Gesamtenergie in Form von Protein vorliegt. Der Proteingehalt ist dreimal so hoch wie in der Milch, das heißt mit relativ wenig Zusatz von Quark kann man so den Proteingehalt deutlich anheben.

Das kann man aber auch selbst tun, also Lebensmittel selbst mit Quark anreichern. Das klappt natürlich am besten bei Milchprodukten oder Lebensmittel denen Milch zugesetzt wird, wie Süßspeisen (ich habe gute Erfahrungen mit Milchreis und Reiseauflauf gemacht), Kuchen, vor allem Rührkuchen, aber auch Brot oder Brötchen, dort ist allerdings der Zusatz begrenzt. Dazu gehört natürlich auch der berühmte Quarkguss für Kuchen. Quark bringt natürlich einen bestimmten Geschmack hinein, er ist immer leicht säuerlich. Das Eiweiß des Quarks bindet Wasser beim Gerinnen und sorgt so für Struktur, der Quarkguss würde sonst flüssig bleiben. Etwas schlechter stehen Quark mit 20 oder 40 Prozent Fett da, die sich durch den Fettgehalt aber viel besser für die Herstellung von Quarkspeisen, also nicht als Zusatz zu Lebensmitteln, sondern als Hauptbestandteil (typisch werden entweder Früchte für Süßspeisen (Fruchtquark) oder Schnittlauch / Knoblauch für Kräuterquark zugesetzt. Das Fett ist hier Geschmacksträger und es mildert den adstringierenden und säuerlichen Eigengeschmack des Magerquarks. Bedingt durch den Fettgehalt steigt der Energiegehalt deutlich an. Magerquark hat 284 bis 305 kJ/100 g, Quark mit 20 Prozent Fett 518 kJ und Quark mit 40 Prozent schon 664 kJ, also mehr als das Doppelte. Das liegt daran, dass ein Gramm Fett mehr als den doppelten Energiegehalt von einem Gramm Eiweiß hat. Wenn es nur um das Protein geht, so ist Magerquark unschlagbar. Bei dem den ich gerade im Kühlschrank habe (die Zusammensetzung hängt davon ab, wie viel Molke er noch enthält und schwankt leicht) sind 12 g Eiweiß drin, was 206,4 kJ Energie entspricht. Der Gesamtenergiegehalt beträgt 281 kJ, also 73,4 Prozent der Energie entfallen auf Eiweiß (zum Vergleich: die DGE Empfehlung für den Eiweißgehalt der Gesamtnahrung: 15 Prozent). Bei Schweinelende sind es 68,8 Prozent der Energie im Eiweiß und bei einem mageren Rindersteak 70,7 Prozent. Das ist Rekord und dabei ist Magerquark so billig: Ein Pfund mit 60 g Eiweiß, entsprechend dem Proteingehalt von 200 g Scheinfilet oder 250 g Rindersteak kostet nur 79 ct. Also esst mehr Quark! Ein Fruchtquark ist auch schnell aus Quark, Konfitüre und etwas Milch gemacht. Ähnliches gilt auch für den Kräuterquark und das ist als kleine Portion eine gute Zwischenmahlzeit, zumal Quark gerade durch den hohen Proteingehalt gut sättigt. Wer wagemutig ist, kann es auch mal mit Magerquark probieren, zumindest beim Fruchtquark finde, ich schmeckt er nicht viel schlechter als der Quark mit etwas mehr Fett, allerdings dürfte schon ein kleiner Zusatz von Marmelade mehr Energie eintragen als im Quark mit höheren Fettgehaltsstufen an Energie drin steckt.

Artikel verfasst am 5.10.2021, Artikel zuletzt geändert am 5.10.2021

Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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