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Startanlagen und Gelände

In diesem Artikel geht es um die Weltraumbahnhöfe und die Startvorbereitung / Anlage. Also alles um einen Raketenstart herum.

Ein Startgelände

Etwas Geographie...

Es gibt heute etwa ein Dutzend Weltraumbahnhöfe auf der Erde, doch was zeichnet ein gutes Startgelände aus?

Es liegt nahe zum einen am Äquator. Wir im Artikel über Orbits erläutert, kann eine Rakete die maximale Rotationsgeschwindigkeit der Erde nutzen, wenn sie gerade nach Osten startet, also parallel zum Äquator. Die Neigung der Bahn des Satelliten (Die Inklination) ist dann so hoch wie die geographische Breite des Startortes, der Satellit überfliegt also die Erdoberfläche bis max. zur geographischen Breite des Startortes. So kann man normalerweise in Deutschland keine Shuttleüberflüge sehen, weil die meisten diesen Vorteil nutzen und daher nur bis maximal 28.8° nördlicher Breite zu sehen sind. Auch die ISS ist mit 51,6 grad Bahnneigung selten zu sehen.

Das Starten sowohl mit einer höheren Bahnneigung (nach Norden) oder einer niedrigeren (nach Süden) bedeutet auf einen Teil der Erdrotation zu verzichten. Weiterhin ist diese am Äquator am größten (mit 453 m/s) und am Nordpol ist sie 0. Wenn ein Satellit in den geostationären Orbit erreichen soll, muss er sogar die Inklination des Startorts (seine geographische Breite) abbauen. Hier ist er im Vorteil, wenn er schon mit einer niedrigen Inklination startet. Daher bieten äquatornahe Startplätze eine Reihe von Vorteilen. Sie können trotzdem auch polare Umlaufbahnen erreichen, die Nutzlast ist bei niedrigen Inklinationen aber höher.

Ist die Bahnneigung höher als die geographische Breite, so hat der Startort keinen Vorteil mehr, das heißt für eine polare Umlaufbahn (90 Grad Bahnneigung) ist es egal von wo aus man startet. Eine geringfügige Abweichung gibt es durch die Bahn. Startet die Rakete genau nach Osten, so zieht die Erdrotation sie Richtung Äquator und während die arbeitet, findet ein Teil dieser Arbeit bei einer geringeren geographischen Breite statt was die Inklination der Bahn absenkt. Bei Trägern die von Cape Canaveral aus starten beträgt so die Bahnneigung nicht 28,8 sondern meist 27,5 bis 28 Grad, also etwa 1 Grad weniger. Jede beliebige Bahnneigung ist durch die Wahl des Startazimuts also der Richtung in sich die Rakete neigt, erreichbar, sofern nicht (siehe unten) andere Aspekte eine Rolle spielen.

Technisch gesehen spielt es keine Rolle ob die Rakete nordwärts oder südwärts startet. Das erste ist der Fall bei Starts von Vandenberg aus, das letzte bei Starts von Plessezk oder Kourou aus. Das wird klar wenn man sivh vergegenwärtigt, das die Umlaufbahn in der die Satelliten gelangen ja auch bei jedem Umlauf zweimal den Äquator kreuzen, einmal von Norden nach Süden kommend und einmal von Süden nach Norden kommend.

...Und einige Sicherheitsaspekte

Es kann natürlich zu einem Fehlstart kommen, dann muss die Rakete gesprengt werden oder sie stürzt unkontrolliert ab. Ein Startgelände sollte daher in einer unbewohnten Gegend liegen und der Flugkorridor sollte dies ebenfalls. Heute erfüllen am besten Startplätze am oder im Meer dies. Es ist heute Usus dass der Start übers Meer führen sollte. Man kann zwar ein Schiff treffen, doch auf dem Land ist die Gefahr dass Menschen getroffen werden größer. Bei Cape Canaveral ist es aber z.B. so, dass man nicht höhere Inklinationen als 56° erreichen kann, weil die Bahn sonst über bewohnte Gebiete der USA führen würde. Daher haben die USA ein zweites Startgelände (Vandenberg) in dem Satelliten nach Süden über den kalifornischen Golf starten können für polare Bahnen. Analoges gilt für Russland mit den beiden Startgeländen Baikonur oder Plesetsk Kann man ein Startgelände nicht an der Küste anlegen, so sind Wüstengebiete (Baikonur, Hammaguir) auch eine gute Wahl. Israel ist in dieser Hinsicht gehandicapt, denn zwar kann man dort über das Mittelmeer starten, aber nur gegen die Erdrotation, anstatt mit ihr, man muss also auf Nutzlast verzichten. Die besten Weltraumbahnhöfe sind daher heute Kourou (5.2° nördliche Breite) oder die beiden Ölplattformen von San Marco (früher Scout Starts) und von Sealaunch

Die einzige Ausnahme von dieser Regel ist das chinesische Startgelände Xi-Chang. Es liegt inmitten eines landwirtschaftlich genutzten Tales und es gab bei zwei Fehlstarts schon mehr als ein Dutzend Tote unter der Zivilbevölkerung.

Einige weitere Kriterien sind die Wetterbedingungen. Cape Canaveral liegt mitten in der Zone für Wirbelstürme. Dies kann Starts um Wochen verschieben, aber auch die Höhenwinde sind bei Kourou geringer als im Cape.

Am günstigsten ist natürlich das Unternehmen Sealaunch dran, das ihre Startplattform dorthin schleppt wo sie niemand stört und die größte Nutzlast befördert werden kann. Analoges gilt für den Start der Pegasus Rakete, die schon einmal von Spanien aus startete.

Startvorbereitungen

Plesetsk StartrampeNormalerweise kommen die einzelnen Stufen und die Nutzlasten getrennt an und werden im Weltraumbahnhof erst zusammengebaut. Es gibt hier schon Unterschiede in der Konzeption. In Russland geschieht dies horizontal, das Gebäude ist also eine lange Halle. Damit spart man sich den Aufwand, den ein sehr hohes Gebäude bedeutet (Das Gebäude VEB der Saturn 5 war über 100 m hoch), aber der Zusammenbau ist etwas diffiziler als wie wenn die Rakete vertikal integriert wird.

Im Westen wird dagegen vertikal integriert, wobei man die Rakete meist auch gleich auf dem Starttisch zusammenbaut. (Teilweise sogar mit einem mobilen Startturm zusammen). Die Nutzlast wird zumeist in einem separaten Raum nochmals auf Herz und Nieren geprüft und dann vor dem Start betankt. Bei den heute verwendeten Treibstoffen Stickstofftetroxid und Hydrazin machen das meistens Spezialisten in Schutzanzügen, denn beide Treibstoffe sind giftig.

Zuletzt wird die Nutzlast auf der Rakete befestigt und von der Hülle umschlossen. Die noch unbetankte Rakete wird dann zum Startplatz gefahren. Auch hier gibt es Unterschiede. Russische Raketen verwenden keine Feststoffbooster und sind daher relativ leicht. Eine Sojus wiegt leer mit Nutzlast zirka 32 t. Diese werden mit Zügen zum Startplatz gefahren und dort mit einem Kran aufgerichtet und auf der fest montieren Startplattform befestigt.

Im Westen wird die Rakete meistens auf einem mobilen Starttisch integriert und diese Einheit zum Startplatz mit Zügen oder Raupenschleppern gefahren. Beide Techniken haben vor und Nachteile. Ein mobiler Starttisch erlaubt es mit einem Startplatz auszukommen, und trotzdem mehrere Raketen "in der Arbeit zu haben". Bei der russischen Lösung ist es notwendig für zeitlich kurz aufeinander folgende Starts besser 2 Startplattformen zu haben. Dafür kann man das Integrationsgebäude einfacher halten und hat dort auch leichteren Zugang zu der Rakete.

Eine Sonderrolle nahm Ariane 4 ein. Bei dieser bildeten Startturm und "Integrationsgebäude" eine mobile Einheit, deren einer Teil (Das Integrationsgebäude) vor dem Start einige hundert Meter weg gefahren wurde. Es ist die größte bewegliche Struktur die je in Europa gebaut wurde. Bei Ariane 5 hat man einen konventionelleren Weg beschritten, weil man dadurch auch unabhängiger von Startverzögerungen bei einem Satelliten war. Hier wird die Rakete auf einem von zwei Startischen zusammengebaut. Montageturm und Startplattform sind jedoch in getrennten Gebäuden, so dass man leichter einen Start tauschen kann.

Die Startplattform

Kourou WeltraumbahnhofHier gibt es extreme Unterschiede. Auf der einen Seite kleine Masten wie bei der Ariane 5, auf der anderen komplexe Türme wie bei der Saturn 5 und dem Space Shuttle. Im wesentlichen ist die Aufgabe jedoch überall gleich: Ein Turm stellt die Verbindung zur Rakete her. Das sind zum einen Leitungen zum Betanken der Rakete, zum anderen die Stromversorgung. Bei lagerfähigen Treibstoffen kann man das Betanken Stunden vor dem Start abschließen, bei verdampfenden Substanzen wie Sauerstoff oder Wasserstoff ist es üblich bis kurz vor dem Start zu betanken, wobei es auch die unterschiedlichsten Systeme gibt, einen Zuführarm von der Rakete in Sekunden weg zu bringen. Bei der Ariane 4 schwenken diese zu beiden Seiten weg zum Turm hin, bei Ariane 5 werden sie zurückgezogen und bei der Saturn schwenken sie zu einer Seite weg, jedoch erst beim Start (Bei Ariane 4 etwa 5 Sekunden vor dem Start). Bei der Sojus klappen Arme wie Krakenfinger von der Rakete weg, was eher aussieht als würde sich eine Blüte öffnen.

Die elektrischen Leitungen werden erst mit dem Start durchtrennt, weil man sie noch braucht, wenn die Rakete z.B. nicht zündet. Die meisten Raketen machen einen Check der Triebwerke und schalten diese ab, wenn etwas nicht stimmt. Dann benötigt man die Verbindung zum Boden um die Rakete wieder in einen definierten Zustand zu versetzen. Die Trennung geschieht entweder pyrotechnisch (sprengen von Verbindungen) oder einfach durch das Herausziehen von Steckern durch die sich bewegende Rakete.

Start

Man fragt sich, wie man die Beschädigungen minimiert, die entstehen bevor die Rakete abhebt. Wer einen Start einmal im Fernsehen gesehen hat, weiß, dass es einige Sekunden dauert bis die Rakete volle Leistung hat. Solange sie nicht abhebt treffen aber die Flammen auf den Boden und sie zieht auch an der Startplattform und überträgt Vibrationen.

Ariane 5 StartDaher sind die Starttische keine echten Tische sondern haben dort wo die Rakete steht ein Loch. Bei russischen Raketen ist es meist ein fester Betonsockel. Die Rakete steht nicht auf dem Tisch sondern wird von einem System von Klammern und Stützen über diesem Loch fixiert. Die Flammen treffen also nicht den Starttisch sondern den Boden des Flammenabdeckschachtes auf dem der Sockel oder Starttisch steht. Der Flammenablenkschacht besteht aus einem Tunnel unter dem Starttisch der in 2 oder 4 Richtungen von der Rakete weg führt. (Rakete und Tunnel sehen also wie ein Kopf stehendes T von der Seite aus). Direkt unter dem Starttisch ist ein dreieckiger Umlenker für die Flammen. Er bewirkt, dass die senkrecht auftreffenden Gase in die Horizontale umgelenkt werden und so durch den Tunnel austreten (Bei einem Saturn 5 Start kann man dies sehr gut beobachten). Um die thermische Belastung zu verringern wird er oft auch mit Wasser gefüllt, dass dann verdampft und eine große weise Wolke bildet. Bei sehr großen Raketen, ist es üblich das Wasser während des Starts von den Wänden "regnen" zu lassen um die Vibrationen zu dämpfen. Beim Space Shuttle und der Saturn 5 hat dieses Wasserfall-System eine Kapazität von 3400 m³ Wasser pro Minute.

Wenn eine Rakete von einer Ölplattform startet so ist es wichtig das der Schubaufbau schnell geht. Denn sie überträgt Schwingungen bis zum Abheben auf diese und diese können nicht unbegrenzt abgefedert werden. Von solchen umgebauten Ölplattformen sind daher bislang nur Feststoffraketen oder sehr schubstarke Raketen wie die Zenit gestartet.

Die Rakete ist mit den Klammern nicht nur so befestigt, dass sie nicht in den darunter liegenden Schacht fällt, nein dieses System hält auch die Rakete nach Zündung der Triebwerke noch fest. Ein zentrales Band umgibt alle Klammern und es wird zumeist pyrotechnisch durchtrennt, wodurch alle Klammern sich gleichzeitig öffnen. Wann dies geschieht ist unterschiedlich. Manche Systeme reagieren auf das Überschreiten eines bestimmten Schubs, andere werden vom Bordcomputer der Rakete gesteuert. Es ist heute die Regel, dass spätestens dann die Rakete autonom ist.

Überwachung

Auch bei der Überwachung des Starts gibt es große Unterschiede. Bei Ariane und den bemannten US Missionen gibt es z.B. zwei getrennte Überwachungen des Starts. Im ersten wird die Rakete während des Countdowns überwacht bis zum Start. Dieses ist oft direkt am Startgelände manchmal nur wenige Hundert Meter von der Rakete entfernt in einem Bunker.

Die zweite Crew überwacht die Mission, also alles nach dem Abheben. Diese kann durchaus woanders sein (bei der NASA z.B. in Houston, bei der ESA 12 km von der Startrampe entfernt). Hier sind dann meist auch Gäste erlaubt. Bei kleinen Raketen ist diese Trennung eher unüblich. Im Westen gibt es in den letzten Minuten vor dem Start eine reine Computersteuerung, weil in dieser Zeit sehr viel durchgecheckt wird. Verzögerungen führen dann oft dazu dass man zum Beginn dieser "automated Sequence" zurückgehen muss. In Russland wird dagegen ein Zündungsschlüssel zu diesem Zeitpunkt aktiviert, der dann beim Start umgedreht wird.

Während des Fluges übermittelt nicht nur die Rakete Daten, es wird auch die Flugbahn durch optische Teleskope und RADAR überwacht. Damit man einen Flug vollständig überwachen kann, benötigt man mehrere Bodenstationen oder einen geostationären Satelliten wie das NASA TDRSS System. Bei der ESA werden für eine Ariane zum Beispiel. 3-4 Bodenstationen benötigt in Kourou, Natal (Brasilien), Ascension Island, Malindi (Zentralafrika) und Libreville (Kenia). Eine Person hat dabei eine wichtige Aufgabe: Der Range Safety Offizier. Er ist nicht für die Rakete verantwortlich, sondern für die Sicherheit. Sobald eine Rakete gravierend vom Kurs abweicht oder gar auf die Erde stürzt, wird sie gesprengt um den Schaden zu begrenzen. Das ist unabhängig von der Flugleitung was bisweilen zu komischen Situationen führt (Wenn z.B. beim ersten Ariane Flug der Flugdirektor noch verkündet alles wäre normal, während man gerade die Rakete gesprengt hat...).

Für die Bahnverfolgung stellt man in den USA seit 2018 das System langsam um auf interne Navigation der Raketen per GPS. GPS wurde zwar schon lange genutzt um neben anderen Methoden (Inertialsystem oder Vermessung durch Radarstationen) den Ort und Geschwindigkeit der Rakete zu ermittelnm aber eben nur als ein System von mehreren. Ebenso werden auf US-Seite mittlerweile die Telemetrieempfangsstationen durch Senden der Daten über das TDRS-Satellitennetzwerk ersetzt.



© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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