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Ratgeber für den Teleskopkauf: Ein Rechenbeispiel für die Fotografie

Ich bekomme immer wieder Post von Leuten, die ein Teleskop nach Preis gekauft haben, nach einigen Versuchen den Mond oder die Sonne zu fotografieren nun an die Planeten gehen und endgültig Schiffbruch bei Deep-Sky Objekten erleben wie Sternhaufen, Emissions- oder Absorptionsnebel oder gar Galaxien (in dieser Reihenfolge erden die Motive auch anspruchsvoller).

Der Grund ist relativ einfach: die Teleskope die billig angeboten werden sind für die visuelle Beobachtung geeignet, aber nicht für die Langzeitfotografie. Mit Einschränkungen gehen noch Kurzzeitbelichtungen, was ausreichend für Sonne Mond und die Planeten bis zum Saturn ist. Dann hört es aber auf.

Wenn man im mittleren Preissegment ist, z.B. bei Markengeräten von Celestron, Vixen oder Meade besteht zumindest die Möglichkeit diese aufzurüsten. Und natürlich kann man nach oben hin beliebig viel Geld ausgeben. So gibt es für die Fotografie optimierte Teleskope mit apochromatischen Linsen (Refraktor), Pyrex-Spiegel mit Lüfter und Carbontubus (Reflektoren), doch kosten diese dann auch gerne mal ein Vielfaches des normalen Preises.

Ich will hier an einem normalen Teleskop mal zeigen, was an Kosten für sie bei der Astrophotographie zukommt. Nehmen wir an. Sie haben sich als Gerät für ein Newton Teleskop mit 200 mm Öffnung entschieden.

Selbst wenn sie nur eine Marke nehmen, ich habe mich hier für "Skywatcher" entschieden, weil unter diesem Label sowohl preiswerte wie auch höherwertige Geräte angeboten werden, haben sie oft die Auswahl zwischen mehreren Geräten. Im September 2013 liegen hier die Preisspannen für fertige Teleskope zwischen 525 und 1673 Euro

525 Euro kostet ein SkyWatcher Explorer 200P auf EQ5.

1.673 Euro kostet ein SkyWatcher Quattro 8 CF auf HEQ5-PRO-GoTo

Was ist der Unterschied?

Das erste ist ein Gerät mit einer Öffnung von f/5. Das zweite eines mit f/4, einem Carbontubus (geringe Wärmeausdehnung) und Mikrofokussionsokularauszug speziell für die Fotografie. Tendenzielle werden Geräte mit einer kleineren Öffnung teurer werden. Der Tubus wird kürzer, aber durch die kleinere Brennweite werden die Anforderungen an die Optik höher. Ich würde daher wenn das Budget knapp ist, eher zu einer mittleren Brennweite (f/5 bis f/6 bei Newtons) greifen und stattdessen das Geld in die Montierung stecken.

Man sieht diese Unterscheide auch in den Tuben, die ohne Montierung einzeln angeboten werden. Hier kostet der erste Tubus 314 Euro, der zweite 725 Euro.

Man sieht aber auch: der Hauptpreisunterschied geht auf die Montierung zurück, die (wenn man nur die Preisdifferenz nimmt) im ersten Fall 211 Euro und im zweiten 948 Euro kostet.

Zwei Dinge machen die Montierung bei der Langzeitfotografie teuer:

Schaut man sich die mitgelieferten Montierungen an, so ist die EQ-5 beim billigen Newton für 10 kg Gewicht ausgelegt, die HEQ5 dagegen für bis zu 14 kg Gewicht. Der billigere Tubus wiegt aber schon 9,5 kg, das bedeutet man kann Langzeitastrofotografie mit der EQ5 Montierung und diesem Tubus vergessen, entweder man nimmt die größere Montierung oder einen kleineren Tubus (z. B. mit 150 mm Durchmesser).

Was in jedem Falle bei der EQ5 fehlt sind die Antriebe in beiden Achsen und eine Handsteuerbox zum korrigieren. Diese sind in der HEQ5 enthalten.

Bei Montierungen die für Astrofotografie geeignet sind ist meistens eine Nachführung in beiden Achsen und eine Steuerbox enthalten, weil man diese in jedem Falle braucht. Darüber hinaus sollte man die Beschreibung durchlesen. Dort steht meistens genau beschrieben, ob sie für Langzeitfotografie geeignet ist.

Während das die Minimalanforderung ist, kann man natürlich in beiden Kategorien noch zusätzliches Geld ausgeben. So ist eine GoTo Steuerung also das Anfahren eines beliebigen Himmelsobjektes eine Komfortfunktion, aber nicht unbedingt notwendig. Beim Tubus ist es vor allem eine kurze Brennweite, die ihn teuer macht. Isoliert gekauft kostet z.B. der Tubus mit f/5 314 Euro und mit f/4 725 Euro. Ein kurzbrennweitiges Instrument (kleine Zahl bei f/Zahl( hat ein größeres Gesichtsfeld und die Belichtungszeit um ein Pixel zu belichten sinkt quadratisch mit dem Wert. Ein f/4 wird ein 25% größeres Bildfeld als ein f/5 aufweisen und eine um 56% kürzere Belichtungszeit.

Wenn man den preiswerten Tubus und eine HEQ5 kombiniert ist man mit 916 Euro dabei. Das ist deutlich teurer als die 525 die das Basismodell kostet, aber noch erheblich billiger als ein für Fotografie optimiertes Teleskop mit Goto Steuerung (1673 Euro).

Nun zur Fotografie

So, sie haben nun ein Teleskop, das mit Motoren automatisch der Drehung des Himmels folgt und das ist mit einer Handsteuerbox korrigierbar. Nun muss man die Kamera anschließen und wenn die Belichtung läuft, kontrollieren.

Die erste Entscheidung die man hat ist die Kamera. In Frage kommt eine digitale Spiegelreflexkamera, von der man nur das Gehäuse braucht oder eine spezielle astronomische Kamera. Bei einer Digitalkamera spielen Belichtungsprogramme keine Rolle, man braucht nur die "B" oder Manuell Einstellung für beliebig lange Belichtungszeit. Wegen der Komfortfunktionen reicht also das Einstiegs- oder Basismodell.

Wie viele Pixel sollte die Kamera haben? Nun entscheidend ist weniger die Zahl der Pixel sondern die Größe. Es gibt drei Sensorgrößen bei SLR: APS-C hat eine Größe von 22,2 x 14,8 mm, das selten genutzte APS-H eine von 27,9 x 18,6 mm und Kleinbildformat 35 x 24 mm. Die Größe hat einige Folgen:

Eine Canon 1100D als Einsteigerkamera hat z.B. einen APS-C Chip und 12,2 Mpixel. Jedes Pixel ist also 5,2 Mikrometer² groß. Eine EOS 70D ist zwar teurer und hat 20,2 MPixel, aber auch einen APS-C Sensor, jedes Pixel ist also kleiner, nur 4 Mikrometer im Quadrat. Eine EOS-6D dagegen einen Vollformatsensor und ebenfalls 20,2 Mpixel. Hier ist jedes Pixel 6,5 µm² groß. Also größer als beim Einstiegsmodell rotz doppelt so vielen Pixeln. Bei gleicher Pixelgröße kann ein Vollformatsensor 2,63-mal so vuele Pixel aufweisen. Die Pixelgröße ist wichtig, denn ein Pixel von 6 Mikrometern Kantenlänge fängt 125% mehr Lichtteilchen ein als eines von 4 Mikrometern Kantenlänge. Das bedeutet: Das Eigenrauschen ist geringer, um eine bestimmte Helligkeit zu erreichen muss man nur 40% der Zeit investieren.

Was folgt daraus? eine teure Digitalkamera mit einem Vollformatsensor hat als Folge, das auch die Anforderungen an das Teleskop steigen, es also teurer wird. Es muss eine komafreie Zone aufweisen die 50% größer ist. Auf der anderen Seite ist es nicht schlau in eine Kamera mit mehr Pixel bei einem APS-C Sensor zu investieren, die kleinste Einsteigerkamera ist also befremdlicherweise eine bessere Wahl als ein teurerer Modell derselben Serie. Was man dann noch braucht ist ein T2 Adapter. das T-2 System ist ein genormtes Anschlusssystem und mit diesem Adapter kann man das Gehäuse dann direkt an das Teleskop anschließen.

Das zweite sind astronomische CCD Kameras. Sie haben Vorteile und Nachteile. Verwendet werden nicht CCD für die irdische Fotografie sondern astronomische CCD. Sie sind lichtempfindlicher, haben größere Pixelflächen, oftmals ist eine Kühlung möglich, das reduziert das Eigenrauschen und es fehlt ein Sperrfilter der bei Digital-SLR oft die Empfindlichkeit im Roten absenkt. Dafür sind sie teurer. Für die 400 Euro die eine Canon EOS 1100D kostet, bekommt man gerade mal 0,35 bis 0,44 Mpixel. Will man die 12 MPixel die eine 400 Euro teure EOS 1100D liefert mit einer astronomischen CCD Kamera haben, so muss man rund die zehnfache Summe der Digitalkamera investieren. Astronomische CCD-Kameras erlauben auch Farbcompositaufnahmen, d.h. man macht drei Aufnahmen durch rot, grün und blau Filter. Damit hat man mehr Freiheiten der Bilderstellung bzw. die Belichtungszeit pro Aufnahme ist dreimal kleiner.

Nachführkorrektur

Mit dem Stand jetzt können sie Aufnahmen des Mondes und der Planeten machen, aber keine Aufnahmen die einige Minuten dauern. Der Grund: Selbst wenn das Teleskop optimal auf den Himmelsnordpol ausgerichtet ist, so gibt es Störungen, die dazu führen, dass das Bild verschmiert ist. Das können periodische Abweichungen des Motors sein, aber auch Verschiebungen der Position durch den Wind. Man muss während der Belichtung das bild beobachten und mit der Handsteuerbox nachkorrigieren.

Dazu gibt es drei Methoden:

Ein Nachführfernrohr: Das ist ein kleines Linsenfernrohr mit langer Brennweite das parallel zum Hauptfernrohr mit Rohrschellen und Stellschrauben befestigt wird. Ich hatte bei meinem 200 mm Newton ein 60 mm Nachführfernrohr. In dieser Größe (60-80 mm) sollte es liegen. Ein beleuchtetes Fadenkreuzokular dient dazu, einen Stern in der Mitte zu halten. Wandert er aus der Mitte raus, reguliert man mit der Handsteuerbox nach.

Vorteil: Man kann Das Leitfernrohr leicht aus der optischen Achse des Hauptfernrohrs herausschieben und so leichter einen hellen Stern finden den man verfolgen kann. Nachteil: Es hat von allen Lösungen das meiste Gewicht. Man braucht neben dem Leitfernrohr noch Rohrschellen und muss diese am Tubus befestigen. Wenn dies nicht direkt auf einer Montageschiene geht, muss man Löcher in den Tubus bohren.

Ein Off-Axis Guider: Das ist ein System das nach dem Fokus eingebracht wird. Ein Spiegel lenkt einen Teil des Lichts zu einer Okularöffnung 90 Grad nach außen. Darin wird wie beim Leitfernrohr ein Fadenkreuzokular angeschlossen und nach derselben Methode die Nachführung kontrolliert. Vorteil: die leichteste und günstigste Lösung. Die volle Lichtstärke des Fernrohrs kann genutzt werden. Nachteil: Man muss in unmittelbarer Nähe des fotografierten Objektes einen hellen Stern zum Nachführen finden. Der Spiegel beschränkt zudem das Blickfeld. Bei einem APS-C Sensor ist das kein Problem, bei einem Vollformatsensor bleibt selbst bei einem 2 Zoll Okularauszug wenig Platz (51.8 mm - 36 mm / 2 = maximal 7,9 mm). Die Einblickposition ist vor allem bei Newtons unbequem. Bei Schmidt-Cassegrains spielt der letzte Punkt keine Rolle.

Eine Auto Guider Kamera. Eine CCD-Kamera nimmt das Bild das ein Off-Axis Guider oder ein Leitfernrohr aufnimmt. Ein eingebauter Compter vermisst das Bild periodisch, stellt die Bewegung von Objekten fest und korrigiert automatisch nach. Vorteil: sehr praktisch, der Computer übernimmt die Arbeit. Bei vielen kann die Kamera die meist nur VGA Auflösung hat, noch als Planetenkamera genutzt werden. Nachteil: Die Montierung muss mitspielen. Die Nachführmotoren müssen einen entsprechenden Anschluss haben. Durchgesetzt hat sich der Standard von SBIG für ihre Kamera ST-4. Eine AutoGuider Kamer bedeutet einen Aufpreis von etwa 300-400 Euro gegenüber den obigen beiden Methoden. Es gibt auch eine billigere Methode, bei der die Kamera nur das Bild auf einen Laptop schickt, man aber noch selbst korrigieren muss. Wenn sie diesen Weg wählen, so würde ich auf jeden Fall schon beim Kauf des Teleskop das Zubehör dazu bestellen und mir vom Versender die Zusammenarbeit mit der Montierung bestätigen lassen.

Die billigste Lösung ist ein Off-Axis Guider der je nach Hersteller 120 bis 180 Euro kostet. Ein Leitfernrohr kommt mit Rohrschellen auf mindestens 200 Euro, eine Kamera mit manueller Nachführung beginnt bei 270 Euro und mit automatischer Nachführung ab 360 Euro. Der Kamerapreis kommt zu dem Off-Axis Guider und Leitfernrohr dazu. Ein Fadenkreuzokular kostet je nach Brennweite und Gesichtsfeld zwischen 40 und 100 Euro. Man kann also 160 bis 700 Euro für die Korrektur der Nachführung ausgeben. Nimmt man 300 Euro an und rechnet man noch eine Einsteiger Digitalkamera (400 Euro) und einen T-2 Adapter (20-30 Euro) dazu, so ist man bei 730 Euro Aufpreis für die Astrofotografie.

Zusammenfassung

Der 200 mm Newton kostet so komplett (mit geeigneter Montierung, Digitalkamera und Nachführkontrolle) 1,640 Euro. Demgegenüber hätte man nur 525 Euro für die visuelle Beobachtung ausgeben müssen. Das ist also die dreifache Summe. Der Anteil für die Nachführungskontrolle und Kamera bleibt konstant. Bei größeren Teleskopen wird eine leistungsstarke Montierung rasch teurer, sodass man bei einem größeren Refraktor (>=120 mm) aber auch größerem Newton (>=250 mm) für ein für die Fotografie geeignetes Teleskop das doppelte des Preises einer Einsteigerversion (bei gleicher Optik) rechnen sollte.

Ich mache keine Beratung, ganz einfach weil ich nicht alle Teleskope der Welt kenne und ausprobieren oder beurteilen kann. Sie sind also auf einen kompetenten Händler angewiesen. Doch wie finden sie einen Händler heraus, der sich gut berät? Nun sie stellen ihn auf die Probe. Sie suchen sich ein Teleskop aus das garantiert nicht für die Langezeitfotografie geeignet ist, z.B. den obigen Newton in der Grundausführung, wenn sie noch netter sein wollen können sie auch ein Teleskop aussuchen, das schon von den optischen Eigenschaften nicht geeignet z.B. einen Refraktor mit f/12. Da müssten sie 6-mal so lange belichten wie bei einem F/5 Gerät). Fragen sie den Verkäufer ob dieses Gerät für ihren Zweck geeignet ist, wobei dieser natürlich genau genug beschrieben sein sollte so in der Art "Ich möchte mit dem Gerät und meiner Nikon xxxx Aufnahmen von Galaxien, Nebeln machen? Ist es dafür geeignet und brauche ich eventuell noch Zubehör?.

Wenn der Händler ihnen dann nicht davon abrät, dann sollten sie dort nichts kaufen. Ein verantwortungsvoller Händler wird ihnen wenn sie eine Summe angeben die sie ausgeben wollen sowie den Typ des Gerätes (Linsenfernrohr, Newton, Maksutov etc...) einen Vorschlag unterbreiten, oder ihnen auch sagen, dass die Größe die sie haben wollen für diesen Preis nicht geeignet ist für die Langzeitfotografie.

Wenn das Budget knapp ist gibt es nur eine Alternative: sie kaufen erst mal das Teleskop mit einer belastbaren Montierung aber noch ohne fotografisches Zubehör. Das ergänzen sie später. Wenn es geht, was aber nur bei einfachen Montierungen der Fall ist, können sie die Nachführmotoren auch weglassen und nachkaufen. Was sie aber in keinem Falle machen sollten ist dann ein Standardteleskop zu kaufen das nur für die visuelle Beobachtung gedacht ist. Denn in diesem Falle müssen sie entweder die Montierung gegen eine neue austauschen oder den Tubus gegen einen kleineren (was wegen der kleineren Öffnung wohl niemand machen würde, dann hätten sie gleich den kleineren Tubus nehmen können). Wenn das Geld knapp ist, dann würde ich eher dazu raten sich in der nächst kleineren Kategorie ein Instrument aussuchen. Also anstatt des 200 mm Newtons aus dem Beispiel einen 150 mm Newton zu nehmen. Da die Preise bei Teleskopen mehr oder weniger quadratisch mit der Öffnung ansteigen, können sie sich bei wenig Verzicht an Leistung ein deutlich besser ausgestaltetes Teleskop leisten.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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