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Wachstum und der menschliche Geist

Einleitung

Zahlreiche Dinge in der Natur, wie auch Entwicklungen des Menschen verändern sich exponentiell. Dieser Artikel erklärt was dies so ist und welche Folgen dies auf den Mensch hat. Viele Probleme die heute vorliegen, haben mit nicht linearen Veränderungen zu tun es wird erläutert was dies für Konsequenzen für die Menschheit hat.

Das exponentielle Wachstum

exp-plot.gif Veränderungen über die Zeit können verschiedenen Regeln folgen. So breitet sich eine neue Art zuerst schnell aus und erreicht dann eine gleichmäßige Population. Die häufigsten Veränderungen einfacher Natur lassen sich aber in zwei grundlegende Formen fassen: lineares Wachstum und exponentielles Wachstum. Lineares Wachstum - aufgetragen als Grafik eine Gerade - kennen alle Menschen und können Sie auch sinnlich erfassen. Wenn sich in einer bestimmten Zeit etwas um × ändert, dann in der doppelten Zeit um 2 mal x. So erreichen Sie bei einer Fahrt auf der Autobahn ein Ziel in 100 km Entfernung in einer Stunde und können sofort ableiten, das sie für die nächsten 200 km etwa 2 Stunden brauchen werden.

Anders ist es mit exponentiell verlaufenden Änderungen. Sie kommen erheblich häufiger vor. Bei der linearen Änderung ist die Änderung pro Zeit konstant - es kommt pro Zeiteinheit immer dieselbe Menge dazu. Bei der exponentiellen Änderung ist die Veränderungsrate konstant - in einem bestimmten Zeitraum verändert sich alles um einen bestimmten Prozentsatz. Der springende Punkt ist aber, dass dieser auf die sich immer mehr summierenden Veränderungen bezieht.

Das Problem mit dem menschlichen Gehirn

Es gibt dafür jedoch aus dem Alltag zwei gute Beispiele: Die Verzinsung eines Darlehens. Da gibt es zwei Möglichkeiten:

Der Springende Punkt ist: Der menschliche Geist kann exponentielle Veränderungen nicht abschätzen oder sinnlich begreifen. Das kann man an einem einfachen Beispiel zeigen: 1613 kauften die Holländer die Insel Manhattan von den Indianern für Gegenstände im Wert von 24 USD ab. Was hätte man an Zinsen aus den 24 USD im Jahr 2000 bekommen, wenn man sie bei 5 % angelegt hätte, einmal mit jährlicher Zinsausschüttung und einmal bei mit Zinsakkumulation?

Sie haben keine Basis für eine ungefähr genaue Schätzung, denn unser Gehirn denkt linear, das ist ganz nützlich wenn man in der Steinzeit Tiere jagt und deren Geschwindigkeit abschätzen muss, aber sehr schlecht bei global verlaufenden exponentiell ansteigenden Problemen. Um zum Beispiel zurück zukommen: Es sind 24 * 1.05387 USD, das sind 3.806.010.497 USD, also fast 4 Milliarden USD!

Aus diesem Grund haben wir heute eine ganze Reihe von Problemen am Hals, die uns alle nicht den Gefallen tun linear zu verlaufen. Ein Großteil der Menschheit reagiert jedoch in keiner Weise darauf, einfach weil sie nicht die Veränderung in ihrer ganzen Bedeutung begreifen. Dazu gehören leider auch die "so genannten" Entscheidungsträger. Außerdem machen viele den Fehler, die immer schneller ansteigenden Veränderungen zu unterschätzen und von einem kurzen Stück, das in etwa gerade verläuft auf eine Gerade zu schließen.

Damit Sie sich darin mal üben können noch ein Beispiel: Ein Bakterium verdoppelt sich unter guten Bedingungen jede Stunde. Aus einem Bakterium ist so nach 40 Stunden ein Rasen geworden, der eine Zuchtschale halb bedeckt. Wie lange dauert es nun bis die Schale ganz ausgefüllt wird? Nein es dauert nicht 40 Stunden, durch die Verdopplung jede Stunde schafft das Bakterium dieses Wachstum in einer Stunde, also in einer Stunde genauso viel wie vorher in 40 Stunden zusammen! Das Beispiel ist übrigens Realität und genauso wächst die Weltbevölkerung, nur verdoppelt sie sich alle 35 Jahre.

Ein anderes Beispiel entdeckte dem Autor beim Recherchieren für sein Hobby Raumfahrt. Liest man sich Bücher aus dem Zeitraum 1966-1969 so findet man eine äußert optimistische Sicht der Zukunft : Bald sollte nach den Mondlandungen zuerst eine kleine, dann eine größere bemannte Raumstation entstehen. Es folgt eine dauerhafte Mondstation und schließlich im Zeitrahmen 1980-1986 ein Flug zum Mars. Aus heutiger Sicht kommt man ins Schmunzeln. doch wie ist man zu solchen Prognosen gekommen ? Nun man hat einfach die bisherige Entwicklung linear weiter gedacht. Egal worüber man im Zeitraum 1957-1969 Statistiken machte, die Zahlen stiegen rapide an : Seien es Starts in den Weltraum, beförderte Nutzlast, durchschnittliches Gewicht eines Satelliten, verfügbare Trägerraketen und ihre Kapazität. Entfernung von der Erde, bemannte Stunden im All, Zahl er Astronauten im All ... Alles stieg an. Allerdings : Auch der finanzielle Aufwand steig an und dies war der Grund, dass man eben nach den Mondlandungen kürzer trat. Im Jahre 1959 hatte die NASA einen Etat von 146 Millionen USD, im Jahre 1966 einen von 5923 Millionen USD. Der Anstieg war nicht nur linear, sondern exponentiell. Wäre er allerdings so weiter gegangen, so hätten die USA im Jahre 1973/74 die gesamten Steuereinnahmen nur für die Raumfahrt ausgeben müssen.

Bei exponentiellem Wachstum versagt unser Gehirn. Es kann diese nur errechnen mit einem Taschenrechner, aber nicht mehr sinnlich begreifen. Um so vorsichtiger müssen wir sein, wenn wir es mit solchen Dingen zu tun haben. Vor allem wenn unsere Umwelt oder unsere Zukunft davon abhängen.

Beispiele für exponentiell verlaufende Änderungen

Die Weltbevölkerung

Die sicher bedrohendste ist der Anstieg der Weltbevölkerung. Diese steigt um etwa 2 % pro Jahr, was einer Verdopplung alle 35 Jahre gleichkommt. Das klingt langsam, aber ist bedrohlich. Der springende Punkt ist das die absolute Menge immer mehr wird. Derzeit wächst die Weltbevölkerung so schnell, das allein der jährliche Zuwachs 180 Millionen Menschen beträgt. Um von 0 auf 180 Millionen Menschen Gesamtbevölkerung zu kommen benötigte jedoch die Menschheit fast ihre Gesamte Geschichte: Von der Steinzeit bis zu Christus Geburt. Schon in auch für Menschen absehbaren Zeiträumen wird es daher einige einschneidende Änderungen geben: Geht das Bevölkerungswachstum in diesem Tempo weiter dann sind:

Das sind überschaubare Zeiträume, 80-600 Jahre, also Zeitunterschiede die im Bereich der jüngeren menschlichen Geschichte liegen. Natürlich hängen andere Probleme wie Klimawandel, Umweltverschmutzung und Zerstörung genauso mit diesen ansteigenden Zahlen zusammen. Trotzdem wird nichts gemacht, einfach weil die meisten Politiker dies nicht realisieren können. Ja manche (besonders in Bayern) scheinen bei globalen Problemen die nationale Lanze brechen zu müssen, und reden von dem Aussterben der Deutschen, anstatt froh zu sein, das die Bevölkerungszahl wenigstens in einem Land sinkt (leider aber nicht die Umweltverschmutzung und das Zubauen der Umwelt).

HandyWirtschaft

Selbstverständlich geht die Wirtschaft von einem Wirtschaftswachstum aus. Doch wie schon in den siebziger Jahren der "Club of Rome", eine Vereinigung von führenden Wissenschaftlern ihrer Zeit feststellte geht dies nicht. Energie ist begrenzt: Trotz neuer Ölfunde dürfte dieses noch in diesem Jahrhundert zur Mangelware werden, analoges gilt mit anderen Zeitskalen für Erdgas oder Kohle. Selbst nachwachsende Rohstoffe kann man nur in einer so großen Menge anbauen wie man Fläche dafür hat. Analoges gilt für Bodenschätze, die man aber wiedergewinnen kann, allerdings eben mit Energieaufwand und diese ist begrenzt. Aber auch der Mensch hat eine Konsumgrenze: Der Markt für viele Produkte ist gesättigt - sowohl für Lebensmittel wie auch für viele Konsumgeräte gilt dies: Mehr als einen Fernseher pro Zimmer kann man nicht nutzen. Erstaunlicherweise verzeichnen Produkte bei denen man schon längst den Markt für gesättigt hat noch Zuwachs wie Autos (Es gibt weitaus mehr Autos als Führerscheinbesitzer oder gar Parkplätze) oder Handys. Doch spätestens wenn man nicht mehr die Straßen vor lauter parkender Autos befahren kann, man mehr Zeit im Stau als fahrend verbringt sind auch diese Märkte gesättigt.

Was tun? Nun ein sehr effizientes Mittel in der Vergangenheit den Wirtschaftlichen Konsum anzukurbeln war Krieg. Nach dem Motto: Erst alles zusammenbomben, dann neu verkaufen haben viele Nationen Krieg geführt. Heute ist die Welt durch die US Aktion gegen den Irak um eine neue Variante reicher: Die US Soldaten sahen tatenlos zu wie tagelang Plünderer alles raubten und verwüsteten - Klar irgendwo muss das ja wieder nachgekauft werden, und wo, das bestimmt die US Militärverwaltung...

Die Technik

AtombombeViele Menschen haben Probleme mit der Technik. Warum? Nun ich denke es hat auch damit zu tun, das sich die Technik durch das exponentielle Wachstum so viel schneller entwickelt, das viele dem nicht mehr folgen können oder wollen. Betrachten wir einmal die Fortschritte auf dem Gebiet des Militärs: Von der Jungsteinzeit bis etwa zum Jahr 1500 konnte man sich nur mit Speeren, Pfeilen oder Schwertern bekämpfen, also aus nächster Nähe. Die Erfindung der Muskete um 1500 führte zu einem größeren Abstand, aber das Nachladen dauerte so lange das noch lange Zeit Schlachten auch im Sturmangriff mit Säbeln geführt wurden. Erst im amerikanischen Bürgerkrieg ging dies durch Patronen schneller und die letzten Sturmangriffe wurden zu Massakern (Gettysburg). Bald darauf wurde das Mehrschussgewehr mit Automatik erfunden und zur Jahrhundertwende (zum 20.sten Jahrhundert) das Maschinengewehr, mit dem erstmals eine Person Dutzende in Sekunden Zeit umbringen konnte. Seit 1945 gibt es die Atombombe, mit der man auf einen Schlag 100,000 Menschen töten kann und seit 1960 gibt es so viele Atomwaffen, das man mit einem Druck auf den "roten Knopf" die ganze Erde pulverisieren kann. Pro Kopf der Weltbevölkerung gibt es heute mehrere Tonnen Sprengstoff! Der Schritt vom Kampf Mann gegen Mann, bis zum Abwurf einer Bombe, welche eine Stadt ausradiert, also in 70 Jahren.

Ähnliches gilt auch für die Entwicklung der Computer, bei der dies in noch schnellerer Folge geht - eine Verdopplung alle 2 Jahre. Doch schon beginnen bei den meisten Leuten sich Unmut zu regen. Wozu soll ich mir alle 2-3 Jahre einen neuen PC kaufen? Denn wenn wir die Software betrachten, die ja unser Verstand erdenkt - wird die auch alle 2 Jahre doppelt so gut? Oder anders gesagt: ein heutiger PC (Mai 2000) ist zirka 2.000-3000 mal schneller als IBM XT, 19 Jahre älter. Aber: Ist die Software auch 2000 mal besser, können Sie 2000 neue Dinge machen oder geht alles 2000 mal besser und schneller? Auch hier haben wir wieder die Kluft zwischen Technik und Verstand.

Die Evolution

Auch die Evolution dreht sich immer schneller. Um die erste moderne Zelle zu schaffen brauchte die Evolution zirka 2 Milliarden Jahre. Mehrzeller schaffte sie schon in 1 Milliarden Jahre, bis zu der Artenexplosion Anfang des Kambriums dauerte es dann nur noch 500 Millionen Jahre und in der kurzen Zeit haben sich dann in immer rascheren Schritten neue Arten gebildet. Auch beim Menschen ging die Entwicklung zuerst in Jahrmillionen vorwärts, dann in Hunderttausenden von Jahren und der Abschluss ist der heutige Mensch, der sich in 35000 Jahren überall verbreitet hat. Bedenkt man, das bei den Dinosauriern es Arten gab die sich über Jahrmillionen kaum geändert haben, so bemerkt man die Veränderung. Leider scheint unser Gehirn mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten zu haben.

Die Eingriffe in die Umwelt

Als der Mensch sich schon als aufgeklärt und vernünftig bezeichnete, und danach sogar eine Epoche benannte begann der große Eingriff in die Umwelt. Zwar waren schon vorher Arten ausgerottet worden oder Landstiche verändert (Vor dem Schiffbau war der Libanon, Spanien, Jugoslawien, Nordafrika und Griechenland mit Wäldern bedeckt). Doch vollzog sich dies über längere Zeiträume, so das für viele sicher der unmittelbare Zusammenhang entging. Doch im 19 ten Jahrhundert machte die Menschheit die große Jagd - in den USA auf Bisons, Bären, Wandertauben und Fische im Lorenzstrom, im Meer auf die Wale. Die Vorräte wurden als unerschöpflich angesehen und man erkannte nicht das negative Wachstum: Ein Bestand nimmt zuerst kaum ab, und dann ganz plötzlich immer schneller.

Zu spät für viele Tierarten kam das Umdenken, und im Geist hat sich bis heute nichts geändert. Obwohl wir heute dank Computer besser dran sind. Ein Computer kann uns Entwicklungen visualisieren, er kann Trends berechnen. Wir wissen heute von der Klimaänderung und ihren Folgen, aber reagieren kaum darauf. Noch in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts erkannte die Bundesregierung unter Kohl, das Waldsterben erst, als schon mehr als 10 % der Bäume krank waren - auch dieses gehorchte einem exponentiellen Wachstum. Geändert hat sich an der Haltung der Leute wenig. In den Industrieländern geht zwar die Bevölkerung leicht zurück, aber die Emissionen pro Person steigen - Kein Wunder, inzwischen gibt es in Deutschland mehr Autos als Personen. In den Entwicklungsländern steigt die Bevölkerung und die Emissionen noch schneller an.

Ja unsere ganze Wirtschaft und unser Denken ist auf exponentielle Steigerung ausgerichtet. Es wird immer gefordert nach mehr Lohn, mehr Produktivität. Niemals nach Stillstand oder Abbau. Es ist natürlich, dass so die Zerstörung der Umwelt - und damit auch der Basis für den Menschen, sich nicht wird aufhalten lassen.

Erkundung der Erde und der Planeten

Lange Zeit kannten die Menschen nur ihre unmittelbare Umgebung. Bei den ersten Hochkulturen erstreckte sich zirka 3000 vor Christus. der kartographisch bekannte Teil auf die unmittelbaren Nachbarvölker. So erstreckte sich das erste Großreich der Antike von Sargon um 2400 vor Christus. auf Teile des Iraks, der Türkei, Iran und Saudi Arabiens, insgesamt eine Fläche, die heute der Iran einnimmt. Für Sargon war es aber der ihm bekannte Erdenkreis.

In den nächsten 2000 Jahren weitete sich der bekannte Kreis rund um die Hochkulturen in Ägypten und Mesopotamien bis nach Indien und das östliche Mittelmeer aus. In weiteren 2000 Jahren vergrößerte sich wiederum der bekannte Erdenkreis um die Nordküste Afrikas, ganz Europas bis Island im Westen, Norwegen im Norden und dem Ural im Westen. Also von der Flächengröße her nochmals eine Vervielfachung. Die drauf folgende Zeit der Entdeckungen brachte die Kenntnis der Küstengebiete von Nord- und Südamerika und Afrikas in weiteren 200 Jahren. Die letzten Festlandgebiete unseres Planeten wurden erst im letzten Jahrhundert kartiert - zumindest im groben. Über 70 % der Erdoberfläche hat man bis dahin aber nur grobe Kenntnisse - die Ozeanböden. Diese wurden erst in diesem Jahrhundert durch Echolot grob kartiert. In den letzten 4 Jahrzehnten, seit wir Raumfahrt betreiben ist aber die Oberfläche von 3 erdähnlichen Planeten, 5 großen und zirka 20 kleinen Monden in ähnlicher Auflösung festgehalten worden, wie vor 100 Jahren nur von Teilen der Erde.

Auch hier finden wir eine exponentielle Vergrößerung des uns bekannten Gebietes. Einen ähnlichen Verlauf nahm auch die Erforschung des Weltalls - oder die Frage wie viele Sterne oder wie viel % des Weltalls sind bekannt. Hier ist der Zuwachs durch drei Erfindungen - Teleskope, Photographie und CCDs sogar noch schneller gewesen als bei der Erforschung der Erde.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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