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Die Space Shuttle Haupttriebwerke

Einleitung

Die Space Shuttle Haupttriebwerke (Space Shuttle Main Engines (SSME) waren die leistungsfähigsten, die in den USA jemals entwickelt wurden und sind nach dem Einstellen des Energija Programmes auch die weltweit leistungsfähigsten. Ihre Entwicklung war außerordentlich schwierig und sie wurden während der Einsatzdauer des Space Shuttles laufend weiter verbessert. Sie wurden bis in jüngste Zeit für weitere Projekte vorgeschlagen und sollen die SLS antreiben.

Da es sich einerseits um die komplexesten Triebwerke handelt. Andererseits die Entwicklungsgeschichte sehr gut dokumentiert ist und die Triebwerke dann auch noch über dreißig Jahre weiterentwickelt wurden habe ich vier einzelne Aufsätze verfasst:

Vorgeschichte

SSME1972 wurde die Entwicklung des Space Shuttles beschlossen. Schon vorher gab es aber die Entwürfe für das Triebwerk. Nachdem bei den ersten Entwürfen die man 1969 für das spätere Space Shuttle hatte, noch das J-2 als Triebwerk ins Auge gefasst war, ging man rasch zu einem neuen neuen Triebwerk über. Der Grund war, dass neben der Nutzlast auch der Orbiter eine Umlaufbahn erreichen sollte. Wenn das Gefährt für diese hohe Nutzlastmasse nicht riesig sein sollte, musste das Triebwerk sehr viel leistungsstärker als das J-2 sein. Sehr bald wurde auch klar, das es schubstärker sein musste. Die Effizienz eines Triebwerks wird darin gemessen, wie schnell die Gase die Düse verlasen. Diese Ausstromgeschwindigkeit ist ein gutes Maß für die Treibstoffausbeute. Beim J-2 betrug sie bei den letzten Serienexemplaren 4216 m/s. Ein schon entwickeltes Upgrade, das J-2S versprach die Ausströmgeschwindigkeit auf 4275 m/s zu steigern. Erkauft wurde dieser kleine Anstieg mit einer Erhöhung des Brennkammerdrucks von 50 auf 82 Bar. Das SSME sollte 4480 m/s erreichen. Dafür musste der Brennkammerdruck auf 220 bar erhöht werden.

Das war mit dem bisherigen Design nur schwer zu erreichen. Bisher bauten die USA große Triebwerke nach dem Gasgeneratorprinzip: ein Teil des Treibstoffs und Verbrennungsträgers wird vom Hauptkreislauf abgetrennt und ein einer separaten Brennkammer, dem Gasgenerator verbrannt. Das erzeugte Gas treibt dann eine Gasturbine an, die ihre Kraft auf eine Turbopumpe überträgt, welche wiederum den Druck liefert, um den Treibstoff in die Brennkammer gegen den dort herrschenden Brennkammerdruck zu pressen. Je höher der Brennkammerdruck ist, desto mehr Gas wird für den Gasgenerator benötigt, um diesen Druck aufzubauen. Jenseits eines Optimums braucht man mehr Gas für den Gasgenerator, als man Treibstoff durch den höheren spezifischen Impuls (=Ausströmgeschwindigkeit der Gase beim verlassen der Düse) einspart. Dies ergibt sich daraus, dass beim Gasgeneratorprinzip das Arbeitsgas mit einem "Auspuff" neben dem Triebwerk entlassen wird. Manchmal nutzt man es auch um die Düse zu kühlen oder das Triebwerk zu schwenken bzw. die Rakete zu rollen, aber im wesentlichen ist dieser Anteil des Treibstoffs nicht nutzbar. Das Gasgeneratorprinzip hat den höchsten Wirkungsgrad bei etwa 90-100 Bar Brennkammerdruck, bei höheren Drücken fällt die Effizienz stark ab.

Mit dem Gasgeneratorschema war das SSME mit seinen 220 Bar Druck also nicht umsetzbar. Die Lösung lag in einem anderen Antriebsverfahren, das theoretisch seit den fünfziger Jahren untersucht wurde. Das "staged Combustion" Verfahren. (Eine deutsche Übersetzung ist unüblich, aber mögliche wären "gestaffelte oder gestufte Verbrennung"). Bei diesem wird der Treibstoff zweimal verbrannt: zuerst ein Teil in einem Vorbrenner, bei dem nur ein Teil des Treibstoffs umgesetzt wird. Er erzeugt das Arbeitsgas unter hohem Druck, das Turbine und Turbopumpe antreibt und den Rest des Treibstoffs fördert. Danach wird dieses Gas mit dem Rest des Treibstoffs in die Brennkammer eingespritzt und nochmals verbrannt. Wie beim Gasgenerator ist im Vorbrenner die Mischung oftmals reicher an einer der beiden Komponenten, um die Temperaturen zu begrenzen. Beim SSME ist sie reich an Wasserstoff.

SSME TestDas staged Combustion Verfahren ist ein Hauptstromverfahren, bei dem der Treibstoff vom Tank zum Triebwerk nur einen Strom hat, der das ganze Triebwerk passiert. Das Gasgeneratorverfahren dagegen ein Nebenstromverfahren, bei dem sich ein Treibstofffluss vom Hauptstrom abspaltet und nicht die Brennkammer passiert Die NASA hatte schon Erfahrungen mit dem Hauptstromverfahren, allerdings nach einem anderen Prinzip, dem des Expander Cycle. Bei ihm gibt es gar keinen Vorbrenner oder Gasgenerator, sondern die Hitze der Brennkammer wird genutzt, um den Treibstoff in den gasförmigen Zustand zu überführen und damit die Turbine anzutreiben. Nach dem Expander-Cycle wurde von 1956 an das RL-10 konstruiert. Seine Entwicklung war sehr langwierig und teuer und es gab zahlreiche Probleme zu lösen. Das sollte ein Vorgeschmack zum SSME sein.

Die Herausforderung beim Design lag weniger daran, dass viele Parameter um ein vielfaches höher als bei anderen Triebwerken waren, so waren die Drücke höher, die Abmessungen der Brennkammer aber kleiner, der Kühlungsbedarf daher höher etc., sondern das das Gesamtsystem sehr eng verzahnt war. Bei einem Triebwerk nach dem Gasgeneratortriebwerk konnte man das Triebwerk in einzelne Baumgruppen aufteilen, die man separat konstruieren konnte, wie Turbopumpe, Gasgenerator, Brennkammer, Düse, Injektoren etc. Veränderungen an einem System machten zwar oft Anpassungen an anderen nötig, doch diese hielten sich in Grenzen, man konnte sogar Baugruppen auswechseln. So erhielt das J-2S im Rahmen des Constellation Programms die Turbopumpe eines Aerospike Triebwerks und eine neue verlängerte Düse. Astrium bot der ESA ein Aestus Triebwerk mit einer Turbopumpe von Rocketdyne an. im Original war das Triebwerk nur druckgefördert.

Bei Hauptstromtriebwerken geht das nicht. Die Minderleistung oder veränderten Leistungsdaten eines Systems schlagen auf das Gesamtsystem durch. Ohne Computer brauchte man sehr viele Iterationen um das Design wieder und wieder zu verfeinern bis es funktionierte. Diese Iterationen absolvierte man beim RL-10, weshalb seine Entwicklung auch so langwierig wurde. Als man das SSME entwarf, Anfang der siebziger Jahre war es aber schon möglich die Entwürfe vom Computer durchrechnen zu lassen. Nicht in der Detailliertheit wie heute, doch die wichtigsten Designparameter konnte man so festlegen. Den Rest musste man bei den Tests herausfinden.

Die Entscheidung über die Vergabe des Auftrags der Triebwerksentwicklung erfolgte schon vor der endgültigen Genehmigung. Damals hatten die USA drei Firmen die auch größere Triebwerke herstellten (sowie einige kleinere die jedoch nur Vernier-Triebwerke oder Satellitentriebwerke produzierten). Dies waren Aerojet, Rocketdyne und Pratt & Whittney (P&R). Aerojet legte kein Angebot vor. Die Firma hatte die Triebwerke für die Titan I-III entwickelt. Mit Ausnahme der Triebwerke für die Titan I waren dies aber alle Triebwerke die NTO mit UDMH verbrennten. Triebwerke die diesen Treibstoff nutzten, stammten fast nur von Aerojet. So produzierte die Firma die Delta Oberstufe und den Antrieb für das Servicemodul des Apollo Raumschiffs. Aerojet bekam aufgrund dieser Kompetenz daher auch den Auftrag für die OMS Triebwerke des Orbiters,

Die beiden anderen Firmen waren Rocketdyne und Pratt & Whittney. Rocketdyne konnte die größte Erfahrung vorweisen. Die Hauptantriebe der Delta, Atlas und Saturn Trägerraketen stammten von der Firma. Sie hatten für die Saturn das F-1 und J-2 Triebwerk entwickelt. Doch sie hatten keinerlei Erfahrung mit Triebwerken die das Hauptstromverfahren einsetzten.

Diese konnte Pratt & Whittney aufweisen. Sie war die kleinste der drei Firmen. Pratt & Whittney war und ist einer der größten Hersteller von Strahltriebwerken. Die Abteilung die Raketentriebwerke produzierte, hatte eigentlich nur ein einziges Triebwerk entwickelt: Das RL-10. Doch dieses hatte es in sich. Es war das einzige US-Triebwerk, das das Hauptstromverfahren einsetzte, wenn auch nicht das Staged Combustion Verfahren. Pratt & Whittney kannte daher die Probleme die beim Einsatz dieses Verfahrens in der Entwicklung entstehen. Das RL-10 lag in Effizienz, wie auch erreichtem spezifischen Impuls, als Maß für die Treibstoffausbeute, näher am Zielwert des SSME (4480 m/s) als jedes andere Triebwerk (das RL-10 hatte 4356 erreicht). Pratt & Whittney hatten auch ein Triebwerk nach dem Prinzip des SSME im Design fertiggestellt, das war das XLR-129 mit 250.000 Pfund Schub. Das SSME sollte damals als die Ausschreibung begann (Oktober 1969) 350.000 Pfund Schub aufweisen. Das XLR-129 hätte man auf dieses Schublevel steigern können. P&R war also im Vorteil seitens der Erfahrungen und eines schon vorliegenden Prototyps.

Die NASA musste sich zwischen den beiden Firmen entscheiden. Beide legten Entwürfe ein. Rocketdyne bemühte sich stärker um den Auftrag. Entscheidend war aber ein technisches Detail im Design. Pratt & Whittney sah einen Vorbrenner für Sauerstoff und Wasserstoff vor, Rocketdyne jeweils einen für Sauerstoff und Wasserstoff. Obgleich dies mehr Komplexität bedeutete, beurteilten die NASA Experten dies als vorteilhafter. Das SSME sollte im Schub reduzierbar sein, und die Möglichkeiten dafür sind bei einem Vorbrenner geringer als bei zweien. Zwei Vorbrenner erlaubten eine feinere Kontrolle. So gewann Rocketdyne den Kontrakt, auch weil der Schub nach Wechsel des Designs für das Shuttle höher sein musste: 470.000 Pfund. Da nützten die Vorentwicklungen von P&R beim XLR-129 auch nichts mehr. Für ein doppelt so schubstarkes Triebwerk musste auch P&R von vorne anfangen.

Allerdings wollte die NASA bei ihrer ersten Ausschreibung am 21.4.1971 noch andere Triebwerke: Sie sollten zwei vollständig wiederverwendbare, beide geflügelte und bemannte Stufen antreiben. Die Startstufe mit 12 Triebwerken von 550.000 kN Schub und den Orbiter mit drei Triebwerken von 632.000 kN Schub. Beide verwandten dasselbe Triebwerk, aber der Orbiter hatte eine an den Vakuumbetrieb angepasste Düse, weshalb der Schub höher war. Rocketdyne nahm die Ausschreibung gründlich und lieferte 100 Bücher ab - eines mit der Zusammenfassung, sieben mit der Technischen Beschreibung und der Rest waren Detailausfertigungen. Sie füllten ein 1,50 m breites und hohes Regal mit drei Zwischenböden.

Mit dem Wechsel auf das heutige Konzept änderten sich die Anforderungen, doch das Rocketdyne Konzept konnte so abgeändert werden, dass es auch 470.000 Pfund Maximalschub hatte. Am 5.4.1972 bekam Rocketdyne den endgültigen Auftrag. Die Anforderungen wurden aber noch dreimal geändert:

Sicherheitskonzept

Der Orbiter hatte drei Triebwerke in einer Dreiecksanordnung. Diese war fail-operational und fail safe. Beide Begriffe sind in bemannten Programmen wichtig. Fail operational bedeutet, eine Komponente kann ausfallen und die Mission ist nicht gefährdet. Fail safe bedeutet, eine Komponente kann ausfallen, die Mission ist zwar nun nicht mehr möglich, aber es gibt keine Gefahr für die Besatzung. Fail Safe bedeutete bei den SSME-Triebwerken, dass ihre Funktion durch den Triebwerkskontroller überwacht wurde und er sie abschaltete, bevor das Triebwerk sich explosiv zerlegte. Dazu wurden Drücke, Temperaturen, Flüsse etc. überwacht und beim Überschreiten von "roten Linien", also Grenzwerten wurde das Abschalten ausgelöst.

Bedingt waren drei Triebwerke auch fail operational. Es konnte ein Triebwerk nach 150 bis 180 s ausfallen. Nach 360 bis 400 s konnte ein Zweites ausfallen. Da in den ersten 123 s während des Betriebs der SRB in jedem Falle keine Rettung möglich war, waren die Triebwerke während der größten Teil der Mission fail operational. Bei einem frühzeitigen Ausfall eines oder zweier Triebwerke konnte der Orbiter mit den verbliebenen zum Landeplatz zurückkehren, bei einem späten Abbruch konnte er noch einen niedrigeren als geplanten Orbit erreichen. Das kam einmal vor bei der Mission STS-51F als ein Triebwerk nach 345 s aufgrund eines Sensorausfalls abgeschaltet wurde. Die Anordnung der Triebwerke erlaubte es auch, das der bei einem Ausfall entstehende asymmetrische Schub durch Schwenken kompensiert werden konnte.

Wie bei jedem Triebwerk ermittelte man die Sicherheit auch durch theoretische Untersuchungen. Man überlegte für jede Komponente, jedes Konstruktionsdetail welcher Fehler auftreten könnte, dann wie man diesen Fehler vermeiden oder seine Auswirkungen begrenzen konnte und schätze die Eintrittswahrscheinlichkeit ab.

Nur bei bemannten Triebwerken üblich ist ein Test nach der Entwicklung. Die SSME durchliefen danach ein Zertifizierungsprogramm, bei dem es darum ging mit den nun nicht mehr veränderten Triebwerken (während der Entwicklung wurden laufend Komponenten ausgetauscht) viele Tests unter Realbedingungen zu absolvieren und auch über die geplante Lebenszeit.

Schon bei Entwicklungsbeginn gab es die Forderung dass die Triebwerke insgesamt (Entwicklung und Flug Zertifikation) 65.000 s Testzeit akkumuliert haben müssen bevor der Erststart erfolgt. Das entsprach mehr als 40 Missionen. Noch mehr waren es nur beim F-1 das auf über 243.000 s kam. Auch später gab es weitere Tests sowohl während der Weiterentwicklung wie auch der Qualitätskontrolle. Mit dem letzten Flug der Atlantis waren insgesamt über 1 Million Testsekunden aufgelaufen. Davon entfielen gerade mal ein Fünftel auf den Einsatz. Bei unbemannten Triebwerken sind wesentlich weniger Tests üblich. Wie der Vergleicher einiger Triebwerke zeigt:

SSME F-1 J-2 RS-68 RL-10 Viking RD-0120 NK-15 NK-33/43 RD-180 Merlin 1D
Testsekunden vor dem ersten Flug 110.000 s 243.000 s 120.000 11.000 s 71.000 s 87.000 s 163.000 s 40.220 s 55.000 s 20.018 s 4.742 s
Testsekunden nach dem ersten Flug 718.400 s 30.000 s 3.807 6.810 s 6.851 s
Anzahl der Tests vor dem ersten Flug 726 s 2805 1730 188 707 278 793 450 350 119 34
Entwicklungszeit (Jahre) 9 8 6 5-6 3 10 11 5 5 4 4
Einsatz auf bemanntem Programm Ja Ja Ja Nein Nein geplant Ja Ja Ja Nein Nein

Jedes Flugtriebwerk wurde auch vor der ersten Verwendung mehrmals getestet. Alleine die dabei akkumulierte Testdauer war länger das die maximale Betriebsdauer jedes anderen US-Triebwerks.

Funktionsweise des Triebwerks

Aufbau des TriebwerksDer Wasserstoff kommt vom Tank unter niedrigem Druck und passiert zuerst eine Niedrigdruck Turbopumpe (Low Pressure Fuel Turbopump LPFTP). Sie erhöht den Druck, hat aber auch die Aufgabe, Kavitation in den Leitungen und in der Hochdruck Turbopumpe (High Pressure Fuel Turbopump HPFTP) zu verhindern. Kavitation entsteht durch die schnell bewegenden Turbinenblätter. Es bilden sich Dampfblasen in der Flüssigkeit, die zusammenfallen und dabei Schockwellen erzeugen die Propellerblätter beschädigen können. Von der Niedrigdruckturbopumpe kommt der Wasserstoff dann zur Hochdruckturbopumpe.

Die Hochdruckpumpe bringt den Treibstoff auf hohen Druck, danach teilt sich der Weg auf. Die Hochdruckpumpe schafft dies wegen des großen Volumens nicht in einer Stufe, sondern hat mehrere Turbinenblätter die mit hoher Geschwindigkeit (38000 U/min) rotieren. Ihre Effizienz beträgt 74-78%. Die Pumpe, in etwa so groß und so schwer wie ein Automotor hat mehr Leistung als fünf Diesellokomotiven, trotz des kleinen Volumens. Die Turbinen sind für ein niedriges Druckgefälle ausgelegt. Der Eingangsdruck ist 1.5 mal höher als der Ausgangsdruck. Da allerdings der Brennkammerdruck so hoch ist bedeutet dies, dass die der Gasstrom der zu den Turbinen kommt einen Druck von mehr als 300 Bar aufweisen muss. Dieser Druck wird durch die Vorbrenner gewährleistet.

Ein Teil des Wasserstoffs (40%) kühlt die Brennkammer und Düse, verdampft und wird zu heißen, unter hohem Druck stehenden Gas. Er treibt die Turbine der LPFTP Turbine an, liefert also die Kraft für deren Leistung. Danach wird er in den Injektor geleitet und mit dem Sauerstoff verbrannt. Der Wasserstoff tritt mit -221°C und 389 bar Druck in die Brennkammerwand über 430 Röhren ein, durchläuft diese und die Düse und erhitzt sich auf -8 °C, wobei der Druck auf 306 bar sank. Pro Sekunde werden für die Brennkammer 14 kg Wasserstoff benötigt. Das begrenzt die Wandtemperaturen auf 538°C. Für die Düse werden 21 kg Wasserstoff pro Sekunde benötigt, die sie auf 510°C kühlt. Hier tritt der Wasserstoff mit 388 bar Druck ein, der Druck nimmt nur leicht auf 373,6 bar ab.

Ein zweiter Teil (ebenfalls 40%) kühlt die Düse und wird dann ebenfalls in gasförmigem Zustand an die beiden Vorbrenner geleitet. Es gibt je einen für die Förderung des Sauerstoffs und des Wasserstoffs. Sie verbrennen Wasserstoff mit Sauerstoff in einer wasserstoffreichen Mischung. Das begrenzt die Temperaturen auf unter 1000 K, während in der Brennkammer über 3000 K herrschen. So können die Preburner ohne Kühlung arbeiten. Der heiße, wasserstoffreiche Dampf der Vorbrenner treibt dann die jeweiligen Hochdruckpumpen an. Auch er wird nach Passage der Turbinen in die Brennkammer zur Verbrennung geleitet. Beide Preburner zusammen verbrennen 80% des Wasserstoffes mit 12% des Sauerstoffs, es resultiert so eine wasserstoffreiche Mischung (LH2/LOX = 1.1, in der Brennkammer liegt es bei 6)

QuerschnittDer letzte, kleinste Teil des Wasserstoffs (20%) bleibt zuerst einmal flüssig. Er wird zur Schmierung von beweglichen Teilen in den Hochdruckpumpen genutzt und danach zur Kühlung dieser. Danach wird auch er in die Brennkammer geleitet. Nicht der ganze Wasserstoff wird sofort verbrannt, etwa 0,3 kg werden pro Sekunde wieder in den Tank zurück geleitet, da sonst durch Entnahme des Wasserstoffes der Eingangsdruck sinken würde. Dazu passieren sie einen Wärmeaustauscher am Triebwerk, wo der Wasserstoff verdampft.

Der Weg des Sauerstoffs ist ähnlich. Auch hier gibt es eine Niedrigdruckpumpe (Low Pressure Oxidiser Turbopump LPOTP) und eine Hochdruckpumpe (High Pressure Oxidiser Turbopump HPOTP). Die LPOTP bringt den Sauerstoff auf einen ausreichenden Druck um Kavitation in der HPOTP zu verhindern, den er als nächstes passiert. Danach wird der Strom aufgeteilt. Beim Sauerstoff wird der größte Teil direkt in den Injektor geleitet und dort mit dem Wasserstoff verbrannt. Ein kleiner Teil wird zu den beiden Vorbrennern geleitet und dort mit dem Wasserstoff verbrannt. Vorher passiert ein kleiner Teil eine Hilfsturbine, die diesen Teilstrom auf einen Druck von über 550 bar bringt, dieser Druck ist noch höher als der Brennkammerdruck oder der Druck in den Hochdruckpumpen. Damit können die Ventile gesteuert werden, die sie sonst keine Chance hätten, gegen den Druck geschlossen zu werden. Mit dem Sauerstoff wird nichts gekühlt oder geschmiert. Eine Besonderheit ist, dass nach dem Passieren der HPOTP Pumpe ein kleiner Teil des gasförmigen Sauerstoffs genutzt wird, um eine Boostpumpe anzutreiben, sie bringt den Sauerstoff vor Passieren der HPOTP auf höheren Druck. In analoger Weise treibt ein Teil des Sauerstoffs die LPOTP an. Er wird dann mit dem LPOTP Fluss vereint. Auch hier werden 0,54 kg LOX pro Sekunde für die Aufrechterhaltung des Tankdrucks abgezweigt.

Das Triebwerk ist herunterregelbar. Dies geht durch Anpassung des LOX-Flusses bei dem Sauerstoff-Vorbrenner. Dazu gibt es ein regelbares Servoventil. Das Mischungsverhältnis wird durch Herunterregeln des Wasserstoffflusses vor dem Wasserstoff-Vorbrenner konstant gehalten.

Die Brennkammer war im wesentlichen eine konventionellere Konstruktion. Hier war die Hauptherausforderung, dass bei ihr am meisten Gewicht gespart werden musste. Die Brennkammer bestand aus 280 Röhren aus NARloy-Z einer Legierung aus 96% Kupfer, 3% Silber und 0,5% Zirkonium. Silber und Kupfer ergaben eine hervorragende Wärmeleitfähigkeit, so leiteten die Röhren die Wärme an Wasserstoff weiter der sie durchströmt. NARloy-Z versprödet nicht unter dem Einfluss von Wasserstoff wie viele andere Legierungen. Auf sie wurde eine Schutzschicht aus Nickel elektrochemisch aufgetragen. Die Brennkammer wog nur 658 kg, war 43 cm lang mit einem maximalen Außendurchmesser von 56 cm. Der minimale Innendurchmesser betrug 30 cm. Der Preis für das geringe Gewicht war, dass das SSME aus sehr vielen Schweißverbindungen und nur wenig massivem Metall bestand. Das machte es leicht, aber auch aufwendig und es bedeutete eine Fehlerquelle. Bei den im Laufe der Einsatzdauer eingeflossenen Verbesserungen wurde die Zahl der Schweißnähte beträchtlich reduziert.

Bei Rocketdyne hat das Triebwerk die nüchterne Bezeichnung RS-25. Ein angehängter Buchstabe signalisiert die Generation. Die letzten Flugexemplare waren RS-25D (Block II) und RS-25E (mit AHMS System). Es besteht aus insgesamt 50.000 Einzelteilen. Beim Original waren es über 1000 Schweißverbindungen zwischen den Einzelteilen. Später wurden sukzessive die Schweißverbindungen reduziert, was zum einen den Aufwand für die Inspektion verringerte, da jeder regelmäßig untersucht werden musste. Zum anderen erlaubten Fortschritte in der Gußtechnologie auf Schweißverbindungen zu verzichten.

Technische Herausforderungen

Zwei wesentliche Herausforderungen gab es bei dem SSME. Das eine waren die extrem hohen auftretenden Drücke, bedingt dadurch dass der Großteil des Wasserstoffs noch vor dem Erreichen der Brennkammer in Gas umgewandelt wird und so sein Volumen vervielfacht (entsprechend den Druck) und gleichzeitig dürfte das Triebwerk nicht zu schwer sein, weil es bis in den Orbit transportiert wird. Betroffen waren vor allem die Hochdruckturbinen an denen die höchsten Drücke anlagen, weil sie den Treibstoff gegen den Brennkammerdruck pressen mussten. Das verdeutlichen die Drücke bei den ersten Exemplaren an folgenden Stationen:

Station Druck LH2 Druck LOX
vom Tank kommend 2 bar 7 bar
nach Verlassen der Niedrigdruckpumpe 17,2 bar 27,8 bar
nach dem Vorbrenner 347 bar
nach Verlassen der Hochdruckpumpe 413 bar 310 bar
in der Brennkammer 207 bar 207 bar

Der Druck ist die eine Sache, die andere ist dass trotzdem das Triebwerk sehr leicht sein sollte. Soweit möglich wurde geschweißt, was insgesamt eine Tonne Material einsparte, aber über 1000 Schweißverbindungen ergab.

Die Leistung war bezogen auf das Gewicht enorm. Die Kombination von Breburner und Turbopumpe war 1,20 m lang und 60 cm breit. Die Leistung betrug 23.068 PS bei der Sauerstoff und 61.420 PS bei der Wasserstoffpumpe, siebenmal mehr als bei der J-2 Pumpe, die 8.668 PS leistete. Dies wurde während der Entwicklung noch gesteigert. Jedes Pfund Gewicht der 351 kg schweren Hochdruckwasserstoffpumpe leistete etwa 100 PS, dagegen liegt bei einem Motor in einem PKW die Leistung bei etwa 0,5 PS pro Pfund Gewicht.

Die hohen Anforderungen sind das eine. Gleichzeitig sollte das Triebwerk wiederverwendbar sein. Das bedeutete seine Lebensdauer musste erheblich höher sein als bei allen bisher entwickelten Exemplaren. Die Lebensdauer eines Triebwerks ist höher als seine nominelle Betriebszeit. Zum einen braucht man Sicherheitsreserven, zum anderen ist es üblich bei bemannten Einsätzen das Triebwerk vorher zu testen. Ein F-1 wurde vor dem Start dreimal getestet und absolvierte dabei ein Testprogramm das erheblich länger als die spätere Einsatzzeit war. Für die letzte Generation betrug die Solllebensdauer 10 Zündungen und 3600 s Betriebszeit. Das SSME sollte 55-mal gezündet werden können und eine Betriebsdauer von 27.000 d aufweisen. Diese Werte sind 5-7 mal höher als bei bisherigen Triebwerken.

Schon während der Entwicklung musste man Abstriche machen. Geplant war ein spezifischer Impuls von 4472 m/s, korrespondierend mit einem Ausgangsdruck der Hochdruckpumpen von 326 / 437 bar. Dies war nicht erreichbar, ebenso wenig wie die geplante Masse von 3050 kg.

Triebwerksstart

StartsequenzAm kritischsten ist der Start des Triebwerks, bei dem alle Ereignisse genau getimt sind. Das zeigte sich auch bei den Tests. Es dauerte 19 Tests und 23 Wochen um bis zu 2 Sekunden Marke der 5 Sekunden langen Startsequenz zu kommen. Dafür wurde achtmal die Turbopumpe ausgewechselt. Nach weiteren 18 Tests, 12 weiteren Wochen und 5 erneuten Austauschaktionen der Turbopumpe kam man kurzzeitig an die Sollleistung heran. Das war im Januar 1976, als man kurzzeitig während einer 3,36 s langen Anlaufsequenz auf das 50% Level kam, das damals als niedrigster Operationsmodus galt. Es dauerte bis Ende 1978 bis man die Startsequenz des Triebwerks in den Feinheiten ausgearbeitet hatte.

Vor dem Start wurden Stickstoff durch die Sauerstoffleitungen und Helium durch die Wasserstoffleitungen getrieben. Sie sollten Feuchtigkeit austreiben. Wenn dann die kryogenen Flüssigkeiten durch die Leitungen durchgetrieben würden, konnten diese Gase nicht auskondensieren, da Stickstoff bei tieferen Temperaturen auskondensiert als Sauerstoff und Helium bei tieferen als Wasserstoff. Die Kühlung mit den verflüssigten Gasen hielt über eine Stunde an und umfasste alle Teile, bis auf die Brennkammer und Düse. Da diese später 3315°C ausgesetzt waren, war es nicht nötig sie vorher stark abzukühlen.

Der Start erfolgte mit dem Öffnen des Wasserstoffventils. Wasserstoff aus der 43 cm dicken Hauptleitung durchströmte die Leitungen, kam zur Brennkammer und Düse und verdampfte dort und erzeugte einen Startdruck durch den dabei verdampfenden Wasserstoff. Der Wasserstoff brachte die Turbinen auf eine niedrige Drehzahl, doch dies war nicht stabil, der Druck oszillierte mit einer Periode von 1,5 Sekunden. Auf diese Oszillation wurden nun die folgenden Ereignisse genau abgestimmt.

Zuerst erfolgt 1,25 s nach dem Start ein Check: die Wasserstoff-Hochdruckpumpe muss zu diesem Zeitpunkt mindestens eine Drehzahl von 4.600 U/min haben. Ist diese nicht erreicht, so hat die Turbine zu wenig Leistung und würde durch den Gegendruck bei der Zündung zerstört werden. Der Start wird dann abgebrochen.

1,4 s nach dem Start wurde das Ventil zum Wasserstoff Vorbrenner geöffnet. Beide Vorbrenner waren vor dem Start mit Sauerstoff gefüllt worden. Ein Zündfunke entzündete das sich nun bildende Gemisch und produzierte ein Gasgemisch, das nun die Turbopumpe auf Touren brachte und mehr Wasserstoff pumpte. Dabei trat ein kurzfristiger Temperatursprung von 220 Grad Celsius auf. Wäre nun nichts passiert, so würde die Turbine in kürzester Zeit durchdrehen, es war Gegendruck nötig. Der kam von der Brennkammer die 0,1 s nach dem Vorbrenner zündete. Ihr Druck verhinderte eine zu schnelle Rotation der Turbinenblätter. Das Timing war kritisch 0,25 s oder 2% der Ventilposition entschieden über stabilen Betrieb oder Selbstzerstörung der Turbine. Schon der normale Anstieg der Rotation entspricht 400.000 U/min, das heißt in weniger als 0,1 s stieg die Rotationsgeschwindigkeit von 4.600 auf 35.000 U/min. Wäre die Zündung der Brennkammer früher erfolgt, so wäre ihr Druck höher gewesen, als der Druck der von der Turbopumpe aufgebaut wurde und heißes Gas von der Brennkammer würde in die Turbopumpe gelangen und sie überhitzen. Nun lief das Wasserstoffförderungssystem auf vollen Touren, aber nur gespeist von dem Sauerstoff der mit Tankdruck einströmte, also geringer Flussrate. Das änderte sich nun. 1,6 s nach dem Start zündete auch der Sauerstoffvorbrenner. Nach 2 Sekunden hat die Brennkammer 25% des Normalschubs, denn sie 0,4 s lang beibehält um normale Schwankungen in den Treibstoffdrücken und Temperaturen auszugleichen. Der Triebwerkscontroller kontrolliert die Funktion der Triebwerke nach 1,7 und 2,3 s. Sind sie innerhalb der Sollparameter so wird 2,4 s nach dem Start auf den geschlossenen Betrieb umgeschaltet. Dabei wird der Brennkammerdruck mit einer vorgegebenen Anstiegskurve verglichen. Er justiert dann das Hauptventil für den Sauerstoff um Differenzen auszugleichen. Das Wasserstoffventil folgt, weil das Mischungsverhältnis konstant ist.Es wird mach 3,8 s aktiviert und sollte 4,7 s nach dem Start das Sollverhältnis von 6 erreichen. Nach 4,7 s war das Triebwerk im operativen Betrieb und das Shuttle hätte abheben können.

Es tat dies aber jetzt noch nicht. Durch die räumliche Lage der Triebwerke ging ihr Schub nicht durch den Schwerpunkt des Systems. Die Triebwerke brachten das ganze System zum Schwingen. das Shuttle schwang nach vorne und dann wieder zurück. Als es nach 1,9 Sekunden genau wieder in der Startposition angekommen war, erfolgte das Zündkommando der Feststoffbooster. Das bedeutete, dass die Triebwerke später im Betrieb 2 Sekunden kürzer arbeiten würden, was etwa 600 kg Nutzlast kostete, aber es war eine einfachere Lösung als diese Schwingen zu unterbinden. Das Phänomen war durch Simulationen schon vor dem Start bekannt und bei der Befestigung berücksichtigt worden, nur war die Amplitude größer: Die NASA erwartete eine von 48 cm, es waren aber 65 cm. 6,6 s nach dem Zünden der Triebwerke hebt dann das Shuttle ab, da die SRB innerhalb von 0,3 s ihren vollen Schub erreichen.

Es dauerte Jahre um die Startsequenz zu erarbeiten. Probleme beim Start begleiteten das Testprogramm von Anfang an. Das letzte Ereignis trat noch am 3.10.1978 auf, mehr als drei Jahre nach Entwicklungsbeginn.

Auch beim Betrieb gibt es einige Besonderheiten. Um die maximale aerodynamische Belastung zu senken, werden die Triebwerke kurz vor dem Erreichen der maximalen aerodynamischen Belastung, 53 s nach dem Start im Schub auf 67% heruntergefahren, nach Passage dieses Punktes wieder auf das Maximallevel (bei den ersten Flügen 100%, später 104,5%. Wenn die Beschleunigung 3 g erreicht. etwa 7 Minuten nach dem Start, werden die Triebwerke langsam auf 67% heruntergefahren und dieses Schublevel halten sie dann bis der Brennschluss nach 520 s erreicht wird. Dieser kann durch den Bordcomputer ausgelöst werden (Erreichen der vorgegebenen Zielbahn) oder durch das Signalisieren, das die Treibstoffvorräte im externen Rank unterhalb eine Mindestschwelle (0,5% für den Sauerstoff und 0,65% für den Wasserstoff) gefallen sind.

Beim Herunterfahren müssen analog die Ventile kurz hintereinander getimt geschlossen werden um einen kurzfristigen Überdruck oder eine zu sauerstoffreiche Mischung in den Vorbrennern zu vermeiden. Auch das Runterfahren des Triebwerks dauert so 3,5 s, das ist relativ lange, bei den meisten anderen Triebwerken die nicht wiederverwendbar sind, ist dies in Sekundenbruchteilen erledigt, man schließt einfach die Ventile zu den Triebstoffleistungen. Doch diese robuste Vorgehensweise wäre erheblicher Stress für die Turbopumpen und daher gibt es eine so lange dauernde Abschaltsequenz. Dazu wurde das Sauerstoffventil langsam geschlossen. Das hatte zwei erwünschte Wirkungen: Die Mischung wurde wasserstoffreicher und kühler und die Rotationsgeschwindigkeiten und Drücke sanken ab. Das Wasserstoffventil folgte zeitverzögert. Nach 1,5 s war das Sauerstoffventil geschlossen, nach 2,5 s das Wasserstoffventil. Dies gewährleistete eine Geschwindigkeitsabnahme der Turbine von maximal 700.000 U/min zu gewährleisten. Wenn eine Rate von 7.000 U/s erreicht war, konnte der restliche im System gebundene Triebstoff verdampfen ohne die Turbine zu beschädigen.

Es verbleiben dann aber noch Reste im Triebwerk und den Leitungen. Sie müssen entlassen werden um das Gewicht zu reduzieren. Vor dem Zünden der OMS Triebwerke werden 2080 kg Sauerstoff entlassen. Parallel zu der Zündung der OMS Triebwerke werden dann die noch verbliebenden 136 kg Wasserstoff abgelassen. Das erhöht den spezifischen Impuls der OMS und spart so etwa 60 kg Treibstoff ein.

Die Entwicklung

Die Entwicklung des SSME verlief wie die anderer Triebwerke. Schon während das Design noch ausgearbeitet wird gibt es zahlreiche Labortests um geplante Lösungen genauer zu untersuchen, die Wahl von Materialen zu überprüfen, etc. In diesem Stadium gibt es aber noch keine Prototypen. Während dieser Phase gab 4566 Labortests und 1418 Hot-Fire Tests von Subsystemen.

Es beginnt mit Tests der einzelnen Komponenten, eventuell sogar Subkomponenten. So kann man den Injektor testen, ob er den Treibstoff gleichmäßig vermischt, ohne Turbopumpen und Brennkammer zu haben, indem man den Treibstoff mit Druckgas fördert. Turbinen können auch elektrisch oder mit Druckgas angetrieben werden und Turbopumpen Wasser fördern. Das zweite ist das man sich auch in der Zeitdauer langsam an die Anforderungen herantastet. Sehr früh stehen oft die Brennkammern für Tests zur Verfügung. Für wenige Sekunden oder Sekundenbruchteile kann man sie auch ohne Kühlung betreiben. Danach koppelt man diese Komponenten, also z.B. den Vorbrenner mit der Turbine oder eine Turbopumpe die druckgefördert ist, mit einer Brennkammer.

Sind diese Tests abgeschlossen, so erfolgen die Tests der ganzen Triebwerke. Auch hier beginnt man mit kurzen Tests, oder mit Leistungsdaten unterhalb den Anforderungen an die Flugexemplare. Der Brennkammerdruck ist geringer oder das Schublevel. Die Tests tasten sich langsam an die Anforderungen des Triebwerks im Shuttle heran. Ist dann der Sollbetrieb erreicht, so erfolgen weitere Tests. Dabei wird viel Wert auf Tests gelegt die jenseits der Spezifikationen liegen, wie ein Betrieb über die Sollbetriebsdauer hinaus, bei erhöhtem Schub oder es werden Fehlermodes wie ein verändertes Mischungsverhältnis simuliert. So soll die Sicherheit gewonnen werden, das das Design zum einen mit diesen Situationen klar kommt, zum anderen lotet man so auch die Sicherheitsschwellen aus. Während dieser Zeit ist es normal, das Komponenten ausgetauscht werden, weil Probleme auftraten, am sie inspizierte oder einfach verschiedene Lösungen testet. Triebwerke werden mehrfach auseinander genommen, Lecks geschweißt etc.

Beim Space Shuttle kamen dann noch zwei weitere Tests hinzu. Zum einen arbeiten immer drei Triebwerke gleichzeitig. Sie werden in einer weiteren Phase auch zu dritt getestet und auch hier Fehlermodes erprobt, z. B. eines abgeschaltet und die anderen beiden müssen dann länger arbeiten, um diesen Ausfall abzufangen. Des weiteren sind die Triebwerke verbunden mit einer eigenen Elektronik, dem Triebwerkskontroller. Auch sie muss im Verbund mit den Triebwerken getestet werden, denn sie steuert nicht nur die Triebwerke, sondern soll auch Abweichungen erkennen und ein Triebwerk sicher abschalten bevor es beschädigt wird.

Dem schließt sich die Zertifizierung an. Nun gibt es keine Veränderung an den Triebwerken mehr. Die Entwicklung ist davon geprägt, dass man wenn man Probleme erkennt die Konstruktion abgeändert und erneut testet. Bei der Zertifikation werden die Triebwerke in allen Bereichen getestet, die beim Flug vorkommen können. Diese Tests haben die Aufgabe eine statistische Sicherheit zu geben. Es ist zwar möglich aufgrund von Tests, vor allem aber Schätzungen die theoretische Sicherheit zu bestimmen, besser ist es aber, diese durch Tests zu ermitteln. Wenn beispielsweise 100 Missionen simuliert werden, also die Triebwerke 100-mal über die volle Betriebsdauer bei nominellem Schub betrieben werden, und es tritt kein Fehler auf, so kann man nach dem Gesetz von Bayes die Zuverlässigkeit auf 99% abschätzen. Würde man 99,9% anstreben müsste man 1000-mal testen.

Bei den Space Shuttle Triebwerken war eine Testdauer über 55 Missionen und 65.000 Testsekunden vor dem Erstflug gefordert. Sie mussten also mindestens 55-mal betrieben werden. 55 Missionen war auch ihre Solllebensdauer. Es waren zu Beginn des Programms 100 Missionen gefordert. Doch sehr bald wurde das Schublevel auf 109% angehoben. Ein Betrieb mit 109% Schub war vorher in sieben von 100 Missionen geplant. Das waren Abbruchmodi oder Missionen mit überschweren Nutzlasten. Da das Space Shuttle als System aber nicht die Spezifikationen erfüllen konnte, mussten die Triebwerke leistungsfähiger werden. So sollte nach einer Übergangsfrist das 109% Schublevel der Normalschub sein, die NASA prägte dafür den Ausdruck "full Power". Diese kleine Erhöhung um 9% senkte aber die Lebensdauer von 100 auf 55 Missionen ab. Das umfangreiche Testprogramm wurde begründet durch die Risikoabwägung. In dieser waren die Triebwerke zu 48,41% an einem Verlust der Besatzung verantwortlich. Dagegen die SRB nur zu 30,79%. Sie waren der Posten mit dem höchsten Risiko.

Jedes Flugexemplar absolvierte vor dem ersten Einsatz ebenfalls ein Testprogramm. Es umfasste 13 Tests über 5000 s Sekunden Dauer, davon 3000 s bei vollem Schub. Viermal wurde es über die volle Missionsdauer von 520 s betrieben, einmal über 665 s, die kamen bei einem Abbruch vor. Die 5000 s Betriebsdauer entsprachen rund 9 Missionen. Das hatte den Vorteil, dass als Young und Crippen zu STS-1 abhoben, sie Triebwerke einsetzten die schon neun Missionen fehlerfrei am Boden bei Tests absolviert hatten.

Nachdem man zuerst die Spezifikationen ausgearbeitet hatte und das Design ausgearbeitet, sollten schon 1974 die Tests von Prototypen der Triebwerke beginnen. Doch dies verzögerte sich. Subkomponenten wie Turbopumpen oder Vorbrenner sollte Rocketdyne in seinem Teststand bei Coca in Kalifornien erfolgen. Dort gab es zwei Teststände dafür. Doch Verzögerungen 1973 und 1974 zwangen zu einer Verzögerung um sechs Monate. Im Sommer 1974 wurde daher der ganze Entwicklungszeitraum um 6 Monate nach hinten verschoben - inklusive des Jungfernfluges. Später kam dann noch der Test der Brennkammer hinzu, allerdings mit einer verkürzten Düse und einem Entspannungsverhältnis von 1:35 anstatt 1:77,5, da sie nur 50% des normalen Schubs erreichte. Die Probleme hielten an und ein dritter Teststand wurde im Mai 1975 aktiviert.
Komponententests
Komponente Tests
Brennkammer (verkleinert) und Zündung 236
Zündungssysteme und Vorbrenner 918
Brennkammer 94
Sauerstoffturbopumpe 70
Wasserstoffturbopumpe 100
Gesamt: 1418

Der Test ganzer Triebwerke fand dagegen bei der NASA am Mississippi statt, dem heutigen Stennis Testcenter. Das Testprogramm war eng verzahnt, so verging teilweise nur ein Monat zwischen einem Test einer Komponente bei Coca und dem Einbau in ein Testtriebwerk und ein erneuter Test im NASA Zentrum.

Quellen:

Quellen: NASA-TP-1932 19820003911: Space Shuttle Main Engine Controller

Space Shuttle Main Engine - The Relentless Pursuit of Improvement

Space Shuttle Main Engine - Thirty Years Of Innovation

NASA N91-28270: SPACE SHUTTLE MAIN ENGINE CERTIFICATION FOR MANNED SPACE FLIGHT

SHUTTLE PROPULSION OVERVIEW; THE DESIGN CHALLENGES

Space Shuttle Technical Conference Part 2

Space shuttle Main Engine: Certification for Manned Space Flight

R.A. Heppenheimer: The development of the Space shuttle 1972 bis 1981

Boeing: Space Shuttle Main Engine Orientation

Artikel erstellt am 4.10.2013

Bücher vom Autor

Es gibt von mir vier Bücher zum Thema bemannte Raumfahrt. Alle Bücher beschäftigen vor allem mit der Technik, die Missionen kommen nicht zu kurz, stehen aber nicht wie bei anderen Büchern über bemannte Raumfahrt im Vordergrund.

Das erste bemannte Raumfahrtprogramm der USA, das Mercuryprogramm begann schon vor Gründung der NASA und jährt sich 2018 zum 60-sten Mal. Das war für mich der Anlass, ein umfangreiches (368 Seiten) langes Buch zu schreiben, das alle Aspekte dieses Programms abdeckt. Der Bogen ist daher breit gestreut. Es beginnt mit der Geschichte der bemannten Raumfahrt in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Es kommt dann eine ausführliche technische Beschreibung des Raumschiffs (vor 1962: Kapsel). Dem schließt sich ein analoges Kapitel über die Technik der eingesetzten Träger Redstone, Little Joe und Atlas an. Ein Blick auf Wostok und ein Vergleich Mercury bildet das dritte Kapitel. Der menschliche Faktor - die Astronautenauswahl, das Training aber auch das Schicksal nach den Mercurymissionen bildet das fünfte Kapitel. Das sechs befasst sich mit der Infrastruktur wie Mercurykontrollzentrum, Tracking-Netzwerk und Trainern. Das umfangreichste Kapitel, das fast ein Drittel des Buchs ausmacht sind natürlich die Missionsbeschreibungen. Abgeschlossen wird das Buch durch eine Nachbetrachtung und einen Vergleich mit dem laufenden CCDev Programm. Dazu kommt wie in jedem meiner Bücher ein Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis und empfehlenswerte Literatur. Mit 368 Seiten, rund 50 Tabellen und 120 Abbildungen ist es das bisher umfangreichste Buch von mir über bemannte Raumfahrt.

Mein erstes Buch, Das Gemini Programm: Technik und Geschichte gibt es mittlerweile in der dritten, erweiterten Auflage. "erweitert" bezieht sich auf die erste Auflage die nur 68 Seiten stark war. Trotzdem ist mit 144 Seiten die dritte Auflage immer noch kompakt. Sie enthält trotzdem das wichtigste über das Programm, eine Kurzbeschreibung aller Missionen und einen Ausblick auf die Pläne mit Gemini Raumschiffen den Mond zu umrunden und für eine militärische Nutzung im Rahmen des "Blue Gemini" und MOL Programms. Es ist für alle zu empfehlen die sich kurz und kompakt über dieses heute weitgehend verdrängte Programm informieren wollen.

Mein zweites Buch, Das ATV und die Versorgung der ISS: Die Versorgungssysteme der Raumstation , das ebenfalls in einer aktualisierten und erweiterten Auflage erschienen ist, beschäftigt sich mit einem sehr speziellen Thema: Der Versorgung des Raumstation, besonders mit dem europäischen Beitrag dem ATV. Dieser Transporter ist nicht nur das größte jemals in Europa gebaute Raumschiff (und der leistungsfähigste Versorger der ISS), es ist auch ein technisch anspruchsvolles und das vielseitigste Transportfahrzeug. Darüber hinaus werden die anderen Versorgungsschiffe (Space Shuttle/MPLM, Sojus, Progress, HTV, Cygnus und Dragon besprochen. Die erfolgreiche Mission des ersten ATV Jules Verne wird nochmals lebendig und ein Ausblick auf die folgenden wird gegeben. Den Abschluss bildet ein Kapitel über Ausbaupläne und Möglichkeiten des Raumfrachters bis hin zu einem eigenständigen Zugang zum Weltraum. Die dritte und finale Auflage enthält nun die Details aller Flüge der fünf gestarteten ATV.

Das Buch Die ISS: Geschichte und Technik der Internationalen Raumstation ist eine kompakte Einführung in die ISS. Es wird sowohl die Geschichte der Raumstation wie auch die einzelnen Module besprochen. Wie der Titel verrät liegt das Hauptaugenmerk auf der Technik. Die Funktion jedes Moduls wird erläutert. Zahlreiche Tabellen nehmen die technischen Daten auf. Besonderes Augenmerk liegt auf den Problemen bei den Aufbau der ISS. Den ausufernden Kosten, den Folgen der Columbia Katastrophe und der Einstellungsbeschluss unter der Präsidentschaft von George W. Bush. Angerissen werden die vorhandenen und geplanten Transportsysteme und die Forschung an Bord der Station.

Durch die Beschränkung auf den Technischen und geschichtlichen Aspekt ist ein Buch entstanden, das kompakt und trotzdem kompetent über die ISS informiert und einen preiswerten Einstieg in die Materie. Zusammen mit dem Buch über das ATV gewinnt der Leser einen guten Überblick über die heutige Situation der ISS vor allem im Hinblick auf die noch offene Versorgungsproblematik.

Die zweite Auflage ist rund 80 Seiten dicker als die erste und enthält eine kurze Geschichte der Raumstationen, die wesentlichen Ereignisse von 2010 bis 2015, eine eingehendere Diskussion über die Forschung und Sinn und Zweck der Raumstation sowie ein ausführliches Kapitel über die Versorgungsraumschiffe zusätzlich.

Das bisher letzte Buch Skylab: Amerikas einzige Raumstation ist mein bisher umfangreichstes im Themenbereich bemannte Raumfahrt. Die Raumstation wurde als einziges vieler ambitioniertes Apollonachfolgeprojekte umgesetzt. Beschrieben wird im Detail ihre Projektgeschichte, den Aufbau der Module und die durchgeführten Experimente. Die Missionen und die Dramatik der Rettung werden nochmals lebendig, genauso wie die Bemühungen die Raumstation Ende der siebziger Jahre vor dem Verglühen zu bewahren und die Bestrebungen sie nicht über Land niedergehen zu lasen. Abgerundet wird das Buch mit den Plänen für das zweite Flugexemplar Skylab B und ein Vergleich mit der Architektur der ISS. Es ist mein umfangreichstes Buch zum Thema bemannte Raumfahrt. Im Mai 2016 erschien es nach Auslaufen des Erstvertrages neu, der Inhalt ist derselbe (es gab seitdem keine neuen Erkenntnisse über die Station), aber es ist durch gesunkene Druckkosten 5 Euro billiger.

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© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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