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Müssen Raumfahrtprojekte teuer sein?

Einleitung

Raumfahrt oder besser gesagt die Forschung mit Hilfe von Raumfahrzeugen ist Forschung die große finanzielle Mittel verlangt. Dies wird deutlich wenn man irdische Projekte mit Raumfahrtprojekte vergleicht. So rechnet man für den Bau des VLT - vier Teleskopen mit je 8 m Durchmesser bei der ESO mit 1.2 Milliarden Mark, das wesentlich kleinere Hubble Teleskop mit 2.4 m Spiegeldurchmesser kostet dagegen 1.6 Mrd. Dollar (ohne Start und Service Missionen). Auf der Erde wäre ein 2.4 m Teleskop für zirka 25 Millionen DM zu bauen. Leider kann aber ein irdisches Teleskop nicht von dem perfekten Seeing in Hubbles Bahn profitieren und auch nicht 40 Stunden lang ein Objekt beobachten, da die Nacht auf der Erde max. 8 Stunden Beobachtungszeit zulässt.

Es gibt in vielen Bereichen keine Alternative zu Raumfahrtprojekten. Trotzdem muss sich diese der Kostenfrage stellen. In diesem Aufsatz geht es darum wie man möglichst effiziente Missionen durchführen kann, ohne das diese zu teuer werden. Ausgeklammert ist dabei die Frage nach den Transportkosten , denn diese war schon Thema eines eigenen Aufsatzes.

Warum sind Raumfahrzeuge teuer?

Es gibt drei wesentliche Gründe für den hohem Preis von Raumfahrzeugen, die im folgenden durchleuchtet werden sollen. Es sind dies:

Leichtbauweise und Transportkosten

Titan Start In der Raumfahrt finden zahlreiche Optimierungen statt um das Gewicht klein zu halten. Das betrifft sowohl strukturelle Eigenschaften wie Leichtgewichtlegierungen aus Magnesium-Beryllium, Kohlefaser-Verbundwerkstoffe, wie auch die gesamte Konzeption. Gelingt es z.B. den Stromverbrauch zu senken so sind die Solarpanels kleiner, und auch der Satellit braucht weniger Treibstoff zur Lageregelung.

Es ist aber abzuwägen wie weit diese Ersparnis sinnvoll die Gesamtkosten eines Projektes senkt. Bei Kommunikationssatelliten machen heute die Transportkosten zirka ein Drittel der Gesamtsumme aus, bei wissenschaftlichen Satelliten liegt der Anteil noch geringer bei zirka 20-25 %. Der Satellit ist also doppelt bis viermal so teuer wie seine Trägerrakete. Kann man also den Satelliten billiger machen, aber ist er dadurch schwerer so können die Gesamtkosten trotzdem niedriger sein.

So verwundert es nicht, das es, als der Shuttle noch preiswert war, einen wieder verwendbaren Satelliten gab den die BRD entwickelt hatte und der eine Freifliegende Plattform für Experimente war der vom Shuttle ausgesetzt und wieder eingefangen wurde. Zwar war die Masse mit 1.5 t sehr groß weil man z.B. Druckluft in Stahlflaschen zur Lageregelung benutzte, aber der Satellit mit 1.5 Mill. USD sehr preiswert. Auch LDEF auf den noch eingegangen wird fällt in diese Kategorie der schweren aber preiswerten Satelliten.

In der UdSSR, wo Raketenstarts allgemein billiger waren verzichtete man weitgehend auf eine Optimierung des Gewichts zugrunde von geringen Projektkosten. Dadurch gab es einige ungewöhnliche Lösungen. So waren die Mondorbiter und Mondlandesonden identisch - nur schoss diesmal der große Bus einer Landesonde einen vergleichsweise kleinen Orbiter in eine Umlaufbahn. Lange Jahre verwendete die SU als Fotoaufklärungssatelliten umgebaute Wostok und Woschod Kapseln - bei denen im innern irdische Bedingungen herrschten- keine raumtaugliche Ausrüstung war erforderlich. Heute sind Progresskapsel Sojus Raumschiffe ohne Rückkehrteil, dafür mit 2 t Fracht.

Zuverlässigkeit unter extremen Bedingungen

Die Bedingungen im Weltraum waren schon Thema eines eigenen Aufsatzes. Das Vakuum, die Schwerelosigkeit, kosmische Strahlung und krasse Temperaturunterschiede verteuern natürlich einen Satelliten, es gibt auf der Erde nur sehr wenige Materialen die lange Zeit extremer UV und Röntgenstrahlung, Temperaturschwankungen um 300°C widerstehen und zudem im Vakuum funktionieren (wichtig vor allem bei beweglichen Teilen).

Viel problematischer sind aber die Anforderungen an die Zuverlässigkeit. Schlussendlich muss ein Satellit mehrere Jahre bis Jahrzehnte ununterbrochen ohne Ausfall arbeiten. Eine Reparatur ist nicht möglich. So werden Spezialteile angefertigt und aufwendigen Tests unterworfen. Das alles treibt natürlich den Preis eines Bauteils, und sei es nur eine einfache Schraube, in die Höhe.

Um ein anschauliches Beispiel anzuführen. In meiner Website geht es auch um die Geschichte des PC. 1977 erschien der Apple II und zur gleichen Zeit starteten die Raumsonden Voyager 1+2. Diese Raumsonden arbeiten heute noch ohne Ausfall. Das ist vergleichbar wie wenn Sie 1977 einen Apple II mit 12 K RAM eingeschaltet haben und seitdem an ihm arbeiten, ohne ihn jemals abzuschalten... Wer sich jemals mit Hardwareproblemen am PC herumgeschlagen hat, weiß was dies bedeutet.

Die kleine Stückzahl von Raumsonden und Satelliten

Alles was angeführt wurde, wäre kein so großes Problem, wenn man größere Stückzahlen hat. Die Kosten für die Entwicklung legen sich dann auf eine größere Anzahl von Geräten um. Auch auf der Erde bleiben Einzelexemplare teuer, so z.B. die Concorde, von der nur 24 Stück gebaut wurden.

Hier ist nun verhängnisvoll das es seit Anfang der siebziger Jahre eine Wende gab. Vorher startete man bei zahlreichen Satelliten kleine Flotten mit weitgehend identischer Bauweise, da die Lebensdauer begrenzt war. So bei den Wettersatelliten Tiros, ITOS und Nimbus / Landsat oder den Mondsonden Ranger, Surveyor und Lunar Orbiter. Danach ging man über zu teuren und anspruchsvollen Einzelmissionen. Der Nachteil: Von den Entwicklungsarbeiten konnte man nur wenig in andere Projekte übernehmen. Bei der UdSSR wurden dagegen über Jahrzehnte kaum veränderte Satelliten und bemannte Raumschiffe in identischer Bauweise gestartet und die Kosten so gering gehalten.

Die Zeit der Großprojekte

Cassini Wie schon angeführt startete die NASA in den sechziger Jahren ihre Satelliten in kleinen Serien. Um nur einmal die Wettersatelliten als Beispiel zu nehmen: Es fanden von 1960-1965 insgesamt zehn Starts der Tiros Serie, von 1966-1969 9 Starts der ESSA Serie und von 1970-1976 acht Starts der ITOS Serie statt. Ähnliches gilt auch bei geophysikalischen Satelliten (Explorer, OGO), und astronomischen Satelliten (OAO, OSO). Wie die Bezeichnungen vermuten lassen bekamen die Satelliten Kürzel und wurden durchnummeriert.

Dies war möglich weil die Satelliten zum einen relativ preiswert waren, wie auch die Raketenstarts noch vergleichsweise preiswert, da die Raketen weitgehend unveränderte militärisch genutzte Raketen waren, die schon vorher in großen Stückzahlen vom Band gelaufen waren. Die NASA konnte direkt von einer eingespielten und rationalen Fertigung profitieren. Dazu kamen zahlreiche Starts durch das DoD (Verteidigungsministerium), die in den sechziger Jahren alleine an Fotoaufklärungssatelliten alle 2 Wochen ein Exemplar startete.

Mit dem Ansteigen der Nutzlastansprüche und steigender Lebensdauer wurden dann die Satelliten schwerer und es wurden weniger Starts nötig. Dies machte zum einen die Satelliten teurer, zum anderen auch die Trägerraketen. Ab Mitte der siebziger Jahre gab es eine richtige Explosion in den Startpreisen. Um Zahlen zu nennen:

Heute (2000) liegt ein

Warum diese Kostenexplosion? Natürlich ist eine Rakete ein hochkomplexer technischer Apparat, sie wird sicher nie so preiswert wie ein Auto sein. Doch was man auch vergisst: Eine Rakete wird wie ein Raumfahrzeug von Spezialisten gebaut und gestartet. Diese müssen bezahlt werden, egal ob sie 2 Raketen im Jahr starten oder 8. Besonders auffällig ist dies bei der Titan: Anders als die Atlas oder Delta wird diese Rakete fast ausschließlich vom Militär benutzt. Seit Ende der siebziger Jahren die Zahl der Starts der Titan zurückging stieg ihr Preis laufend. Bei Cassini liegen die vollen Fakten vor: Die Titan 4B selbst kostet 212.2 Millionen USD, aber der Start (Integration der Rakete und Sonde, Start etc) insgesamt 433 Millionen USD. Das ist die unmittelbare Folge wenn man einen Weltraumbahnhof unterhält, der nur 2 Raketen eines Typs pro Jahr startet.

Die Projekte wurden im Laufe der Zeit größer und erhielten nun Namen. Bei astronomischen Satelliten z.B. "Einstein", "Kopernikus", "Hubble". Bei Planetensonden "Viking" und "Voyager". Der Informationsgewinn und die längere Lebensdauer rechtfertigten aber auch die Missionen. Doch das ganze verselbstständigte sich in Mammutmissionen wie GRO, Chandra und Hubble. Gerade Hubble zeigte die Grenzen und Probleme der ganz großen Missionen auf: Die Entwicklungskosten stiegen von 450 Millionen USD auf 1600 Millionen USD, und als dann ein Fehler im Schliff des Spiegels nicht bemerkt wurde war eine teure Servicemission nötig.

Die Rückbesinnung

Sojourner So gab es Anfang der neunziger Jahren zuerst bei der NASA, später auch bei der ESA die Rückbesinnung auf kleinere Projekte. Bei der NASA hieß das Motto: "Cheaper. Faster Better". Ziel war sowohl bei Erdsatelliten wie auch Raumsonden eine deutliche Kostenreduktion. So wurden für Raumsonden Budgets von nur 150 Millionen USD auf 1992er Preisbasis als Limit gesetzt.

Viele Wissenschaftler verwiesen aber das damit der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben wird. Großprojekte haben unbestritten auch große Nachteile: Die Entwicklungsdauer ist lang, die Technik beim Start veraltet, die Kosten sind schwer regulierbar. Doch manchmal gibt es einfach keine Alternative zu Großprojekten. Viking z.B. suchte nach Leben auf dem Mars - eine solche Mission muss komplex sein. Heutige Discovery Missionen können dies nicht. Ein kleineres Teleskop als Hubble hätte eben auch einen Verlust in Auflösung und Lichtsammelleistung bedeutet. Die meisten Wissenschaftler plädierten daher für einen gesunden Mix: Großprojekte wo es keine Alternative gibt, komplexe Satelliten mit mittlerem Budget und als Ergänzung für klar umgrenzte kleinere Aufgaben die neuen Discovery Missionen. Eine solche Politik verfolgt z.B. die ESA die nicht so radikal auf den neuen Trend umgeschwenkt ist wie die NASA.

Zuerst schien es aber als wäre die NASA zumindest für die Öffentlichkeit auf dem richtigen Weg: Ab 1996 starteten zum ersten mal seit 20 Jahren wieder Planetensonden in rascher Folge : NEAR , Pathfinder, MGS, MPL, MCO, DS-1 , Stardust, CONTOUR, Genesis Pathfinder und MGS absolvierten ihre Missionen erfolgreich. Wissenschaftler waren von Anfang an weniger begeistert. Das Problem der Discovery Missionen ist folgendes:

Die Grenzen des Discovery Programms

1999 zeigte sich das das Discovery Programms durchaus nicht das Allheilmittel ist als das es die NASA propagierte. Nachdem schon einige Erdsatelliten aufgrund einfacher Fehler bald nach dem Start ausfielen traf es nun die Planetensonden die wesentlich mehr Öffentlichkeit an sich zogen. Zuerst fiel NEAR just in dem Moment aus als er in einen Orbit um Eros einbremsen musste - Ein Jahr musste er nun warten, bis zur nächsten Gelegenheit. Dann versagte bei DS-1 die autonome Steuerung der Kamera beim Asteroidenvorbeiflug - es gab keine hochauflösenden Bilder und zum Schluss scheiterten sowohl Mars Climate Orbiter, weil die Ingenieure den Kurs in amerikanischen anstatt metrischen Einheiten berechnet hatten und dann Mars Polar Lander weil ein Sensor auf der Erde nicht überprüft wurde, der bei zu frühem aktivieren falsche Höhenwerte lieferte. Beides waren Leichtsinnsfehler die ohne Probleme durch Kurskorrekturen oder Software Updates noch nach dem Start hätten korrigiert werden können.

Eine Untersuchung des Mars Programms stellte auch fest das essentielle Tests aus Kostengründen entfielen und das gesamte Programm unter Zeitmangel und Personalmangel durch den Kostendruck litt.

Kostenexplosion durch schlechtes Management

In den USA haben wir ein System das jedes Projekt und jeden Haushalt jedes Jahr neu hinterfragt. Dieses war ursprünglich einmal zur Kontrolle geschaffen worden, hat jedoch bei Raumfahrtprojekten katastrophale Auswirkungen. Ein Raumfahrtprojekt ist vor allem in der Entwicklung teuer: Erst einmal muss die Technologie entwickelt, geplant und getestet werden, der Bau selbst ist vergleichsweise preiswert. Siehe weiter unten bei Cluster. Das politische System führte in den USA dazu dass man zu teure Projekte "kleiner" plante. So wollte US Präsident eine Raumstation namens Freedom Mitte er achtziger Jahre für zirka 8 Mrd. USD entwickeln. Trotz Beteiligungen von Japan, Europa und Kanada war dies zu teuer. Also plante man eine kleinere Version, die immer noch zu teuer war. Bis 1992 die Russen einbezogen wurden und es ein Neudesign unter dem Namen "ISS" gab hatte man 8 Mrd. USD - genauso viel wie die Raumstation kosten sollte, nur für Planungen ausgegeben! Wenn ein Projekt daher schon am Anfang aus dem Kostenrahmen läuft ist es am sinnvollsten es ganz einzustellen.

Wege für preiswerte Raumsonden und Satelliten

Intelsat IV A Nun gibt es aber schon eine Industrie, die einen Weg gefunden hat die Kosten von Satelliten zu senken: Die Hersteller von Kommunikationssatelliten. Es gibt davon etwa ein halbes Dutzend, die zusammen zirka 30-40 Satelliten pro Jahr bauen. Dies gelingt dadurch, das nicht für jeden Kunden ein neuer Satellit gebaut wird, sondern jeder Hersteller bietet einige Satellitenbusse an verschiedener Leistungsfähigkeit. Ein Satellitenbus ist ein Kommunikationssatellit ohne fernmeldetechnische Nutzlast, aber mit Solarzellen, Lageregelung, Apogäumsmotor, Steuerungselektronik etc. Für den Kunden selbst angefertigt wird die instrumentelle Nutzlast die dann spezifisch angepasst wird.

So kostete ein Kommunikationssatellit auch heute weniger als die Hälfte eines gleich schweren wissenschaftlichen Satelliten. Bisher gab es keine Ansätze dies auf wissenschaftliche Satelliten zu übertragen, obgleich hier die Entwicklungskosten groß sind, so kostete der Nachbau der 4 Cluster Satelliten, weniger als die Hälfte der ersten vier Satelliten, weil die Entwicklungskosten wegfielen.

Warum wird dies nicht gemacht, nun vielleicht weil man bestrebt ist die optimale Lösung zu bekommen, das ist vielleicht vergleichbar dem PC-Freak der keinen PC von der Stange haben will sondern ein maßgeschneidertes System. Natürlich wäre ein standardisierter Bus nicht ideal, wahrscheinlich schwerer als eine spezielle Lösung. Den höheren Startkosten ständen aber Einsparungen in den Entwicklungskosten gegenüber, zudem hätte man schon ein erprobtes System, als wenn man jedes Mal einen neuen Satelliten konstruiert.

Die damit verkürzte Entwicklungszeit ist natürlich günstig für ein Projekt, auch sind die Kosten überschaubarer. In einem zweiten Schritt kann man dagegen das zu standardisieren, was die Wissenschaftler interessiert: Die Experimente. Hier gibt es schon Ansätze indem z.B. Kameraoptiken für verschiedene Planetensonden verwendet werden, ideal wäre auch hier eine Modularisierung, wodurch Entwicklungskosten und Zeit reduziert werden können. Auch hier gibt es schon Beispiele: Magellan war die einzige Raumsonde die während der Reagan Administration geplant und gebaut wurde. Dies war nur möglich, weil die Sonde aus Einzelteilen früherer Sonden zusammengebaut wurde: Die Hauptantenne stammt von Voyager, die Kommunikationsantenne von Mariner 9....

Wendet man diese Prinzipien konsequent an, so müsste es möglich sein die Kosten von wissenschaftlichen Satelliten bedeutend zu senken - und damit mehr zu starten, wodurch als weiterer Effekt die Kostensenkung durch höhere Stückzahlen dazu käme.

Mehr noch könnte man durch internationale Zusammenarbeit erzielen. Derzeit gibt es auf der Erde fünf große und fünf kleinere Weltraumbahnhöfe. Die Zahl der Raketen die international angeboten wird beträgt etwa 20. Diese konkurrieren um etwa 50-100 Starts die weltweit jährlich durchgeführt werden. Würde man auf nationale Eigenheiten verzichten und nur 2 Bahnhöfe mit 5-6 Raketentypen übrig lassen, so könnte man die Frequenz drastisch steigern und damit die Kosten senken.



© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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