Immer wieder tauchen Ideen auf, eine Rakete von einem Flugzeug auf abzuwerfen und so die Nutzlast für den Orbit zu erhöhen. Einziges Modell im Einsatz ist die Pegasus Rakete. Doch in wie weit bringt dies einen Vorteil?
Nun schlüsseln wir einmal die Geschwindigkeit für einen erdnahen, etwa 200 km hohen Orbit auf. Diese ist nicht konstant, sondern hängt von der Trägerrakete, dem Aufstiegsprofil und dem Startort fest. ein typischer Gesamtwert liegt bei etwa 9600 m/s. Dies teilt sich wie folgt auf:
- 7786 m/s Geschwindigkeit für eine 200 km Kreisbahn (Die Kreisbahngeschwindigkeit in dieser Höhe)
- 1885m/s Hubarbeit um die Nutzlast von 0 auf 200 km Höhe zu heben
- – 407 m/s Gewinn durch die Erdrotation (bei einem Start von Cape Canaveral aus nach Osten)
- 342 m/s Verluste durch Luftwiederstand, Umlenkung der Bahn, Steuerverluste (Differenz zu 9600 m/s)
Wenn eine Rakete nun von einem Flugzeug bei 900 km/h Fluggeschwindigkeit aus in 12 km Höhe abgeworfen wird, so verändert sich folgendes:
- Hubarbeit: – 66 m/s
- Zusätzliche Geschwindigkeit: 250 m/s
- Verringerter Luftwiederstand: etwa 100-200 m/s
Der Luftwiderstand ist schwer abzuschätzen und hängt davon ab, welche Rakete man als Vergleich nimmt und in wie weit Flügel an der Rakete hier einen Einfluss haben. Die Hubarbeit ist die Arbeit die man leisten muss um vom Erdboden auf 200 km Höhe zu gelangen. Sie ist nun reduziert weil man in 12 km Höhe startet. Optimistisch geschätzt benötigt man also etwa 500 m/s weniger Geschwindigkeit.
Das erscheint bei 9600 m/s die zu erbringen sind, recht wenig, bedeutet aber bei den verwendeten Feststoffen, das die Gesamtmasse für einen Orbit etwa 18 % höher ist. Da die dritte Stufe und die Steuerung in ihrem Gewicht konstant bleiben ist das Nutzlastgewicht prozentual sogar noch höher und liegt bei mehr als 20 % Plus.
Das ist also lohnend – zumindest wenn man keine Alternative hat. Eine reine Feststoffrakete hat einen geringen spezifischen Impuls und der Übergang zu flüssigen Treibstoffen wie Kerosin/Sauerstoff oder gar Wasserstoff/Sauerstoff kann durchaus eine viel größere Nutzlaststeigerung bringen als diese 20 %. Allerdings bekommt man beim Start vom Flugzeug aus dann einige Probleme mit dem Schwappen des Treibstoffs und der Zündung. Von der unterschiedlichen Belastung der Tanks, die sonst nur in Längsrichtung versteift sein müssen ganz zu schweigen. Die nötigen Modifikationen könnten den Vorteil eines Starts aus der Luft wieder zunichte machen.
Die Pegasus ist eine recht leichte Rakete, die von einem alten Passagierflugzeug, einer Lockheed Tristar abgeworfen wird. Würde man einen ausgedienten B747 Jumbo Jet nehmen und diesen nur soweit betanken, dass er 2 Stunden fliegen kann, dann könnte er etwa 200 t zuladen – das wäre dann schon eine Rakete die 5 t in einen erdnahen Orbit bringt. (ob dies technisch möglich ist, steht auf einem anderen Blatt). Verbunden mit der Ortsunabhängigkeit wäre dies sicher eine überlegenswerte Alternative. Insbesondere wenn man dazu alte ausgediente Interkontinentalraketen einsetzt wie z.B. die russische Start oder die amerikanische MX Rakete.
Will man höhere Geschwindigkeiten mit dem Flugzeug erreichen, dann wird die Nutzlast rasch kleiner. Eine F-15 hat noch eine maximale Waffenzuladung von etwa 11 t, erreicht leer etwa 2400 km/h Mit ihr wurde zumindest einmal eine Anti-Satelliten Rakete abgeschossen.
Mit 1000 kg Zuladung erreicht das schnellste je gebaute Serienflugzeug die SR-71A noch eine Geschwindigkeit von 3370 km/h.
Entsprechend nimmt die Größe der Rakete rasch ab die man transportieren kann, zumal diese bei sehr schnellen Flugzeugen extern angebracht werden müssen und damit steigt der Luftwiderstand. Im Westen plant man heute keine neuen Raketen mehr für den Start vom Flugzeug aus. Die Pegasus wird noch weiter genutzt, doch in den letzten Jahren weniger, da das US Militär nun auch die Minotaur zur Verfügung hat. In Russland gibt es seit 10 Jahren verschiedene Pläne für Starts aus der Luft, dabei sollen verschiedene Trägertypen eingesetzt werden. Im Projekt Ischim soll eine umgebaute MIG-31 zum Beispiel eine Rakete starten. Leider ist über deren Größe nichts bekannt, doch wenn man die Zuladung von Außentanks und Raketen bei der heutigen Militärmaschine zusammenzählt, so wird sie bei etwa 8 t liegen. Damit kann man selbst beim Start mit Mach 2.35 nur etwa maximal 150-200 kg in einen Orbit bringen. Soi kleine Nutzlasten finden aber auch oft einen Platz als Sekundärnutzlast bei normalen Starts anderer Träger.
In der Summe ist wohl der größere Vorteil die Flexibilität. Gerade Länder, wie Russland, weit nördlich des Äquators profitieren davon, dass man mit einem Flugzeug Satelliten von äquatornahen Gebieten starten kann. Nicht umsonst war ein Plan den man in Russland eine Zeit lang verfolgte der eine große Rakete mit einer Antonov AN-225 (größtes Frachtflugzeug der Welt mit 250 t innen und 90 t Außenzuladung) zu starten – das hätte es erlaubt kleinere Satelliten in den geostationären Orbit zu befördern. Das war Mitte der 90 er Jahre und inzwischen ist die Entwicklung zu noch größeren Satelliten weiter gegangen, so dass es für die kleinen Satelliten keinen Markt mehr gibt.
Als weiteres Plus entfällt die Notwendigkeit einen Startkomplex zu errichten. Dieser ist zwar bei einer Feststoffrakete wenig aufwendig, Man muss die Rakete nicht betanken, Tanks unter Druck setzen etc. Aber bei den wenigen Starts die kleine Träger verbuchen können – heute typisch etwa 1-2 Starts pro Jahr ist das ein Fixkostenanteil den man einsparen kann. Ich denke dies war auch die Haupttriebfeder hinter der Pegasus.