Bernd Leitenbergers Blog

Mit Ionentriebwerken zum Mond

Ich habe ja schon vor einigen Tagen über Ionentriebwerke geschrieben. Das Resümee war, dass ihr Einsatz sich bei Raumsonden nur bei höheren Geschwindigkeiten lohnt. Es gibt noch andere Kritikpunkte. So muss der Van Allen Gürtel durchflogen werden und dies kann die Elektronik schädigen. Die Zeit bis das Ziel erreicht wird ist viel länger, was deutlich höhere Missionskosten verursacht. Bei einer Raumsonde zum Mond sind meiner Ansicht nach die Nachteile größer als die Vorteile, außer es gibt andere Faktoren, so wie bei SMART-1 der kostengünstige Transport in einen GTO Orbit.

Doch wie sieht dies bei Lasttransporten aus? Ich habe irgendwo mal überflogen, das ein langfristiges Ziel des "Constellation" Programmes (Warum denke ich dabei immer an Star-Trek?) eine permanente Mondbasis wäre. Mit chemischen Antrieb muss man um 3100 m/s um zum Mond zu kommen und um weitere 2400 m/s wenn direkt gelandet wird oder aufgeteilt in zwei Manöver 800 m/s um einen Orbit zu erreichen und 1600 m/s um zu landen (plus einige 100 m/s Reserve). Mit einem Ionenantrieb braucht man deutlich mehr: 6500 m/s um zum Mond zu gelangen (Startbahn mit 7500 m/s) und 1600 m/s um in den Orbit zu gelangen. Warum als diesen Umweg gehen?

Nun alle Nachteile müssen gegen Vorteile aufgerechnet werden: In diesem Falle Transportkosten. Wenn ich eine Ares V einsetze, dann denke ich werden die Startkosten sehr hoch liegen und dies nur um viel Treibstoff zu transportieren. Im Idealfall (Wenn man Wasserstoff/Sauerstoff mit einem spezifischen Impuls von 4400 m/s verwendet wird), dann gelangen von 150 t Startgewicht im LEO Orbit noch etwa 61.8 t in den Mondorbit. Wenn die leere Stufe etwa 8.8 t wiegt gelangen also noch 53 t in einen Mondorbit. Geplant ist derzeit aber eine Stufe mit lagerfähigen Treibstoffen, so dass es eher weniger sein wird.

Bei einem Ionentriebwerk beträgt (bei 34 km/s Ausströmgeschwindigkeit) der Treibstoffverbrauch nur 31.8 t. Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Sowohl Triebwerke, wie vor allem die Stromversorgung wiegen viel mehr. Das Gewicht ist abhängig von der Zeit die man sich lässt um zum Mond zu gelangen. Nehmen wir ein knappes Jahr (360 Tage) an, so wird bei 75 % Wirkungsgrad eine Dauerleistung von 800 kW bei rund 35 N Schub. Bei einem Flächengewicht von 4 kg/m und einem Wirkungsgrad von 25 % resultiert eine Leistung von 84 W/kg. Die Solarzellen wiegen also rund 9600 kg. Die Ionentriebwerke mögen weitere 1500 kg wiegen (mit Hochspannungserzeugung) und die Tanks für den für den Treibstoff weitere 3400 kg. so kommt man beim Ionenantrieb auf folgende Massenbilanz (für 1 Jahr Reisedauer):

Das ist fast die doppelte Nutzlast wie beim chemischen Antrieb. Aaaber: Es kommt noch besser. Einmal gestartet, müsste man nur etwas mehr Treibstoff mitführen um zurück zur Erde zu fliegen und dann erneut eine Nutzlast mitzunehmen (mit weiterem Treibstoff, denn man dann einfach umpumpt). Dazu braucht man nur 3.7 t Treibstoff und die Rückreise geht auch fast 10 mal schneller (in weniger als 2 Monaten). Das reduziert die Nutzlast beim ersten Start zwar von 103.7 auf 100 t . Aber beim nächsten Start muss nur noch der Treibstoff und die Nutzlast in den Orbit gebracht werden.

Beim nächsten Start sieht die Massenbilanz dann so aus:

Solarzellen: 9.6 t
Tanks: 3.4 t
Ionentriebwerke: 1.5 t
Gesamt: Raumtransporter:13.5 t

Neue Nutzlast: 107.6 t
Neuer Treibstoff: 34.8+3.7 t
Tanks für neuen Treibstoff: 3.9 t
Gesamt: Zweiter Flug 150 t.

Ab dem zweiten Flug kann also eine Nutzlast von 107.6 t transportiert werden – die doppelte Nutzlast eines chemischen Antriebs. Vor allem rentieren sich dann aber auch die Investitionskosten für das Antriebsmodul. Die Solarzellen, die Ionentriebwerke, das alles ist ja nicht für Lau zu haben. Ich denke es wird einige Flüge geben, bis man ein Modul aufgeben muss. Das limitierende scheinen nach meiner bisherigen Kenntnis nicht die Solarzellen oder Ionentriebwerke selbst zu sein, sondern die Spannungskonverter, welche die Hochspannung erzeugen. Heute Typen haben eine Gesamtbetriebszeit von etwa 3-5 Jahren. Das würde immerhin 3-5 Flüge erlauben. (Oder man baut mehrere ein, nach ein paar Jahren nimmt die Listung der Solarzellen aber auch stetig ab).

Was kann man einsparen? Ich halte es für unwahrscheinlich, dass die Ares V signifikant billiger wird als eine Ariane 5 ECA, welche eine für kommerzielle Zwecke optimierte Rakete ist, mit relativ hoher Startfrequenz. Davon kostet ein Start rund 100 Millionen Euro bei rund 20 t Nutzlast. Die 7 mal größere Ares würde dann rund 700 Millionen Euro kosten. Schon bei einem einmaligen Transfer würden so 700 Millionen Euro an Transportkosten gespart werden. Ist der Raumschlepper billiger, gibt es eine Ersparnis. Bei angenommenen 3 Flügen transportiert ein Raumschlepper 2*107.6 t und einmal 99.3 t also 314.5 t, das entspricht 6 Flügen mit einem chemischen Antrieb und einer Ersparnis von 3×700 Millionen Euro = 2100 Millionen Euro.

Auf dem Mond würden von 106.9 t bei einem chemischen Antrieb (v=1900 m/s, Vspez=3100 m/s) noch 58.2 t an. Rechnet man 18.2 t für Landegestell, Triebwerk, Tanks und Behältnisse, so bleiben rund 40 t für die Nutzlast. Das ist eine ziemliche Menge. Nach dieser Meldung soll ein unbemannter Altair Lander 14 t zum Mond bringen und SpaceX will 1000 kg für 80 Millionen transportieren – Eine 40 t Nutzlast hätte somit einen Wert von rund 3200 Millionen Dollar. Die Vorteile für den Lastentransport liegen also auf der Hand.

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