Bernd Leitenbergers Blog

Feste Treibstoffe

Nachdem es ja da eine Mini Diskussion im Blog „Ich bin ein Wasserstofffan“ gab heute mal was allgemeines zu festen Treibstoffen und aus raketentechnischer Sicht, also ohne konkret auf realisierte Antriebe einzugehen. Im Prinzip gelten für feste Treibstoffe dieselben Regeln wie für flüssige auch. Die Ausströmungsgeschwindigkeit aus der Düse (und damit der spezifische Impuls) hängen neben dem konkreten Aufbau des Motors (Brennkammerdruck, Entspannungsverhältnis) vom Treibstoff ab und zwar:

Das erste ist wohl allen klar: Je höher die Verbrennungsenergie ist desto heißer ist es in der Brennkammer, desto höher die Geschwindigkeit des Abgases. In der Tat haben einige feste Elemente oder Verbindungen Verbrennungsenergien die sehr gut sind, bedingt durch ihr unedles Verhalten. Zu nennen wären hier Lithium, Natrium, Magnesium und Aluminium verbrannt mit Sauerstoff. Leider sind viele Verbindungen an Luft instabil, so dass z.B. bei der obigen Liste nur noch Magnesium und Aluminium übrig bleiben.

Das zweite ist die Molasse. Gemäß der allgemeinen Gasgleichung ist die Geschwindigkeit eines Gasmoleküls bei einer bestimmten Temperatur nur von der Temperatur und Molasse ab. Das ist der Grund warum Wasserstoff so hohe spezifische Impulse hat: Er ist das leichteste Element und Wasser als Verbrennungsprodukt von Wasserstoff ist auch leichter als z.B. Kohlenmonoxid oder Kohlendioxid die bei der Verbrennung von Kerosin mit entstehen oder Stickoxide oder Stickstoff wie bei der Verbrennung von Hydrazine.

Aber es gibt einen Unterschied: Feste Treibstoffe beinhalten meist ein Produkt, dass auch fest ist. In der Mischung HTPB / Aluminium / Ammoniumperchlorat ist es z.B. Aluminiumoxid. Würde man Aluminium mit Sauerstoff verbrennen, so entsteht dieses ausschließlich.

Der Schub eines Raketentriebwerks kommt daher, dass die Düse die Gasbewegung in eine Richtung kanalisiert und sie dadurch nach dem Gesetz Aktion = Reaktion die Rakete in die andere Richtung fortschieben. Je länger sie es können (je größer die Düse ist), desto höher ist er, wobei durch die Entspannung der Gase der Druck und damit der Schubgewinn rasch abnehmen. Wenn nun beim Abgas irgendwann die Schmelztemperatur von Korund erreicht ist fällt es aus – und das ist schon bei 3300°C der Fall. Der Effekt ist wie wenn Sie einen Dampfrdrucktopf unter kaltes Wasser stellen – auch hier kondensiert das Gas zu Flüssigkeit und dadurch verringert sich das Volumen enorm. Der Druck fehlt und es gelten nicht mehr die Gasgesetze. Man hat nun Schmelze die sich bald zusammenklumpt. (Die Ablagerung von Schmelzprodukten an der Düse ist z-.B. ein wichtiger Punkt der bei dem Design von Feststoffantrieben bedacht werden muss

In diesem Moment scheidet das Aluminiumoxid aus dem Gasgleichgewicht aus und der Druck geht zurück. Das ist aber kein Beinbruch, wenn noch gasförmige Produkte entstehen. So entsteht bei der Verbrennung des üblichen festen Treibstoffs ja auch noch Wasser, Salzsäure, Stickstoff und Stickoxide – alles Gase. Diese werden durch das heiße Aluminiumoxid erhitzt und dadurch ist der spezifische Impuls nicht so schlecht wie man zuerst annehmen sollte.

Das ist auch der Effekt bei der von Max angesprochenen Verbrennung von Aluminium und Wasserstoff: Hier wird praktisch der Wasserstoff durch das Aluminiumoxid erhitzt und da dieses eher mit dem Sauerstoff reagiert als der Wasserstoff ist auch der spezifische Impuls durch nicht umsetzten Wasserstoff recht hoch. (Kleine Atommasse). Das die Verbrennung von Aluminium mit Sauerstoff überhaupt einen brauchbaren spezifischen Impuls liefert (er liebt bei stöchiometrischer Umsetzung) bei etwa 2200-2400 m/s je nach Entspannungsverhältnis) liegt daran, dass so schnell das ganze Aluminium gar nicht reagieren kann. So findet man auch Sauerstoff im Abgas und das sorgt überhaupt für den spezifischen Impuls.

Die Lösung ist es einfach einen Stoff zuzusetzen, der bei der Verbrennung gasförmig ist. Der Binder von heutigen festen Treibstoffen ist ein Kunststoff. Er verbrennt zu wasser, Kohlendioxid und Kohlenmonoxyd. Dadurch ergibt sich erst der hohe spezifische Impuls. Eine andere Lösung sind die hybride der Metalle, sie sind zum einen meist endotherm, liefern also beim Verbrennen noch mehr Energie als die Metalle selbst und zum anderen ist der Wasserstoff natürlich dann auch wieder ein sehr leichtes Gas.

So an der Stelle maal der Klugscheißer Teil zu ein paar Kommentaren in der letzten Zeit.

Also Ilmenit hat auch auf der Erde eine Fe2+Ti4+ Struktur. So stehst zumindest in meinem Buch über Grundlagen der anorganischen Chemie drin. Es hätte mich auch gewundert, weil Titan (III) Verbindungen recht instabil sind und sich leicht zu Titan IV oxidieren. Das ein Mineral als Halbleiter fungieren soll steht nicht drin, es ist aber auch egal, denn weder auf dem Mond noch auf der Erde findet man es in Reinform und wenn man aufarbeiten muss, kann man dann auch gleich Silizium als Halbleiter nehmen.

Es gibt auch Ionentriebwerke die mit leichten Treibstoffen arbeiten. Nur eben keine elektrostatischen Triebwerke, sondern Plasmatriebwerke. Bei wird der Treibstoff durch einen Lichtbogen oder eine Entladung ionisiert. Der spezifische Impuls ist recht niedrig, aber um so besser je kleiner die Molekülmasse ist (gerade umgekehrt wie bei den elektrostatischen Ionenantrieben).

Min viertes Buch über europäische Träger verkauft sich nun auch langsam recht gut, also ich bin zufrieden. Derweil arbeite ich schon am Band 2 des Raketenlexikons und habe Daten von den russischen und europäischen Raketen schon zusammen gesucht und ärgere mich gerade mit der chinesischen Informationspolitik bei Trägern und ihrer „systematischen“ Vorgehensweise bei der Benennung der Träger herum. Morgen gibt es einen Blog von Michael Jahn. Von Thomas akzeptiere ich erst neue Blogs wenn er fertig mit dem Korrekturlesen ist.

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