Bernd Leitenbergers Blog

Weitere Gründe gegen die bemannte Marslandung

Ich habe mich mit dem Thema ja schon mal beschäftigt unter verschiedenen Gesichtspunkten. Ich habe dargelegt, dass aus einigen Gründen die Zeit gegen dieses Vorhaben arbeitet. Unbemannte Roboter werden immer leistungsfähiger, wie man leicht an den Ergebnissen von Instrumenten ablesen kann, aber auch an harten Fakten, wie Auflösung, Datenrate, Spektralkanäle etc.

Auch das politische Umfeld wird immer ungünstiger. Mal abgesehen von der derzeitigen Krise: Alle westlichen Staaten machen seit Jahrzehnten Schulden. Leute wie soll das weitergehen? Irgendwann muss gespart werden, und zwar nicht nur wie jetzt, indem man die neuen Schulden reduziert, sondern sogar mal sie abträgt und dann reden wir sowohl in Europa wie auch in Amerika über riesige Summen. Nicht nur kleine Sparpakete wie jetzt. Wenn es aber rapide Einschnitte in allen Bereichen geben soll, wie sind dann die Kosten einer bemannten Marslandung zu vermitteln? „Constellation“, das ja nur zum Mond gehen sollte, das auf den Erfahrungen von Apollo aufbauen konnte, wurde zuletzt auf 120 Milliarden geschätzt. Für eine Marsmission, die etwa 3 Jahre dauern wird, bei der eine permanente Basis errichtet werden muss und bei dem schon der logistische Aufwand (die Fracht die befördert werden muss) mindestens viermal größer ist, werden die Kosten weitaus höher liegen. Ich glaube nicht, dass daher ein Programm durchsetzbar ist – zumindest nicht bis wir eine Zeit erreicht haben, in der die führenden Weltraumnationen wieder ausgeglichene Haushalte haben – ich schreibe „führende Weltraumnationen“, weil sich das ändern kann.

Meiner persönlichen Ansicht nach ist eines der Grundübel des heutigen Systems, dass es auf Wachstum aufgebaut ist. Bleibt das aus, steigt die Arbeitslosigkeit und der Staat verschuldet sich. Im Westen hat man sich blenden lassen, dass nach dem Krieg alles zerstört war und es über Jahrzehnte Wachstum gab. Das setzte sich abgeschwächt fort, bis eigentlich jeder mit allem versorgt ist und viele sogar Zeug haben dass sie nicht wirklich brauchen wie Zweitwagen, Beamer, Handy etc… So werden sicher China und Indien auch noch eine Zeitlang wachsen und könnten dann Amerika und Europa überholen, sowohl was die Wirtschaftsmacht angeht, wie auch die Möglichkeiten Geld in eine Marslandung zu investieren. Ob sie das tun ist offen – es ist prinzipiell ein politisches Ziel, dass vielleicht für China unter der kommunistischen Führung attraktiv erscheint. Ist es doch ein friedlicher Weg zu zeigen, dass doch der Kommunismus die bessere Regierungsform ist. Auf der anderen Seite wird auch dort bald nach Erreichen eines Wohlstands der Abschwung kommen. Wenn das Programm zu lange läuft, dann ist es auch dort in Gefahr zusammengestrichen zu werden.

Doch das ist nicht der einzige Punkt. Ich hatte ja schon die Konkurrenz durch unbemannte Roboter angesprochen. Neben dem, dass der Mensch in seinen Fähigkeiten immer gleich bleibt, während die Möglichkeiten von Instrumenten, Robotern und Mechatronik sich rapide in den letzten Jahrzehnten verbessert haben, sind es auch die Kosten. Inflationsbereinigt werden die Missionen immer preiswerter. Mariner 6+7 und 8+9 kosteten inflationsbereinigt heute jeweils etwa knapp eine Milliarde Dollar. Dafür bekam man zwei Vorbeiflugssonden und einen Orbiter der knapp ein Jahr im Betrieb war, mit sechs Instrumenten. Etwa die Hälfte dieser Summe kostete der letzte Marsorbiter mit einer längeren Betriebszeit und mehr Instrumenten (ein Nachbau wäre noch preiswerter, nimmt man die Tatsache hinzu, dass man heute nur noch eine Sonde startet, weil ein Ausfall weniger wahrscheinlich erscheint, so wird die Bilanz noch besser zugunsten heutiger Technik).

Vernünftige Vorräte an Lageregelungsgas und ausreichende Dimensionierung der Stromversorgung vorausgesetzt, können Raumsonden heute ein Jahrzehnt in Betrieb sein, wie auch Mars Global Surveyor zeigt. Odyssee nähert sich auch langsam dieser Frist und ist noch voll betriebsbereit (ihr Betrieb ist heute nur durch das verfügbare Budget eingeschränkt). Bei einer Marslandung gibt es dagegen immer noch die Maxime die Gesamtmissionsdauer zu verkürzen, um das Risiko zu vermindern. Das Risiko: Solange Menschen nicht gefährdet sind, können wir mehr riskieren. Werden Menschen in eine der Schluchten im Valles Marineris landen – wohl kaum, zu gefährlich. Das gleiche gilt für viele Landegebiete, die zu zerklüftet oder unzugänglich sind. Was macht es aus einen Roboter zu verlieren? Steht dann das gesamte Raumfahrtprogramm für zweieinhalb Jahre wie nach dem Verlust der Columbia? Wohl kaum.

Doch man muss nicht mal den Weltraum bemühen. Auf der Erde wird schon lange viel von Robotern durchgeführt – von der Montage in der Fabrik bis zu Arbeiten in der Tiefsee. In den USA haben inzwischen Drohnen die Aufklärungsflugzeuge abgelöst und die erste Einheit ihre Ausbildung aufgenommen, die Kampfflugzeuge bequem von Amerika aus fernsteuert – das Videospiel wird Wirklichkeit! Das US Militär arbeitet an Fahrzeugen, die selbstständig fahren und später auch in Kampfeinsätze geschickt werden sollen. Auf der Erde versucht man aus naheliegenden Gründen daher immer weiter das Risiko zu verringern und soweit wie möglich unbemannt zu machen (das nebenbei gesagt auch billiger ist, das zeigt die industrielle Revolution). Im Weltraum soll es daher gerade anders sein, und dies will man den Leuten verkaufen? Ich glaube das wird schwer sein.

Der letzte Grund, denn ich immer wieder anführe ist, dass ein Flug zum Mars, eigentlich jede Raumfahrt, nicht mit den Entdeckungsreisen von früher vergleichen werden kann. Diesen Fehler finde ich immer wieder bei Vergleichen zu Christof Kolumbus Reisen oder anderen. Alle diese Reisen konnten relativ einfach finanziert werden. Von einem Monarchen, von einem Forschungsinstitut. Heute betreibt die BRD ein Forschungsschiff für Polarexpeditionen und eine Forschungsstation in der Antarktis. Niemand wird sich über diese Kosten aufregen oder sie in Frage stellen. Etwas anders sähe es aus, wenn Deutschland nur zu 5 % an einem 200 Milliarden Euro Programm beteiligt wäre. Es müsste dann ein gesellschaftlicher Konsens vorhanden sein, diese Summe auszugeben. Das macht solche Vorhaben schwierig. Wenn ein Monarch in früheren Zeiten eine Expedition finanzieren will, dann hat er niemanden zu fragen. Heute leisten sich Reiche einen Trip zur ISS oder gründen eine Raumfahrtfirma. Aber selbst sie können sich das nicht leisten. Sobald Kollektive aber beteiligt sind, werden Entscheidungsprozesse schwer. Wie schon gesagt: Brummt die Konjunktur, wie in den USA Anfang der sechziger Jahre, gibt es reichlich Steuereinnahmen, so ist das kein Problem, doch wenn nicht? Ich kann mir schon die Schlagzeilen vorstellen: Elterngeld bei Harz IV fällt weg, aber wir fliegen zum Mars – Wie werden wohl Millionen von Harz IV Empfänger entscheiden?

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