Bernd Leitenbergers Blog

Lebensmittelüberwachung – der Fehler liegt im System

Nach dem Dioxinfund kam als zweiter Skandal heraus, dass die Firma dies schon seit 10 Monaten wusste und nichts dagegen getan hat.Wie üblich treten dann Politiker betroffen vor die Presse und kündigen Konsequenzen an. Bis zum nächsten Skandal…

Ich will mal die Situation in Baden Württemberg beschrieben, soweit wie ich das noch von meiner Tätigkeit als Lebensmittelchemiker kenne. Allerdings hat sich seitdem nichts verändert, auch wenn die Untersuchungsämter fusioniert haben. Damals gab es vier Landesuntersuchungsämter für die chemischen Analysen. In jedem arbeiteten etwa 30 Chemiker, dazu ein deutlich kleines Städtisches in Stuttgart. Die Untersuchungen auf Krankheitskeime erfolgten im medizinischen Untersuchungsamt (neben anderen Gesundheitsuntersuchungen) und für Tiere und tierische Erzeugnisse gab es noch das veterinärische Untersuchungsamt.

In unserem Untersuchungsamt, dem größten wurden rund 10.000 Proben pro Jahr untersucht. Nehmen wir das mal 4, dazu noch die Proben aus den medizinischen/veterinärmedizinischen Untersuchungsämtern, so sind es vielleicht 50.000 pro Jahr. Es gibt rund 10,7 Millionen Einwohner in BW, das ist also eine Probe auf rund 200 Einwohner.

Wohlgemerkt eine Probe von allen Lebensmitteln. Egal ob von dem Bienenstich eines kleinen Bäckers, der Wurst eines Metzgers oder von einem Salat aus einer größeren Charge. Gehen sie mal im Geiste durch einen größeren Supermarkt, überlegen sie sich viele Produkte es gibt, dazu noch die vielen kleinen Geschäfte, die Waren produzieren und dann dürfte jedem klar sein, dass die Lebensmittelüberwachung nicht alles kontrollieren kann, nicht mal ansatzweise die Produktion überwachen, zumal es (das zeigt ja gerade der Dixoinskandal) nicht reicht die Endprodukte zu kontrollieren. Es muss die ganze Erzeugungskette untersucht werden.

Doch das kostet Geld und daher ist die Lebensmittelüberwachung traditionell schlecht personell bestückt. In Baden-Württemberg gibt es zwei Hochschulen die zusammen etwa 30 Studenten im Jahr zu Lebensmittelchemikern ausbilden – nicht viel. Es sind nur zwei kleine Studiengänge. Aber bei 120 fest angestellten Lebensmittelchemikern werden maximal 4 im gleichen Zeitraum pro Jahr pensioniert und die Industrie stellt auch nicht viele ein. Von drei Semestern die ich persönlich kenne hat nru einer eine Anstellung beim Staat bekommen.

Die Politik jammert, beschließt nutzlose Gesetze wie das Verbraucherinformationsgesetz (in Wirklichkeit gibt es eben keine Information). Sie hat sowieso wenig Macht, auch wenn das anders aussieht – die wesentlichen Gesetze über Kennzeichnung, Rückstände und zugelassene Zusatzstoffe werden seit langem in Brüssel beschlossen.

Die mobile Version verlassen