Ich habe es ja nicht so mit Passivsport, also irgendwelche Dinge vor dem Fernsehen oder im Stadium anzuschauen. Ich bevorzuge es selbst aktiv zu sein. Nun haben wir ja Frauen-Fußball-WM, noch dazu im eigenen Land. Da geben sich alle Mühe die hervorzuheben, inklusive peinlichem Franz-Beckenbauer / Männermannschaftsspot. Doch sind wir wirklich soweit?
Heute kam im Radio mal eine Zusammenfassung wie Promis oder Fußballfans sich über Frauenfußball in den letzten Jahrzehnten geäußert haben von Bekenntnissen von Sepp Herberger, dass Fußball als Kampfsport nichts für Frauen sei, über Reporterfragen im aktuellen Sportstudio, wie sich den Kopfbälle auf die Frisur auswirken über „Schenkelklopfer“ von Fußballfans, dass wohl die „Mannschaft mit den größten Bällen gewinnt“.
Man sollte meinen, wir wären heute weiter. Aber in Nano erfuhr ich dann, das es um den Frauenfußball immer noch schlecht steht. Wer in der Bundesliga spielt, kann davon leben, aber schon eine Klasse darunter sieht es mau aus. Weder der DFB noch die Vereine unterstützen hier viel.
Damit nicht genug: Was lese ich da: Passend zur WM veröffentlicht nun auch noch der Playboy freizügige Fotos von Bundesligspielerinnen, und zwar offiziell mit Genehmigung des DFB angefertigt. Wie heißt es so schön: „Sie können nicht nur gut spielen, sondern sehen auch noch gut aus“. Ach ja: wie viele Nacktfotos gab es denn von männlichen Spielern? Ist bei denen das Aussehen wichtig oder wie gut sie spielen? Ich finde mit solchen Aktionen würdigt man den Sport herab, zu einem Niveau, das wir schon vor 30 Jahren mal verlassen haben.
Lieber DFB, wenn ihr was für den Sport tun wollt, dann wäre das mein Alternativplan:
Sorgt dafür, dass die Spiele der Frauenbundesliga genauso wie die der Männer gezeigt werden – und zwar genauso ausführlich. Kann man sicher ohne Problem in den Rahmenvertrag für die Senderechte mitnehmen – wer die WM überträgt muss da ja auch Spiele übertragen die vielleicht nicht gerade vom Grade Brasilien – Italien sind sondern eher vom Grade Ecuador – Polen. Das bekommt man im Vertrag vorgeschrieben, warum nicht auch bei der Bundesliga
Die Millionäre in der Bundesliga werden nicht verarmt, wenn von den Ausgaben der Vereine für die Profis 30% abgezogen werden und in einen Fond für den Frauenfußball wandern, mit dem dann dieser Bereich unterstützt wird. Die Profis sparen dabei enorm Steuern und haben trotzdem noch >70% ihrer Millionen und selbst die 30% wären wahrscheinlich ein vielfaches der derzeitigen Förderungssumme. Das kann man auch noch auf die zweite Liga ausdehnen (eigentlich auf jede Klasse, bei der man vom Spielen leben kann).
Und: seid stolz auf eine Mannschaft die in den letzten acht Jahren zwei WM Titel gewonnen hat (außerdem einen zweiten und vierten Platz bei 5 Turnieren die es bisher gab also nur einmal nicht ins Halbfinale kam). Ach ja von den 11 Europameisterschaften hat Deutschland auch sieben gewonnen, davon die letzten vier in Folge. Darauf kann man stolz sein, auf jeden Fall mehr als auf die Leistung der Herren.
Ich denke es ist einfach ein Ruck nötig. Vielleicht ist die WM im eigenen Lande ein solcher. Denn natürlich reicht Geld alleine nicht. Es muss auch in der Bundesliga und den anderen Ligen auch das Publikum da sein. Aber manchmal kann ein Ereignis das bewirken oder einige erfolgreiche Personen. Es geht um einen Umdenkprozess, weg davon Frauenfußball als zweit- oder drittklassigen Ersatz für den der Männer zu sehen. Bei anderen Sportarten ist dem doch auch nicht so. So bei den Wintersportarten – da haben die Frauen genauso viel Aufmerksamkeit wie die Männer und bei Tennis ist es auch so. Tennis ist auch ein gutes Beispiel wie einige erfolgreiche Spieler die Saat bereiten können für eine Veränderung des Klimas zu einer Sportart. Die älteren unter euch werden sich noch erinnern: Welchen Stellenwert hatte Tennis vor 1985? was wurde da von einem Grand Slam Turnier übertragen? Vielleicht das Finale. Das wars aber dann. Dann kam Boris Becker und ein Jahr später Steffi Graf und es liefen nachmittags ein paar Jahre lang die Turniere life, solange wie die erfolgreich waren und sie bereiteten den Weg für andere die nachfolgten. Okay, nun 20 Jahre später ist man wieder auf demselben Niveau, weil irgendwann der Erfolg wegblieb, aber es hat sich die Einstellung zum Sport geändert. Vor Boris Becker und Steffi Graf galt Tennis als „weiser Sport“ für Zahnärzte, aber nicht als Volkssport.
Die Frauen sind heute schon erfolgreich, dass ich nicht die Gefahr sehe dass sie in der Versenkung verschwinden, wenn man sie weiter fördert. Aber ohne wird es nicht gehen.