Bernd Leitenbergers Blog

Schnapsidee bemannte Asteroidenmission

Ich weiß nicht warum nun jeder von einem bemannten Trip zu einem Asteroiden redet. Irgendwie ist das Thema glaub ich durch die Augustinekomission aufgekommen, das es als ein Alternativszenario für Constellation aufbrachte, weil ein Mondtrip nicht finanzierbar ist.

Nun warum ist es eine Schnapsidee? Fangen wir einmal an, mit einigen Fragestellungen: Wie kann ein solcher Besuch einem bemannten Marsunternehmen nützen? Nun es gäbe einige Punkte die mir da einfallen:

Test von Hardware: Ein Marstrip besteht aus zwei wesentlichen Teilen:

Einer Reise hin und zurück zum Mars. Hier befindet sich die Besatzung in einer Miniraumstation, vielleicht am ehesten vergleichbar mit einer alten Saljut (weil es aus Gewichtsgründen recht beengt sein wird). Also dieser Teil ist eigentlich schon gut erforscht von bisherigen Missionen im Erdorbit. Was vielleicht vergleichbar bei einer Mission zu einem Astzeroiden ist, ist das die Reisedauer ähnlich ist und man sich auch außerhalb des Erdmagnetfeldes befindet, also bei höherer Strahlenbelastung. Doch wenn ich das testen will, würde ich als risikolose Alternative eher die Besatzung in eine Mondumlaufbahn einschwenken lassen – auch da ist man jenseits des Erdmagnetfeldes und kann zudem etwas nützliche Forschung am Mond betreiben und ist bei einem Problem in maximal vier Tagen wieder zurück auf der Erde.

Die Arbeit auf dem Mars: Dazu muss man ein Labor landen, dann auf dem Mars Exkursionen durchführen. Der Asteroid ist dafür völlig ungeeignet. Auf ihm kann man wegen der geringen Gravitation nicht landen. Ein typischer erdnaher Asteroid von 2 km Durchmesser wiegt nur rund 10 Billionen Kilogramm. Die Schwerebeschleunigung beträgt dann etwa 0,7 mm/s, die Kreisbahngeschwindigkeit in 500 m Entfernung von der Oberfläche nur rund 0,68 m/s. De fakto kann man mit Raketentriebwerken da nicht weich landen und selbst wenn man es täte, würde ein Schritt eines Astronauten zu einem Hopser über einige Minuten Dauer und über 100 m Entfernung werden. Man muss sich 0,76 mm/s Beschleunigung mal praktisch vorstellen: Nehmen wir mal an, sie stoßen auf dem Asteroiden eine Tasse Kaffee um. Bis der Inhalt von Tischhöhe (80 cm Höhe) auf dem Boden angekommen ist, dauert es knapp 48 s. Genügend Zeit, eine Schüssel zu holen, und sie vor dem Aufprall hinzustellen. Zeitlupe ist nichts dagegen …

Also die Marslandung und alle Arbeiten kann man auf einem Asteroiden nicht nachstellen. Teile der Landung (der mit Triebwerken angetriebene letzte Teil) auf dem Mond, ebenso mit Einschränkungen (andere Temperaturverhältnisse, Schwerebeschleunigung und Tag/Nachtzyklen) die Arbeit.

Also hinsichtlich Missionsvorbereitung und Test der Ausrüstung ist ein Asteroid nicht nützlich. Das leitet über zur Frage zwei: Was kann man dort tun?

Nun man kann zu ihm hinfliegen und ihn umkreisen. Dort kann man ihn dann mit Fernerkundungsinstrumenten untersuchen. Okay, aber wozu brauche ich da die Leute? Ich meine so was tun Dawn und NEAR doch schon. Vielleicht kann man mehr Instrumente mitführen, aber wenn ich die unbemannten Missionen auch entsprechend finanziere, bin ich überzeugt kann man für einen bemannten Trip leicht 10 gleichwertig ausgestattete Raumsonden losschicken. einfach aus dem Grund, weil ich ja neben den Instrumenten die ganze Besatzung, ihre Wohnung und ihr Essen dorthin bringen muss und die nützt mir bei der Erkundung ja nichts.  Den Gewinn sie zu zehn verschiedenen Zielen zu senden und dort viel längere Untersuchungen als bei einer bemannten Mission durchführen zu können möchte ich gar nichts erst erwähnen.

Das bringt mich zur letzten Frage: Bringt ein Asteroidentrip wenigstens logistische Vorteile, z.B. in dem Sinn, dass ich sie leicht erreichen kann und so mit weniger Aufwand als bei einer Mondmission meine interplanetare Ministation testen kann? Auch hier sehe ich das nicht. Es gibt zwar eine Reihe von die Erde kreuzenden Asteroiden, aber die meisten sind ähnlich schwer wie der Mars zu erreichen. Das gilt nicht mehr für die der Hauptreihe, die sich jenseits von Mars befinden. Die erdnahen Asteroiden kreuzen nur die Erdbahn. Ihre sonnennächsten oder sonnenfernsten Punkte der Bahn liegen dagegen weit innerhalb oder außerhalb der Erdbahn. Noch gravierender: Die meisten haben eine zur Ekliptik geneigte Umlaufbahn für deren Anpassung viel Energie notwendig ist. Was möglich ist, ist an einem Asteroiden, der die Erde nahe passiert zu diesem Zeitpunkt kurz vorbeizufliegen, wenn dies hinreichend genau vorher bekannt ist. Dann würde das Raumschiff nur wenig mehr als Fluchtgeschwindigkeit erreichen und könnte nach der Passage seine Bahn so anpassen, dass es nach einem Jahr wieder zur Erde zurückkehrt. Das würde dann weniger Treibstoff als ein Hin/Rückflug zum Mars benötigen. Nur was bringt dies? Ein 2 km großer Asteroid, der mit 10 km/s Relativgeschwindigkeit passiert wird ist 1 Stunde vor der Begegnung noch 36000 km weit entfernt und dann in etwa so groß wie der Mars bei einer nahen Annäherung. Erst 22 s vor der nächsten Begegnung erreicht er die Größe des Vollmonds. Also viel zu beobachten gibt es da nicht.

Kurzum: Asteroidenerkundung als Alternative oder Vorbereitung zur Marslandung – ein neues Buzzwort für die Politiker ohne naturwissenschaftlich-technische Vorbildung….

Die mobile Version verlassen