Bernd Leitenbergers Blog

BOINC – Berkeley Open Infrastructure for Network Computing

So, heute wieder ein Gastbeitrag, diesmal (Premiere) von Elendsoft:


Begonnen hat alles mit SETI, der Suche nach außerirdischen Funksignalen. Dabei wird mit dem größten Radioteleskop der Welt in Arecibo auf zigtasusenden Kanälen gleichzeitig empfangen. Dabei fällt eine so riesige Datenmenge an, daß zur Auswertung ein Supercomputer nötig wäre. Man brauchte also dringend riesige Rechenkapazität, konnte die aber nicht bezahlen. Andererseits sind die meisten Computer auf der Welt hauptsächlich damit beschäftigt, darauf zu warten daß mal wieder eine Taste gedrückt wird. Wenn man nur einen geringen Bruchteil davon nutzen könnte, hätte man genug Rechenleistung. Aus dieser Idee entstand das Projekt Seti@home (Start 1999).

Wer seine nicht benötigte Rechenleistung für einen sinnvollen Zweck verwenden wollte anstatt sie sinnlos zu vergeuden, konnte an diesem Projekt teilnehmen. Dazu mußte man nur auf einem Computer mit Internetzugang den Seti-Client installieren. Nach der Anmeldung beim Erststart des Programms wurden dann vom zentralen Seti-Server Datenpakete angefordert, die sogenannten Workunits, kurz WU genannt. Der Client hat dann nach dem Download der WU die Auswertung der Daten übernommen, und die Ergebnisse an den Server zurückgemeldet. Das Ganze läuft je nach Einstellung entweder als Bildschirmschoner, oder ständig im Hintergrund. Die normale Arbeit wird dadurch nicht spürbar langsamer, vorausgesetzt man hat genügend RAM. Wenn durch das zusätzlich laufende Programm ständig auf die Festplatte ausgelagert werden muß bremst das allerdings schon deutlich.

Der Erfolg war durchschlagend: Innerhalb weniger Monate gab es einige Hunderttausend Teilnehmer in so ziemlich allen Ländern der Welt. Inzwischen sind es über eine Million, allein in Deutschland über 100.000. Das brachte auch andere Forscherteams auf die Idee, ihren Bedarf an Rechenkapazität nach diesem Prinzip zu lösen. Eins der ersten dieser Projekte war die Berechnung der Faltstruktur von Eiweißen.

Das Problem dabei: Die eigentliche Bereitstellung der Daten und die Berechnung sind nur ein kleiner Teil des Projekts, der Rest ist praktisch Verwaltungsarbeit, die bei allen Projekten im Prinzip gleich ist. Jeder mußte also für sein Projekt praktisch das Fahrrad nochmal neu erfinden.

Deshalb hat das Seti-Team diese Verwaltungsarbeit vom eigentlichen Projekt abgekoppelt und für die allgemeine Nutzung freigegeben. Was die Entwicklung neuer Projekte deutlich vereinfacht.

Für BOINC-Teilnehmer läuft das jetzt so ab: Zuerst wird der BOINC-Client installiert und gestartet. Beim ersten Start erfolgt die Nutzeranmeldung, danach kann man sich bei einem (oder auch mehreren) der inzwischen recht zahlreichen Projekte anmelden. Danach lädt BOINC den Client für das gewählte Projekt, und fordert die ersten Daten an. Auch das Update auf eine neue Version des Projekt-Clients läuft automatisch, man muß sich nicht selbst darum kümmern. Der Rest läuft dann ab wie bei Seti Classic, also Rückmeldung der fertigen Ergebnisse und Anforderung der nächsten Datenpakete.

Inzwischen gibt es eine Menge BOINC-Projekte, das geht von der Astrophysik (Gravitationswellen, Pulsare) über Biochemie (Faltstruktur von Eiweißen) und Klimamodellen bis hin zur Elementarteilchenphysik (Datenauswertung für das LHC).

Für alle die jetzt Interesse haben folgende Links:

Download BOINC-Client

Deutsche BOINC-Seite

Deutschsprachige Übersicht über BOINC-Projekte

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