Bernd Leitenbergers Blog

Unbemannte Marsbodenprobengewinnung Teil 1

Ich möchte mal in vier Teilen skizzieren, wie eine Mission aussehen könnte, die unbemannte Bodenproben zur Erde zurückbringt. Im ersten Teil will ich mal die Anforderungen skizzieren.

Missionsablauf

Primär wird die Mission von der Himmelsmechanik diktiert. Wie bei normalen Marsmissionen gibt es ein Startfenster alle 26 Monate. In diesem Abstand stehen Mars und Erde so zueinander, dass man mit dem geringsten Aufwand zum Mars starten kann. Dort angekommen, hat die Erde aber Mars überholt, sodass man mit vertretbarem Energieaufwand nicht zur Erde zurückkehren kann.

Früher wollte man kurze Missionszeiten haben und erwog daher die Reise zum Mars auf energetisch ungünstigen schnellen Routen, um dann nach wenigen Tagen zurückzufliegen, bevor der Energieaufwand zu hoch wird – auch hier auf einer kurzen Route. Man benötigt dafür sehr viel Treibstoff. Daher zwingend nukleare Triebwerke, weil es mit dem chemischen Antrieb fast nicht möglich ist, die hohen dafür benötigten Geschwindigkeiten zu erreichen.

Heute würde man auf dem Mars verbleiben, bis das nächste Startfenster sich öffnet – das ist 26 Monate nach dem Start von der Erde der Fall. Das bedeutet die Verweilzeit auf dem Mars beträgt inklusive Rückreise 26 Monate – Die Rückreisezeit, das sind je nach Position rund 6-8 Monate geht davon ab. So kommt man auf 500-550 Tage Aufenthalt auf dem Mars und eine Gesamtmissionsdauer in der Größenordnung von 32 bis 34 Monaten.

Aus dieser Verweildauer resultiert auch, dass man nicht einfach wie bei den Luna-Sonden eine Probe zieht, wo man landet. Man hat Zeit genug hat die richtige(n) Proben zu nehmen. So ergibt sich fast zwangsläufig eine erste Entscheidung: Man benötigt einen Roboter zum Probensammeln und eine zweite Mission, welche die Probe zurückbringt. Das dies in nicht in einer Mission möglich ist, dürfte klar sein. Für den Rückflug benötigt man viel Treibstoff, denn man mal nicht so einfach mal über den Mars kutschiert.

Danach kommt der Rückstart zur Erde. Es macht bei der Erde wenig Sinn abzubremsen, um die Proben von der ISS bergen zu lassen und dann zurückzuführen. Dazu benötigt man genauso viel Treibstoff wie um vom Mars wegzukommen. Zudem wäre es riskant, denn eine Möglichkeit Proben an die ISS anzudocken gibt es nicht. Sodass man sie wohl mit dem Roboterarm einfangen und bei einem Außeneinsatz bergen müsste. Wahrscheinlicher aber gibt es die ISS nicht mehr, wenn eine solche Mission angegangen wird

Energetische Überlegungen und technische Einschränkungen

Fangen wir mal mit der Energiebilanz an. Der Start von der Erde zum Mars unterscheidet sich nicht viel von dem einer normalen Mission. Je nach Bahn benötigt man relativ zu einer 200-km-Parkbahn eine Geschwindigkeit von 3,6 bis 3,9 km/s. (alle Angaben für Hohmannbahnen minimaler Energie). Dort gibt es die erste Entscheidung: Man kann nun direkt landen. Dann bremst ein Hitzeschutzschild, ein Fallschirm und etwas Treibstoff die Sonde ab. Die Alternative wäre es, nur einen Teil der Sonde direkt landen zu lassen. Einen zweiten Teil sollte in eine Umlaufbahn einschwenken, wofür dieser dann je nach Bahn zwischen 0,8 und 2,1 km/s an Geschwindigkeit vernichten muss. Das kostet zwar zuerst Treibstoff. Doch es ergibt sich ein anderer Vorteil. Anstatt direkt zur Erde zurückzustarten, reicht es zuerst eine niedrige Marsumlaufbahn zu erreichen und dort mit diesem Vehikel zu koppeln und dann zurück zu starten. Der Treibstoff, der von der Umlaufbahn für den Rückstart benötigt wird, muss aber dann nicht erst von der Marsoberfläche bis in die Umlaufbahn befördert werde. Dies ist energetisch viel ungünstiger, als ihn in einen Orbit einzubremsen.

Das Einschwenken in den Orbit und die Landung aus diesem ist heute nicht mehr nötig. Die Landeellipsen werden von Mission zu Mission immer kleiner und die Marsoberfläche ist heute gut bekannt und Landegebiete können mit <1 m Auflösung aus dem Orbit erfasst werden. So ist heute eine Punktlandung in einem interessanten Gebiet möglich. Es ist auch möglich, einen Rover zum Sammeln der Proben nahe der Hauptsonde niedergehen zu lassen.

Technisch ergibt sich die Notwendigkeit, während der interplanetaren Phase Kurskorrekturen durchzuführen. Man benötigt auch einen dauernden Kontakt zur Sonde, um Telemetrie zu erhalten und die Bahn zu vermessen. Daher benötigt man eine Art Bus, der zumindest die Fähigkeit hat, zu navigieren, zu kommunizieren und den Kurs zu korrigieren. Das ist das, was man bei den letzten Raumsonden als „Cruise Stage“ bezeichnete. Da dieser Teil die Reise zum Mars und zurückmacht, sollte er so leicht wie möglich sein und minimal ausgerüstet, also keine wissenschaftliche Mission anstreben. Denkbar wäre eine Nutzung als Kommunikationsrelay, da man dafür nur eine Antenne und einen Empfänger braucht. Beides dürfte schon wegen der Kommunikation mit der Erde vorhanden sein.

Diesen Bus zu landen macht wenig Sinn, denn er ist dort weitgehend nutzlos und müsste auch wieder in den Orbit gebracht werden. Daher ergibt sich aus technischer Sicht fast zwangsläufig, dass man nur einen Teil der Sonde landet und den Zweiten in einer Umlaufbahn parkt.

Es ist sinnvoll, den Roboter der die Bodenproben sammelt, getrennt zu starten. Auch weil schon der Landeapparat sehr schwer sein wird und man es dann einfacher hat den Rover abzuseilen und auch Platz gespart wird. So ergibt sich die Forderung nach zwei Missionen: Einer kleineren, die den Probensammler zum Mars bringt und einer Größeren mit einem Landeapparat, welcher vor allem aus einer Raketenstufe und einer Kapsel mit einem Hitzeschutzschild besteht, sowie einem Orbiter welche die Landesonde zum Mars bringt und den Bodenprobenbehälter zurück zur Erde.

Man kann dies natürlich noch weiter untersuchen. So ist eine Möglichkeit, den Treibstoff auf dem Mars zu gewinnen. Doch erscheint dies nur für eine sehr kleine Probenkapsel nicht so lohnenswert, als wenn man eine dicke Raumkapsel und die Astronauten transportieren in den Orbit muss. Der Aufwand für eine Triebstofffabrik ist aber nicht so viel kleiner. Kryogene Treibstoffe würden die Nutzlast stark erhöhen. Aber auch sie erfordern unter Marsbedingungen einen hohen Kühlaufwand, weil selbst die Nachttemperaturen um 120 Grad über dem Siedepunkt von flüssigem Sauerstoff und um 190 Grad über dem von flüssigem Wasserstoff liegen. Daher vermute ich, sind wohl lagerfähige Treibstoffe die bessere Wahl. Sie sind übrigens auch nicht unproblematisch, denn sie können nun schon ausfrieren und müssen beheizt werden.

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