Bernd Leitenbergers Blog

Unbemannte Marsbodenprobengewinnung: Teil 4

Im nächsten Teil will ich nun die Mission selbst skizzieren. Wir haben zwei Starts – den einer Atlas mit dem kleineren Rover, der die Bodenproben sammelt und den einer Delta Heavy oder Ariane 5 ECA, mit dem eigentlichen Gefährt zur Bodenprobengewinnung. Letzteres braucht, damit es nicht nur wenige Kilogramm Gestein sind, die Träger mit der größtmöglichen Nutzlast. Das wäre nach derzeitigem Stand die Delta IV Heavy mit 7,5 bis 8 t t zum Mars.

Da zwei Träger involviert sind, kann man beide gleichzeitig starten, und beide auf dieselbe Route schicken. Sonst müsste man für einen ein Typ-I und das Zweite ein Typ-II Startfenster wählen. Der Rover muss nicht abbremsen. Er kann, wenn möglich auf einer schnelleren Route zum Mars fliegen. So kann man ihn schon durchchecken, bevor die Rückkehrstufe landet. Er kann schon vor der Ankunft der Landestufe Bodenproben gewinnen.

Wenn sich die Letztere nach 7-10 Monaten dem Mars nähert, trennt der Bus die Landestufe ab und bremst sich selbst in einen niedrigen Orbit ein. Denkbar wäre einer von 300 x 33.800 km. Dieser hat eine Umlaufszeit von 24 Stunden 40 Minuten, es ist ein geosynchroner Orbit um den Mars. Der Vorteil ist, dass der Orbiter nahe des Apogäums vom Lander aus über Stunden kaum bewegt, was die Datenübertragung sehr großer Datenmengen ohne eine hochbündelnde Antenne ermöglicht. Eine Mittelgewinnantenne reicht aus. Zudem gibt es dann für den Rückstart ein Startfenster pro Tag.

Die Landestufe wird nicht viel anders Viking landen: Zuerst abgebremst durch den Schutzschild, dann dessen Fallschirm, auf den letzten 1000 m dann durch die eigenen Triebwerken, gesteuert durch einen Radarhöhen- und Geschwindigkeitsmesser. Sie ist dann weitgehend inaktiv. Sie sendet nur Panoramen des Landeplatzes und Wetterberichte zur Erde.

Aktiv ist dagegen der Lander, der rund 500 Tage Zeit hat, möglichst viele Bodenproben zu sammeln. Er bewahrt sie auf den Behältern mit Raster auf dem Deck auf. Himmelsmechanisch muss nach 500 bis 550 Tagen der Rückstart erfolgen, sodass die reale Sammelzeit eher kleiner ist, schließlich braucht man Reservezeit und muss um Orbit noch ankoppeln. Zum Ende hin lädt er einen Behälter nach dem nächsten um, den größten nach unten, den kleinsten oben. Er entfernt sich vor dem Start, um diesen zu filmen. Zuletzt wird die Fixierung der Tür durchtrennt, sie schwenkt zurück und verschließt die Kapsel mit den Bodenproben und die Tanks werden unter Druck gesetzt. Die Rückstartstufe startet in einen Orbit, denselben wie ihn der Bus innehat. Dort ist sie passiv. Solarzellen auf der Oberfläche reichen gerade aus, um Strom für ein Peilsignal und Leuchtfeuer zu gewinnen. Der Bus sowie ein anderer Orbiter fangen das Peilsignal auf. Sie können durch Stärke, Dopplerverschiebung und Abstand zwischen den Impulsen jeweils den Abstand und die relative Geschwindigkeit bestimmen. Mit den  Daten von zwei Orbitern kann so die räumliche Position relativ zum Bus ermittelt werden, wobei auch die Erde Unterstützung liefern kann. Dies liefert die notwendigen Korrekturen der Bahn des Busses. Wenn er sich bis auf wenige Kilometer der Kapsel genähert hat, können Nahbereichssensoren aktiviert werden. Die Lichtblitze können, wenn sie monochromatisch sind von Kameras genutzt werden, um die räumliche Lage der Kapsel festzustellen. Das Radar liefert Daten über Abstand und Geschwindigkeit. Zum Schluss kommt die Kopplung zustande, wenn Sensoren in den offenen Krallen einen Kontakt signalisieren, dann schließen diese sich und fixieren die Kapsel.

Nun zündet im  marsnächsten Punkt das Triebwerk des Busses erneut und die Kombination macht sich auf den Weg zurück zur Erde. Dort öffnet sich die Kralle und die Kapsel landet geschützt durch den Hitzeschutzschild weich, während der Bus beim Eintritt in die Atmosphäre verglüht. Drucksensoren führen zur Öffnung von Fallschirmen, welche die Landegeschwindigkeit begrenzen und später zum Aufblasen von Airbags. Dazu muss der hintere Teil der Kapsel abgetrennt werden.

Der Rover kann nun zu einer erweiterten Mission aufbrechen. Er kann nun auch Instrumente für eine direkte Analyse nutzen, die vorher aus zeitlichen Gründen nicht möglich war, bzw. deren Zugänge  durch die Probenbehälter blockiert werden. Alternativ kann man seine Mobilität nutzen, um auf dem Mars zu fernen Zielen aufzubrechen. Wenn er, wie ich schrieb, tatsächlich 1,6 km am Tag zurücklegt, sollte er in einem Marsjahr bis zu 1000 km zurücklegen. Gelingt es. ihn auf langsame Fußgängergeschwindigkeit (4 km/h) zu beschleunigen, so kann er an einem Tag 32 km zurücklegen und in einem Marsjahr jedes Ziel auf dem Mares erreichen, selbst wenn es auf der entgegengesetzten Seite des Planeten liegt.

Das wäre in meinen Augen die beste Lösung, wenn es um das Nehmen von gezielten Marsproben geht. Es sind natürlich auch andere Lösungen denkbar. Die, mit dem technisch geringsten Aufwand, was die Entwicklung neuer Technologien und Risiken angeht, ist es direkt zu Landen, keinen Rover zum Sammeln der Bodenproben einzusetzen, sondern sie über einen Bohrer oder Greifer vor Ort zu gewinnen. Dann macht sich der (relativ kleine) Behälter mit einem Miniorbiter zurück zur Erde.

Diese Vorgehensweise spart natürlich den teueren Rover ein, auch gibt es kein riskantes Kopplungsmanöver im Orbit. Die Nachteile sind aber auch offensichtlich. Die Bodenprobe stammt vom Landeort – sie ist nicht ausgesucht. Wenn man Pech hat, ist es langweiliger Sand. Sie ist nicht selektiver als die Marsmeteoriten, die wir schon haben und die man umsonst bekommt. Die Menge ist zudem viel kleiner, da nun auch der ganze Treibstoff zum Verlassen des Mars und der Orbiter von der Marsoberfläche aus mit befördert werden. Die Kapsel wäre so sehr klein, vielleicht so groß wie die von Phobos-Grunt (8 kg) und die Menge an Bodenproben sicher auf 1-2 kg beschränkt.

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