Vor einiger Zeit lass ich auf SpaceNews, dass eine Firma einen Forschungsauftrag für ein Konzept unter dem Namen „Dream-Spy“ bekommen hat. Die Technologie, die erforscht werden soll, klingt fantastisch: ein Beobachtungssatellit im geostationären Orbit, der Realzeitdaten von der Hemisphäre liefert, die er beobachtet. Damit die Auflösung groß genug ist, denkt das Militär an entfaltbare Linsen.
Der geostationäre Orbit verläuft am Äquator in 35943 km Höhe. Die Entfernung zur Oberfläche nimmt dann weiter zu und erreicht am Nord- und Südpol dann 36504 km. Dieser Wert ist ungefähr hundertmal größer als bei den Spionagesatelliten im niedrigen Orbit. Damit einher geht natürlich eine entsprechende Reduktion der Auflösung um denselben Wert. Würde man also einen der busgroßen KH-12 Satelliten in den GTO Orbit platzieren, dann hätte eine Auflösung von nur noch 10 bis 20 m. Diese ist dann nur noch so groß wie bei einem einfachen Erdbeobachtungssatelliten, der bei dieser Auflösung auch in einem niedrigen Orbit die Erde einmal pro Tag ablichten könnte. Das ist zwar nicht Realzeit, aber nahe dran.
Damit dies also für das Militär brauchbare Bilder ergibt, soll an der Entwicklung entfaltbarer Linsen gearbeitet werden. Wie man sich das vorzustellen hat zeigt das DARPA Konzept links.
Ich halte es für eine Schnapsidee. Es gibt einige Abers. Das erste ist die Linse selbst. Ein optisches System muss, damit die Bilder beugungsbegrenzt sind, also nicht unnötig verschmiert sind, eine sehr hohe Formgenauigkeit haben. Ideal ist eine Abweichung der Form von der Idealen in der Größenordnung von 1/10 der Wellenlänge. Gute Amateuroptik ist so geschliffen, normale etwas schlechter (1/8) und billige mit 1/5 zeigt schon bei hoher Vergrößerung unscharfe Bilder. Oder nehmen wir als Vergleich das Hubble Space Teleskope. Sein Spiegel war um 2 µm falsch geschliffen. Bei einer mittleren Wellenlänge von 0,55 µm sind das weit weg von diesem Kriterium – viermal größer als die Wellenlänge.
Um 1 m Auflösung aus dem GTO Orbit zu erreichen, müsste eine Linse rund 21 m Durchmesser haben. So was ist eigentlich nur mit einer aufblasbaren Linse zu machen. Selbst das JWST ist mit 6,5 m Durchmesser ein Winzling und der Aufbau aus Segmenten wie beim JWST wird bei dieser Größe dann auch ausscheiden. Ob es möglich ist eine Linse mit einer Oberflächengenauigkeit von 55 nm im Weltall zu erzeugen? Ich glaube nicht.
Selbst wenn, dann gibt es noch die Geometrie der Erde. Vom Äquator aus wird die Landmasse um so mehr verzerrt, je weiter man nach Norden blickt. Das zeigt dieses Bild von Europa, aufgenommen von Meteosat. Deutschland liegt zwischen dem 48 und 52 Breitengrad, also ungefähr auf dem halben Weg zum Nordpol. Die Verzerrung ist schon deutlich zu sehen. Bei nur etwas nördlicheren Gebieten wie England, Norwegen und Schweden wird es schon extrem.
Dazu kommt natürlich, dass die Nutzlast in den GSO Orbit viel kleiner ist. Die Delta IVH als leistungsstärkste US-Trägerrakete transportiert 23 t in einen ISS Orbit, aber nur 6,5 t in den GSO Orbit, also ein Viertel dessen. Während also die Anforderungen an die Leistung des Instrumentes steigen, muss es um ein vielfaches leichter sein als eines in einem niedrigeren Orbit. Glaubt wirklich jemand, dass man eine 20 m große Linse in einem nur 6 t schweren Satelliten unterbringen kann?
Kurzum: ich denke es ist technisch nicht umsetzbar und organisatorisch zu aufwendig. Dies ist nur ein Beispiel für teure Experimente des Militärs. Dazu vielleicht an anderer Stelle mehr