Bernd Leitenbergers Blog

Ein Kommunikationsproblem – Teil 1

Heute und morgen will ich mich mal einem Problem widmen, dass verschiedene Lösungen hat die ich mal diskutieren will. Es geht um die Optimierung einer Venusmission. Eine sicher interessante Mission wäre es eine Kapsel zur Venusoberfläche zu schicken und während des Abstiegs Aufnahmen zu machen und zurück zu funken. Dazu erst einmal wie ungefähre Beschreibung der Mission. Heute geht es um das Problem selbst und Morgen um einige Ansätze es zu lösen.

Die Sonde selbst könnte eine einfache Weiterentwicklung der Pionier Venus Mission sein. Sie würde also beim Abstieg atmosphärische Messungen machen und durch einige Bullaugen Aufnahmen. Anders als bei den Venera ist keine Untersuchung auf der Oberfläche geplant, aber ein Gestell verhindert das Umkippen und fungiert als Stoßfänger.

Da die Betriebszeit begrenzt ist, müssen alle Daten in Realzeit übertragen werden und da gibt es drei Unwägbarkeiten:

Fangen wir mit dem ersten an. Da gibt es Erfahrungswerte. Bei den Venerasonden betrug die minimale Lebensdauer 23 Minuten bei Venera 7. Bei Pioneer Venus überlebte eine Sonde den Aufprall um 67 Minuten. Man kann davon ausgehen dass auch die anderen Sonden den Aufprall überlebten, aber ohne Landegestell, dürften die runden Kapseln zur Seite gerollt sein und nur bei einer zeigte die Antenne zufälligerweise so dass man noch Daten aufnehmen konnte. Nehmen wir mal konservative 15 Minuten Überlebensdauer auf der Oberfläche an. Das erlaubt es zumindest ein Landepanorama aufzunehmen. Alles was darüber hinausgeht ist dann zusätzliche Zeit die man für weitere Daten nutzen sollte, die Mission sollte aber zumindest das Landepanorama in 15 Minuten übertragen können.

Das zweite ist schwieriger. Es gab bisher noch nicht den Versuchm Aufnahmen der Oberfläche beim Abstieg zu machen. Es gibt nur die Möglichkeit die Höhe abzuschätzen ab wann der Boden sichtbar ist. Das Problem ist dass wir eine dichte Atmosphäre haben und schon wenige Kilometer mit einer geringen Aerosolkonzentration kann den Blick auf den Boden versperren, dazu braucht man keine dicke Wolkenschicht.

Die Messungen die wir haben stammen von dem Nephelometer von Pioneer Venus. Nach dieser käme erst in einer Höhe von 6 km der Boden in Sicht. Sie bestimmte allerdings diesen Werte nicht direkt, sondern die Sicht horizontal in der Atmosphäre, die natürlich davon abweicht. Eine zweite Möglichkeit ist es, die Atmosphäre als „klar anzusehen“, wenn die Temperatur höher als die Verdampfungstemperatur der schwerstflüchtigstem Substanz auf der Venus ist, das ist die Schwefelsäure mit einer Siedetemperatur von 330°C.  Diese wird in 16 km Höhe erreicht.

Die Sonde sollte feststellen, wann der Boden in Sicht kommt, auch um die Aufnahmerate an die Datenrate abzustimmen. Das kann durch Vermessen der Fotos gehen (Boden hat üblicherweise Kontraste, Wolken und Nebel nicht) oder durch einen Laserstrahl, dessen Abschwächung bzw. Streuung man messen kann. Beide Methoden haben Fehlermöglichkeiten. Aerosole auf den Linsen ergeben Kontraste (siehe Huygens). Dafür kann man mehrmals während des Abstiegs eine dünne Vorsatzlinse wechseln. Der Laserstrahl kann auch am Boden gestreut werden.

Natürlich kann man auch dran gehen einfach ab der Unterkante der Wolkenschicht Aufnahmen zu machen, doch die Vermessung wann es sinnvoll ist hat zwei Vorteile: Man kann die Schutzabdeckung vor den Linsen dann erst abwerfen und so verhindern, dass sich Aerosole auf de Linse niederschlagen und man kann Aufnahmen selektiv zwischenspeichern, die man mit etwas Glück nach der Landung übertragen kann.

Das leitet mich zur zweiten offenen Frage über – wie lange überlebt die Sonde danach? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, weil es auf der Erde nur äußerst schwierig ist, die Bedingungen zu simulieren und wenn, dann wird man es nicht tun – denn nach dem Versuch dürfte das Versuchsexemplar kaputt sein und so was macht man vielleicht noch bei einzelnen Subsystemen, nicht jedoch einer ganzen Raumsonde, weil es sonst einfach zu teuer ist. Der Abstieg durch die Venusatmosphäre dauert, je nachdem wann man den Fallschirm abwirft rund 60 Minuten. Am Boden angekommen erwarte ich nur noch 15 Minuten Überlebensdauer – ein niedriger Wert vergleichen zu den 60 Minuten Abstiegszeit, doch die Temperatur steigt bei der Venus rapide an. Wie oben erwähnt ist es in 16 km Höhe schon um 150 Grad „kälter“, das bedeutet die Sonde ist die meiste Zeit vorher relativ moderaten Temperaturen ausgesetzt gewesen (moderat verglichen mit der Oberflächentemperatur). Die 15 Minuten auf der Oberfläche habe ich vorgesehen für ein Panorama sowie die Restliche Übertragung des letzten Sets von Aufnahmen vor der Landung. Die russischen Raumsonden waren ab Venera 9 übrigens für 32 Minuten Aufenthalt ausgelegt und erreichten alle diesen Wert.

Wie geht man mit Mehrzeit um? Es gäbe meiner Ansicht nach drei Möglichkeiten diese Zeit sinnvoll zu nutzen:

Das Hauptproblem – die Kommunikation

Kommen wir nun zum Hauptproblem: Der Datenübertragung. Wir reden nun von Farbaufnahmen, die selbst bei mäßiger JPEG Komprimierung noch große Datenmengen erzeugen. Wenn ich von meiner Digitalkamera ausgehe und das Profil mit mittlerer Schärfe nehme, dann brauche ich auf drei Bildpunkte 1 Byte. Ein 1 Mpixel großes Bild hat also eine Datenmenge von rund 300 KByte. Das Problem ist, dass aufgrund der Temperaturen und weil die Kommunikation auch beim Abstieg gewährleistet sein muss, alle Sonden bisher Rundstrahlantennen einsetzten, deren Datenrate gering ist. Pioneer Venus sandte mit 64 und 256 Bits/s bei 10/40 Watt Sendeleistung. Venera 9+10 übertrugen 512 Bit/s, Venera 11-14 3072 Bit/s. Doch selbst bei der höchsten dieser Datenraten braucht man 800 s um ein Bild zu übertragen, das ist übrigens fast die gleiche Zeit, die ein Farbpanorama von Venera 13+14 zur Übertragung brauchte.

Bei rund 30 Minuten die wir im Minimalfall zur Verfügung haben, reicht das gerade mal für zwei Aufnahmen. Geplant sind bei meinem hypothetischen Projekt aber 7 Kameras mit je 60 Grad Gesichtsfeld um den Fischaugeneffekt zu vermeiden – eine unten, 6 an der Seite. Wenn man nur ein Panorama vom Boden und aus der Höhe übertragen will, braucht man also mindestens die 5-Fache Datenrate.

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