Bernd Leitenbergers Blog

Alternativvorschlag zur Ariane 6

Heute ein Gastblog von Niels Harksen:

Ariane 6 Alternative:

In diesem Blogeintrag möchte ich meinen Vorschlag für eine modulare Ariane 6 vorstellen. Mein Ziel bei der Erarbeitung war es, einen breiten Nutzlastbereich von der Vega bis hin zur Ariane 5 ECB und darüber hinaus abzudecken, wobei dies mit möglichst wenig verschiedenen Stufen geschehen sollte.

Ansatz:

Die Rakete besteht zum einen aus zwei Arten von Feststoffstufen, wobei die Kleinere aus einem, die Größere aus zwei Segmenten besteht. Als Oberstufe kommt dagegen eine O2/H2-Stufe zum Einsatz. Dadurch wird gewährleistet, dass für alle Bahnen eine gute Leistung erzielt wird. Da die Feststoffstufen einen hohen Schub aufweisen, ist es möglich sie auf vielfältige Weise zu stapeln oder nebeneinander anzuordnen. Somit kann ein breites Nutzlastspektrum abgedeckt werden.

Zunächst werden die einzelnen Bauteile kurz vorgestellt:

 

Feststoffstufen:

Hier habe ich mich an dem P80 Motor der Vega orientiert, was auch die Beschaffung von Daten einfacher machte. Somit steht die grundlegende Technik fest:

-das Gehäuse wir aus Verbundwerkstoffen gefertigt, wodurch dass Voll/Leermasseverhältnis gut ist und die Herstellungskosten verringert werden können,

-das Schwenken der Düse erfolgt elektrisch.

Es gibt zwei Arten von Motorgehäusen, wobei das längere Gehäuse dem kleineren mit doppeltem Mittelstück entspricht, während der obere und der untere Abschluss gleich bleibt. Gegenüber der Vega ist der Stufendurchmesser mit 3,8m höher, um die Gesamthöhe des Trägers zu verringern. Ich habe die Stufen nach ihrer gerundeten Startmasse mit P104 beziehungsweise P208 benannt. Es gibt weiterhin jeweils eine Variante mit niedrigem (N) und eine mit hohem (H) Schub, welche dann eine andere Abbrandgeometrie und eine modifizierte Treibstoffmischung verwendet. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Düsen für P104 und P208. Eventuell sind jedoch für die Stufen mit erhöhtem Schub Sonderanfertigungen vonnöten.

 

Version P104N P104H P208N P208H
Gesamtgewicht in t

104,79

104,79

208,70

208,70

Gesamthöhe in m

7,28

7,28

13,46

13,46

leer in t

8,29

8,29

15,60

15,60

trocken in t

7,79

7,79

14,70

14,70

Treibstoff in t

97,00

97,00

194,00

194,00

Schub in kN

2300,00

3300,00

4600,00

6600,00

Brenndauer in s

115,17

80,27

115,23

80,31

Spezifischer Imp. Boden in m/s

2300,00

2300,00

2300,00

2300,00

Vakuum in m/s

2745,00

2745,00

2745,00

2745,00

Motorgehäuse Masse in t

4,09

4,09

8,10

8,10

Durchmesser in m

3,80

3,80

Länge in m

5,38

5,38

10,76

10,76

Düse Masse in t

2,50

2,50

5,00

5,00

Länge (nur überstehender Teil)

1,20

1,20

2,00

2,00

Schwenk-mechanismus Masse in t

0,70

0,70

0,70

0,70

Unterteil Masse in t

0,50

0,50

0,90

0,90

Länge inkl. Düse in m

0,70

0,70

0,70

0,70

Treibstoffreste Masse in t

0,50

0,50

0,90

0,90

 

Anmerkung: Ich bin der Einfachheit halber davon ausgegangen, dass die größere Stufe die doppelte Treibstoffmenge der kleineren aufnimmt, was allerdings nicht ganz stimmt, in Wirklichkeit wäre es etwas weniger. Der Schwenkmechanismus ist für beide Versionen gleich, für die kleinere Version also etwas überdimensioniert.

Zwischenstufen:

Wie schon erwähnt, können mehrere Feststoffstufen übereinander „gestapelt“ werden, es werden also verschieden stark belastbare Zwischenstufen benötigt. Diese haben neben der Verbindungsfunktion natürlich auch noch die Aufgabe der Rollkontrolle. Die mit „BoosterKlein“ beziehungsweisen „BoosterGroß“ benannten Zwischenstufen dienen zur seitlichen Befestigung, außerdem wurde zu ihnen noch ein 2m hoher Nasenkonus hinzugezählt.

 

 

Adapter max. Last

30

104+30 208+104+30 Booster 104 Booster 208
Name „SuperKlein „Klein“ „Groß“ „KoosterKlein“ „BoosterGroß“
Abkürzung SK K G BK BG
Masse in t

0,5

1,6

4

1

1,4

Länge

4,5

1,5

2,5

2

2

 

 

Oberstufe:

Die Oberstufe verwendet die Treibstoffkombination Flüssigwasserstoff und Flüssigsauerstoff. Als Antrieb dient das Vinci-Triebwerk. Es sollte, um bei den kleineren Kombinationen (z.B. 12, siehe Übersicht der Varianen) die Gravitationsverluste nicht zu groß werden zu lassen, im Schub gesteigert werden. Sollte dies nicht gelingen, ist dass allerdings kein wirkliches Problem, notfalls werden die Tanks halt nur teilweise gefüllt. Die Bauweise der Stufe orientiert sich an der Centaur, es gibt also für den Treibstoff- und den Oxidatortank einen gemeinsamen Zwischenboden und es wird die Druckstabilisierung angewendet.Die zylindrischen Tanks enden nach oben hin in einer Halbkugel. Ich denke, dass so trotz der infolge der Vibrationen durch die Feststoffstufen nötigen Verstärkungen ein Masseverhältnis von 7,5:1 erreichbar ist. Die gesamte Steuerung der Stufe wie auch der Rakete befindet sich unterhalb des Tanks in einer ringförmigen Elektroniksektion. Dadurch kann man sich eine separate VEB sparen. Die Nutzlastverkleidung ist direkt auf dem Tank auf einem äußeren Befestigungsring angebracht. Der Satellitenadapter hingegen ist auf einem weiter innen liegenden Ring befestigt. Somit ist der Abschluss zur Nutzlastspitze aus Sicht der Oberstufe immer gleich und es ist möglich, verschiedenste Fairings ohne Änderungen der Oberstufe zu verwenden. Der Buchstabe F steht in der Benennung für flüssig, die Zahl für die Gesamtmasse.

 

Stufe F30
Vollmasse in t 30,0
Leermasse in t 4,00
Höhe in m 11,8
Isp in m/s 4560
Brenndauer in s 5928
Schub in kN 200
Durchmesser in m 3,80
Tanklänge in m 9,33
Treibstoff/Oxidator H2/O2
Höhe Triebwerk+Schubgerüst 2,50

 

Nutzlastverkleidungen:

Es gibt drei Nutzlastverkleidungen mit 3, 4 und 5 Meter Durchmesser und Längen von 7,5, 9,5/11 und 12/14/17 m Länge. Für die Versionen mit großer GTO-Nutzlastkapazität gibt es selbstverständlich auch eine Doppelstartvorrichtung.

Die Masse beträgt bei der kleinen Verkleidung 0,52, der mittleren 0,75/0,81 und der großen 1,4/1,6/2,0 t.

Varianten:

Nun zum eigentlich spannenden Teil: Welche Varianten ergeben sich jetzt daraus?

Dank des hohen Schubes von Feststofftriebwerken kann man diese wie schon erwähnt sehr gut stapeln und so kann die Nutzlast auch ohne Booster recht fein variiert werden. Für die Nummerierung der Varianten gilt folgende Regel:

-erste Ziffer (kann entfallen): Anzahl der P208-Antriebe

-zweite Ziffer: Anzahl der P104-Antreibe

-dritte Ziffer: Anzahl der Stufen

Ich habe nicht alle Varianten aufgeführt, so wäre z.B. auch die Kombination „124“ möglich. Wird in einer Stufe ein Motor mehrfach verwendet, so besteht die Stufe aus mehreren um eine Zentralstufe gebündelten Antrieben (wie bei der brasilianischen VLS oder der Delta IV Heavy). Ich bin von Aufstiegsverlusten von 1400m/s ausgegangen. Für die Modelle „23“ und „214“ dagegen habe ich wegen der niedrigeren Startbeschleunigung 1600m/s angesetzt. Für den LEO habe ich 7790m/s, für den GTO 10250m/s als zu erreichende Geschwindigkeit angenommen. Für die ersten Stufen ist als spezifischer Impuls stets 2600 m/s angegeben, um die niedrigeren Ausströmgeschwindigkeiten auf Meereshöhe zu berücksichtigen. Ich habe stets die theoretische LEO-Maximalnutzlast angegeben. Sinnvollerweise sollte sie auf etwa 24t begrenzt werden um Strukturgewicht insbesondere in der Oberstufe einsparen zu können.

Modell

12

23

113

43

214

314

414

514

Gesamtmasse in t

134,5

240,1

344,1

449,5

556,3

762,9

972,3

1181,7

Höhe ohne Nutzlast-spitze in m

23,6

32,4

38,6

23,6

54,6

31,3

31,3

31,3

Nutzlast LEO in t

4,9

8,8

13,5

15,1

17,8

24,8

29

34

Nutzlast GTO in t

0,7

2,7

4,9

5,6

7

10,1

12,2

14,1

Nutzlast-verkleidung Höhe*Durchmesser in m   7,5*2,9   7,5*2,9   9,6*4   11*4   14*5   14*5   17*5   17*5
Masse

0,52

0,52

0,75

0,81

1,4

1,6

2

2

Stufe 1 1*P105N 1*P105H 1*P209N 3*P105N 1*P209H 2*P209N 3*P209N 4*P209N
voll

104

104

208

312

208

416

624

832

leer

8,3

8,3

15,6

24,9

15,6

31,2

46,8

62,4

Isp

2600

2600

2600

2600

2600

2600

2600

2600

Brenndauer in s

115

80

115

115

80

115

115

115

Schub

2300

3300

4600

6900

6600

9200

13800

18400

Höhe

7,3

7,3

13,5

7,3

13,5

13,5

13,5

13,5

Adapter 1*SK 1*K 1*K 3*BK 1*G 2*BG 3*BG 4*BG
Masse

0,5

1,6

1,6

3

4,2

2,8

4,2

5,6

Höhe

4,5

1,5

1,5

2

2,5

2

2

2

Stufe 2 1*F30 1*P105N 1*P105N 1*P105N 1*P209N 1*P209N 1*P209N 1*P209N
voll in t

30

104

104

104

208

208

208

208

leer in t

4

8,3

8,3

8,3

2600

2600

2600

2600

Isp in m/s

4560

2745

2745

2745

2745

2745

2745

2745

Brenndauer in s

592

115

115

115

115

115

115

115

Schub in kN

200

2300

2300

2300

4600

4600

4600

4600

Höhe in m

11,8

7,3

7,3

7,3

13,5

13,5

13,5

13,5

Adapter 1*SK 1*SK 1*SK 1*K 1*K 1*K 1*K
Masse in t

0

0,5

0,5

0,5

1,6

1,6

1,6

1,6

Höhe in m

4,5

4,5

4,5

1,5

1,5

1,5

1,5

Stufe 3 1*F30 1*F30 1*F30 1*P105N 1*P105N 1*P105N 1*P105N
voll in t

30

30

30

104

104

104

104

leer in t

4

4

4

8,3

8,3

8,3

8,3

Isp in m/s

4560

4560

4560

2745

2745

2745

2745

Brenndauer in s

592

592

592

115

115

115

115

Schub in kN

200

200

200

2300

2300

2300

2300

Höhe in m

11,8

11,8

11,8

7,3

7,3

7,3

7,3

Adapter 1*SK 1*SK 1*SK 1*SK
Masse in t

0,5

0,5

0,5

0,5

Höhe in m

4,5

4,5

4,5

4,5

Stufe 4 1*F30 1*F30 1*F30 1*F30
voll in t

30

30

30

30

leer in t

4

4

4

4

Isp in m/s

4560

4560

4560

4560

Brenndauer in s

592

592

592

592

Schub in kN

200

200

200

200

Höhe in m

11,8

11,8

11,8

11,8

 

Vorteile:

Der Hauptvorteil liegt natürlich in der Serienfertigung. Die Oberstufe ist immer gleich und die große und die kleine Version des Feststoffantriebs unterscheiden sich nur durch das ein- oder zweifach ausgeführte Mittelstück. Es werden nur verschiedene Düsen und Adapter benötigt. Dafür können jedoch Einzelstarts in den GTO durchgeführt werden, ohne auf die Möglichkeit von Doppelstarts oder den Transport von großen Nutzlasten in einen niedrigen Erdorbit verzichten zu müssen. Sollte die kleinste Version kostenmäßig mit der Vega vergleichbar sein (trotz höherer Nutzlast), so könnte man auch diese ersetzten. Das ist gar nicht so abwegig, schließlich gab es schon Studien ob eine auf dem Vinci basierende Stufe die bisherigen Oberstufen ersetzten und Kosten senken kann (so weit ich weiß war das Ergebnis positiv).

Nun noch der Vergleich mit der Ariane 5 ECB, mit der ECA fällt er etwas besser aus: Die Oberstufen unterscheiden sich von den Kosten her wohl kaum. Zwei P208 und ein P104 entsprechen etwa den beiden EAP. Solange die verbliebenen zwei P208 nicht teurer sind als eine EPC, wovon ich ausgehe, hätte man einen Vorteil.

Bisher ging es nur um die Produktionskosten, es darf allerdings auch nicht vergessen werden, dass durch die Verwendung eines universellen Startkomplexes statt insgesamt drei Startrampen für Sojus, Vega und Ariane 5 nur noch eine benötigt wird und unterhalten werden muss.

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