Wenn es um Geschichte gibt, so ist auffällig, das es Schwerpunkte gibt. Im letzten Jahrhundert ist es das dritte Reich, wenn es um die Antike geht, so ist es das römische Reich, vor allem aber dessen Militär und technische Entwicklungen. Nun gibt es dafür sicher gute rationale Gründe. So war es das größte westliche Reich in der Antike (China war größer, aber auch homogener hinsichtlich seine Bevölkerung), es dauerte sehr lange an, etwa 1000 Jahre.
Es geht selten um die römische Geschichte und wenn dann beschränkt sie sich meist auf das frühe Kaiserreich bis das römische Reich unter Traian seine größte Ausdehnung hatte. Man erfährt nichts davon wie das Reich so groß wurde, alleine 300 Jahre brauchte es um ganz Italien zu unterwerfen. Die Auseinandersetzungen in dieser Zeit, die Vertreibung der Könige, die Auseinandersetzung Plebejer – Patrizier etc. davon erfährt man nichts. Dafür findet man vor allem in aus dem US-Fernsehen Geschichten über das Militär und die Technik. Das verwundert nicht, gibt es doch eine Reihe von Parallelen vom alten ROM und den USA. Beide hatten die größte und professionellste Armee ihrer Zeit, hervorragend ausgerüstet, eine Berufsarmee. Beide haben Länder unter fadenscheinigen Gründen angegriffen und sahen das selbst als die Verbreitung von Kultur oder Demokratie. Beide haben ihren „Way of Life“ in eroberte oder unterworfene Gebiete exportiert und beide meinen sie wären demokratisch regiert und im recht die ganze bekannte Welt zu beherrschen.
Aber es gibt wirklich einige faszinierende dinge. das eine ist das die Römer eine enorme Fertigkeit in der angewandten Technik erreicht haben. Die Römer erfanden die Kanalisation, öffentliche Toiletten, den Schnellimbiss, Fußgängerstreifen. Sie haben ihre Städte über Dutzende von Kilometern mit frischem Wasser versorgt, wofür man nicht nur enorm lange Viadukte bauen musste, sondern auch das Gefälle genau festlegen musste, sonst kam entweder kein Wasser an oder es floss auf dem Weg bis zur Stadt über. Selbst so was profanes wie Straßen wurden perfektionistisch gebaut. Anders als heute haben die nicht für ein paar Jahre gebaut. Der ganze Untergrund wurde 1 m tief ausgehoben und mit mehreren Schichten aus Lehm, Kies, grobem Sand, Steinen und Mörtel aufgefüllt. Der Straßenbelag war nur die oberste Deckschicht. Manche der Straßen werden heute noch benutzt und haben keine Schlaglöcher. Für die Bestimmung der länge wurde sogar ein Meßwagen entwickelt.
Die Römer entwickelten in ihren Thermen die Fußboden und Wandheizung, bauten die (bis heute) größte freitragende Kuppel aus Mörtel. (einem immer wieder in den Sendungen verbreiteten Gerücht nach sollen die Römer den Beton erfunden haben – das ist falsch. Da mein Vater ein Baugeschäft hatte, weiß ich was Beton ist. Er besteht aus grobem Sand und Gestein (Kies) und Mörtel. Die Römer haben etwas zwischen Mörtel (der aus feinem Sand, Wasser und gebranntem Kalk besteht) und Beton. Das von den Römern verwendete Opus caementicium enthält aber keine größeren Gesteinsteilchen, es ist etwas zwischen Mörtel und beton ). Was auffällig ist, dass die Römer sehr wenige Anstrengungen machten im künstlerischen Bereich die gleiche Vervollkommnung zu erreichen. Sie bauten auch Tempel oder Amphitheater, aber übernahmen dabei den griechischen Baustil. Auch bei den anderen Künsten war dem so. Als Lehrer für die Kinder hielten sich reiche Römer griechische Sklaven die ihnen nicht nur die Sprache sondern auch Mathematik und andere damals bekannte Wissenschaften vermittelten. Wen man an Gelehrte aus dieser Zeit denkt, fallen einem eine Menge griechische Namen ein, aber keine Römer. Die einzige Kunst die sie selbst weiterentwickelten war die Rhetorik: auch dies hatte einen offensichtlichen Grund so konnte man andere beeindrucken und beeinflussen. Nero, der sich selbst als Künstler sah ging dann auch nach Griechenland und erließ denen die Steuern (worüber sie sich freuen und anscheinend zahlen sie diese bis heute noch nicht…). Das ist etwas besonderes. Ich kann mich an keine andere antike Kultur erinnern bei der man Bauwerke perfektionierte die praktischen Nutzen hatten, anstatt Prunkbauten wie Tempel oder Statuen. Es unterschiedet auch das römische Reich von den nachfolgenden Kulturen und dem Mittelalter, als man Kirchen und Dome als Prunkbauten entwarf, aber die normalen Bürger hatten lange nicht den Komfort der Römers. Nicht mal die Häuser erreichten die Höhe wie in Rom (die Römer entwickelten auch die Mietskaserne mit den Insula, damit sich Brände nicht so schnell ausbreiten konnte (die Dächer waren bei mehrstöckigen Häusern kaum zu löschen) begrenzte man später sogar deren Höhe).
Die Römers schufen die Grundlagen unseres Rechtsystems mit Anwalt, Plädoyer und Geschworenen. Auf der anderen Seite gab es nicht nur Sklavenhaltung sondern auch so etwas wie Gladiatorenkämpfe. Menschen galten nicht viel wenn sie nicht freie römische Bürger waren. In eroberten Städte wurden die Einwohner abgeschlachtet oder versklavt. Auch hier ein enormer Gegensatz zwischen Rechtssystem für die eigenen Bürger und Abgrenzung anderer von diesem Rechtssystem d.h. diese waren ohne Rechte.
Ich denke diese Wiedersprüche die es bei den Römern gibt machen einen Großteil der Faszination aus. Nüchtern gesehen sind sie eine Kultur, die seit ihren Anfängen auf Eroberungen und Unterwerfungen aus waren, schließlich mussten die ganzen Provinzen die römische Republik finanzieren. Dabei reichte es nicht, nur die anderen Völker zu unterwerfen, sondern sie mussten auch den römischen Lebensstil annehmen – wäre dieser durch die erwähnten technischen Annehmlichkeiten nicht besser gewesen, so hätte das aber wahrscheinlich nicht geklappt). Grenzen gab es es keine, außer es setzte die Natur oder die Ressourcen welche. Ich kann mir nicht denken, dass die Römer die im warmen Italien sich wohl fühlten, so begeistert waren über den Militärdienst nahe der schottischen Grenze oder in der syrischen Wüste. Das war entweder zu kalt und nass oder zu heiß und trocken. Den Amis geht es in Irak und Afghanistan sicher nicht anders. Und wenn man den Gegner nicht bezwingen kann baut man eben Mauern quer durch England, Deutschland oder an der Grenze zu Mexiko. Auffällig ist, das (um wieder auf den Vergleich mit den USA zurückzukommen). Sowohl bei den Römern wie den USA es kein Unrechtsbewusstsein gab. Bei den Römern waren ja alle anderen nur Barbaren, das waren in ihren Augen keine echten Menschen. Noch perfider ist die Selbsttäuschung bei den Amerikanern. Die glauben tatsächlich dass sie in der Welt beliebt sind, alle ihr System übernehmen wollen und sich freuen wenn sie sich in innere Angelegenheiten anderer Staaten einmischen. Auf diese Idee kamen nicht mal die Römer. In beiden Fällen hatten übrigens die wirkliche Macht nicht gewählte Abgeordnete sondern die Angehörigen eines Geldadels. Wenn ich an Berlusconi denke, so scheint sich da in Italien bis heute nicht viel geändert zu haben. Auch beweisen die vielen in Italien sich abwechselnden Regierungen, dass die Italiener wohl bis heute noch nicht so ganz mit Wahlen zurecht kommen. Sie brauchen wohl eher einen Diktator oder Imperator. Und da ist doch Berlusconi ein schönes Exemplar. Der ist sogar für römische Verhältnisse noch richtig gut. Der ernennt z.B. nur seine Geliebten zu Ministern. Caligula, römischer Imperator dagegen sein Pferd zum Konsul. Okay, das war auch ein Grund warum er ermordet wurde, aber die Römer lieben schräge Gestalten, sei es als Kaiser oder Politiker.
So lange ist es noch nicht her, da wollte Mussolini das römische Reich wiederaufstehen lassen. Doch leider hats nicht ganz geklappt. Aber auch Mussolini war beliebt als Diktator. Wäre er nicht an der Seite Hitlers in den Krieg gezogen, so hätte er sicher wie Franko den Krieg überlebt. Der Begriff des Diktators stammt übrigens auch von den Römern. Die hatten in der Republik zwei jährlich gewählte Konsul als Oberbefehlshaber der Armee. Offensichtlich misstrauten sie einer Person alleine und wollten sie auch nicht zu lange am Ruder lassen (und das obwohl in der Antike die Welt nicht so hektisch war – wenn man da ein Heer in Marsch setzte verging schon mal ein Jahr bis es beim Gegner ankam…). Eine Ausnahme waren Notsituationen, da wurde für 6 Monate ein Diktator gewählt der dann die alleinige Macht hatte und auch so was wie Notstandgesetze beschließen konnte. Das tat man z.b. als Hannibal in Italien war zweimal. Erst Cäsar wollte sich zum Diktator auf Lebenszeit wählen lassen. Das hat ihn seinen Kopf gekostet.