Bernd Leitenbergers Blog

Rechnen wir mal Nach: Die Vorteile von LOX/Methan

Das Tolle an der Raumfahrt ist, dass man vieles nachrechnen kann. Auch die Vorteile von neuen Wundertreibstoffen wie Ethen oder Methan. Ich will das mal tun und zwar am Beispiel einer zwei bzw. dreistufigen Rakete. Der Vergleich sollte logischerweise LOX/Kerosin sein. Das leistungsfähigste LOX/Kerosintriebwerk ist das RD-0124A mit einem spezifischen Impuls von 3521 m/s. Es ist ein Oberstufentriebwerk. Für am Boden gestartete Triebwerke sieht es schlechter aus, weil die Düsen kürzer sein müssen. Das leistungsfähigste Triebwerk bei Erststufen sind die RD-170/180/190 Familie mit fast identischen Vakuumimpulsen von 3308 m/s.

Dagegen hat das leistungsfähigste jemals experimentell genutzte LOX/Methan Triebwerk hat einen spezifischen Impuls von 380 s (RD-160). Mit Erdgas, das nicht nur Methan enthält, sieht es schon schlechter aus. Hier ist das beste das RD-145 mit 374 s. Umgerechnet in das SI-System sind das 3668 und 3727 m/s. Beides sind Oberstufentriebwerke. Sie sind also maximal 200 m/s besser als das bisher leistungsfähigste LOX/Kerosintriebwerk. 200 m/s sind nicht viel, das ist in etwa das was man durch Übergang vom Neben- zum Hauptstromverfahren gewinnen kann, trotzdem hat man deswegen in den USA nicht das Antriebsverfahren gewechselt. Überträgt man den Impuls von 380 s auf den Betrieb auf Meereshöheso sinkt er auf 357 oder 3502 m/s ab.

Das zweite was man berücksichtigen muss ist, das Methan größere Tanks erfordert. Methan hat eine Dichte von 0,42 g/cm³, Kerosin meist eine von 0,82. Berücksichtigt man die Mischungsverhältnisse von 1:2,6 (Kerosin) beim RD-191 bzw. 1:3,69 beim RD-160 so sind Tanks um 23,1% größer und auch schwerer. Bei normaler Bauweise wiegen bei LOX/Kerosin Tanks in etwa 1,231% ihres Inhalts. Bei Methan sind es dann 1,517%. Das ist wenig, muss aber bei den bei dieser Kombination bei großen Stufen günstigen Strukturverhältnissen berücksichtigt werden.

Ich habe drei Stufen vorgesehen. Bei LOX/Kerosin mit folgenden Eckdaten:

1: Voll-/Leermasse 1/25, spezifischer Vakuumimpuls: 3308 m/s

2: Voll-/Leermasse 1/20, spezifischer Vakuumimpuls: 3521 m/s

3: Voll-/Leermasse 1/16, spezifischer Vakuumimpuls: 3521 m/s

Das sind nicht ganz extrem gute Werte, aber gute Werte. SpaceX will bei Oberstufen 1/25 und bei Boostern 1/30 erreichen, hat es aber noch nicht geschafft. Die Werte sind dafür erreichbar. Für LOX/Methan korrigiere ich diese nur um die schweren Tanks. Nebenbei bemerkt machen die schwereren Tanks um so mehr aus, je geringer der Strukturmassenanteil ist. Bei 1/30 steigt er so schon um 10% an. So ergeben sich für LOX/Methan folgende Eckdaten:

1: Voll-/Leermasse 1/23,5, spezifischer Vakuumimpuls: 3502 m/s

2: Voll-/Leermasse 1/18,9, spezifischer Vakuumimpuls: 3727 m/s

3: Voll-/Leermasse 1/15,2, spezifischer Vakuumimpuls: 3727 m/s

Dann habe ich eine Optimierung laufen lassen wobei ich nur die Startmasse der ersten Stufe mit 200.000 kg vorgab. Die Zielgeschwindigkeit ist für die dreistufige Version 12.000 m/s (GTO+1760 m/s) für die zweistufige Version 9500 m/s (LEO+1800 m/s)

Ergebnis: optimale LOX/Kerosin-Rakete mit 3 Stufen:

Vollmasse Leermasse spez. Impuls Geschwindigkeit
200000,0 8000,0 3308,0 3804,1
61443,9 3072,2 3521,0 4493,9
13547,3 846,7 3521,0 3702,1

Gesamtstartmasse: 280966,7 kg

Nutzlast: 5975,4 kg = 2,2 Prozent der Startmasse

und mit zwei Stufen:

Vollmasse Leermasse spez. Impuls Geschwindigkeit
200000,0 8000,0 3308,0 4502,2
46452,2 2322,6 3521,0 4998,1

Gesamtstartmasse: 258206,6 kg

Nutzlast: 11754,4 kg = 4,8 Prozent der Startmasse

nun zu LOX/Methan: 3 Stufen:

Vollmasse Leermasse spez. Impuls Geschwindigkeit
200000,0 kg 8620,7 kg 3502,0 m/s 3751,8 m/s
67681,9 kg 3581,1 kg 3727,0 m/s 4533,2 m/s
15811,7 kg 1040,2 kg 3727,0 m/s 3715,2 m/s

Gesamtstartmasse: 291093,9 kg

Nutzlast: 7600,3 kg = 2,7 Prozent der Startmasse

und zwei Stufen:

Vollmasse Leermasse spez. Impuls Geschwindigkeit
200000,0 kg 8620,7 kg 3502,0 m/s 4457,0 m/s
51546,4 kg 2727,3 kg 3727,0 m/s 5043,3 m/s

Gesamtstartmasse: 265832,4 kg

Nutzlast: 14286,0 kg = 5,7 Prozent der Startmasse

Der Gewinn beträgt 5,7/4,8% = 18,7%  und 2,7/2.2% = 22,7%

Das ist sicher ein Gewinn, aber doch ein recht kleiner. Vor allem wenn man sieht das schon der Übergang LEO → GTO die Nutzlast um den Faktor 150% absenkt. Nur deswegen also neue Raketen zu konstruieren halte ich für unökonomisch.

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