Nun ist das angeblich unvorstellbare eingetreten, die Engländer haben für den Ausstieg gestimmt. Anders als die Politik, Wirtschaft und Buchmacher habe ich diesen Ausgang befürchtet. Seit ich denken kann gab es von der britischen Regierung immer wieder Ausstiegsdrohungen, wurde quergeschossen oder Sonderregelungen erzwungen. Das geht über die lange Zeit, nicht wenn man nicht den Rückhalt im eigenen Volk hat.
Ich halte es auch auf Dauer für die bessere Option. Warum? Nun, dass es knapp sein würde war vorher klar. Wenn deutlich für das Verbleiben gestimmt worden wäre, dann wäre das ein erstrebenswertes Votum gewesen. Das hätte die EU gestärkt und vor allem die Möglichkeiten der britischen Regierung stark beschränkt Sonderregelungen zu fordern. Wenn (was die meisten glaubten) man knapp für den Verbleib in der EU stimmt, wäre der Effekt weitaus schlechter gewesen als beim Breakxit. Das bedeutet nichts anderes, als das man dauernd damit rechnen müsste wenn die Briten sich wieder benachteiligt fühlen, das sie nochmals ein Votum starten – so wie jetzt die Schotten es nochmal mit der Unabhängigkeit versuchen. Man braucht dann nur einen kleinen Anlass und es wäre die ideale Ausgangsposition für die britische Regierung erneut Forderungen zu stellen, damit ja die Briten nicht nochmal abstimmen wollen.
So sind sie raus und das eröffnet einige Optionen. Das eine ist es seitens der EU in harten Verhandlungen die Bedingungen festzusetzen. Es gibt bei der Kooperation ja verschiedene Modelle. Wir haben ja jetzt schon einige Länder, die sind nicht in der EU aber es gibt enge Handelbeziehungen ohne Zölle, ohne große Ein/Ausreiseformalitäten und es gibt als Extrem könnte England ein Staat sein, der mit der EU nichts zu tun hat so wie Russland oder die USA. Ich plädiere für letzteres, denn wenn man aus der EU austreten kann und danach ist fast alles wie vorher, dann animiert das zum Nachmachen. Auch sehe ich nun einen kleineren Einfluss der Wirtschaftliberalsimusfraktion. Das man staatliche Infrastruktur privatisieren soll, alles europaweit ausschreiben muss. Solche Ideen kommen von England, wo man die Privatisierung ja schon in den Achtzigern gemacht hat – heute ist Wasser teuer und das Leitungsnetz marode weil Unternehmen nur Gewinn haben wollen, aber nicht investieren.
Das nächste ist das man nun ein Beispiel hat. Seit Jahrzehnten erzählen uns die Politiker und Wirtschaftsbosse, dass die EU gut für uns ist, auch ökonomisch. Nachprüfen kann das keiner und glaubt man Umfragen so glauben das auch nicht alle. Wenn nun wirklich die britische Wirtschaft nach dem Breakxit schwächelt, dann wäre es der Beweis, dass diese Aussagen stimmen. Schlecht wäre es wenn das nicht der Fall ist. Sollte es den Britten danach besser gehen, dann befürchte ich aber dürften noch mehr Länder auf die Idee kommen aus der EU auszutreten, vor allem die Nettoeinzahler und die sind ja sowieso in der Mindezahl.
Wird es nun eine Kettenreaktion geben? In den Nachrichten wurde ja schon vom Frexit, Nexit und Dexit (D=Dänemark) spekuliert. Ich sehe das nicht so. Es gibt sicher in diesen Ländern, wie auch in Deutschland europakritische Bewegungen. Doch anders als in England gab es dort noch nie die Forderung nach einem EU Ausstieg seitens der Regierung und dauernde Forderungen nach Sonderregelungen. Bei uns wird es ja bestimmt nicht dazu kommen, denn wir dürfen ja über so fundamentale Fragen gar nicht abstimmen.
Für England sind die Folgen ja jetzt schon absehbar. Schottland will eine erneute Abstimmung über die Unabhängigkeit. Nordirland hat wohl auch gegen den Breaxits gestimmt, aber keine Separationsgelüste. Nachdem die Briten in Jahrhunderten die irische Bevölkerung aus dem Land vertrieben haben und durch protestantische Siedler ersetzt, kommt zumindest kein Anschluss an Irland in Frage und alleine sein wollen sie wohl auch nicht sein, aber vielleicht schließen sie sich mit den Schotten zusammen? Es könnte sein das England bald seine offizielle Bezeichnung ändern könnte: denn ein „Vereinigtes Königreich“ ist es dann ja nicht mehr. Ich halte die Haltung der Schotten für gerechtfertigt, denn wenn England aus der EU austreten kann, sollte dann nicht auch Schottland aus dem „Vereinigten Königreich ausscheiden können? Wales war ja noch für den Breakxit. Doch könnte man auch dort umdenken, denn das Land ist das was man bei uns als strukturschwach bezeichnet, hat von der EU also Gelder bekommen. Wäre es unabhängig so würde das wieder eintreten und das könnte vielleicht in einigen Jahren dazu führen das nur noch England übrig ist, das kann sich dann ja in „Small Britain“ umbenennen….
Zumindest wäre es logisch, denn obwohl sonst jeder England als eine Einheit wahrnimmt, ist es zumindest bei Fußball so das es vier Nationalmannschaften gibt: drei davon sind ja immer noch bei der EM dabei. Das ist einzigartig, und bei anderen Sportereignissen (Olympia) gibt es das ja auch nicht. (Gibt es eigentlich auch 4 nationale Ligen?). Zum Schluss noch ein Abschiedsliedchen an die Briten: