Bernd Leitenbergers Blog

Ich pack mich ins Solarium und schlaf mich dunkelbraun

So, die letzten drei Tage war es bei mir etwas ruhig im Blog. Das hat ein paar Gründe. Zum einen fehlen mir wieder mal die Themen. Zum anderen war ich auch beschäftigt. Ich habe in den letzten Tagen Windows 7 neu installiert. Ich sehe bei einigen Lesern einige Fragezeichen auf der Stirn auftauchen. Ja und nicht ohne Grund. Ich bin als Windows 10 vor einem Jahr erschien umgestiegen. Wesentlicher Grund nach dem Ansehen einer Review in einer virtuellen Maschine war das die Skalierung von Schriften, da ich nur 25% eines normalsichtigen sehe. Die war deutlich besser als die von Windows.

Seit dem November Update stürzte bei mir der Debugger bei zwei verschiedenen Entwicklungsumgebungen reproduzierbar ab, was mich gefühlt in die Achtziger Jahre zurückversetzte. Seit dem August Update stürzte auch der Computer mit rätselhaften Fehlermeldungen ab. Dabei habe ich keine außergewöhnliche Hardware, sondern einen normalen Rechner ohne Extra-Karten. Auch keine außergewöhnlichen Hardwaretreiber, selbst der Virenscanner ist von Microsoft (nachdem mir 2012 mal der Avast ähnliche Abstürze beschert hat bin ich gewechselt).

So habe ich die letzten Tage verbracht Windows 7 neu zu installieren und einzurichten. Das erste mal seit langem. Seit Windows 7 2009 rauskam habe ich eigentlich immer alle Programme und Einstellungen übernommen. Bei Windows 7 war es sogar möglich, die Festplatte aus dem alten Rechner auszubauen und in den neuen einzubauen – die Treiber holt sich das Betriebssystem selbst. Leider klappt es nicht mit der Aktivierung, obwohl ich das Programm nur einmal aktiviert habe. Ich habe aber den Verdacht, dass der Key den ich noch von meiner Hochschulzeit habe einer ist der nicht für einen Computer alleine gilt.

Ich habe ja noch gut 20 Tage Zeit zum Experimentieren, bis dahin läuft der Probezeitraum. Dann sehe ich ob ich telefonisch aktvieren kann. Ganz wohl ist mir auch nicht denn irgendwann läuft auch der Servicezeitraum für Windows 7 aus. Ein stabileres Windows 10 wäre mir bedeutend lieber. In jedem falle ist mein bisher guter Eindruck von Microsoft doch ziemlich ramponiert. Nach Windows 2000 haben sie zumindest gute Betriebssysteme hinbekommen, wenn man mal über den üblichen Schweinezyklus hinwegsieht (einer guten Version folgte eine schlechte: Windows Vista, Windows 8 und jetzt das Anniversitary Upgrade von Windows 10?

Auf jeden Fall arbeite ich derzeit nicht viel, weil ich nicht zig Sachen zwischen beiden Installationen hin- und herschieben will. Fertiggestellt habe ich Arbeiten an meinem Buchaufsatz über die N-1, da ich viele Dinge bei Reichl verifizieren wollte und dann noch auf einiges gestoßen bin was ich ergänzen will. Ich warte aber noch auf ein Buch vom Mischin (Russische Mondprojekte) das ich auch einarbeiten will und wenn das alles erledigt ist kommt auch der Webaufsatz dran. Die beiden waren mal identisch sind aber inzwischen auseinandergelaufen. Wenn’s soweit ist gibt es das Kapitel als Download für die die schon das Buch haben.

Mein heutiges Thema ist recht kurz, daher die lange Einleitung. Es geht um eine Aussage die ich bei vielen Dokus schon gesehen habe: Die Raumfahrt wäre da wo die kommerzielle Luftfahrt Anfang der Dreißiger Jahre war: Leute konnten zwar fliegen, aber es war teuer, unbequem und die Flugzeiten waren lange. Ich glaube das nicht und werfe mal folgende, selbst gezeichnete und daher nicht perfekte Abbildung ins Rennen:

Die Kurve gibt es unter vielen Namen, der geläufigste ist der eines Produktlebenszyklus. Es zeigt die verkauften Teile pro Zeit. Ein Produkt wird zuerst erfunden und es beginnt die Innovationsphase – es wird schnell verbessert und immer mehr Leute kaufen es. Es ist aber noch vielen unbekannt. Danach flacht die Kurve in Teil 2 ab und es geht über in den Massenmarkt. In Teil 1+2 kaufen die „Early Adaptors“ das Produkt, in Teil „1“ auch Freaks wenn das Produkt eigentlich noch nicht ausgereift ist. Teil 3, der typisch die längste Zeit einnimmt, ist dann die Konsumphase oder der Massenmarkt, auch gerne Cash-Cow Phase genannt. Es werden über Jahre hinweg große Volumina verkauft. Irgendwann ist der Markt gesättigt oder (eher der Fall) es gibt etwas besseres und es beginnt Phase 4: der Abstieg. Es wird nun immer weniger verkauft. Dann wird oft die Produktion eingestellt.

Eine ähnliche Kurve, nur an der Y-Achse gespiegelt ist der Preis: Er ist anfangs hoch, sinkt dann rasch, bleibt bei der Massenphase weitestgehend konstant und steigt bei der „Auslaufphase“ wieder an. Die Kurve passt auch sehr gut zu technischen Eigenheiten wie Leistungsindikatoren, nur entfällt da die letzte Phase, weil die meist nicht schlechter werden. PC-Prozessoren waren z.B. über Jahrzehnte in Phase 1. Ab 2002 gingen sie in Phase 2 über: man konnte die Leistung kaum noch steigern und ging zu mehreren Kernen über. Heute sind wir in Phase 3: Die Zahl der Kerne ist konstant und ein PC der 3-4 Jahre alt ist, ist nicht wesentlich langsamer als ein neuer. Es könnte zu Phase 4 kommen, wenn der PC von anderen Geräten verdrängt wird, wie jetzt schon andeutungsweise sichtbar von Smartphones und Tabletts. Die Verkäufe sind schon seit einigen Jahren leicht rückläufig. Im Kleinen hat die Kurve der Z80 Prozessor hinter sich, der seit 40 Jahren produziert wird. Heute kaufen natürlich wenige einen 8-Bitter und so ist heute ein Z80 Prozessor teurer als Mitte der Achtziger, die Taktfrequenz von 8 MHz beim Basismodell ist auch unverändert seit fast 30 Jahren.

Nun was hat das mit der Luftfahrt und Raumfahrt zu tun? Nun es gibt da auch die Phasen. Bei der Luftfahrt konnte man erst nur Hüpfer machen. Nach 10 Jahren immerhin den Ärmelkanal überqueren, nach weiteren 20 Jahren den Atlantik und 10 Jahre später sogar den Atlantik mit Passagieren. Dann kam die Einführung des Düsenantriebs und die Zahl der Passagiere pro Flug stieg deutlich an, gleichzeitig sanken die Reisedauern auf weniger als die Hälfte der Zeit ab. Beides senkte den Preis pro Ticket ab. Heute noch ist der Passagiertransport in der Massenphase. Die hat dagegen die Beförderung über die See (zumindest bei Passagieren) schon hinter sich.

Der Vergleich mit der Weltraumfahrt hinkt aber wenn man sich das genauer ansieht. Nehmen wir mal technische Daten als Basis. Vergleicht man z.B. die Zahl der Passagiere pro Flugzeug über die Zeit, so stellt man fest das die Luftfahrt seit Einführung des Jumbo-Jets hier weitestgehend den Massenmarkt erreicht hat, die Kurve also stark abflacht. Ähnliches kann man bei den Trägern feststellen. Hier stieg die Nutzlast von einigen Kilogramm in den Orbit auf 10-20 t an die Mitte bis Ende der Sechziger erreicht wurden. Seitdem gibt es mehr Träger mit dieser Maximalnutzlast, aber keine größeren. Die Mondraketen die nur für einen bestimmten Zweck gebaut wurden mal ausgenommen. Sie bilden die Ausnahme wie die Concorde und Tu-144 bei den Flugzeugen Die Preise pro Kilogramm sind zwar stetig gesunken, aber nur langsam. Ariane 6 soll 50% billiger sein als Ariane 5 – das klingt viel, doch wird sie 25 Jahre nach ihr fliegen, das ist dann pro Jahr nur eine Reduktion um 2%. Ariane 5 flog dagegen 16 Jahre nach Ariane 1 und reduzierte die Kosten noch um 80%. Die Abnahme wird immer kleiner was ein Indiz ist, dass man sich mitten im Massenmarkt befindet, nicht aber wie die Prognose lautet in Phase 1, der Innovationsphase.

Betrachtet man es genauer so wird klar, das das Argument eine Krücke hat. Denn man bündelt unter „Kommerzieller Luftfahrt“ alles was nur fliegt. In Wirklichkeit kann man aber eigentlich zwei technische Entwicklungen dahinter sehen: Den Propellerantrieb und den Düsenantrieb. Das ganze begann mit dem Propellerantrieb, und betrachtet man den alleine, so hat er seine besten Zeiten hinter sich. Er wird nur noch auf der Kurzstrecke für Charter und wenige Passagiere eingesetzt. Er ist also längst in Phase 4 angekommen. Nur dadurch dass man den Düsenantrieb der in Phase 3 ist dazu nimmt kommt man auf diese Aussage. Der Unterschied: man hätte zwar als die Gebrüder Wright flogen mit den Mittelnd er Technik keinen Düsenantrieb bauen können, aber die physikalischen Grundlagen waren damals schon bekannt und es war klar, das ein solcher Antrieb technisch möglich ist.

Die Crux ist nun das wir auch zahlreiche Alternativen zum chemischen Antrieb (also die physikalischen Grundlagen verstanden haben) kennen, aber keine Einzige ist geeignet vom Erdboden abzuheben. Entweder sind sie zu schubschwach (Ionenantrieb, Sonnensegel) oder zu gefährlich (Atombomben deren Strahlung durch einen Schirm gebündelt wird und den Schub erzeugt). Das einzige was technisch gehen würde wäre ein Kernreaktor. Doch das auch nur theoretisch. Es fehlt der „Düsenantrieb“ der die Nutzlast steigert. Wir können Scramjets bauen die theoretisch Mach 12 erreichen, aber schon bei niedrigen Machzahlen heizen sich die Strukturen so auf, das Materialen überfordert sind.

Das einzige was die Kosten reduzieren könnte, ist Wiederverwendung und da ist man nach dem Fehlschlag des Space Shuttles vorsichtiger. Alle Bemühungen konzentrieren sich darauf die Erststufe zu bergen oder ihre Triebwerke. Das macht aber selbst beim Vorreiter SpaceX nicht den großen Spareffekt aus. SES will für den Jungfernflug 50% Abschlag, später wohl weniger. Mich würde überraschen wenn es auf Dauer die Starts um mehr als 30% verbilligt.  Damit ist man immer noch weit vom Massenmarkt entfernt.

Was gerne vergessen wird. Die Raumfahrt ist nicht so teuer weil die Raketen so teuer in der Produktion sind. Teuer sind die dauernden Kontrollen in der Produktion und die Startdurchführung. Alleine die macht 20-25% der Kosten der Rakete aus. Beim Flugzeug wäre das die Wartung. Auch ein Flugzeug wäre teuer wenn man so viel kontrollieren und warten würde. Man kann eben nicht eine Rakete wie ein Flugzeug nach er Übergabe erst mal einige Testflüge machen lassen und dann nachbessern und wenn es nach jedem Flug für Wochen in die Montagehalle müsste, wären die Flugtickets auch nicht so billig. Im Englischen sagt man es sind „Cutting edges“ Technologien, also Techniken, die an der Grenze sind was man machen kann wo dann der kleinste Fehler zu einem katastrophalen Versagen führt. Dann ist die mehrmalige Kontrolle die beste Vorgehensweise um sicher zu gehen. SpaceX hat da ja Lehrgeld bei den ersten Falcon 1 Starts gezahlt. Inzwischen haben sie wohl die Balance zwischen Kosten für Qualitätssicherung und Anstieg des Risikos durch Weglassen dieser gefunden.

Was möglich ist das sind die Suborbitalen Hopser. Durch die geringeren Anforderungen kommt man hier auch mit geringerer Wartung aus und dieser Bereich ist wirklich an der Grenze zum Massenmarkt. Nur muss man für einen Orbit eine fünfmal höhere Geschwindigkeit erreichen, was einer 25-mal höheren Energie entspricht. Würde  der Flug dann auch 25-mal teurer werden, so kommt man mit preisen von 25 x 200.000 $ = 5 Millionen $ pro Ticket auch in den Bereich der heute schon für einen Start auf der Sojus gezahlt wird oder den Bigelow für seine Raumstation berechnet (38 Millionen $).

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