Das ist die zusammenfassende Beurteilung zu Projekt Breakthrough, auf die mich ein Blogleser aufmerksam gemacht hat. Der Plan hört sich nach Wikipedia so an: man beschleunigt kleine Nanosonden mit einem riesigen Laser auf einen Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit zum nächsten Stern Alpha-Centauri wovon sie dann Daten übertragen.
Der Leser bezweifelte die Umsetzbarkeit dessen. Zu Recht.
Problem Kommunikation
Nimmt man bestehende Kommunikationssysteme (berechnet mit den Daten von New Horizons), dann bräuchte man eine 10 m große Kommunikationsantenne und einen Sender mit 17,5 kW Sendeleistung um mit 1 Bit/s von Alpha Centauri aus zu senden. Das bekommt man mit den Sonden die nicht mal ein Gramm wiegen dürfen nicht gestartet. Optishce Datenübertragung ist auch nicht viel besser, zumindest nicht solange wir als Empfänger nicht Teleskope errichten, die wirklich riesig sind. Zudem geht die Optik, die man dafür braucht bei den Beschleunigungen (siehe unten) kaputt. Selbst wenn – die Sonde durchquert das Sternensystem mit einem Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit (0,2 c), also die Entfernung Erde-Sonne z. B. in unter einer Stunde. Da klappen vielleicht noch einige Aufnahmen von Alpha Centauri. Doch sollte es Leben geben, das kann die Sonde nicht ermitteln, dazu huscht ein Planet mit 60.000 km/s an der Sonde vorbei.
Dann gäbe es noch die Problematik wie die Sonde mit Strom versorgt wird. Auf der Reise gibt es ja keine Sonneneinstrahlung. RTG dürften bei dem Gewicht genauso ausscheiden wie große Antennen.
Faktenlage
Soviel zur Frage die mir gestellt wurde, ob man damit Informationen gewinnen kann. Ich habe aber schon grundlegende Zweifel an der Umsetzbarkeit. Einige harte Fakten aus der Wikipedia:
- Beschleunigung durch 100 GW Laser
- Gewicht im Bereich von Gramm
- Zielgeschwindigkeit 60.000 km/s
- Beschleunigung 10.000 g
- Beschleunigungsstrecke 2 Millionen km
Plausibilitätsprüfung
Die Beschleunigung kann man bei Kenntnis der Strecke und Endgeschwindigkeit berechnen. Es gilt:
s = ½ * a* t ²
v = a * t
Wenn v = 60.000.000 m/s und s = 2.000.000.000 m gegeben sind, kann man t zu 66,67 s und a zu 900.000 m/s berechnen. Das sind rund 90.000 g
Doch machen wir mal die Gegenprobe.
Die Beschleunigung erfolgt durch Licht. Licht hat keine Masse, aber die Kraft, die es ausübt, kann man als Äquivalenzmasse ausdrücken nach den Gleichungen:
E= ½ m*c²
F= m*c
mit E = 100 GW und c = 299.792.458 m/s kommt man für 100 GW auf 2,225×10-6 kg Äquivalenzmasse und einen Schub von 667,1 N.
Um mit 667,1 N eine Beschleunigung von 900.000 m/s zu erreichen so kommt man
a = F /m
auf eine Masse von 0,741 g
Der Artikel spricht von einigen Gramm, doch mit dem Equipment könnte man maximal 0,74 g beschleunigen. In Wirklichkeit wird es aber weniger sein, weil ich hier relativistische Effekte außen vor gelassen habe. Bei Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit braucht man sukzessive immer mehr Energie zur Beschleunigung. Der Fehler ist bei einem Fünftel der Lichtgeschwindigkeit aber klein.
Problem Energieübertragung
Normale Solarsegel die wir heute haben erreichen Flächendichten von 5 g/m². 0,741 g wären dann nicht mal 0,15 m² groß. Theoretisch postuliert, aber nicht technisch umgesetzt, wäre es einen Kunststoff mit Aluminium zu beschichten. Der Kunststoff würde dann abgetragen werden und die nur Mikrometer dicke Schicht aus Aluminium bleibt übrig. Wie man die heil ins Weltall bringt ist heute noch ungelöst. Theoretisch könnte man einen Kunststoff nehmen der sich durch Licht zersetzt und ihn dann durch die solare UV-Strahlung abtragen lassen. Dann käme man auf ein Flächengewicht von 0,27 g/m². Das Segel wäre dann 2,75 m² groß.
Auf diese Fläche treffen dann 100 GW Leistung pro Sekunde, das ist die 1.600-fache Energie welche die Sonnenoberfläche auf der gleichen Fläche abgibt. Aluminium hat bis zu 95% Reflexionsgrad. Die Fläche nimmt pro Sekunde also 5 GW an Leistung auf. Das dürfte mühelos ausreichen sie in Sekundenbruchteilen verdampfen zu lassen. Bei einer Demonstration für SDI konnte ein 2 MW MIRACL-II Laser eine blankpolierte Titan II Hülle innerhalb von Sekundenbruchteilen zum Bersten bringen und hier reden wir von der 50.000 fachen Energie. Pro Sekunde werden 5 GW von weniger als 1 g Materie aufgenommen. Bei Kernspaltung von Uran wird 204 MeV pro Kern frei. Umgerechnet auf normale Energie ist das bei Atommasse 235 8,12×1010 W/g. In 16 s wird dem Bruchstück so viel Energie übertragen, wie es freisetzen würde wenn es der Kern einer Atombombe wäre! Und es soll viermal länger beschleunigt werden.
Problem Fokussierung
Es ist meiner Ansicht nach schon zweifelhaft, ob man die Energie so fokussieren kann. Der Mond ist 380.000 km entfernt und wird seit Jahrzehnten von Lasern angepeilt die Laserreflektoren von bemannten und unbemannten Missionen nutzen um die Entfernung Erde-Mond zu bestimmen. Beim LLR ist die ausgeleuchtete Fläche schon 70 km². Hier kann zwar der Startpunkt nahe der Erde liegen, doch der Endpunkt soll ja 2 Millionen km entfernt sein, also siebenmal weiter als der Mond entfernt. Man muss dann aber nicht auf 70.000.000 m² sondern 0,15 bis 2,75 m² fokussieren. Wie das gehen soll würde mich interessieren, zumal es nicht ein Laser sein soll, sondern viele. Denn 100 GW Laser bekommt man nicht realisiert. Es zählt ja nicht die Spitzenleistung eines Impulses (da kann man 100 GW durchaus erreichen), sondern die Dauerleistung. Man bräuchte dafür also 100 Kraftwerke à 1 GW. Daher wird man sehr viele Laser einsetzen. Der Mircal-II Laser, ein chemischer Laser lieferte 1 MW über 70 s. Davon bräuchte man dann 100.000 Stück. Die alle müssten auf eine Fläche unter 1 m² in bis zu 2 Millionen km Entfernung zielen – ich kenne Nichts womit man ein Teleskop, auf das der Laser ja seine Impulse wirft – so genau ausrichten kann. Das Keck Teleskop kann auf 4 Bogensekunden ausgerichtet werden. 1 m in 2 Millionen km Entfernung sind aber 0,0001 Bogensekunden – 40.000-mal genauer.
Zusammenfassung
Es klappt aus vielen Gründen nicht. Man bekommt in dem Gewicht weder die Ausrüstung unter noch würde sie die Beschleunigung überleben. Man kann Laserlicht nicht so gut auf eine kleine Fläche fokussieren und bündeln das man effektiv beschleunigen kann. Ob man so viele Laser jemals finanzieren kann, ist eine andere Frage und zuletzt dürfte schon nach einem Bruchteil einer Sekunde nichts mehr zum Beschleunigen da sein, weil die Energie ausreicht alles zu verdampfen. Selbst wenn – Daten von Alpha Centauri könnte man keine übertragen und damit man Forschung dort betreiben kann müsste man ja dort wieder abbremsen.