Bernd Leitenbergers Blog

Durch nichts tun zum Mars

Durch nichts tun zum Mars,

und das auch noch ohne Geld? In letzter Zeit wird mal wieder so getan, als ob eine bemannte Marsexpedition nur ein Klacks wäre. Dabei wird völlig ignoriert, dass dazu viel mehr als nur der Transport zum Mars und zurück gehört. Für alles andere fehlen die Voraussetzungen, und es wird kaum etwas getan um das zu ändern.

Musks Marsprojekt setzt die Treibstoffproduktion auf dem Mars voraus. Das erfordert die Gewinnung von Wasser als Rohstoff, auch für die Gewinnung von Atemluft. Der erste Schritt dazu wäre eine gründliche Lagerstätten-Erkundung. Kenntnis der Abbau-Bedingungen, Wassergehalt und Verunreinigungen sind die Grundlage für die Entwicklung einer optimalen Förder- und Verarbeitungstechnologie. Aktueller Stand: Die für eine Lagerstätten-Erkundung nötigen Sonden existieren noch nicht einmal auf dem Papier.

Um sicherzugehen, daß auch wirklich Treibstoff in der nötigen Menge hergestellt werden kann, müßte eine vollautomatische Rohstoff-Förderung und eine Anlage zur Treibstoffproduktion schon mindestens ein Startfenster vor der Besatzung die Arbeit aufnehmen und dann jahrelang ohne Wartung und Reparaturen laufen. Und das unter Marsbedingungen. Beim gegenwärtigen Stand der Technik recht utopisch.

Das nächste Problem für eine wenigstens halbwegs autonome Basis ist die Energieversorgung. Kohle und Erdöl gibt es auf dem Mars nicht. Und selbst wenn fehlt der Sauerstoff zum Verbrennen. Für Windkraftanlagen ist die Atmosphäre zu dünn. Solarenergie kann kaum in den nötigen Mengen erzeugt werden, schon weil beim Mars nur noch etwa die Hälfte der Sonnenenergie wie bei der Erde ankommt. Und was wird bei Nacht? Schon für die Heizung der Gebäude ist gerade wenn die Sonne nicht scheint besonders viel Energie nötig. Für Energiespeicherung im großtechnischen Maßstab gibt es auf der Erde bis jetzt nur eine ausgereifte Lösung: Pumpspeicherwerke. Die erfordern aber große Mengen flüssiges Wasser, und das gibt es auf dem Mars nicht. Ein Ausweg könnte Kernfussion sein, aber auch da wird mehr gebremst als geforscht.

Grundvoraussetzung für eine Marskolonie ist eine autonome Versorgung mit Nahrung und Luft, denn wenn das alles zum Mars geschleppt werden muß wird es wirklich teuer. Versuche dazu wie Biosphäre 2 und 3 haben aber noch nicht mal richtig auf der Erde funktioniert. Anstatt weiterzuforschen wurden diese Projekte vorsichtshalber eingestellt. Mal abgesehen von der Frage, ob Pflanzen überhaupt mit der Marsgravitation klarkommen.

Bei einer ersten kleinen Expedition ginge es notfalls auch ohne, besonders wenn keine Landung erfolgen soll. Eine Besiedlung ist aber ohne die Produktion wenigstens der wichtigsten Versorgungsgüter vor Ort undenkbar.

Einige Probleme könnte eine rotierende Raumstation klären, mit der die Marsgravitation simmuliert werden könnte. Auch für die Besatzung liese sich so ein Marsflug simmulieren. Ein Langzeit-Aufenthalt auf der ISS wäre der „Hinflug“. Eine „Landung“ auf der Station mit Marsgravitation entspräche dem Aufenthalt auf dem Mars. Der „Rückflug“ wäre dann wieder auf der ISS möglich. Später könnte diese Station dann verwendet werden, um nach Langzeitflügen die Besatzung langsam wieder an die Gravitation zu gewöhnen. Aber wie sieht es in der Realität aus? Das (für diesen Zweck auch noch viel zu kleine) Zentrifugenmodul für die ISS verrottet in einem Museum.

Mit diesen Voraussetzungen werden Pläne wie Mars direct nur zu einer besonders teuren und umständlichen Form der aktiven Sterbehilfe.

Kurz zusammengefaßt: Musks Super-Marsrakete setzt eine funktionierende Infrastruktur auf dem Mars voraus. Die gibt es aber noch nicht mal auf dem Papier, und es wird auch absolut nichts getan um das zu ändern. Da kann sich Jeder selbst ausrechnen, wie realistisch der ganze Marsrummel ist.

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