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Der Compaq 386 - Die Wachablösung

IBM PC 1981 erschien der IBM PC auf dem Markt - spät aber nicht zu spät. IBM hatte den Markt der kleinen Rechner lange unterschätzt. Man meinte das diese Rechner zu wenig Leistung hätten, um überhaupt irgendetwas damit zu machen. Außerdem war man im Bereich der großen Rechner führend und IBMs Systeme waren so ausgelegt, das ein großer Rechner dutzende kleiner Terminals bedienen konnte - Geräte mit einem Bildschirm wie ein PC, aber nur einem kleinen Prozessor und einem kleinen Speicher. Sie konnten nur die Eingaben entgegennehmen und an den Großrechner schicken, die Ausgaben ausgeben und mehr nicht. Die gesamte Rechenarbeit und die Daten lagen im Großrechner der nicht einmal physikalisch anwesend sein musste sondern durch Datenleitungen angeschlossen werden konnte.

Ende der siebziger Jahre bekamen IBM Vertreter aber immer mehr von den kleinen Rechnern zu hören. Anstatt das man bei kleinen Problemen sich um Rechenzeit auf dem Großrechner bemühte, schrieb man auf einem Apple oder einem Tandy ein Programm. Nicht weil es einfacher gewesen wäre, sondern weil man unabhängiger war. Es kam im August 1979 zu einer Krisensitzung, in der IBM feststellte das einiges im Argen lag:

Einzig Bill Loewe, Leiter der vergleichsweise kleinen Außenstelle in Bocca Raton meinte er könnte mit seinem kleinen Team in 14 Tagen ein alternatives Konzept erarbeiten. Er konnte den Vorstandsvorsitzenden davon überzeugen, das dieses Konzept es erlaubte einen PC in einem Jahr zu bauen, aber es war radikal:

Die ersten beiden Punkte aus Zeitgründen - es hätte zu lange gedauert, der letzte aus Kostengründen. Erstaunlicherweise schluckte das Management das Konzept und beauftragte den Manager Philipp Estridge mit der Verwirklichung.

Man entschied sich Standardbauteile zu verwenden die auch andere Hersteller benutzten. Die Wahl des 8088 als Zentralprozessor bedeutete einen Fortschritt gegenüber den 8 Bit Rechnern , da er 1024 Kilobyte anstatt 64 adressieren konnte, gleichzeitig erlaubte er die Verwendung von 8 Bit Halbleiterbausteinen, weil der Datenbus nur 8 Bit breit war und er war nicht wie andere 16 Bit Prozessoren besonders schnell, damit war der neue PC keine Bedrohung für den Verkauf der schnelleren und teureren Minicomputer.

Die Software wollte man von Microsoft kaufen, eine Story die hier schon an anderer Stelle erzählt worden ist. Damit enthielt der gesamte IBM PC nur einen Baustein der wirklich nur von IBM alleine kommen konnte: Das BIOS. Es enthielt die Routinen zum Starten des Betriebssystems (von Kassette oder Diskette) und die elementaren Routinen zum Ansprechen der Hardware.

Mit der Vorstellung des IBM PC explodierte der Markt. Es war als wäre der PC plötzlich gesellschaftsfähig geworden. Aus dem Spielzeug für Freaks wurde über Nacht ein Werkzeug für alle. Oder wie es ein Wirtschaftswissenschaftler ausdrückte "Noch niemals ist in Amerika jemand dafür entlassen worden, das er von IBM gekauft hat". Aber der IBM PC war auch teuer: Eine monochrome Grundausrüstung kostete 3000 USD, in Farbe 6000 USD, in Deutschland durch den hohen Dollarkurs kostete ein Monochromsystem mit zwei Laufwerken 11700 DM. Ein Apple mit vergleichbarer Ausstattung war dagegen erheblich billiger.

compaq PortableDies rief zahlreiche Hersteller von Clones auf den Markt. Die ersten Clones waren nur MS-DOS Kompatibel. Das heißt jedes Programm lief, wenn es über MS-DOS auf die Hardware zugriff. Es gab von 1981-1984 zahlreiche dieser MS-DOS Klones. Einige wie der Sirius waren keine Klones, sondern Geräte die durch ihre Leistung (schneller 8086 Prozessor, 800 x 400 Punkte Grafik, von Anfang an verfügbare Festplatte) dem IBM weit überlegen waren. Doch dann begann das was auch bei anderen Rechnern gang und gäbe waren. Viele Firmen machten ihre Programme schneller indem sie MS-DOS umgingen und direkt das BIOS nutzen oder sogar direkt auf den Speicher zugriffen. Die MS-DOS Klones konnten solche Programme nicht ausführen. Doch wie sollte man die Urheberrechtsprobleme mit dem IBM BIOS lösen?

Die Firmengründer von Compaq beauftragten die damals noch neue Firma Phoenix mit dieser Aufgabe. Diese kamen auf die Idee: Sie wandten die Technik des Reverse Engineering an: Ein Team von 150 Ingenieuren, die noch nie einen IBM PC gesehen hatten, bekamen das BIOS Listing, das man aus dem EPROM extrahieren konnte. Sie analysierten damit, was das BIOS machte - wichtig war nicht der Code, sondern wessen Zweck diente er? Eine zweite Gruppe bekam dann, die daraus erstellten Spezifikationen an ein BIOS und programmierte ein neues. Damit waren die Urheberrechtsprobleme gelöst.

Compaq wurde sehr bald zum führenden Hersteller von IBM PC Clones. Sie verstanden es immer sich nicht nur durch den Preis von IBM abzuheben, sondern durch die Leistung. So war der erste Compaq PC ein tragbarer Rechner - einen solchen boten IBM damals nicht an. Ansonsten glich er in vielen Bereichen dem IBM PC: Er hatte 128 KB Speicher (spätere Versionen 256 KB), einen mit 4.77 MHz getakteten 8088 Prozessor, und ein 360 KByte Disklaufwerk. Neu war der eingebaute Monitor mit 9 Zoll Durchmesser. Noch wagte Compaq nicht IBM durch einen 8 MHz 8088 oder gar 8086 Prozessor die Stirn zu bieten, wie andere Hersteller, die schnellere Prozessoren verwandten.

IBM erlangte bald 50 % Marktanteil, doch dieser Anteil schwand immer mehr. Es war einfach mit IBM zu konkurrieren, denn ihre Rechner waren schweineteuer. Ein Clone eines Markenherstellers wie von Apricot, Compaq oder Commodore war um ein Drittel billiger und so genannte "Taiwan" Nachbauten kosteten weniger als die Hälfte. Lediglich HP war teurer als IBM, getreu ihrem Namen:"High Price". IBM war auch Träge. 1982 erschienen die Nachfolgemodelle des 8086 die Prozessoren 80186 und 80286. Erster war ein schnellerer 8086 mit einigen integrierten Zusatzbausteinen, der letztere ein neuer Prozessor der 2,4 mal schneller war und 16 MB adressieren konnte. Doch erst 1984 stellte IBM einen PC auf der Basis dieses Prozessors vor, den IBM PC AT - die darauf basierende Bus-Technologie stirbt erst jetzt endgültig aus: Es sind die ISA Slots.

Zwischendurch brachte IBM noch mit der EGA Grafikkarte einen etwas besseren Grafikstandard auf den Markt, aber die gesamte Weiterentwicklung des IBM PCs von 1981 bis 1986 war doch sehr bescheiden, orientiert man sich in der gleichen Zeit neu erschienen Maschinen wie dem Macintosh, Atari ST oder Amiga.

So verwundert es nicht, das 1986 Compaq eine Trendwende einläutete: Erstmals brachten sie einen PC mit einem neuen Intel Prozessor vor IBM heraus. Der Compaq Deskpro 16 war von der Technik her ein gute Lösung. Einerseits konnte man in ihm jede PC Peripherie verbauen. Andererseits hatte er einen Slot, der die volle Adress- und Datenbreite von 32 Bit hatte, um dort z.B. eine Speichererweiterung einzubauen. Er riskierte es, nicht allzu sehr von dem abzuweichen, was man damals schon "Industriestandard" nannte.

IBM stellte ein Jahr später ihre Lösung vor: Erstmals seit 3 Jahren wieder eine Neuerung. Die von IBM "PS/2" genannte Architektur sollte den IBM PC mit seinem ISA Bus und DOS ablösen:

Der allgemeine Tenor war, das dies vor einem diente: die Architektur von einem offenen in ein geschlossenes System zu verwandeln. Denn sowohl Microchannel wie OS/2 waren IBM Entwicklungen. Man verkannte, das der Microchannel in Hinsicht von Leistung und Signalstabilität dem AT Bus weit überlegen war, und mit OS/2 endlich ein Betriebssystem vorlag das 32 bittig war und nicht auf 1 MB beschränkt.

Compaq Deskpro 25Doch PC Benutzer sind in ihrem Verhalten Kühen zu vergleichen: Obgleich MS-DOS und die PC Architektur damals schon 6 Jahre alt waren und inzwischen jeder PC mehr als die 640 KByte Speicher hatte, die MS-DOS unterstützte hielten sie diesem System die Treue. Nur keine Veränderungen bitte! So musste der normale PC Benutzer noch weitere 8 Jahre warten bis mit Windows 95 ein Betriebssystem vorlag, welches 32 bittig war. Mit Windows XP verschwindet erst 15 Jahre nach der Vorstellung von OS/2 der letzte 16 Bit Code aus Windows.

Die Auswirkungen der PS/2 Serie auf die Industrie waren jedoch dramatisch. Nach der IBM Abkehr von den Standards fehlte auch die treibende Kraft für neue Innovationen. VGA und 3.5" Diskettenlaufwerk fanden noch ihren Weg in den PC doch damit war's auch. Alles was danach kam war kein allgemeiner Standard mehr, bis zwei Firmen ihren Firmenstandard durchsetzten: Microsoft mit Windows und Intel mit dem PCI Bussystem, nachdem man 1993 die Situation hatte das die meisten Karten und auch einige Peripheriegeräte mehr Daten ablieferten als es der mit 8 MHz getaktete ISA Bus weiterleiten konnte.

In der Summe bedeutete die Verlust der Vorherrschaft von IBM auch den Verlust von Standards: Oder um es anders auszudrücken, in den achtziger Jahren gab es nicht innerhalb von 5 Jahren 7 verschiedene Prozessorsockel und 4 verschiedene Speicherbausteine. Seit Intel als Hardware Hersteller und Microsoft als Softwarehersteller den Ton angeben, was Standards bedeuten, hat man die verrückte Situation das sich Hardwarestandards in Monates oder Jahresfrist ändern. Die Unterstützung durch das Betriebssystem dem aber weit hinterherhinkt. Bei Schnittstellen geht dies noch, doch was die Codebasis angeht, so ist Microsoft erst bei seit 1989 geltenden Standard 486 Prozessor angekommen.

Compaq dagegen wuchs und wurde bald zum Marktführer. Sie versuchten in neue Bereiche einzudringen und übernahmen 1998 mit DEC ebenfalls eine Firma mit gutem Klang in der Computerbranche: Die VAX von DEC war der bekannteste Mini Computer und spielte sogar die Hauptrolle in einem Tatort, nachdem bekannt wurde, das die Sowjets diesen Rechner ins Land schmuggeln ließen um die SS-20 zu steuern. 1998 war DEC in Besitz des schnellsten, leistungsfähigsten und Zukunftsträchtigsten Mikroprozessors - des Alpha Chips. Doch hier verkalkulierte sich Compaq. Die unterschiedliche Firmenkultur führte dazu dass führende Entwickler der Firma den Rücken kehrten und bei AMD anheuerten - und mal so eben den Athlon Prozessor entwickelten. 2001 kaufte nun in kurzen Abständen erst Intel die Alpha Entwicklung auf (Ein Konkurrent weniger) und dann wurde Compaq von Hewlett Packard geschluckt. So endete eine nur 20 Jährige Firmengeschichte.


Zum Thema Computer ist auch von mir ein Buch erschienen. "Computergeschichte(n)" beinhaltet, das was der Titel aussagt: einzelne Episoden aus der Frühzeit des PC. Es sind Episoden aus den Lebensläufen von Ed Roberts, Bill Gates, Steve Jobs, Stephen Wozniak, Gary Kildall, Adam Osborne, Jack Tramiel und Chuck Peddle und wie sie den PC schufen.

Das Buch wird abgerundet durch eine kurze Erklärung der Computertechnik vor dem PC, sowie einer Zusammenfassung was danach geschah, als die Claims abgesteckt waren. Ich habe versucht ein Buch zu schreiben, dass sie dahingehend von anderen Büchern abhebt, dass es nicht nur Geschichte erzählt sondern auch erklärt warum bestimmte Produkte erfolgreich waren, also auf die Technik eingeht.

Die 2014 erschienene zweite Auflage wurde aktualisiert und leicht erweitert. Die umfangreichste Änderung ist ein 60 Seiten starkes Kapitel über Seymour Cray und die von ihm entworfenen Supercomputer. Bedingt durch Preissenkungen bei Neuauflagen ist es mit 19,90 Euro trotz gestiegenem Umfang um 5 Euro billiger als die erste Auflage. Es ist auch als e-Book für 10,99 Euro erschienen.

Mehr über das Buch auf dieser eigenen Seite.

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© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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