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Die Geschichte von CP/M

Ich habe bereits vor Jahrzehnten einen Beitrag über CP/M geschrieben, inzwischen besitze ich zwei neue CP/M Rechner und habe mich mehr mit der Materie befasst, sodass ich in diesem neuen Artikel das Thema nochmals aber ausführlicher behandeln will. Dieser Artikel befasst sich mit der Geschichte von CP/M, genauer gesagt CP/M-80 der Version für den 8080 Prozessor. In einem zweiten Artikel geht es dagegen um Technik die hinter dem Betriebssystem steckt.

Die Geschichte von CP/M

Diw Geschichte von CP/M ist eine völlig andere als die der Entstehung des Altairs oder der Geburt von Microsoft Basic, die beide in einigen Monaten entwickelt wurden. Es ist eine Geschichte, die sich über Jahre hinzieht und die schon vor der Geburt des Mikrocomputers begann. Eng verbunden – und das wird so bleiben ist die Geschichte mit Gary Kildall. Gary Kildall war Sohn eines Navy-Offiziers und er hatte so auch an der Navy studiert und später auch bei der Navy einen Abschluss als Doktor der Computerwissenschaften erworben. Er blieb bei der Navy und arbeitete ab 1972 als Professor bei der Navy Postgraduate School (NPS) in Monterey, Kalifornien.

1972 erschien auch der Intel 4004 Mikroprozessor. Wie viele andere, träumte Gary Kildall davon, einen eigenen Computer zu besitzen. Das war bis dahin für Privatpersonen aufgrund der Preise nicht möglich. Mit dem Intel 4004 war wenigstens die CPU eines sehr einfachen Prozessors auf einem Chip. So wurde Kildall auf den Prozessor aufmerksam. Er kostete in großen Stückzahlen 25 Dollar. Mit dem Chip konnte Kildall alleine aber nichts anfangen. Er hätte mindestens 1.700 Dollar in ein SIM4-01 Entwicklungssystem, eine komplette Platine mit EPROM Sockeln und RAM und Anschlüssen für Peripheriegeräte investieren müssen, was er sich bei einem Jahresgehalt von 25.000 Dollar nicht leisten konnte.

So programmierte er auf einer IBM System/370, einem 3 Millionen Dollar teuren Großrechner der NPS einen Simulator für den 4004 Prozessor. Den Befehlssatz des Intel 4004 fand Kildall grauenvoll, aber er war eben der erste und eine zeitlang auch einzige verfügbare Prozessor. Er war auch als 4 Bit Prozessor speziell ausgelegt um in einem Tischrechner verbaut zu werden. Das erste Programm das er entwickelte waren trigonometrische Routinen mit denen der Prozessor Sinus, Cosinus und Tangens berechnen konnte. Damit wandte er sich an Intel und wollte beides gegen ein Sim4-01 Board tauschen. Bob Garrow von Intel hatte keine Verwendung für den Emulator, aber für die trigonometrischen Routinen bekam Gary Kildall sein Entwicklungssystem. Das SIM4-01 hatte 1 KByte RAM und vier Sockel für jeweils 256 Byte fassende EPROMs. Er entwickelte Programme, wie einen BCD-Rechner. Den brauchte man um Berechnungen im Finanzumfeld ohne Rundungsfehler durchführen zu können. Er schrieb Veröffentlichungen und nahm an Konferenzen teil, so wurde er bekannt.

Gary Kildall konnte sein Kit bald auch durch einen ASR-33 Fernschreiber erweitern. Er bekam ihn im Austausch gegen ein Diagnoseprogramm für den 4004 von einer Restaurierwerkstatt. Damit wurde die Entwicklung deutlich einfacher. Der Fernschreiber war damals das gängige Ein-/Ausgabegerät für Minicomputer. Er war Massenspeicher, Eingabe- und Ausgabegerät in einem: Über die Tastatur gab man die Programmzeilen ein, die auf einem Lochstreifen gespeichert wurden. Den Lochstreifen konnte man später einlesen und in ein EPROM ablagen.

1973 wurde Gary Kildall zu einem freien Mitarbeiter für Intel. Er arbeitete einen Tag pro Woche für die Firma. Zusammen mit Bill Byerly und Ken Burgett teilte er sich ein kleines Büro. Seine Aufgabe bestand darin, einen Emulator für den neuen 8008 Prozessor zu entwickeln, so wie er dies schon früher den 4004 getan hatte. Inzwischen hatte Intel die Vorteile erkannt, denn so brauchte man für die Softwareentwicklung kein Entwicklungssystem und der Großrechner, auf dem der Emulator lief, bot auch mehr Komfort als diese minimalistischen Kits.

Auch das NPS richtet ebenfalls 1973 ein Microcomputerlab ein, in dem Studenten sich an den neuen Geräten ausprobieren können. Aus ihm entstehen sogar Produkte, so eine Uhr für Navy-Taucher, die anhand der Tiefe berechnet wie lange man noch tauchen darf und wie lange man sich Zeit für das stufenweise auftauchen lassen muss. Es ist anfangs mit Intels SIM4-01 ausgestattet, das NPS möchte aber auf die neuen Intellec 8 Kits für den 8008 Prozessor upgraden. Bekannte Absolventen des Labors sind Gordon Eubank der später C-BASIC entwickelt und zu den Gründern von Symantec gehört und Glenn Ewing der den IMSAI 8080 mitentwickelte. Gary Kildall beginnt nun eine höhere Programmiersprache für die Systemprogrammierung zu entwickeln. Mit ihr soll man Betriebsysteme und seine Dienstprogramme entwickeln können. Das geschah vorher in Assembler. Die neue Sprache getauft „PL/M“ für Programming Language for Microprocessors“ ist effizient, braucht wenig Speicher und erzeugt schnellen Code. In ihr wird später CP/M programmiert werden. Die Entwicklung von PL/M für den 8008 gestaltet sich schwierig, denn die wichtigste Einschränkung des 8008 war, das er nur acht Einträge für den Stack hat – auf dem Stack werden, wenn Unterprogramme aufgerufen werden, die Rücksprungadresse und oft auch die Register „gesichert“. Mit nur acht Einträgen war dies ein sehr kleiner Stack. Masatoshi Shima der den Intel 4004 mitentwickelt hatte, half Kildall die Schwäche zu umgehen.

PL/M einstand zuerst auf einem Emulator auf einer PDP-10. Kildall wollte aber die gesamte Entwicklung auf dem Intellec 8 Board für den 8008 durchführen. Das hatte standardmäßig nur 4 KByte Speicher. Man konnte es durch Speichermodule um jeweils 4 KByte erweitern, bis zu einem Maximalspeicher von 16 KByte, mehr konnte der 8008 nicht adressieren. Ein solches Speichermodul kostet allerdings rund 1.000 Dollar. Kildall verkaufte weitere Software und bekam so die 1.700 Dollar zusammen, die er brauchte für ein Videoterminal und einen Drucker. Damit hatte er praktisch einen PC – bis auf die Tatsache das er noch keinen Massenspeicher hatte, der Daten magnetisch auf einer Disk oder einem Band ablegte. 1.700 Dollar waren damals viel mehr wert als heute. Kildalls Gehalt als Professor betrug 20.000 Dollar im Jahr, das heißt diese Ausgabe entsprach einem Monatsgehalt, heute (2025) im Gehalt eher 10.000 Dollar. Den Kredit dafür zahlte Kildall noch lange ab. Das war 1973, zwei Jahre bevor der Altair 8800 erscheint und dabei war dieses System leistungsfähiger als ein Altair.

Der Intel 8080 und PL/M

Bald darauf brauchte Intel den 8080 Prozessor heraus. Auch wenn der Name wie ein „Upgrade“ des 8008 aussieht, handelte war es doch ein neuer Prozessor. Er war viel schneller, konnte viermal so viel Speicher adressieren und das Stackproblem war gelost indem dieser nun im Arbeitsspeicher lag und so theoretisch über 32000 Einträge hatte. Kildall wollte unbedingt ein Intellec 8/80 System, das war das Intellec 8 System aufgerüstet für den 8080.

Was noch fehlte, für Kildall Traum eines eigenen Computers, war ein Massenspeicher. Es gab schon Floppy Disks. 1971 hatte sie IBM eingeführt, um Betriebssystemupdates einfacher zu machen. Diese erste Floppy Disks waren nur einmal beschreibbar. 1972 stellte Memorex die erste wiederbeschreibbare Floppy vor. Sie hatte ein 8-Zoll-Format und konnte unformatiert 250.000 Zeichen (formatiert üblicherweise etwa 2/3 bis ¾ der unformatierten Kapazität) fassen und mit 10.000 Zeichen/s auslesen – der Fernschreiber schaffte nur 10 Zeichen/s und das Videoterminal typisch 1.000 Zeichen/s. Alan Shugart gründete die Firma Shugart Associates, welche die Laufwerke drastisch verbilligen sollte. Trotzdem kostete ein 8 Zoll Diskettenlaufwerk damals 1.500 Dollar und der Controller kostete weitere 1.500 bzw. 3.000 Dollar (das ist aus Kildalls Erinnerungen nicht ganz eindeutig, der Satz lautet: „Those payments on my new CRT didn’t gave any margin for a floppy disk drive at $1500, plus controller at $3000.“). Kildall gab (fälschlicherweise) bei Shugart an, er wäre (fester) Intel Mitarbeiter und konnte so Finis Connor, Marketing Manager überzeugen, ihm ein 8 Zoll Floppylaufwerk zu geben. Er bekam eines das die Lebensdauertests absolviert hatte und so schon 10.000 Betriebsstunden auf dem Buckel hatte. Dazu neue Schreib-/Leseköpfe mit denen die Information geschrieben und gelesen wurde, um die alten abgenutzten (die Köpfe liegen auf der Diskette auf und werden so abgenutzt) Köpfe zu ersetzen.

Nun hatte er ein Diskettenlaufwerk, aber keinen Kontroller und er musste die Schreib-/Leseköpfe ersetzen. Das Laufwerk war so nutzlos und so stand das Laufwerk für ein Jahr nur im Büro herum. Bob Garrow, Vorgesetzter der „Software Division“ (die aus drei Leuten inklusive Kildall bestand) gab Kildall das Design eines Diskkontrollers, das Intel erarbeitet hatte. Kildall kaufte die Teile, brachte die Hardware aber nicht zum Laufen. Er war Softwerker und kannte sich mit Hardware kaum aus. Kildall brauchte jemanden, der sich mit Hardware auskannte, um das Laufwerk zum Laufen zu bringe. Ein Diskettenkontroller ist keine triviale Hardware, nicht umsonst war er genauso teuer wie das Laufwerk selbst. Für jedes Bit steht zum Schreiben 1/125.000 Sekunde zur Verfügung. Die Zeitdauer für ein Bit muss immer gleich sein. Das gilt auch für andere Informationen die geschrieben oder gelesen werden. Dazu kommen Verwaltungsinformationen für jeden Sektor, es gibt definierte Pausen, um diese auszuwerten und es werden Prüfsummen über die geschriebenen Daten erzeugt und geschrieben bzw. beim Lesen wieder verglichen. Das ist eine komplexe, zeitkritische Aufgabe. Dazu brauchte man viele Chips. Beim Xerox Alto der etwa zeitgleich entstand, waren es 55 Bauteile. Selbst als in den Achtziger Jahren es integrierte Bausteine für die Arbeit gab waren diese so komplex, dass sie wesentlich teurer als die CPUs waren. Der Diskettenkontroller war so erheblich komplexer als das Intellec-System das er schon hatte.

Gary Kildall wendet sich wieder seinem Emulator zu. Er schreibt dort das Betriebssystem für das Diskettenlaufwerk, das er CP/M für Control Programm for Microcomputers nennt. Der einzige Zweck dieser ersten Version war es eine Programmierplattform für die PL/M Entwicklung zu haben, nicht mehr und nicht weniger. Er schreibt auch einen kleinen Editor: Ed.

1974, nach einem Jahr hat er die Gelegenheit die Hardware zum Laufen zu bekommen. John Torode, ein Freund von der Universität von Washington, hat einen Doktor in Electrical Engineering. Doch selbst Torode braucht Monate um den Controller zum Laufen zu bringen. Schließlich ist es so weit. Gary Kildall liest CP/M von einem Papierstreifen ein und schreibt es auf Diskette, dann bootet er die Diskette und tatsächlich meldet sich das Betriebssystem mit einem Stern. Gary Kildall beschreibt dies als den aufregendsten Tag in seinem Leben. Er spielt den Editor ed auf die Diskette und startet ihn über das kommando- „Ed“ und auch er meldet sich. Er erstellt eine Textdatei, beendet Ed, schaut sich mit Dir an, ob die Datei auch auf der Diskette ist und gibt sie mit Type auf dem Bildschirm aus – und alles funktioniert. Torode und Kildall feiern den Tag mit einem Essen in einem chinesischen Restaurant.

CP/M entsteht

Die folgenden Wochen vergehen damit, das Kildall das System mit einem zweiten Laufwerk erweitert. Es gibt Interessenten und sie duplizieren das Hardwaredesign einige Male. Keiner der folgenden ersten Implementierungen von CP/M erreichte jemals eine große Stückzahl so war eines der ersten Projekte eine „Astrologymaschine“ die bei Eingabe von Geburts- und Zieldatum Horoskope berechnet und ausgibt. Ben Cooper hat die Idee und er leistet auch Beihilfe zur Weiterentwicklung von CP/M. Er braucht, anders als Kildall, Utilites für die Assemblerprogrammierung und arbeitet an einem Assembler und Disassembler. Ihm verdankt man es, dass das Kommando zum Löschen von Dateien „ERA“ als Abkürzung von „Erase“ und nicht „del“ heißt. Denn übermüdet wollte er sich das Verzeichnis anzeigen lassen, also den Befehl „Dir *.*“ er tippt aber „del *.*“ ein und das Löschprogramm heißt damals noch „del“. Das löscht alle Dateien und damit die Arbeit die bisher erfolgte. Als Folge wird das Kommando umbenannt und bei dem Parameter „*.*“ gibt es eine Sicherheitsabfrage.

Natürlich versucht Kildall auch CP/M an Intel zu verkaufen – viele Rechner, die es einsetzen, sind aufgerüstete Intellec-80 Systeme. Aber Intel hat kein Interesse, sie entwickeln mit drei Mitarbeitern ein eigenes System namens ISIS. Wenig später löst sich Intel auch von allen freien Mitarbeitern, also auch von Kildall.

Kildall trifft Jim Warren auf einer Konferenz, der ihn auf seine gerade erst erschienene Zeitschrift „Dr. Dobb’s Journal of COMPUTER Calisthenics & Orthodontia“, kurz DDJ aufmerksam macht. In ihr veröffentlicht Gary Kildall eine Anzeige, in der er das Betriebssystem CP/M für 25 Dollar anbietet. Ich habe die Anzeige nicht mehr gefunden, aber einen sehr positiven Artikel vom Jim Warren selbst in der April 1976 Ausgabe von DDJ. Der Preis ist lächerlich. Zu der Zeit wird schon das Altair BASIC von Microsoft für 340 bzw. 500 Dollar (für 4 bzw. 7 KByte Code) verkauft. Vor allem, wenn man den Preis in Bezug auf die benötigte Hardware setzt, die benötigt wird, also einen 8080-Rechner mit für die damalige Zeit viel Speicher, zwei Diskettenlaufwerken, einem Controller und einem Videoterminal. Später wird Jim Warren ihn überreden, Cohost der Fernsehsendung „Computer Chronicles“ zu sein der er von 1983 bis 1989 seinen Sachverstand einbrachte.

1975 kommt der erste Volumenvertrag für CP/M zustande. Kildall und Jon Torode können Omrode, einen Hersteller von Videoterminals, spezialisiert für das Verarbeiten von Text für Zeitungen überzeugen das Design des Diskettencontrollers von Torode und CP/M für 25.000 Dollar zu lizenzieren. Omrode baut dann auch die erste Hardware, die serienmäßig CP/M einsetzt. Zeitgleich hört Kildall davon, das eine Firma namens MITS einen Computer für nur 400 Dollar herausbringen will. Gary Kildall, der den Preis eines 8080 kennt – 360 Dollar – ahnt das man hier einen großen Rabatt herausgeschlagen hat. Intels Intellecsysteme sind viermal teurer. Etwas später im selben Jahr wird die Firma IMSAI von Ed Faber gegründet. Er lässt einen Nachbau des Altairs entwickeln, will diesen aber als „Business“ Computer verkaufen, während der Altair sich an Hobbyisten wendet die BASIC einsetzen wollen. Dazu braucht er Diskettenlaufwerke und ein Betriebssystem. Ed Faber war schon bei Omrode und so wendet er sich an Gary Kildall. Er bekommt eine Kopie und gibt sie an seine Ingenieure die von ihr überzuegt sind. Ed Faber war kein Hardware-Designer, er war Marketing-Spezialist, so schlug er Kildall und seiner Frau bei einem Abendessen vor das IMSAI kein eigenes Betriebssystem baut, sondern das von Kildall lizenziert – für 25.000 Dollar. Kildall sagt sofort zu, das ist schließlich das was er sonst im ganzen Jahr verdient. Nach dem Abendessen mit Kildall und seiner Frau Dorothy gibt Faber als Verkaufsmensch aber ihm noch einen Rat: er sollte niemals ein Produkt für einen fixen Preis lizenzieren, sondern immer pro Kopie. Er hielt die beiden für nicht besonders geschäftstüchtig.

Erneut muss Kildall CP/M an neue Hardware anpassen und er überlegt wie dies in Zukunft einfacher gehen könnte. Dies geht, indem er das Betriebssystem im drei Teile aufteilt: Dem Kommando-Interpreter der Programme startet und einige eingebaute Kommandos hat. Dem BDOS, dem eigentlichen Kern für die Interaktion mit dem Anwendungsprogramm mit definierten Routinen für das Anlegen von Dateien, deren Verarbeitung, Ausgabe auf dem Bildschirm oder von der Tastatur etc. Dieser Teil greift auf elementare Routinen zu, die er BIOS (Basic Input/Output System) nennt. Nur dieser Teil muss jeweils an die Hardware angepasst werden, was die Arbeit bedeutend vereinfacht. Das BIOS enthält die Routinen um den Diskettenkontroller anzusteuern. Wäre Gary Killdall geschäftstüchtiger gewesen, er wäre zum Patentamt gegangen und hätte ohne das er jemals wieder Software verkauft ausgesorgt, denn ein BIOS hat jeder Rechner und davon wurden seitdem Milliarden Stück verkauft, mit Lizenzeinnahmen, wenn er das Prinzip patentiert hätte.

Zu der Zeit gab es auch das erste Treffen mit Bill Gates, der mit einem Porsche 911 ankam, den er sich von den Tantiemen für BASIC leisten konnte. Zeitweise schwirrte die Idee in der Luft, das Digital Research und Microsoft fusionierten. Es kam nie dazu. Seitens Kildall, weil der Fokus von Gates auf das Geldverdienen, ohne Rücksicht auf Verluste oder Freunde, die auch Geschäftspartner waren, ihm nicht geheuer war, seitens Gates ,weil Microsoft zu der Zeit und noch für einige Jahre, die viel kleinere Firma war und so er befürchtete das Microsoft geschluckt werden würde. Letztendlich scheiterte es aber auch daran das die beiden Firmen ihren Firmensitz an unterschiedlichen Orten hatten, Digital Research in Monterey (Kalifornien), Microsoft damals noch in Albuquerque (New Mexiko), später in Seattle (Washington). Mit Microsoft hatte er in der Folge bis zum DOS-Deal wenig zu tun, weil die Firma sich auf Programmiersprachen spezialisierte. Eine Ausnahme war die Softcard: ein von Seattle Computer Products (SCP) designte Karte mit einem Z80 Prozessor, die man in einen Apple II einstecken konnte und die es erlaubte CP/M zu laden. Microsoft kauft das Design und lizenziert anfangs 10.000 Kopien von CP/M für 2,50 Dollar. Die Softcard sorgte kurz nach Veröffentlichung dann für einen Großteil von Microsofts Umsatz, was die Marktbedeutung von CP/M unterstreicht.

1976 gab es die West Coast Computer Faire, veranstaltet von Jim Warren, die erste Computermesse. Gary Kildall entdeckte das erste Firmen Anwendungen für CP/M schrieben. Das förderte den Umsatz enorm. Auch Digital Research, die neu gegründete Firma von Kildall war vertreten. Ursprünglich hieß sie damals noch Intergalactic Digital Research, weil eine Beratungsfirma in Los Angeles den Namen schon hatte. Als diese 1980 pleite ging, übernahm man die Namensrechte und löschte das „Intergalactic“ aus der Firmenbezeichnung. Inzwischen war die Version 1.3 von CP/M erschienen und Gary Kildall hatte hinzugelernt und verkaufte es nun für 70 Dollar pro Kopie. Der Preis stieg dann auf 100 Dollar für die Version 1.4.

Die weiteren Versionen von CP/M

Inzwischen hatte Digital Research auch Angestellte. Kildall überlies ihnen die Weiterentwicklung. Es gab noch zwei größere Versionssprünge. Die Version 2.0 war nötig geworden, weil inzwischen die 5,25 Floppy Disk auf den Markt gekommen war. CP/M war bisher auf IBM-Kompatible Laufwerke im 8-Zoll-Format ausgelegt. Das System wurde so umgeschrieben das es mit variablen Sektorgrößen, Spuren und Sektoren pro Spur arbeiten konnte. Damit war es gerüstet für neue Format, denn es sollten noch die 3,5 Zoll, 3 Zoll und sogar 2,8 Zoll Diskette erscheinen, Marktbedeutung erreichte aber nur das 3,5 Zoll Format. Man konnte die Information wie die Diskette organisiert ist, sogar zur Laufzeit austauschen, was sehr wichtig war da Software in dem Diskformat vertrieben werden musste, das der Zielrechner kannte. So konnte ein Computer eines Softwarehändlers eine Diskette in diesem Format formatieren und die notwendigen Dateien von einem anderen Laufwerk in einem anderen Format auf sie kopieren, ohne dass man diesen Computer besaß. Die letzte Version war dann die 3.0. Sie kam erst relativ spät, 1982 auf den Markt. CP/M 3 konnte über Bank-Switching mehr als 64 KByte adressieren und so dem Anwenderprogramm nahezu den gesamten direkt adressierbaren Speicher (meist 61 oder 62 der maximalen 64K) zur Verfügung stellen.

Es war aber eine Anpassung, die von Angestellten durchgeführt wurde. Es gab aber sonst nur kleine Neuerungen, so war bis zuletzt der selbst von Kildall als schlecht bezeichnete Editor ED an Bord, es gab keine neuen Dienstprogramme oder diese wurden komfortabler. Auch steckte bald in allen CP/M Rechner der Z80 Prozessor. Die Codebasis die vor allem Kopieraktionen beschleunigte – solche waren beim Schreiben und Lesen von Diskette immer nötig - wurde aber nie an den Z80 angepasst. Gary Kildall interessierte das Programmieren, nicht das Warten bestehender Software obwohl damit der Haupterlös von Digital Research zustande kam – 1978 betrugt der monatliche Umsatz schon 100.000 Dollar und die Gewinnmarge lag bei 57 Prozent. Die Firma verdiente so gut, das es jeden Freitag eine Party mit den Angestellten gab. Stattdessen investierte er zwei Jahre in das Erstellen eines PL/1 Compilers, obwohl er selbst anfangs nicht viel von der Programmiersprache hielt. PL/1 hat nichts mit dem schon eingesetzten PL/M zu tun. Es ist eine Sprache für Großrechner von IBM die damit zwei Welten verbinden wollten – die mathematischen Fähigkeiten von FORTRAN und die Fähigkeiten zur Verwaltung von taten und Dateien von COBOL. Kritiker meinten PL/1 habe nicht die Vorteile, sondern die Nachteile beider Sprachen übernommen. Nach zwei Jahren war PL/I-80 fertig, aber die Nachfrage danach war gleich Null.

So versäumte es Digital Research auch frühzeitig Standards zu setzen. CP/M 2.0 kam 1978 heraus, schon 1976 gab es 5,25 Laufwerke und DRI brachte erst eine neue Version heraus als es schon Kundenbeschwerden hagelte. Ebenso versäumte man es für die neuen Mikroprozessoren 8086 und 68000 frühzeitig eine Version von CP/M zu adaptieren. Diese Versionen (CP/M-86 und CP/M-68K) kamen, aber relativ spät. CP/M-86 unterlag dem Rennen als Betriebssystem des IBM PC, obwohl das PC-DOS nur eine Kopie des 8 Bit CP/Ms war, die anfangs sogar viele Fehler hatte. Aber IBM verkaufte eben das eine Produkt (CP(M-86) für 240 Dollar und das andere (PC-DOS) für 40. Stattdessen konnte man Kildall für Projekte begeisterten, die wenig Sinn machten. So gab es MP/M eine Multi-User Version von CP/M. Sehr fortschrittlich für die Zeit, aber realistisch war selbst der 8086 zu langsam um mehrere Benutzer gleichzeitig zu bedienen, von den 8080/Z80 Rechner ganz zu schweigen oder CP//Net, ein netzwerkfähiges CP/M. Aber Netzwerke waren bei Microcomputern zu der Zeit noch nicht verbreitet. Digital Research entwickelte LOGO als graphische Programmiersprache, weil Kildall den Computerunterricht für seine beiden Kinder in der Schule als schlecht empfand. Sie sollten eine kindgerechte Programmiersprache und nicht BASIC lernen. Auch für LOGO war die Nachfrage gering, nicht mal im Schulbereich wurde es häufig eingesetzt.

Nach CP/M

Das die Firma in der technsichen Kompetenz durchaus mithalten konnte zeigte sich bei GEM. GEM – Graphical Enviromement Manager war eine Oberfläche die zeitgleich mit Windows entwickelt wurde. Ich konnte sie damals (1987) testen und fand sie insgesamt besser als Windows. Sie lief auch flüssiger und hat geringere Hardwareansprüche. GEM als Oberfläche und CP/M 68K als darunter liegendes Betriebssystem (damals waren die Oberflächen wie Windows oder eben GEM keine eigenen Betriebssysteme, sondern wurden als Programm von der Komandozeile von DOS gestartet) bildeten die Basis für TOS, das Betriebssystem des Atari ST. Aber auch hier war das Interesse gering, die Oberfläche weiterzuentwickeln. Als die Wünsche danach aufkamen, gab man das Produkt an einen Hersteller von Desktop Publishing Software, der wichtigsten Anwendung die unter GEM lief, ab.

Das zeigt jetzt auch die Geschichte wie Microsoft zu DOS kam, die ich an anderer Stelle schon ausführlich erzählt habe. Gary Kildall wollte nicht mit seinen Kunden konkurrieren, so entwickelte Digital Research zum beispiel nie ein BASIC für CP/M oder Anwendungsprogramme. Ebenso war für ihn das Interesse an einem Softwareprojekt wichtiger, als die möglichen finanziellen Einnahmen, was natürlich fatal ist, wenn man erfolgreiche Software hat aber die Weiterentwicklung als langweilig ansieht und vor allem hatte er nicht den Antrieb, das Maximum an Profit herauszuholen. In allen diesen Eigenschaften war Bill Gates das genaue Gegenteil und so verwundert es nicht das er aus dem Gewinner des DOS-Deals herausging.

Allerdings gab es da noch ein Nachspiel. Digital Research brachte Mitte der Achtziger einen Klon von MS-DOS heraus, praktisch eine Revanche der Geschichte von PC-DOS 1.0. Das DR-DOS war immer etwas weiter als MS-DOS. Hatte bessere Utilities, schaufelte mehr Speicher unter 640 KByte frei (ab dem IBM PC/AT hatten Rechner meist mehr als 640 KByte Speicher, aber den konnte DOS nicht für Programme nutzen, sondern nur um Treiber oder Buffer auszulagern). Dazu wurde es billiger verkauft. Zeitweise gab es eine Abfrage in Microsoft Windows ob es unter DR-DOS lief und wenn das der Fall war, startete es nicht. Die Version 6 von MS-DIOS mit den vielen integrierten Utilities wie Virenscanner, Stacker etc war eine direkte Antwort auf DR-DOS, das einen immer größeren Marktanteil einnahm. Verdrängen konnte man es so aber nicht, das geschah erst mit Windows 95 das DOS schon integriert hatte.

Diesen Zeitpunkt hat Gary Kildall aber nicht mehr erlebt, er starb am 11.7.1994 an den Folgen einer Verletzung die er sich bei einer Auseinandersetzung zugezogen hatte.

Links:

Die Fernsehreihe Computer Chronicles findet man heute Online auf Youtube oder im Internet Archiv.

Das Buch „They Made America“ hat ein gutes Kapitel über Gary Killdal. Der Autor Harald Evans dürfte dazu die Memoiren von Gary Kildall lesen, die größtenteils unveröffentlicht sind.

Veröffentlicht wurden die ersten 78 Seiten von seinen Kindern. Die folgenden Kapitel handeln auch mit dem Kampf mit dem Alkoholismus. Dieser stellte sich als Folge dessen, dass man ihm immer unterstellte, dass er leichtfertig den DOS-Deal ausschlug, ein. Um das Andenken zu bewahren ist dieser Teil, der etwa die Zeit ab 1980 behandelt, nicht veröffentlicht worden. 

Artikel erstellt am 28.1.2025

Zum Thema Computer ist auch von mir ein Buch erschienen. "Computergeschichte(n)" beinhaltet, das was der Titel aussagt: einzelne Episoden aus der Frühzeit des PC. Es sind Episoden aus den Lebensläufen von Ed Roberts, Bill Gates, Steve Jobs, Stephen Wozniak, Gary Kildall, Adam Osborne, Jack Tramiel und Chuck Peddle und wie sie den PC schufen.

Das Buch wird abgerundet durch eine kurze Erklärung der Computertechnik vor dem PC, sowie einer Zusammenfassung was danach geschah, als die Claims abgesteckt waren. Ich habe versucht ein Buch zu schreiben, dass sie dahingehend von anderen Büchern abhebt, dass es nicht nur Geschichte erzählt sondern auch erklärt warum bestimmte Produkte erfolgreich waren, also auf die Technik eingeht.

Die 2014 erschienene zweite Auflage wurde aktualisiert und leicht erweitert. Die umfangreichste Änderung ist ein 60 Seiten starkes Kapitel über Seymour Cray und die von ihm entworfenen Supercomputer. Bedingt durch Preissenkungen bei Neuauflagen ist es mit 19,90 Euro trotz gestiegenem Umfang um 5 Euro billiger als die erste Auflage. Es ist auch als e-Book für 10,99 Euro erschienen.

Mehr über das Buch auf dieser eigenen Seite.

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© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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