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Mythos Olivenöl ist besonders wertvoll

Wer die ganzen Sendungen rund ums Kochen anschaut merkt, dass Köche auf Olivenöl schwören und es muss dann auch die beste Qualität sein. Das letzte ist verständlich, denn das besondere an Olivenöl ist sein ausgeprägter Eigengeschmack, der aber verloren geht wenn man es erhitzt oder nachbehandelt z.B. um unerwünschte Bestandteile zu entfernen. So ist die höchste Qualität kaltgepresstes Öl. Dafür müssen nicht nur die Oliven kalt gepresst sein (geringe Ausbeute), sondern es müssen auch Früchte ohne Beschädigung sein und die Oliven dürfen nicht überreif sein, sonst enthält das Olivenöl zu viele freie Fettsäuren (kratziger Geschmack) und andere Fettabbauprodukte die seine Qualität mindern. Wenn dies nicht der Fall ist oder es heißgepresst wird um die Ausbeute zu erhöhen bzw. sogar raffiniert (darunter versteht man verschiedene Verfahrensschritte um unerwünschte Fettbegleitstoffe wie freie Fettsäuren, Phosphatide oder Farbstoffe zu entfernen) dann resultieren schlechtere Qualitäten.

Doch darum geht es hier nicht, denn wir beschäftigen uns mit der ernährungsphysiologischen Wirkung. Es ist ja unbestritten, dass der Geschmack von Olivenöl viel ausgeprägter ist als bei Sonnenblumenöl oder Sojaöl, doch das hat nichts mit der Zusammensetzung zu tun. Zwei Dinge sind an einem Öl wichtig:

Dabei gibt es meist eine gewisse Verbindung: Öle mit einem hohen Gehalt an essentiellen Fettsäuren enthalten auch meist viel Vitamin E, da dieses die  Fettsäuren vor Oxidation schützt.

Öle sind als Naturprodukte gewissen Schwankungen unterworfen, ich gebe hier mal die Analysen von Olivenöl mit drei Ölen zusammen, die Bestandteil billiger Pflanzenöle im Supermarkt oder Mischungen derer sind:

  Olivenöl Sonnenblumenöl Sojaöl Rapsöl
Palmitinsäure 11,5 % 6,5 % 10 % 4 %
Stearinsäure 2,5 % 5 % 5 % 1,5 %
Ölsäure 75,5 % 23 % 21 % 63 %
Linolsäure 7,5 % 63 % 53 % 20 %
Linolensäure 1,0 % <0,5 % 8 % 9 %
Vitamin E 12 mg/100 g 55 mg/100 g 15 mg/100 g 15 mg/100 g

Nun was sagt uns diese Tabelle? Die Zusammensetzung von Olivenöl stimmt in etwa mit der von Rapsöl überein, ähnelt aber nicht der von Soja- oder Sonnenblumenöl. (aus diesen beiden Sorten besteht normalerweise das preiswerte Pflanzenöl)..Ernährungsphysiologisch von Bedeutung sind die Fettsäuren die der Körper nicht selbst produzieren kann und die er für den Aufbau körpereigener Bausteine benötigt. Diese werden als essentielle Fettsäuren bezeichnet und davon sollte jeder mindestens 12 g pro Tag zu sich nehmen. Essentielle Fettsäuren finden sich kaum in tierischen Fetten (Ausnahme: Fisch), aber in vielen Pflanzlichen. Es gibt aber Ausnahmen und dazu gehört gerade das so beliebte Olivenöl. Die beiden essentiellen Fettsäuren in dieser Liste sind die Linolsäure und die Linolensäure. Die letztere ist eine sogenannte "Omega-3 Fettsäure". Dieser chemische Ausdruck hat es tatsächlich in die Umgangssprache geschafft. Er ist ein Hinweis für Chemiker wo die Doppelbindungen im Molekül beginnen. Es gibt unterschiedliche Synthesewege in der Natur die dazu führen, dass die erste Doppelbindung beim Dritten C-Atom nach dem Schwanzende (mit der Methlygruppe) oder an der sechsten Position oder neunten Position beginnen. Diese werden dann ω-3,  ω-6 und ω-8 Gruppe bezeichnet. Jede Gruppe enthält mehrere Fettsäuren die unterschiedlich häufig vorkommen.

Die Linolsäure und Linolensäure sind beide essentielle Fettsäuren, aus ihnen entstehen Hormone. Dabei gehört die Linolsäure zu ω-6 Gruppe und die Linolensäure zur ω-3 Gruppe. Die Ölsäure aus der Olivenöl vorwiegend besteht gehört zur ω-9 Gruppe. Sie ist nicht essentiell. Während aus der Linolensäure die Linolsäure gebildet werden kann, ist dies umgekehrt nicht möglich. Die aus Fettsäuren der ω-3 Gruppe gebildeten Hormone Prostagladine erhöhen die Fließfähigkeit des Blutes, senken den Blutdruck und den Cholesterinspiegel. Letzteres tun auch die Fettsäuren der ω-6 Gruppe. Jedoch scheint die Gruppe der ω-3 Fettsäuren insgesamt effektiver die Risikofaktoren für Arteriosklerose zu bekämpfen.

Leider sind die ω-3 Fettsäuren in vielen Ölen nur in geringen Mengen enthalten, dafür in größeren Mengen in fetten Seefischen (Hering), daher die Empfehlung viel Fisch zu verzehren. (Dies gilt übrigens nicht für den Magerfisch der gerne für Fischstäbchen verwendet wird). Auf der anderen Seite kann der konsequente Einsatz von linolensäurehaltigen Ölen auch die Versorgung mit diesen Fettsäuren nachhaltig sichern, einfach deswegen, weil es in größerer Menge verzehrt wird als Fisch, der nicht jeden Tag Bestandteil der Ernährung ist. (Allerdings sind die ω-3 Fettsäuren in Fischölen langkettiger und weisen noch mehr Doppelbindungen auf, weshalb sie als effektiver bei der Vorbeugung von Koronalkrankheiten (Herzinfarkt) gelten).

Die Ölsäure die in dem Olivenöl enthalten ist wird als neutral gegenüber den Blutfettwerten eingestuft. Das bedeutet sie fördern weder Arteriosklerose noch verhindern sie diese. Da man auch von der Omega-6 Gruppe, die in anderen Ölen wie Soja- Sonnenblumen- oder Distelöl enthalten nicht zu hohe Mengen aufnehmen soll (sie wirken entzündungssteigernd und Arteriosklerose hat ihre Ursache in einer chronischen Entzündung der Arterien) und die gesättigten Fettsäuren (in der obigen Liste die Stearin- und Palmitinsäure) die LDL-Werte steigern ist Olivenöl aber nicht so schlecht wie es bei vorschneller Betrachtung den Anschein hat.

Beurteilung

Unter diesem Aspekt betrachtet ist das Olivenöl nicht so gut wie das Sonnenblumen- oder Sojaöl. Der Gehalt an beiden essentiellen Fettsäuren ist sehr niedrig und Sonnenblumenöl weist zudem noch sehr viel mehr Vitamin E auf  Sojaöl dagegen mehr an ω-3 Fettsäuren. Rapsöl enthält auch viel Ölsäure, aber auch die wertvolle Linolensäure. Olivenöl mag daher geschmacklich besser sein, aber nicht von der Zusammensetzung. Auf der anderen Seite hat Olivenöl immer noch eine bessere Zusammensetzung als Kokos- oder Palmkernfett (Palmin/Biskin) oder tierische Fette mit Ausnahme von Fischen.

Was folgt für den täglichen Einsatz in der Küche? Überall dort wo nicht der Olivenölgeschmack benötigt wird, also beim Braten und Kochen sollte man Sonnenblumenöl oder Sojaöl einsetzen. Dafür kann man auf feste pflanzliche Fette (wie Palmin oder Kokosfett) verzichten, diese enthalten nur geringe Mengen an essentielle Fettsäuren. Für Salate oder andere Gerichte die nicht erhitzt werden müssen kann man dann zum Olivenöl greifen. Wenn es nur auf den Geschmack ankommt, so kann man auch zu Wallnussöl greifen, das 13,4 % Linolensäure enthält und auch einen ausgeprägten Eigengeschmack hat.

Olivenöl wird gerne gefälscht

Zu beachten ist auch das Oilivenöl eines der meistgefälschten Lebensmittel ist. Da vor allem die höheren Qualitäten sehr teuer verkauft werden, ist dies besonders lukrativ. Schon bei unverfälschtem Olivenöl gibt es verschiedene Qualitäten. Sie unterscheiden sich darin ob man es kaltpresst oder Wärme anwendet, oder sogar Lösungsmittel zur Extraktion. Natürlich steigt die Ausbeute mit Wärme oder Lösungsmittel an. Man erhält mehr Olivenöl, das aber qualitativ (Eigengeschmack) schlechter ist. Natives Ölivenöl ist kaltgepresst., nicht wämebehandelt und stammt nicht aus Extraktion "Extra" bedeutet das nur vollreife, unbeschädigte Früchte verwendet werden, nicht auch unreife, überreife oder beschädigte Früchte. Dies kann man am Säuregrad (freien Fettsäuren) analytisch nachweisen. Sensorisch führen die freien Fettsäuren zu einem "kratzigen" Geschmack. Fehlt sowohl das Wort "native" wie auch "extra", so handelt es sich um Lampantöl. Klingt für den deutschen Verbraucher toll, bedeutet in der Übersetzung aber "Lampenöl". Das Öl hat man nicht mehr für Speisen verwendet, sondern für die Beleuchtung. In Deutschland ist es aber noch gut genug um als Olivenöl an den Endverbraucher verkauft zu werden!

Dann kann man das Olivenöl noch strecken indem man andere Öle wie das billige Soja, Sonnenblumen oder Rapsöl zumischt. Das reduziert auch den unangenehmen Geschmack von Lampantöl durch die freien Fettsäuren.

Bei Verkostungen wo es um den in der Küche wichtigen Eigengeschmack geht fallen regelmäßig die Billigöle der Discounter durch. Sie sind meist geschmacksneutral. wer Olivenöl mag sollte es nicht nach der Bewerbung mit "Extra" oder "native", sondern nach dem Geschmack aussuchen.

Artikel zuletzt aktualisiert am 21.3.2019

Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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