Kann man mit Schlankheitspillen abnehmen?

Stark beworben werden Medikamente, welche die Diät unterstützen sollen, indem sie entweder den Hunger oder die Aufnahme von Nährstoffen reduzieren. Eine dritte Medikamentengruppe, welche den Stoffwechsel ankurbeln soll, wird als wirkungslos eingestuft.

Untersuchungen mit Probanden, welche insgesamt neun frei verkäufliche Medikamente parallel zu einer Diät nahmen, zeigten keinen signifikant größeren Erfolg beim Abnehmen. Der Gewichtsverlust war genauso hoch wie bei einer Kontrollgruppe. Diese erhielt Placebos, damit nicht die Erwartung, die Pillen würden helfen, das Ergebnis verfälschte. Aber auch Untersuchungen, die nur eines der Medikamente auf seine Wirkung untersuchten, konnten keinen größeren Abnahmeerfolg nachweisen. Hier ist die Datenlage sogar noch klarer.

Eine Gruppe von Medikamenten enthalten den Wirkstoff Orlistat, so die Medikamente Xenical und Alli. Orlistat hemmt Enzyme zur Fettspaltung. Als Folge wird bis zu einem Viertel des Fetts unverdaut wieder ausgeschieden, und zwar je nach Fettkonsum durchaus nicht immer auf erwünschte Art und Weise. Das Fett hat eine hohe Gleitfähigkeit und tritt spontan aus, wofür es im Englischen schon den Ausdruck „Anal leaks“ gibt. Xenical wird derzeit von der US-Gesundheitsbehörde FDA untersucht, nachdem es in den letzten zehn Jahren 32 bestätigte Fälle von Leberkrebs durch den Wirkstoff gab. In Italien sind zwei Todesfälle auf die Pille zurückzuführen. Eine langfristige Unterstützung einer Diät ist dagegen nicht nachweisbar.

Eine zweite Gruppe setzt den in Krebspanzern vorkommenden Stoff Polyglucosamin (Chitosan) ein (Handelsname „L112“, dieser findet sich oft auch in den Produktnamen wie „Formuline L112“). Dieser Gerüststoff kann bis zum 800-fachen seines Eigengewichts an Fett binden. Während dieser Tatbestand im Laborversuch unumstritten ist, konnte bei Studien nicht nachgewiesen werden, dass man dadurch mehr oder schneller abnimmt, also die Abnahme bei einer Diät größer ist. Das ist auch nicht verwunderlich, denn der Körper orientiert sich an dem, was er aufnimmt, und wenn Fett nicht aufgenommen wird, dann stellt sich nach einiger Zeit ein Hungergefühl ein, egal ob man vorher fettreiche Speisen gegessen hat oder nicht. Zudem ist nicht beweisen, das Chitosan während der Verdauung Fett bindet und dieses nicht von den Verdauungsenzymen abgebaut wird. Schließlich ist das Chitosan kein Bestandteil der Nahrung, sondern wird als Tablette isoliert aufgenommen. Verdauungsenzyme könnten selbst bei einer Bindung von Fett dieses spalten und so wieder aus dem Gel freisetzen. Immerhin scheint es keine nachteiligen oder toxischen Wirkungen aufzuweisen.

Die letzte Gruppe sind Appetitzügler. Sie enthalten entweder hohe Mengen an Coffein (pro Tablette so viel wie in fünf Tassen Kaffee), das als Nebeneffekt das Hungergefühl senkt, oder noch bedenklichere Substanzen mit ähnlicher Wirkung, wie Ephedrin oder Pflanzenauszüge, die Ephedrin enthalten. Ephedrin wurde bei Soldaten eingesetzt, um die Müdigkeit zu vertreiben. Primär setzt es Adrenalin und Noradrenalin frei. Es besitzt als Nebenwirkung auch eine appetitzügelnde Wirkung und soll die Körpertemperatur anheben, was den Energiebedarf steigert. Da es aber den Blutdruck erhöht und vor allem bei längerer Einnahme ein Suchtpotenzial gegeben ist, sind 2006 alle ephedrinhaltigen Medikamente rezeptpflichtig geworden.

Ein weiterer Appetitzügler ist der Wirkstoff Rimonabant, der zwar in klinischen Studien zu einer um 4-5% höheren Gewichtsabnahme führte, er verstärkt aber auch Depressionen, was schon in Selbstmorden gipfelte. Seit Oktober 2008 ruht deshalb die Zulassung in der EU. Dem etwas höheren Erfolg bei der Abnahme steht einer Studie zufolge eine hohe Abbrecherquote von 40 bis 50% gegenüber, und der Jo-Jo-Effekt (erneute Zunahme nach der Abnahme) ist genauso ausgeprägt wie bei einer normalen Diät.

Während die Risiken also bei einigen Medikamenten sehr hoch sind, ist eine Nutzwirkung kaum gegeben. Dafür sind diese Mittel sehr teuer. Meine Empfehlung ist daher auf derartige Medikamente zu verzichten. Nichts spricht aber gegen einen natürlichen Appetitzügler: Coffein, wie es in Kaffee oder Tee vorhanden ist. Manche Ernährungswissenschaftler sehen in den Medikamenten eine Ergänzung bei sehr starker Adipositas (je mehr man wiegt, desto schwerer ist es die Nahrungszufuhr zu begrenzen), doch werden auch hier die Nebenwirkungen und Risiken hoch eingestuft, und zudem führen sie nicht zu einem veränderten Essverhalten. Die fettbindenden Mittel zum Beispiel bewirken, dass man gerade nicht den Fettkonsum einschränkt. Dies ist natürlich genau das Gegenteil dessen, was angestrebt wird.

Die Gefahr ist auch groß, dass man bei dem Konsum von Schlankheitspillen sein Essverhalten nicht ändert, was essentiell ist für das dauerhafte Halten des Gewichts ist.

Von den Medikamenten die die Nährstoffzufuhr verringern oder die den Verbrauch erhöhen sollen, muss man Formulardiäten unterscheiden. Das sind Mischungen von Protein, Kohlenhydraten und wenig Fett die anstatt Nahrung meistens in Form von Shakes getrunken werden (z.B. Almased). Diese werden bei extremer Adipositas von manchen Ernährungsberatern empfohlen, dann aber auch beschränkt auf maximal 3 Monate. verglichen mit der normalen Nahrung enthalten diese Getränke sehr wenig Energie, aber alle essentiellen Inhaltsstoffe wie Vitamine, Protein und Nährstoffe. Würde man die Nahrungszufuhr so stark reduzieren so wäre die Versorgung mit diesen Stoffen nicht gewährleistet. Allerdings sind diese Getränke extrem eintönig und trotz zugesetzter Ballaststoffe nur wenig sättigend. Die Frustration spricht Abbrecherqueite ist daher hoch.

Artikel erstellt am 11.10.2013

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Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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