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Technische Spinnereien: Titan Orbiter

Einleitung

Jeder an der Raumfahrt interessierte kommt irgendwann an den Punkt, an dem er die berühmten "Was wäre Wenn ?" Fragen stellt. Die deutsche Newsgroup "de.sci.raumfahrt" ist voll solcher Fragen: "Hätte man Voyager zu Pluto schicken können ?", "Kann man einen kleineren Asteroiden abwehren ?". Vor allem die Planeten laden zu Gedankenspielen ein. Der Grund ist, dass es alleine in unserem Sonnensystem noch so viel zu entdecken gibt und jeder Ideen hat wie man dies bewerkstelligen könnte.

Seit ich mich mit 15 mit Raumfahrt beschäftige habe ich auch mir solche Fragen gestellt und auch Programme geschrieben um Nutzlasten, Flugdauern etc. zu berechnen. Ich möchte einmal zeigen wie man eine realistische Vorstellung für eine zukünftige Mission bekommen kann. Eine realistische Vorstellung ist meinen Augen ein grobes Konzept aber kein Bauplan. Es soll einmal ein Titan Orbiter konstruiert werden.

Phase 1: Missionsziele festlegen

Wie bei einer echten Mission muss man sich überlegen was man erwartet. Das heißt man legt wissenschaftliche Ziele fest. Hier soll es um einen Orbiter gehen der den Saturnmond Titan umrundet. Die Mission soll in der "Medium Size" Klasse sein, also bedeutend billiger als Cassini. Eine "Low Cost" Mission wird es nie sein, dazu sind einige Randbedingungen (die Versorgung mit Radioisotopenbatterien, die lange Missionsdauer und der Bedarf einer leistungsstarken Trägerrakete) zu kostspielig.

Folgende Wissenschaftliche Ziele erscheinen nach den Cassini Beobachtungen für Titan sehr wichtig:

Sekundäre Ziele könnten sein:

Die ersten beiden Ziele kann man leicht auch aus der Umlaufbahn um Titan absolvieren. Die drei letzten sind nur in einer Bahn möglich die nahe an den Saturn führt. Das dürfte im ersten Teil der Mission sein. Ziel sollte es sein möglichst viele Ziele abzudecken. Es soll sich um einen Titanorbiter oder eine Sonde handeln, die Titan sehr oft passiert, eine Landesonde wäre vielleicht der nächste logische Schritt.

Phase 2 : Instrumente aussuchen

Nun muss man sich informieren. Die beste Methode ist es sich einfach einmal bisherige Missionen (möglichst aktuelle) anzusehen und die Homepages der Institute zu besuchen. Sehr viele erklären allgemeinverständlich wie ihre Instrumente funktionieren und man lernt dabei einiges. Fangen wir einmal an die Missionsziele durchzugehen:

Die Kartierung von Titan mit hoher Auflösung kann heute nur mit RADAR erfolgen. Man kann zwar im Infraroten besser zur Oberfläche sehen als im visuellen, doch immer werden es verschwommene Bilder sein durch die Streuung der Aerosole. Die VIMS Bilder die ja im Infraroten entstehen zeigen dies sehr deutlich. Das Instrument hat zwar eine sehr geringe Auflösung, doch daran liegt es nicht, dass die Bilder so unscharf sind, wie VIMS aufnahmen von Enceladus und Saturn zeigen. Es ist vielmehr, dass im Infraroten zwar nicht das Licht durch den Methan und Ethandampf absorbiert wird, aber immer noch an Nebel, Aerosolen gebrochen wird. Weiterhin bewirkt dieser Nebel auch, dass die Oberfläche praktisch von jeder Himmelsrichtung aus dasselbe Licht durch Streuung bekommt, es also keinerlei Schatten gibt welche Oberflächendetails hervorheben.

Für RADAR kann man entweder die Sendeantenne nehmen oder eine separate Antenne, vorzugsweise eine Phased Array Antenne. Diese kann elektronisch geschwenkt werden und besteht aus vielen kleinen Sendern und Empfängern. Mit solchen Antennen erreichen moderne Radarsatelliten aus 1000 km Entfernung Auflösungen von wenigen Metern. Für unsere Mission ist dabei aber einiges zu beachten: Neben dem zusätzlichen Gewicht fallen enorme Datenmengen an. Diese kann man heute noch nicht an Bord in Realzeit verarbeiten und die Datenrate vom Saturn ist viel geringer als aus einem Erdorbit aus. Das bedeutet dass man entweder mit der Auflösung herunter gehen muss oder nur zeitweise das Radar aktiviert und dann an Bord die Daten vorverarbeitet. die Phased Array Antenne von TerraSAR X z.b. hat zwar eine Auflösung von 3 m (bei kontiniuerlicher Abtastung des Gebietes, sogar 1 m bei einem besonderen Spot Modus) aus 500 km Entfernung, aber sie produziert auch 300 MBit an Daten jede Sekunde. Das ist selbst wenn man den Betrieb nur auf wenige Minuten pro Orbit beschränkt viel zu viel um es zur Erde zu übertragen. Weiterhin wiegt sie 390 kg, das ist ein enormes zusätzliches Gewicht.

Eine zweite Möglichkeit die Sendeantenne mit ihrem Sender als RADAR zweckentfremden. Die Auflösung ist deutlich geringer und  Trotzdem fällt als Zusatzgewicht einiges an Elektronik an um die Signale zu verarbeiten. Bei Cassini wog die Elektronik noch 43.4 kg und benötigte 108.4 W an Leistung. Während man Radaraufnahmen macht kann man zudem nicht senden, doch das ist zu verschmerzen. Cassinis Radar hat eine Datenrate von 365 KBit/s, das ist verschmerzbar. Die Auflösung beträgt aber nur 100 m aus 1000 km Entfernung. Also 16 mal kleiner als bei einer Phased Array Antenne.

Das lässt nicht mehr viel Gewicht für weitere Instrumente übrig. Cassini untersuchte Titan durch 4 optische Instrumente:

Jedes Instrument hat seinen Daseinszweck. ISS kann hochauflösende Bilder machen, UVIS Spektren im UV/VIS Bereich (hier detektiert man vor allem Wasserstoff, Helium, Stickstoff, Sauerstoff), CIRS kann hochauflösende Spektren und genaue Temperaturmessungen im Infraroten machen, wobei der Spektralbereich bis zu 1000 µm geht. Es misst aber nur einzelne Punkte. VIMS erzeugt dagegen von einer Scanzeile ein Spektrum und kann durch Bewegen der Scanzeile ein Bild im Infraroten erzeugen - in Hunderten von Spektralbereichen, aber grob aufgelöst (64-256 Bildpunkte pro Spektrum)

Seit Cassini hat es einen Trend gegeben, die Instrumente zu kombinieren. Alle optischen Instrumente benutzen ein Teleskop, welches einen Großteil des Gewichts ausmacht. Benutzt man es für mehrere Instrumente gemeinsam, so kann man sehr viel Gewicht einsparen. Solche Kombinationsinstrumente wurden erstmals an der Raumsonde DS-1 erprobt. Deep Impact und New Horizons setzen ebenfalls solche Instrumente ein. Hinter der Optik befindet sich ein Strahlenteiler, der das Licht auf verschiedene Instrumente lenkt. Damit kann man ein UV Spektrometer, ein abbildendes IR Spektrometer und eine CCD Kamera kombinieren. Die Aufgabe von CIRS im fernen Infrarot wird wahrscheinlich damit nicht möglich sein.

Weitere Instrumente sind wünschenswert. Doch muss man hier an die Massenbeschränkungen denken. Ein Magnetometer ist denkbar. Ebenso ein einfacher Staubdetektor. Dieser wäre vor allem in dem ersten Teil der Mission wünschenswert wenn die Sonde  sich im inneren Saturnsystem befindet.

Phase 3: Flugablauf festlegen

Die Sonde muss zuerst einmal zum Saturn. Auf der von der Erde aus energieärmsten Bahn, einer Hohmann Ellipse braucht man in etwa 15083 m/s Startgeschwindigkeit von der Erdoberfläche aus. Das ist fast die doppelte Geschwindigkeit die man braucht um eine niedrige Satellitenbahn braucht. Entsprechend viel kleiner ist die Nutzlast als für eine erdnahe Bahn. Die leistungsfähigsten Trägerraketen brauchen dazu mindestens eine weitere Stufe und können trotzdem nur etwa 1 t auf eine direkte Bahn zum Saturn bringen. Das ist zu wenig. Daher muss man einen Vorbeiflug an Jupiter mit einplanen wie dies Cassini Tat. Jupiter und Saturn wiederholen ihre Stellung am Firmament 19.5 Jahre Das bedeutet dass es alle 19.5 Jahre eine Vorbeifluggelegenheit an Jupiter gibt. Diese erstreckt sich über etwa 3 Jahre. Jupiter ist zwar der massereichste Planet und könnte eine Bahn auch später noch umlenken um eine Sonde zu Saturn zu schicken (wie man dies bei Pioneer 11 tat). Doch dann beschleunigt er die Sonde auch sehr und diese Geschwindigkeit muss man bei der Ankunft bei Saturn wieder abbauen - und dazu benötigt man Treibstoff an Bord.

Ideal ist also ein Vorbeiflug in großer Distanz an Jupiter, welcher die Bahn nur geringfügig ändert, aber gerade soviel Schwung liefert, dass die Sonde Saturn erreichen kann. Ein solcher Flug würde dann etwa 7 Jahre dauern - etwa ein Dreiviertel Jahr länger als der direkte Flug.

Beim Saturn angekommen muss die Sonde in einer erste Bahn einschwenken. Bei minimaler Ankunftsgeschwindigkeit und Wahl einer sehr elliptischen Anfangsbahn muss man sehr wenig Geschwindigkeit abbauen: etwa 225 m/s bei einer 20200 / 10 Mill km Bahn. Dazu kommen nochmals 150 m/s um die Bahn dann im saturnfernsten Punkt anzuheben um nicht bei der nächsten Passage die Ringe zu passieren.

Bis die Sonde dann in einen Titanorbit einschwenkt sind zahlreiche Vorbeiflüge nötig, die weiteren Treibstoff benötigen. Man sollte daher großzügig etwa 1000 m/s (auch für Kurskorrekturen bis zum Saturn) einplanen. Die Sonde wird dann im Saturnsystem pendeln wie dies Cassini tut. Sie kann auf dieser Bahn bleiben und Titan nur bei Vorbeiflügen kartieren. Doch primär ist man an einem Titanorbiter interessiert. Das Einbremsen mit chemischem Treibstoff in einen Orbit ist nicht möglich, dazu ist die Relativgeschwindigkeit zu hoch. Möglichkeiten dies doch zu bewerkstelligen werde ich noch diskutieren.

In dieser ersten Phase in der sich die Sonde jedoch im Saturnsystem bewegt sind vor allem Erforschungen der Eismonde möglich, sowie von Saturn und den Ringen. Letztere wird man später nur noch im Profil sehen, da Titan den Saturn an dessen Äquator umkreist.

Der Orbit um Titan kann nicht niedriger als etwa 950 km sein, da darunter schon die ausgedehnte Atmosphäre stark bremst. Ideal wäre ein kreisförmiger Orbit für die Kartierung, doch da man auch mit der Erde kommunizieren muss, ist ein elliptischer Orbit günstiger. Bei diesem wechseln sich Kartierungsphasen im titannächsten Punkt der Bahn und Sendephasen im fernsten Punkt der Bahn ab. Sinnvolle Orbits haben einen Bruchteil eines irdischen Tages also 4 Stunden, 6, 8, 12, 24 Stunden Umlaufsdauer.

Ein himmelsmechanischer Effekt spricht zudem für einen solchen Orbit: Er ist nicht stabil. Saturn als viel massereicherer Körper wird die Bahn laufend absenken so dass ohne dauernde Anhebung des Orbits der Satellit bald abstürzen wird. Je elliptischer der Orbit ist, desto geringer sind die Korrekturen die man machen muss. Trotzdem wird man einen größeren Treibstoffvorrat auch im Orbit benötigen.

Phase 4 : Grobplanung

Instrumente

Die Masse einer Sonde berechnet man am besten schrittweise, basierend auf Erfahrungswerten: Zuerst legt man die Instrumente fest. Ihre technischen Daten bestimmen die Auslegung anderer Subsysteme, wie Stromversorgung, Kommunikation (Sendeleistung, Antennengröße) oder Struktur (die Instrumente müssen ja befestigt und fein ausgerichtet werden. Man kommt so zu einer Trockenmasse die dann bei den bekannten Anforderungen die Zuladung an Treibstoff abschätzbar macht und so zu einer ersten Abschätzung der Startmasse. Damit kann man sehen welche Trägerraketen in Frage kommen.

Das Radar benötigt vor allem Gewicht durch die Elektronik. Bei Cassini wog diese über 40 kg. Weiterhin braucht es viel Strom, über 100 Watt bei Cassini. Wenn dann noch eine externe Antenne dazu kommt, so wird es wirklich schwer. Bei TerrasaR-X einem deutschen Radarsatelliten wiegt diese z.B. 394 kg. Für eine Orbitermission muss sie leichter sein um die Gewichtsbeschränkungen einzuhalten. In der weiteren Betrachtung wird noch erörtert, wie man die Auflösung steigern kann.

Für die kombinierte Kamera mit IR Spektometer wäre ein 12-15 cm Teleskop denkbar. Die Brennweite wird vor allem durch das visuelle System nach oben hin begrenzt. Titan spielt hier bei der Betrachtung keine Rolle, da man aus der Umlaufbahn mit einem Teleskop dieser Größe relativ kleine Teile abdeckt und im sichtbaren Bereich die Atmosphäre kaum durchsichtig ist. Will man jedoch aus der Entfernung von Titan Saturn in einem 3 x 3 Mosaik abbilden, so sollte die Brennweite bei einem 2K x 2K CCD mit 14 µm Pixelgröße etwa bei 700 mm liegen.

Ein 256 x 256 Pixel IR Detektor kann heute das Spektrum zwischen 0.9 und 12 µm abdecken. Ein solcher Detektor wäre für das abbildende IR Instrument wünschenswert. Zwar gibt es heute CCD Arrays von bis zu 4096 x 4096 Pixeln, doch decken diese zum einen nur den Bereich bis 5.3 µm ab und zum anderen erzeugen diese eine enorme Datenmenge (Während ein 2048 x 2048 x 12 Bit CCD Bild der Kamera auf 48 MBit kommt sind es bei dem nur 256 x 256 Pixel großen IR Sensor durch die 256 Spektralkanäle 128 MBit - 3 mal mehr bei einem Bruchteil der Pixelfläche.

Das gleiche gilt sinngemäß für das UV Spektrometer. Ein Kombinationsinstrument dieser Art wiegt etwa 12-20 kg, abhängig von der Teleskopgröße. Staubdetektoren gibt es in verschiedensten Ausführungen. Die bei Cassini und Galileo waren relativ große Instrumente. Es geht jedoch leichter. Der SDC an Bord von New Horizons wiegt nur 0.1 kg. Ein Magnetometer ist ebenfalls sehr leicht. Beide Instrumente sollten zusammen etwa 5 kg ausmachen.

Nimmt man die Hauptantenne als RADAR, so kommt man so auf etwa 65 kg Nutzlast. Bei einer phased Array Antenne ist dies Abhängig von deren Größe, immerhin gibt es auch leichtere Radarsatelliten. Eine nur 1 m lange Radarantenne sollte mit 70 kg zu verwirklichen sein. Sie würde je nach Modus aus 1000 km Höhe noch eine Auflösung von 10 m erreichen. Ich habe die beiden Versionen einmal mit separater Radarantenne und einmal ohne im folgenden als "großen" bzw. kleinen Entwurf bezeichnet.

Der Orbiter

So kommt man auf 65 bzw. 105 kg Nutzlast abhängig von der Art der Antenne. Die Trockenmasse des Orbiters dürfte etwa 6 mal so hoch sein und bei dann 380-630 kg wiegen. Dazu kommt noch die Stromversorgung. Ein Radar benötigt recht viel Strom, bis zu 110 W bei Cassini. Andere Instrumente kann man dann nicht mehr betreiben. Dazu kommen noch die Bordsysteme so, dass man eine Leistung von etwa 400 W benötigt. Geht man von einer Betriebsdauer von 12 Jahren und 3 % Verlust pro Jahr aus, so sollte man beim Start etwa 540 W an Leistung zur Verfügung haben. Dazu benötigt man einen RTG von etwa 108 kg Gewicht. So erhält man eine Startmasse ohne den Antrieb von 490 bzw. 740 kg. Wir brauchen einen Antrieb zum Einschwenken in den Saturn Orbit und einen um später im Orbit Bahnänderungen durchführen zu können. Für das erste habe 500 m/s veranschlagt, für das zweite 1000 m/s. Das führt zu einem Geschwindigkeitsbedarf von 1500 m/s und erhöht die Sondenmasse auf 1170 kg (kleiner Entwurf, Trockenmasse des Antriebs 80 kg, Antrieb mit Treibstoff 530 kg) bzw. 1740 kg (800 kg Antrieb, 130 kg Trockenmasse, großer Entwurf). Vor dem Einschwenken in den Orbit um Titan wiegt der Orbiter dann noch 847 kg bzw. 1268 kg.

Das Problem ist aber das Einschwenken in einen Titanorbit. Mit chemischen Treibstoffen kann man dies nicht durchführen. Cassini hat z.B. eine Geschwindigkeit relativ zu Titan bei den Vorbeiflügen von 6 km/s. Davon müsste sie 4 km/s abbauen um in einen Orbit einzuschwenken. Der Antrieb der dies leistet, würde ein vielfaches der Sonde wiegen.

Die Lösung dafür ist wohl wie beim Mars eine aerodynamische Abbremsung. Allerdings muss sie effektiver sein als bei den Mars Satelliten - Diese tauchen 400 mal ein um weniger als 1000 m/s Geschwindigkeit abzubauen. Unsere Sonde würde während mehrerer Jahre nicht 400 Vorbeiflüge an Titan machen und etwa 4500 m/s abbauen müssen.

Die Lösung: Ein aerodynamischer Schutzschild vor der Sonde mit dem diese sehr tief in die Atmosphäre eintauchen kann. Nehmen wir an, wir bauen einen linsenförmigen  Schirm vor die Sonde, ein Kreis von 4 m Durchmesser mit "Blütenblättern" die nach dem Start ausgefahren werden und den Durchmesser auf 6 m erhöhen. Wenn er aus Titan ist (wegen des Gewichts und der hohen Festigkeit) und wir 150 kg (kleiner Entwurf) bzw. 200 kg (schwerer Entwurf) dafür aufwenden, so erlaubt dies eine Blechstärke von 1.2 bzw. 0.8 mm. Das Titan soll sich von 90 K auf 470 K aufheizen dürfen (+200 °C als Obergrenze um die Hitzebelastung der Sonde gering zu halten). Bei einer Wärmekapazität von 520 J/kg/K kann der 200 kg schwere Schild pro Eintreten etwa 39.52 MJ Energie aufnehmen und der kleine entsprechend 26.3 MJ. Bei einer Masse von 847 kg bzw. 1268 kg nach Erreichen des Saturnorbits entspricht dies einer Abbremsung um 249 m/s in beiden Fällen. 18 Vorbeiflüge müssten ausreichen um sich danach einfangen zu lassen. Man würde dann den Schild abwerfen und im Apozentrum des Erreichen hochelliptischen Orbits das eigene Triebwerk zünden um ihn so anzuheben, dass man nicht mehr in die Atmosphäre eintritt. Wenn man eine Erwärmung des Schildes auf 1500 K (immerhin noch 440 K unter dem Schmelzpunkt von Titan) zulässt für das letzte Manöver so kann man 3 Vorbeiflüge einsparen. Wegen der großen Hitze die der Schild dann aber abstrahlt sollte er dann sofort nach Verlassen der Atmosphäre abgesprengt werden. So kommen wir zur folgenden Massebilanz:

System kleiner Entwurf großer Entwurf
Instrumente ohne Radar 25 kg 25 kg
Radar 40 kg 80 kg
Orbiter ohne RTG und Instrumente 315 kg 525 kg
RTG (540 Watt) 110 kg 110 kg
Schitzschild 150 kg 200 kg
Antrieb 530 kg 800 kg
Antriebtrockenmasse 80 kg 130 kg
Startmasse 1170 kg 1740 kg
Kurskorrekturvermögen vor Ereichen der Titanumlaufbahn 1000 m/s 1000 m/s
nach Erreichen der Titanumlaufbahn (Schutzschild wird abgeworfen) 623 m/s 635 m/s
nach Erreichen der Titanumlaufbahn (Schutzschild wird nicht abgeworfen) 503 m/s 526 m/s

Das nächste was wir nun suchen müssen ist eine Trägerrakete. Es gibt zahlreiche mögliche Trajektorien zum Saturn - direkte mit Reisezeiten von etwa 6 Jahren - Umwege über Jupiter (nur alle 20 Jahre für einige Jahre möglich, das nächste Mal 2015-2017) mit Reisezeiten von etwa 4 Jahren und zahllose Umwege über das innere Sonnensystem mit Vorbeiflügen an Venus und Erde (Reisezeiten ab 7 Jahren aufwärts). Ich habe einmal den Vorbeiflug an Jupiter untersucht mit einer benötigten Startgeschwindigkeit von 14400 m/s.

Keine der heutigen Trägerraketen hat eine sehr hohe Nutzlast für diese Geschwindigkeit. daher habe ich den Einsatz der Oberstufe PAM-D mit eingeplant. Diese erhöht die Startmasse um 2141 kg auf 3311 bzw. 3881 kg und erniedrigt die Startgeschwindigkeit um 1940 m/s bzw.2460 m/s.

Wir haben also für die kleine Sonde 5 Trägerraketen in 12 Varianten, für die größere 4 Trägeraketen in 6 Varianten. Das sollte also kein Problem sein, es ermöglicht auch internationale Zusammenarbeit (ich stelle die Trägerrakete und mein Experiment fliegt dann mit).

Subsysteme

Kommunikation

Eine Antenne von 3 m Größe ist bei unserem Satelliten eine Mindestforderung. Die Sender können recht stark sein - wir brauchen schließlich für Radar Sendeleistung, die wir nützen können um zu kommunzieren. Verwendet man die Sender von Cassini, so sind bei einer 3 m Antenne 75 KBit/s vom Saturn aus zu den 70 m Antennen möglich. Das klingt nach viel, ist bei Radardaten aber nicht ausreichend. Ein RADAR erzeugt wesentlich mehr Daten als ein optisches Instrument für dieselbe Auflösung man errechnet die Auflösung durch die Kombination vieler Radardaten. Als erste Abschätzung nehmen wir den günstigsten Fall an für die Karteriung: Einen 1000 km hohen Kreisorbit. Wollen wir in 2 Jahren eine Karte von Titan mit 100 m Auflösung haben und wir machen diese aus einem 1000 km Orbit so sind dazu 2200 Umläufe nötig die jeweils einen Streifen von 16100 x 8 km Länge produzieren. Das ist eine Datenmenge von 1.4 GBit pro Umlauf.

Ein Umlauf lichtet 136000 km² Oberfläche ab und dauert 4 Stunden. 1 Stunde hat man zum Senden Zeit. davon soll ein Drittel auf die Radardaten entfallen, das bedeutet dass man mit 1.2 MBit/sec senden muss um diese Datenmenge zu übertragen. Das ist ein Problem. Diese Datenrate ist heute mit einem X-Band Sender illusoriisch. Selbst mit einer größeren Antenne und stärkeren Sendern. Geht man auf das Ka Ban bei 32 GHz Frequenz so kann man diese Datenmenge übertragen, denn durch die höhere Frequenz ist der Strahl besser gebündelt und überstreicht eine 14 mal kleinere Fläche auf der Erde - eine 14 mal höhere Datenrate.

Eine zweite Möglichkeit ist die Online Datenverarbeitung. Anstatt die Radardaten zu übermitteln, berechnet man aus ihnen gleich die Ansicht der Oberfläche - man verliert dann jedoch andere Informationen die in dem Signal vorhanden waren wie z.B. Oberflächenrauigkeit, Rückstreuung unter verschiedenen Winkeln etc. Der Lohn ist dass sich die Datenmenge auf etwa 110 MBit pro Orbit reduziert und die geforderte Datenrate des Systems auf 92 KBit/sec, was nahe an unseren 75 KBit/sec liegt (und mit einer leicht größeren Antenne zu machen wäre).

Weiterhin gäbe es pro 4 Stunden Umlauf 2 Bilder der Kamera (2048 x 2048 Bildpunkte) wenn man nicht komprimiert und 20 wenn man das JPEG Verfahren anwendet und jeden zweiten Orbit einen Datenwürfel des IR Spektrometers. Alle 2 Stunden ist so der Saturn mit seinen Ringen ablichtbar wenn man komprimiert, sonst alle 20 Stunden. Aufnahmen des Titan im sichtbaren Licht machen nur einen Sinn wenn man eine Weitwinkelkamera zusätzlich befestigt mit etwa 150 m Auflösung und 100 mm Brennweite. Sie könnte den Titan in 2 Jahren kartieren, wobei man allerdings den Smogeffekt berücksichtigen muss.

IR Aufnahmen erzeugen, weil ganzen Datenkuben anfallen, noch größere Datenmengen. Pro Orbit kann man 0.65 Kuben übermitteln. Will man den Titan in 2 Jahren kartieren, so muss ein Kubus ein Gebiet von 240 km x 240 km umfassen, die Auflösung liegt dann bei etwa 1 km/Pixel.

Die Daten müssen zwischengespeichert werden. Bislang bin ich zur einfacheren Kalkulation von einem linearen Datenaufkommen ausgegangen und dies für einen fiktiven 1000 km Orbit (in etwa die größte Annäherung die möglich ist) errechnet. In der Praxis wird die Sonde in einer elliptischen Bahn sein, z.b. einem 12 Stunden Orbit - Rund um den nächsten Punkt bei Titan werden die Instrumente aktiviert, die Daten aufgezeichnet und an Bord gespeichert. Im fernsten Punkt der Bahn wird gesendet. Will man für 24 Stunden Daten sammeln können braucht man einen Speicher an Bord in der Größe von 28.8 GBit, das ist nicht mehr als auf eine High-Capacaty SD Karte heute drauf geht, also kein Problem.

Als erstes Zwischenresümee können wir sagen: Es ist möglich eine Kartierung auf 100 m Auflösung in etwa 2 Jahren durchzuführen. Eine Beobachtung des Titan und des Saturns ist auch möglich, kritisch wird wegen des Datenaufkommens das abbildende IR Instrument sein.

Stromversorgung

Die Stromversorgung ist so ausgelegt, dass nicht alle Systeme gleichzeitig aktiv sind. Zu einem Zeitpunkt wird man also entweder

Unter dieser Prämisse ist auch eine hohe Sendeleistung zu der Erde möglich, da man viel Strom für das Radar und die Instrumente braucht. Trotzdem hält sich der Strombedarf in Grenzen wenn nur ein System gleichzeitig aktiv ist.

Bahnkontrolle

Es ist schwer abzuschätzen wie viel Treibstoff eine Mission braucht. Es gibt die Erfahrungswerte von Cassini, dass man etwa 1000 m/s für das Einschwenken in eine Saturnbahn und das anheben des planetennächsten Punktes braucht. Dies ist auch noch berechenbar mit einfachen Formeln. Das Problem beginnt bei Titan. Alle Bahnen um die Monde der Gasplaneten sind durch Störungen durch diese instabil. Ein Satellit um Europa würde nach einer Studie nach 60 Tagen auf der Oberfläche einschlagen, in dieser Zeit verliert er etwa 90 m/s an Geschwindigkeit. Nun ist Titan weiter entfernt als Europa und Saturn masseärmer als Jupiter, so dass die Kräfte etwa 10 mal kleiner sind. Daher sollten 500 m/s für Bahnkorrekturen für einige Jahre reichen.

Bordcomputer

Die Computerpower welche die Sonde haben muss ist abhängig von der Art wie man die Radardaten verarbeitet. Als Ausgangsbasis sollte Seasat dienen: Er war der erste RADAR Satellit und nahm in 8 Sekunden ein 100 x 100 km großes Gebiet mit 25 m Auflösung. Die Datenmenge betrug dabei 110 MBit pro Sekunde. Ein Bild das draus entsteht hat aber nur eine Datenmenge von 9 MBit/Sekunde. diese redundante Datenmenge entsteht durch das seitwärts schauende Radar das von einem Objekt daher Echos aus verschiedenen Blickwinkeln beim Überflug erhält und aus diesen Echos das Bild errechnet. Das ist der Preis für die Tatsache dass man bei der Wellenlänge von Radarwellen eigentlich mit den Antennen niemals so kleine Objekte abbilden kann.

Man kann also entweder die Radardaten aufzeichnen und so zur Erde senden und sie dort verarbeiten, oder dies an Bord tun und die Datenmenge auf ein Zwölftel reduzieren. Für letzteres gibt es einen Anhaltspunkt: Zur Zeiten von Seasat konnte ein Minicomputer in 8 Stunden ein Bild verarbeiten. Damals lag die Geschwindigkeit eines Minicomputers bei 1 MIPS. Das bedeutet dass man für 16 Millionen Bildpunkte 288800 MIPS brauchte oder  0.0018 MIPS pro Bildpunkt. Der leistungsfähigste Prozessor der derzeit für den Weltraumeinsatz verfügbar ist schafft etwa 1500 MIPS und könnte also 83.000 Punkte/s verarbeiten. Das wären bei 16 Stunden Arbeit pro Tag insgesamt nahezu 4.8 Milliarden Bildpunkte. Die restlichen 6 Stunden entfallen dann für das Aufnehmen von Daten und das Senden. Nimmt man an, dass man die Oberfläche in überlappenden Streifen von 26 km Breite und 16100 km Länge abtastet (insgesamt 730 Stück in 2 Jahren) so entspricht dies 11000 Punkten pro km² oder einer Auflösung von 10 m. Ein solcher Rechner könnte also die Datenmenge die anfällt verarbeiten und daraus Bilder erzeugen.

Da Computer viel Strom brauchen bietet sich (auch aus sendetechnischen Gründen) ein elliptischer Orbit von 12 oder 24 Stunden Umlaufszeit an. In diesem:

So kommt man auf 4 Stunden pro Tag für Funkverbindungen zur Erde. Jeweils nur eines der energieverbrauchenden Subsysteme ist dann aktiv.

Die Alternative ist die Daten zu übertragen. Dann benötigt man alleine für Radardaten (100 m Auflösung, 4 Stunden Sendezeit pro Tag 2 Jahre Primärmission) eine Datenrate von 150 KBit/sec was bei einer 3 m Antenne auf einen 120 W Sender im X Band hinausläuft, (zusätzlich kommen dann noch die anderen Instrumentendaten hinzu) weshalb man hier auf das Ka Band ausweichen muss oder eien sehr große Antenne einsetzen muss.

Feinplanung

Bislang haben wir uns Gedanken gemacht in Phase 1 - Was wollen wir an Instrumenten, wie schwer wird die Raumsonde, ist das von einer Trägerrakete machbar. In Phase 2 haben wir uns mit einigen Detailproblemen beschäftigt, vor allem der Stromversorgung, Kommunikation und Datenverarbeitung. In Phase 3 geht es nun um eine konkrete Raumsonde.

Als erstes muss man sich für eine Trägerrakete entscheiden. Ich sehe eine solche Mission gerne international durchgeführt. Das sichert zum einen, dass sie auch tatsächlich stattfindet, zum anderen verteilt es die Kosten. Ich habe mich als Trägerrakete für die Ariane 5 ECA entschieden. (Bis dahin sollte eigentlich die ECB Version verfügbar sein, doch man soll nicht mit ungelegten Eiern rechnen). sie ist preislich attraktiv und könnte Europas Anteil sein. Eine Proton scheidet wegen der kleinen Nutzlastverkleidung und mangelnder Tragfähigkeit aus.

Russland könnte das Plutonium für die RTG stellen und so etwa 10 % der Kosten übernehmen. Europa mit der Trägerrakete 20 % der Kosten. Weitere Komponenten von Europa könnte die Radar Elektronik sein, bei der die DLR Erfahrung nach dem Bau von 6 Radarsatelliten hat. Das ergäbe dann eine Kostenverteilung von:

Eine Ariane 5 ECA in der derzeitigen Form trägt eine Nutzlast von 3850 kg (inklusive der PAM-D Oberstufe) auf eine Geschwindigkeit von 12271 m/s. Die PAM-D beschleunigt dann die Nutzlast auf 14210 m/s - in eine Jupiter Transferbahn. Ohne ihn geht es nicht. Das bedeutet dass man in dem Zeitraum 2015-2017 starten sollte. Nur alle 20 Jahre gibt es Startgelegenheiten zum Saturn über Jupiter. Das ergibt eine maximale Startmasse von 1709 kg.

Weiterhin bin ich davon ausgegangen, dass man den Schutzschild nach dem Einschwenken in einen Orbit abwirft um Treibstoff zu sparen. Nun kennt man die Startmasse der Sonde und damit kann man die Sonde genauer festlegen. Der große Entwurf braucht nun nicht mehr verfolgt werden.

System verfeinerter Entwurf erster Entwurf
Instrumente ohne Radar 30 kg 25 kg
Radar 40 kg 40 kg
Orbiter ohne RTG und Instrumente 510 kg 525 kg
RTG (888/630 Watt) 168 kg 110 kg
Schutzschild 200 kg 200 kg
Antrieb 750 kg 800 kg
Antriebtrockenmasse 120 kg 130 kg
Startmasse 1700 kg 1740 kg
Kurskorrekturvermögen vor Erreichen der Titanumlaufbahn 1000 m/s 1000 m/s
nach Erreichen der Titanumlaufbahn (Schutzschild wird abgeworfen) 500 m/s 635 m/s

Die wesentlichsten Änderungen ist dass die Instrumente um 5 kg schwerer werden dürfen. Dies gibt etwas mehr Spielraum. Das Orbiter Leergewicht steigt dagegen drastisch und auch die Stromversorgung. Das erlaubt folgende Verbesserungen:

Als Resultat kann man im X-Band eine Datenrate von 296 KBit/s erwarten. Im Ku Band sogar eine noch höhere Datenrate.

Alternativen

Die Raumsonde die hier skizziert wird ist an der Grenze dessen was eine Trägerrakete heute leisten kann. Nun sucht man immer nach Alternativen um hier Geld zu sparen. Es gibt zwei Möglichkeiten: Zum einen die Sonde leichter machen indem man wie Cassini nur am Titan vorbeifliegt und zum zweiten durch Vorbeiflüge an den Planeten Startenergie zu sparen.

Fly-Bys an der Erde

Ich gehe mal auf den zweiten Punkt zuerst ein. Die folgende Tabelle informiert über die Startgeschwindigkeiten bei einem Direktflug zum Saturn von der Erde aus. Die zweite Tabelle enthält die solar Geschwindigkeitsdifferenz. Beim Start von der Erde wird diese mit der Fluchtgeschwindigkeit verrechnet, bei einem späteren Zeitpunkt muss sie voll aufgebracht werden:

Planet Start von der Erde aus solare Differenzgeschwindigkeit
Mars 11415 m/s 2946 m/s
Jupiter 14105 m/s 8794 m/s
Saturn 15083 m/s 10290 m/s

Bei einer mit Wasserstoff und Sauerstoff angetriebenen Oberstufe entspricht eine Reduktion der Geschwindigkeitsanforderungen um 4000 m/s in etwa einer Steigerung der Nutzlast um das 3-4 fache. Man kann daraus erkennen, dass schon der Vorbeiflug an Jupiter etwas bringt, auch wenn er das Startfenster dann von einem pro Jahr auf 3 alle 20 Jahre reduziert.

Man kann Energie einsparen wenn man an den Planeten vorbeifliegt. Es gibt 3 Stück im inneren Sonnensystem die man nutzen kann:

Um die über 10 km/s Zusatzgeschwindigkeit zum Saturn mit Erde und Venusvorbeiflügen zu erreichen braucht man bei 3-4 km/s pro Vorbeilfug mindestens deren 3, das macht die Missionsplanung recht schwierig und für einen Laien wie mich nicht mehr von Hand berechenbar. doch beschränkt man sich nur auf einen Planeten, die Erde so geht es. Hier der Trick:

Man startet in eine Sonnenumlaufbahn von 1 Jahr Umlaufdauer, nur leicht anderen Bahnparametern als die Erde. Nach einem Jahr befinden sich Sonde und Erde wieder an derselben Stelle und die Erde gibt der Sonde einen Kick. Man legt den Vorbeiflug so, dass nun eine 1.5 Jahresumlaufbahn resultiert. Nach 3 Jahren sind wieder Sonde und Erde an derselben Position und es gibt einen neuen Kick für eine 3 Jahres Umlaufbahn und nach 3 Jahren gibt es den letzten Kick zu der endgültigen Route. Hier eine Tabelle für diese Bahnen:

Bahn Geschwindigkeit solar Start von der Erde aus Bahnparameter Reisedauer
1 Jahres Bahn 0 11020 m/s 147.5 x 152.5 Mill km 13 Jahre
1.5 Jahres Bahn 3355 m/s 11528 m/s 149.6 x 243 Mill km 12 Jahr
3 Jahres Bahn 6930 m/s 13021 m/s 149.6 x 473 Mill km 9 Jahre
Saturn 10290 m/s 15083 m/s 149.6 x 1428 Mill km 6 Jahre

Die verlängerte Reisedauer ist der größte Preis für diese Vorgehensweise (mit Venusvorbeiflügen ginge es schneller, doch wie schon gesagt wird es dann nicht mehr für mich berechenbar. Immerhin: Ohne PAM-D Oberstufe würde eine Proton M ausreichen um 13020 m/s zu erreichen. Das wäre eine bedeutende Reduktion der Startkosten. Lässt man sich 12 Jahre Zeit könnte man sogar eine Sojus Rakete einsetzen, welche für diese geringere Geschwindigkeit vollkommen ausreicht. Alternativ isst natürlich dann auch an eine größere Sonde zu denken.

Legt man sich auf die Ariane 5 ECA fest, so resultieren folgende Startmassen)

Bahn Nutzlast ohne PAM-D mit PAM D Start von der Erde aus Reisedauer
1 Jahres Bahn 6939 kg 6984 kg 11020 m/s 13 Jahre
1.5 Jahres Bahn 5553 kg 5658 kg 11528 m/s 12 Jahr
3 Jahres Bahn 2539 kg 2947 kg 13021 m/s 9 Jahre
Saturn 60 kg 1064 kg 15083 m/s 6 Jahre
Jupiter Swing-By 935 kg 1710 kg 14210 m/s 7 Jahre

Wenn wir bereit sind 2 Jahre länger zu reisen, so erhalten wir mit der Extrarunde an der Erde zwei Vorteile:

Die Nutzlast steigt auf 2539 bis 2947 kg - Was einige Einschränkungen bezüglich des Gewichts, Stromverbrauchs, Sendeleistung hinfällig machen würde. Dann wäre auch wieder ein aktives RADAR denkbar.

Wir sind unabhängig von dem Vorbeiflug an Jupiter, der nur alle 20 Jahre für etwa 3 Jahre möglich ist (allerdings gibt es ebenfalls alle 15-17 Jahre eine Möglichkeit Mars auf dem Weg zum Saturn zu passieren, was in etwa den gleichen Geschwindigkeitsgewinn bedeutet. Ich habe diese Möglichkeit außer Acht gelassen, weil es nur ein Vorbeiflug alle 15-17 Jahre ist, d.h. man ist noch beschränkter als bei Jupiter wo man zumindest 3 hintereinander folgende Jahre nutzen kann).

In der Praxis wird man wahrscheinlich nicht auf eine wesentlich kleinere Trägerrakete umschwenken, vielmehr die erhöhte Startmasse nutzen um mehr Instrumente mitzuführen. Im Orbit wäre der Orbiter dann 400-600 kg schwerer. Das erlaubt es erheblich mehr (50-80 kg) zusätzliche Instrumente mitzuführen - das erlaubt es Teilchendetektoren, Massenspektrometer praktisch eine komplette Instrumentensuite mitzuführen und dies für relativ geringe Mehrkosten.

Kein Einschwenken in einen Orbit

Die Startmasse von 1710 kg ist aber auch zu reduzieren, wenn man wie Cassini nicht in einen Titan Orbit einschwenkt, sondern sich nur im Saturnsystem bewegt. Lässt man den Schutzschild weg und reduziert man die Resttreibstoffe auf 300 m/s. (das ist in etwa das was Cassini für 6 Jahre zur Verfügung hat) so reduziert sich die Startmasse um 440 kg auf 1270 kg. Nicht viel, dies muss dann mit der Mission abgewogen werden.

Man kann eine Sonde in einen Orbit einschwenken der bei jedem Umlauf am Titan vorbeiführt. Dies ist z.B. bei Cassini 2006/7 der Fall, in der praktisch alle 2-3 Wochen ein Titanvorbeiflug stattfindet. 2 Orbits wären besonders interessant: Ein Orbit mit derselben Umlaufszeit wie Titan (Halbachse 1221600 km) oder einer mit der halben Umlaufszeit von Titan (Halbachse 759600 km). Bei einem festliegenden saturnnächsten Punkt von 145000 km (außerhalb des F-Rings) entspricht dies einem saturnfernsten Punkt von 1394200 km bzw. 2298200 km.

Während 2 er Jahre kann eine Sonde so etwa alle 16 Tage Titan besuchen. Man wird dann eine nicht zu nahe Annäherung anstreben um den Orbit nicht zu stark zu verändern. Einige nahe Vorbeiflüge müssen aber erfolgen um den Punkt an dem Titan passiert wird anzupassen, denn bei einer Umlaufbahn die einem vielfachen der Titanumlaufdauer entspricht sieht man immer die gleiche Hemisphäre. Da die Distanz dann sehr schnell zunimmt wird man in diesem Falle auch wieder ein aktives RADAR einsetzen, um selbst aus großer Entfernung eine hohe Auflösung zu erreichen. Nimmt man 80 Vorbeiflüge in 2 Jahren bei minimalen Distanzen von 10000 km an, und nimmt man weiterhin an, dass die Streifen die überschnitten werden sich um 100 % überlappen, so muss man bei einem Vorbeiflug etwa 1.1 Millionen km² abdecken. Bei einer typischen Länge von 10 x der Breite ist ein Streifen dann etwa 320 km breit und 3200 km lang. Das RADAR von TerrraSAR könnte im "Stripmap" Modus aus 10000 km Entfernung einen 500 km breiten Streifen abbilden mit einer Auflösung von 60 m. Um 1.1 Millionen km² Abzubilden muss man es etwa 14 Sekunden lang betrieben werden, in denen die Entfernung sich unter 100 km ändert. Das bedeutet, dass man mit einem aktiven RADAR ebenfalls eine Kartierung auf unter 100 m möglich ist. Es fallen kurzzeitig sehr hohe Datenmengen an (300 MBit/s) die dann jedoch über 16 Tage verteilt zur Erde gesendet werden, d.h. in er Realität fallen nicht mehr Daten an als bei einem Orbiter.

Diese Bahn hat einige Vorteile: Man bewegt sich weiterhin im inneren Saturnsystem und kann auch die inneren Monde und die Ringe besser erkunden. Dem gegenüber ist abzuwägen, dass der Aufwand für die Steuerung der Raumsonde und den Routinebetrieb viel größer ist und es die Gefahr gibt dass man auch nach Abschluss der Mission Lücken im Atlas hat.

Endgültige Mission

Nun eine endgültige Berechnung. Zuerst einmal von der Orbitsonde. Angenommen wird ein 24 h Orbit  mit den Bahnparametern 1000 x 17900 km, wobei der titannächste Punkt über einem der Pole liegt der zu diesem Zeitpunkt gerade im Schatten liegt, da man an diesem Punkt Seen erwarten kann. Dies ist eine 24 h Bahn. Während 2 h der Bahn überquert die Sonde annähert eine Hemisphäre wobei die Entfernung von 1000 auf 2500 km zur Oberfläche zunimmt.

Eine 4.7 m große Antenne hat eine Auflösung von 85 m aus 1000 km Entfernung und 213 m aus 2500 km. Am Äquator sind es 213 m. Lässt man sich 2 Jahre für die Kartierung zeit so muss man pro Tag einen 22 km breiten Streifen aufnehmen. nimmt man eine Überlappung von 4 km an, so ist ein Streifen dann 26 x 16100 km breit, wobei am Pol die Breite nur noch 10 km beträgt, gleichzeitig steigt auch die Auflösung.

Ein konventionelles RADAR erzeugt für einen solchen Streifen eine Datenmenge von 46 MBit erzeugt. Dies kann bei einer Datenrate von 296 KBit/s in 156 Sekunden übertragen werden kann. Das erlaubt es in 2 Jahren sogar die Kartierung in 3 Wellenlängen durchzuführen. (X, Ka und Ku Band). Eine höhere Auflösung wäre möglich, jedoch macht hier die konventionelle Antenne nicht mit.

Das erlaubt es für andere Instrumente größere Datenmengen zu liefern. Bei einer JPEG Kompression von 8, 4 Stunden Sendezeit pro Tag und 1000 Sekunden für die RADAR Daten kann man mit der Kamera 345 Aufnahmen übermitteln und 86 Kuben des abbildenden IR Spektrometers. Das erlaubt es wenn man die Hälfte der Aufnahmen jeweils für eine Kartierung verwendet und sie sich zu 100 % überlappen im sichtbaren Bereich eine Kartierung auf 32 m (3 Spektralkanäle für Falschfarbenaufnahmen) bzw. 290 m im Infraroten.

Bei der Vorbeiflugmission gehe ich von 80 Vorbeiflügen aus. Bei einer Länge von 10 x der Breite und 100 % Überlappung der Streifen muss jeder eine Fläche von 4.11 Millionen km abdecken oder einen Streifen von 650 x 6500 km. Ein aktives RADAR erzeugt bei einer Auflösung von 100 m (erreicht in 17000 km Entfernung) eine Datenmenge von 16 GBit und kann diese in 54 Sekunden aufnehmen. Da die Sonde bei einer typischen Vorbeifluggeschwindigkeit von 6 km/s in dieser Zeit nur etwa 400 km zurücklegt. Es gibt also zumindest von der Vorbeiflugdistanz noch Möglichkeiten zur Steigerung. 16 GBit sind in knapp 15 h übertragen. Bei 8 Tagen zwischen einem Vorbeiflug und 4 h Sendezeit pro Tag sind dies knapp die Hälfte der Sendezeit. Dies ist also kritischer. Alternativ kann man die Daten an Bord vorverarbeiten. Bei 12 Bit für die Höheninformation und 8 Bit für die Rückstreuungsinformation kann man die Datenmenge auf 8.45 GBit drücken. Die Zeit dafür ist in jedem Falle vorhanden.

Mit einem aktiven Radar ist so sogar eine höhere durchschnittliche Auflösung möglich als mit einer zweckentfremdeten Kommunikationsantenne. In beiden Fällen ist aber bei höheren Auflösung die Datenrate aus Saturnentfernung kritisch.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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