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Was ist drin... in Abendbrot?

Bei dem heutigen Produkt handelt es sich um eines der "neuen" Produkte mit Zusatznutzen. In diesem Falle handelt es sich um ein Brot, das Energie sparen soll, indem es mehr Eiweiß hat und weniger Kohlenhydrate. Doch hält es das?

Die Bewerbung

AbendbrotAuf der Verpackung findet sich neben dem Titel "Abendbrot" noch der Slogan "Guter Geschmack, Gutes Gefühl". Eine Frau reckt ihre Armee aus dem Bett und daneben steht "mehr Eiweiß, weniger Kohlenhydrate" und am Rand "Manchmal ist weniger mehr".

Das Brot zählt zu den eiweißreichen Broten. Das Postulat bei diesen ist, dass man durch mehr Eiweiß im Brot abnehmen kann oder zumindest sein Gewicht halten kann. Eiweiß sättigt stärker als Kohlenhydrate, so sollte man schneller satt sein. Eiweiß bindet zudem wie Kohlenhydrate Wasser, so sollte der Kohlenhydratanteil sinken. Soweit die Theorie.

Was das ganze mit dem Abend zu tun hat, bleiben uns die Marketingabteilungen schuldig. Vielleicht soll man so satt sein, dass man danach nichts mehr isst. Aber mit der gleichen Begründung kann man es auch als Frühstücksbrot nehmen, denn dann bräuchte man einfach weniger Brot zum Frühstück. Zudem ist die Abbildung der Frau verwirrend: ich kenne dieses Räkeln, um die Muskeln zu lockern vor allem mit dem hellen Hintergrund, nur vom Aufstehen und nicht vom Insbettgehen. Das man nur durch das Brot gut gelaunt aufsteht, dürften wahrscheinlich nicht mal die Marketingfachleute annehmen. Zudem passt das dann nicht zu den abgebildeten Sterne und den Mond.

Zutatenverzeichnis

Eiweißreiches Sojaschrotbrot mit 16% Ölsamen: Das ist die eigentliche Verkehrsbezeichnung, die es dem Verbraucher erlaubt, sich ein Urteil über das Brot zu machen, den "Abendbrot" sagt nun ja gar nichts über die Art des Brotes aus.

Wasser: Das ist schon der erste Unterschied zu einem normalen Brot: Beim normalen Brot ist Mehl die Hauptzutat und nicht Wasser. Viel Wasser bedeutet natürlich einen niedrigen Energiegehalt, denn Wasser hat gar keine Energie.

Weizenkleber: Der Weizenkleber enthält die Proteinfraktion des Mehls, vor allem das Gluten. Dieses quillt durch Wasser auf und ist bei einem Weizenbrot dafür verantwortlich, das der Teig locker ist und aufgeht und auch die Form behält. Weizenkleber wird manchmal Mehl zugesetzt, wenn dieses Defizite hat z. B. zu wenig eigenen Weizenkleber. Doch hier steht er an zweiter Stelle des Zutatenverzeichnis, ist also der Hauptbestandteil. Der Weizenkleber bindet auch viel Wasser.

Sojaschrot: Sojabohnen sind die ersten Ölsamen die man in dem Produkt findet. Sojabohnen enthalten neben viel Fett auch relativ viel Eiweiß. (33-34%) Daher bilden sie auch die Grundlage für zahlreiche vegane Gerichte.

Weizenvollkornmehl (9%): Erstaunlich, nun erst kommt das Mehl. Während normales Brot zu 60-70% Mehl besteht sind es hier nur 9%. Damit ist klar, dass dieses Brot sich in der Zusammensetzung stark von einem herkömmlichen Brot unterscheidet.

Leinsamen: Leinsamen sind ebenfalls proteinreiche Samen, sie enthalten rund 24% Eiweiß. Leinsamen werden wie die folgenden Samen aber auch zur Geschmacksgebung zugesetzt.

Sojaeiweißkonzentrat: Um den Eiweißgehalt zu erhöhen reicht es offensichtlich nicht aus, nur Sojaschrot zuzusetzen: man hat zusätzlich noch die Proteinfraktion aus der Sojabohne zugesetzt die z.B. bei der Ölgewinnung anfällt.

Sonnenblumenkerne: Auch Sonnenblumenkerne enthalten rund 22-23% Eiweiß.

Hefe: Das eigentliche Backtriebmittel.

Sesam: Eine weitere Samenfrucht mit 17-18% Eiweißanteil und einem ausgeprägten Eigengeschmack.

jodiertes Speisesalz: Salz gehört zur Geschmacksbildung in jedes Brot.

Weizenspeisekleie: Erhöht den Ballaststoffanteil, ist in diesen kleinen Mengen (im Zutatenverzeichnis, das absteigend nach der Menge geordnet ist) nach dem Salz also im Bereich von weniger als 1%) nicht groß wirksam zur Erhöhung des Ballaststoffgehaltes.

Malzextrakt (Gerstenmalz, Wasser): nach offizieller Lesart des Bäckerhandwerks wird Malzextrakt zur Aromagebung zugesetzt. In Wirklichkeit haben die relativ kleinen Mengen (am Ende des Zutatenverzeichnisses) keine großen Auswirkungen auf das Aroma. Das tiefdunkle Malz färbt das Brot aber dunkel und so sieht das Brot eher aus nach einem Vollkornbrot aus, als nach einem Weißbrot, das es nach der Zusammensetzung her ist.

Weizenmehl: Nun erst an fast letzter Stelle des Zutatenverzeichnis taucht das eigentliche weiße Mehl auf.

Apfelfaser: Eine Zutat, die man eigentlich nicht im Brot erwartet und deren Zusatz wohl Geheimnis des Herstellers bleibt.

Weizenröstmalzextrakt: Ist noch mehr als Gerstenmahl ein Färbemittel. noch intensiver in der Färbung, noch geringerer Eigengeschmack.

Säuerungsmittel: Milchsäure: Ohne Sauerteig fehlt der für ein dunkles Brot charakteristische saure Geschmack. Dies wird nun durch das Säuerungsmittel ausgeglichen. Milchsäure ist eine recht milde Säure, bewirkt also nur einen leicht Säuren-Geschmack und senkt auch nur den pH-Wert leicht ab. Dadurch quellen auch die Eiweiße des Klebers auf und binden mehr Wasser.

Nährwertkennzeichnung

Nährwertangaben
  100 g Portion (40 g) % GDA (40 g)
Energie 1108 kJ (265 kcal) 443 kJ (106 kcal) 5%
Eiweiß 27,2 g 10,9 g  
Fett 9,9 g 4,0 g 6%
davon gesättigte Fettsäuren 1,3 g 0,5 g 3%
Kohlenhydrate 12,7 g 5,1 g  
davon Zucker 2,3 g 0,9 g 1%
Ballaststoffe 8,1 g 3,2 g  
Natrium 0,5 g 0,2 g 8%

Die Nährwertkennzeichnung zeigt gravierende Abweichungen von normalen Brot. Aufgrund des Ballaststoffgehaltes und der dunklen Färbung bietet sich Weizenvollkornbrot als Vergleich an. Weizenvollkornbrot enthält auch rund 7,5% Ballaststoffe. Allerdings beträgt dort der Eiweißanteil nur 7%, der Kohlenhydratanteil dagegen über 41%. Am auffälligsten ist der Unterschied beim Fett: 9,9% Fett im Abendbrot zu 0,7% im Weizenvollkornbrot.

Beurteilung

Äußerlich sieht das Abendbrot wie ein normales, relativ dunkles, mit Samen überzogenes Kastenbrot aus, schneidet man es durch, so bemerkt man den ersten Unterschied: Das Brot hat keine richtige Kruste. Es gibt beim Schneiden nach. Eine Scheibe ist gleichmäßig bräunlich gefärbt, wie man es bei gefärbtem Brot ohne echtes Vollkornmehl erwarten kann. Dazwischen sieht man die Samen, die auch die Kruste bedecken. Es ist locker, mit gleichmäßiger Porung.

Beim Essen bemerkt man dann  weitere Unterscheide. Es schmeckt etwas säuerlich wie Roggenbrot, aber nicht richtig nach Brot. Die Krume hat keinerlei Ähnlichkeit mit der von Brot. Dehnt man eine scheibe Brot, so bricht die Krume in der Mitte. Dieses Brot ist elastisch und hat eher die Konsistenz einer Mischung von Gummi und Wackelpudding.

Kurzum: mit einem normalen Brot hat dieses Abendbrot nichts zu tun. Das ist auch nicht verwunderlich, denn es enthält kaum Mehl, dagegen viele brotfremde Zutaten. Das Gluten sorgt in dieser Menge für einen extrem elastischen Teig. Ohne die Stärke aus dem Mehl erhält man aber dann eben die Scheiben mit der Elastizität von Gummi.

Kommen wir zum Werbeversprechen: sättigt das Brot besser und kann man damit abnehmen? Wenn man nur Mehl durch Eiweiß ersetzen wurde, dann wäre dem vielleicht so. Doch ich konnte (in Übereinstimmung mit den Erkenntnissen der Ernährungslehre) keine größere Sättigung feststellen. im Gegenteil: wer genauso viel von diesem Brot isst wie sonst, der wird zunehmen!

Dieses Paradoxon klärt sich leicht auf: Um das Brot mit Eiweiß anzureichern, hat man Ölsaaten zugefügt, also Samen die Öl enthalten. Das gilt für Leinsamen, Sesam wie Soja. Aus allen diesen Samen wird Speiseöl gewonnen und Hauptbestandteil dieser Samen ist nicht das Eiweiß, sondern das Fett. Da Fett sehr viel mehr Energie enthält als Kohlenhydrate oder Eiweiß (1 g liefert 38,9 kJ, bei Kohlenhydraten und Eiweiß sind es nur 17,2 kJ) ist dieses Brot energiereicher als Vollkornbrot. Dieses hat 857 kJ/100 g, das Abendbrot dagegen 1108 kJ. wer also von diesem Brot genauso viel isst wie von herkömmlichem Brot wird zwangsläufig zunehmen. Man müsste seinen Brotkonsum um ein Viertel einschränken, damit man nur gleich viel Energie aufnimmt.

Da das Brot auch nicht richtig nach Brot schmeckt und relativ teuer ist, blieb es bei mir beim Kauf einer Packung.


Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.

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