Bernd Leitenbergers Blog

Wasser ist doch Wasser oder?

Nun ja, nicht immer, zumindest nicht wenn man in sein will. Eine der Seiten im Bereich Ernährung zu denen ich am meisten Anfragen bekomme ist die über Mineralwasser und worauf man achten muss. Entstanden ist sie noch als mein Vater lebte und ich bei der Auswahl des Mineralwassers beteiligt war. Ich habe dann immer auf einen hohen Calcium, Magnesium und Fluor Gehalt geachtet. Ansonsten gab es keine Markenpräferenzen und ein mittelteures Wasser war unsere bevorzugte Wahl (Obernauer Quelle). Nun habe ich keinen Führerschein und inzwischen kommt mein Wasser aus der Wasserleitung, ergänzt durch einige Brausetabletten mit Cola oder Orangengeschmack und ab und an eine Calcium oder Magnesiumtablette.

Bei vielen stoße ich dann auf Unverständnis: Wasser aus der Wasserleitung – Wie kann man denn das trinken ? Ja warum eigentlich nicht ? Es ist das am besten kontrollierte Lebensmittel und bis zur Grundstücksgrenze weitgehend schadstofffrei. Die Zusammensetzung schwankt natürlich je nach Ort, aber die Anforderungen an die Belastung mit vielen Stoffen sind strenger als bei Mineralwasser. Wenn man mit dem Wasser kochen kann oder Kaffee zubereiten, warum nicht auch trinken ?

Das Risiko liegt in ihrer Wasserleitung im Haus. Altbauten aus der Jahrhundertwende haben oft Bleirohre. Dann sollte man vor allem morgens wenn das Wasser lange stand erst mal ein paar Minuten das Wasser ablaufen lassen. Bei neueren Gebäuden besteht das Risiko weniger. Es kann im Leitungssystem Korrosion geben, von alleine oder forciert durch Verbinden von Kupfer und Eisenrohren. Kennzeichen ist dann braunes Wasser. Das schmeckt zwar nicht gut und sieht unappetitlich aus, aber es ist völlig harmloses Eisen (III), würde also sogar noch ihren Eisenbedarf decken. Auch hier : Einfach laufen lassen bis klares Wasser kommt.

Seltsamerweise sind aber alle „Marken“ die überregionale Bedeutung haben und von nichts ahnenden Prominenten beworben oder empfohlen werden recht mineralstoffarm. Hier mal eine Übersicht über die 3 wichtigsten Inhaltsstoffe von Mineralwässern.

Wasser Calcium Magnesium Fluor
Evian 78 mg/l 24 mg/l 0.02 mg/l
Vittel 91 mg/l 19 mg/l 0.14 mg/l
Volvic 11.5 mg/l 8 mg/l 0.20 mg/l
Apollinaris 94 mg/l 115 mg/l 0.68 mg/l
Aquarel 101 mg/l 22.7 mg/l 0.31 mg/l
Göppinger Mineralwasser 293 mg/l 93 mg/l 0.48 mg/l
Ensinger 528 mg/l 124 mg/l 0.24 mg/l
Obernauer Löwensprudel 601 mg/l 82.7 mg/l 0.73 mg/l
Marius Quelle 408 mg/l 85 mg/l
Landeswasser BW 75.3 mg/l 10.6 mg/l 0.06 mg/l
Bodenseewasser 50.6 mg/l 7.71 mg/l 0.08 mg/l
Tagesbedarf 800 mg 300-350 mg 1.0 mg

Als Vergleich wurde Bodenseewasser, das beim Autor aus der Leitung sprudelt. Es ist relativ mineralstoffarm. Schon einige Kilometer weiter gibt es Landeswasser mit etwa 50 % höheren Calcium- und Magnesiumwerten. Weiterhin wurden einige mineralstoffreiche Mineralwässer mit regionaler Bedeutung angegeben.

Von den Markenwässern ragen nur die Werte von Apollinaris und Aquarel heraus. Der Magnesiumgehalt von Apollinaris ist gut, der Fluoridgehalt sogar sehr hoch. Der Calciumgehalt dagegen eher gering (Süddeutsche Mineralwässer wie Ensinger, Obernauer oder Mariusquelle kommen hier auf 400-600 mg/l. Säuglingen würde ich es nicht verabreichen. Nach den Messungen des Bundesamtes für Strahlungsschutzes hat es den 5. höchsten Wert von 401 untersuchten Mineralwässern. 100 µSv sollten es sein 436 µSv wurden gemessen. Die stille Variante von Apollinaris hat nur 52 mg/l Calcium, 52 mg/l Magnesium pro Liter. Dies und aromatisierte Varianten des Wassers zeigen, dass es nachträglich verändert wurde.

Aquarel leistet noch einen kleinen Beitrag zur Bedarfsdeckung vor allem bei Fluorid. Alle anderen Wässer haben sehr geringe Mineralstoffwerte. Volvic ist sogar so mineralstoffarm, dass es sich gut für den Tee und als Kühlflüssigkeit für ihr Auto eignet. Ich würde es als leicht verunreinigtes destilliertes Wasser bezeichnen. Der gesamte Mineralstoffgehalt beträgt nur 130 mg/l. Damit ist es eindeutig ein mineralstoffarmes Wasser (<500 mg7l) und wäre bevor die EU durchsetzte dass unsere Mineralwasserverordnung, die sich an einem ernährungsphysiologischen Wert orientierte reformiert werden muss nicht als Mineralwasser bei uns zugelassen worden.

Der einzige Vorteil aller Mineralwässer ist dass sie durch die Tiefe fast kein Nitrat und Nitrit enthalten. Das ist in Oberflächenwasser fast immer der Fall. So enthält Bodenseewasser 4.34 mg/l Nitrat und Landeswasser schon  22.7 mg/l. Das ist zwar noch unterhalb des Grenzwertes von 50 mg/l, aber nicht viel und es ist nahe an dem Wert von 25 mg/l, welches Wasser nicht überschreiten sollte, welches für Säuglingsernährung gedacht ist. Allerdings gilt dies auch  für alle Mineralwässer mit nur lokaler Bedeutung, denn Nitrat wird von Bodenschichten sehr gut filtriert. Fast alle Oberflächenwasser sind fluoridarm, denn dieses Element befindet sich vor allem in tieferen Schichten mit Calciumapatitgestein.

Ein gutes Mineralwasser deckt einen Teil des täglichen Bedarfs an Calcium, Magnesium und Fluorid. Bei Calcium und Fluorid ist dies leicht möglich. 50 % des Tagesbedarfs liefern Wässer mit mehr als 400 mg/l Calcium und mehr als 0.5 mg/l Fluorid. Das schaffen sehr viele Wassersorten die aus Quellen stammen mit Kalkgrundgestein, wie wir es hier im Neckarraum haben. Magnesium findet sich in Gesteinen sehr wenig. Es gibt nur wenige Mineralwässer die mehr als 100 mg/l aufweisen.

Warum sind die Markenwässer so mineralstoffarm ? Nun sie stammen in der Regel aus sehr tiefen Quellen unter Granit- oder Basaltgestein. Aus diesem kann man keine Mineralstoffe herauslösen. Im Extremfall, wenn wie bei Volvic vulkanische Gesteinsschichten aus Puzzolan, Andesit und Basalt passiert werden wird das Wasser sogar von gelösten Mineralstoffen befreit und man bekommt etwas verunreinigtes destilliertes Wasser….

Nun werden Sie sagen „Aber ich kaufe mein Wasser weil es mir schmeckt“. Nun ja eigentlich schmeckt Wasser nach nichts. Einen Geschmack bekommt es nur durch die in ihm gelösten Stoffe. Lassen wir einmal kohlensäurehaltige Wässer beiseite, bei denen die Kohlensäure durch ihr Prickeln erfrischend wirkt und auch durch die Bildung von Hydrogencarbonat im Wasser den Geschmack verändert.

Von den gelösten Stoffen die im Wasser vorhanden sind haben folgende eine Bedeutung;

Apollinaris hat daher einen ausgeprägten, leicht salzig-seifigen Geschmack. Die anderen Markenwässer enthalten viel zu wenig gelöste Salze um einen Eigengeschmack aufweisen zu können. Dies wurde auch sowohl bei Verkostungen mit Profis wie auch bei zahlreichen Aktionen in denen man auf der Straße Passanten ihr Lieblingswasser aus mehreren Markenwässern heraus raten musste bestätigt: Die Wasser haben keinen Eigengeschmack und sind nur durch die Kohlensäure unterscheidbar. Bei den stillen Sorten entfällt auch dieses Kriterium.

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